Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nordrhein-Westfalen soll das familienfreundlichste Land der Republik werden. So jedenfalls konnte man es in den Pressemitteilungen der CDU lesen. Das deckt sich mit unserer Auffassung. Auch wir möchten, dass NordrheinWestfalen das kinderfreundlichste Land wird.
Aber, Herr Minister Laschet, wenn es Ihnen und den Regierungsfraktionen wirklich ernst damit ist, NRW zu einem Land für Kinder zu machen, dann sollten Kinder, die nahe unseren Landesgrenzen in Hessen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen wohnen und auf unser Land hin orientiert sind, auch die Möglichkeit bekommen, daran zu partizipieren.
Immerhin haben Sie, Herr Minister Laschet, ein analoges Argument benutzt, um durch eine entsprechende Regelung den in Belgien und den Niederlanden lebenden Kindern den Besuch von nordrhein-westfälischen Kitas zu ermöglichen. Ich möchte ausdrücklich klarstellen, dass wir diese Regelung in der Euregio-Region begrüßen und sie für richtig halten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber, damit auch die Gemeinden und das Land profitieren von dieser Regelung im gleichen Maße. Sie ermöglicht den Eltern die notwendige Mobilität.
Aber warum gilt für Hessen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen nicht, was für Belgien und die Niederlande gilt? Nach Einführung des KiBiz wurde es Eltern aus anderen Ländern ausgesprochen schwer gemacht, ihre Kinder in nordrhein-westfälische Tageseinrichtungen zu schicken. Theoretisch ermöglicht das SGB-VIII Regelungen für gemeinde- oder landesfremde Kinder. Praktisch erfordert es jedoch schwierige bilaterale Abstimmungen zwischen einzelnen Jugendämtern, die durch die abweichende Finanzierungssystematik des KiBiz zusätzlich erschwert wird.
Nach Auffassung Ihres Ministeriums, Herr Laschet, ist es nicht möglich, Kinder nach dem Kinderbildungsgesetz zu fördern, die nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnen. Damit geht dieses Gesetz an der Lebenswirklichkeit von Familien vorbei, die heute oftmals auf eine erhöhte Mobilität mit ihren Kindern angewiesen sind, wenn sie ihren Arbeitsplatz nicht verlieren wollen. Es wäre deshalb dringend erforderlich, ergänzende Regelungen, wie sie zum Beispiel für die Grenzregion Aachen gelten, auch für die übrigen Bundesländern auf den Weg zu bringen. Das sieht übrigens auch der Städtetag so.
Generös, Herr Minister Laschet, weisen Sie in der Antwort auf meine Mündliche Anfrage darauf hin, dass es den Kommunen freistehe, sich mit Jugendämtern der Nachbargemeinden wegen der Kosten
erstattung in Verbindung zu setzen. Ich kann Ihnen nur sagen: Diese Verhandlungen sind erstens zeit- und bürokratieaufwendig und zweitens aufgrund der neuen Finanzierungssystematik des KiBiz mit der Kindpauschale im Gegensatz zur Gruppenpauschale mit Spitzabrechnung ausgesprochen schwierig und leider oftmals nicht zielführend.
In dieser Not sehen sich viele Kommunen gezwungen, Kinder aus den Nachbarländern aus dem eigenen kommunalen Budget zu finanzieren – und dies, obwohl sie häufig aufgrund der Haushaltslage dazu nicht in der Lage sind. Die Regelungen, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, schaffen jedoch vor allem keine Transparenz und Rechtsicherheit für Eltern und Träger.
Wir, Herr Minister Laschet, fordern Sie deshalb auf, verbindliche, transparente Regelungen für die Finanzierung von Plätzen für Kinder aus den übrigen Bundesländern mit diesen zu verabreden und einzuführen. – Ich bedanke mich.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. – Für die Fraktion der CDU hat Frau Abgeordnete Milz das Wort. Bitte schön, Frau Milz.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der SPD lässt hier einen Handlungsbedarf des Landes vermuten, den es gar nicht gibt. Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Hessen gewähren ihren Landeskindern eine optimale Förderung, denke ich. Oder bestreitet dies die SPD? Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Hessen haben auch vergleichbare Jugendhilfeinfrastrukturen wie NRW, glaube ich. Oder bestreitet dies die SPD?
Wenn dies so ist, gibt es nach KiBiz keinen Handlungsbedarf für grenzüberschreitende Lösungen für die Pendlerproblematik durch die Landesregierung. Art. 1 Abs. 2 KiBiz stellt klar, dass die von Kindern aus anderen Bundesländern in NRW in Anspruch genommenen Kindergartenplätze eben nicht diesem Gesetz unterliegen und damit für diese Kinder auch keine Kindpauschalen nach KiBiz bezahlt werden können.
Dennoch können Eltern aus Rheinland-Pfalz, Hessen oder Niedersachsen in NRW einen Kindergartenplatz beantragen und ihr Kind dort anmelden. Das ist möglich. Wenn NRW-Kitas diese Kinder aufnehmen wollen, ist dies auch möglich. Natürlich müssen sich die beiden betroffenen Jugendämter einigen, damit sichergestellt ist, wie der Platz finanziert wird. Das kann man ihnen auch nicht ersparen. Aber dennoch, wenn sie sich einigen, ist die Sache perfekt.
Anders als bei unseren Nachbarbundesländern verhält es sich hingegen bei unseren Nachbarländern, zum Beispiel Belgien oder Holland. Hier kann nicht automatisch von einer vergleichbaren Jugendhilfeinfrastruktur gesprochen werden. Somit kann das aufnehmende Jugendamt für deutsche Kinder, die im Nachbarland leben, aber einen Kindergarten in NRW besuchen, die Kindpauschale nach KiBiz bezahlen.
Angesichts dieser klaren Sachlage gibt es wohl nicht mehr so viel Diskussionsbedarf. Dieser könnte aber dann entstehen, wenn sich die SPD in NRW demnächst bei ihren Kollegen in Rheinland-Pfalz auch für Grenzpendlerlösungen im umgekehrten Fall einsetzt. Das müsste dann nach Lesart der SPD beitragsfreie Kita-Plätze, die es demnächst in Rheinland-Pfalz geben wird, für NRW-Eltern bedeuten. Auf die Diskussion und die Antwort der SPDLandesregierung in Rheinland-Pfalz bin ich gespannt. – Danke.
Vielen Dank, Frau Milz. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Lindner das Wort. Bitte schön, Herr Lindner.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist eine sehr fachliche, sehr spezifische Debatte. Wesentliche Argumente sind schon genannt worden.
Sie haben seitens der antragstellenden Fraktion den systematischen Unterschied zwischen dem europäischen Ausland und anderen Bundesländern aus unserer Sicht nicht hinreichend reflektiert. Wir haben in Deutschland überall das gleiche Kinder- und Jugendhilfegesetz mit den entsprechenden Verpflichtungen der örtlichen Jugendämter. Es ist völlig richtig darauf hingewiesen worden: Innerhalb der Bundesrepublik – auch über die Grenzen von Bundesländern hinweg – gibt es Jugendämter, die sich ins Benehmen setzen können, um Lösungen zu finden. Solche Ansprechpartner haben wir im europäischen Ausland nicht in gleicher Weise. Insofern sehen wir keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.
Richtig indes ist, dass es an unterschiedlichen Stellen in der Praxis Probleme geben kann, wenn Kinder über die Grenzen eines Bundeslandes hinweg in Kindertageseinrichtungen weiter gefördert werden sollen oder wenn etwa innerhalb Nordrhein-Westfalens gemeindefremde Kinder, die zum Beispiel eine betriebliche Kindertageseinrichtung besuchen, gefördert werden sollen.
Ich habe in meinem Wahlkreis einen solchen Fall: Betriebskindergarten in Bergisch Gladbach mit Kindern aus Köln. Die betroffenen Jugendämter haben sich bislang nicht verständigen können, wer für die
Kindpauschale aufkommt. Wir sind aber zuversichtlich, dass die Verwaltung entsprechende Lösungen mit befördern kann. Deshalb ist hier kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lindner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Beer. Bitte schön, Frau Beer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Obwohl es in der Tat einen Aufhänger für den Antrag über das KiBiz gegeben hat, ist es keine Problematik, die sich allein auf diesen Bereich beschränkt. Ich darf darauf aufmerksam machen, dass wir auch im Bereich der Schülerfahrtkosten eine ähnliche Problematik in umgekehrter Richtung haben, wenn es darum geht, dass Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz beschult werden sollen und die Gelder verweigert werden, weil es sich dort um eine Schulform handelt, die in Nordrhein-Westfalen partout nicht zugelassen wird.
Wir haben auf der Folie, die wir heute Morgen miteinander diskutiert haben – Bildungsgipfel und Kleinstaaterei –, in der Tat Gesprächsbedarf darüber, wie das länderübergreifend zu regeln ist. Dieser Sachverhalt ist schon sehr ärgerlich und schafft Paradoxien, weil er wiederholt für unterschiedliche Bedingungen in Nordrhein-Westfalen sorgt. Die Regelungen, die im KiBiz getroffen sind, werden von den Kommunen ganz unterschiedlich gehandhabt.
Zum Beispiel springt in Siegen die Stadt in die Bresche; sie hat freiwillig die ausbleibenden Landesmittel ersetzt. Andernorts wurden die Einrichtungsträger informiert, dass das Jugendamt aufgrund der fehlenden Landeszuschüsse jetzt die Plätze nicht mehr mitfinanziert. In der Folge mussten Eltern ihre Kinder aus dem gewohnten Kindergarten herausnehmen. Das ist zum Beispiel in Minden-Lübbecke passiert. Das kann in diesem Land doch nicht so sein.
Herr Minister Laschet, ich finde es nett, wenn sich die Kollegen fachlich unterhalten – das trägt sicherlich dazu bei, dass alles im Land weiterentwickelt wird –, fände es aber toll, wenn man das an anderer Stelle machen könnte. Danke schön.
chen Jugendämter mit denen in den Nachbarländern Vereinbarungen zur Kostenübernahme treffen könnten, und deswegen seien Übergangsregelungen auch unnötig.
Aber auf der anderen Seite wird das jetzt mit den Benelux-Ländern geregelt. Ich finde, da sollten wir nicht nachhängen, was den innerdeutschen Ausgleich angeht, und die Kommunikation mit den Bundesländern sollte endlich hergestellt werden.
Denn es ist paradox: Das, was international – das ist es in der Tat – gelingt, gelingt national nicht. Wie gesagt, angesichts des Bildungsgipfels ist es etwas peinlich, dass wir das in dieser Art und Weise nicht regeln können.
Nun haben wir dazu jüngst noch eine Anfrage gestellt. Ich wäre anstelle der SPD vielleicht etwas geduldiger gewesen und hätte auf die Antwort des Ministers gewartet.
Die ist schon raus? Liegt uns leider noch nicht vor. Aber Sie werden uns gleich sicher direkt darüber unterrichten. Das ist prima. Das bringt uns im Erkenntnisstand weiter. Vielleicht gibt es dann auch ganz schnelle Regelungen, die diesen Antrag positiv erledigen helfen. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Laschet das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie fordern von der Landesregierung die Mobilität von Eltern, die in anderen Bundesländern wohnen, und möchten, dass gewährleistet wird, dass deren Kinder eine Kindertagesstätte in Nordrhein-Westfalen besuchen.
Seien Sie sicher: Diese Mobilität gibt es. Eltern haben ein gesetzlich verbrieftes Wunsch- und Wahlrecht. Das Kinderbildungsgesetz ist übrigens ein Gesetz, das sie genau in ihren Wunsch- und Wahlmöglichkeiten gestärkt hat.
Ich kann deshalb nicht verstehen, weshalb Sie immer den Versuch unternehmen, auch hier die Menschen zu verunsichern, indem sie ihnen einreden, wenn sie in einem anderen Bundesland lebten, könnten sie nicht mehr durch das Kinderbildungsgesetz gefördert werden.
So ist die Lage nicht. Sie werden keine Vorschrift finden, die verbietet, dass ein nordrheinwestfälischer Kindergarten ein Kind aufnimmt, das
Sie fordern, für eine optimale Erziehung und Bildung dieser Kinder, die in den Nachbarbundesländern leben, zu sorgen. Ich freue mich, dass Sie mit diesem Gedanken auch davon ausgehen, dass bei uns die Betreuung für Kinder aus Nachbarbundesländern besonders gut ist. Wenn das alles so schrecklich wäre, wie Sie immer behaupten, wenn die Erzieherinnen alle am Krückstock gingen und daniederlägen … Gestern hat jemand gesagt, man liegt abends danieder und kann nicht mehr arbeiten. – Das Klima in unseren Kindertagesstätten ist so gut, dass in der Tat manche diesen Wunsch haben.
Jetzt ist die Frage: Wie geht das? Das geht ganz einfach. Zuständig ist das örtliche Jugendamt, in dem das Kind wohnt. So steht es im Sozialgesetzbuch des Bundes. Das ist in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Frau Kollegin Asch auch erläutert Diese Praxis besteht relativ unbürokratisch von Jugendamt zu Jugendamt. Die machen das seit Jahren. Es ist ein Alltagsgeschäft für ein Jugendamt, einen solchen Vergleich, auch über Landesgrenzen hinweg, hinzubekommen.
Herr Minister, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Frau Kollegin Hendricks würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie das zu?