Als der Finanzminister im Haushalts- und Finanzausschuss damals erklärt hat, er wolle eine aufkommensneutrale Erbschaftsteuer, habe ich sehr deutlich gesagt, dass es nicht das Ziel NordrheinWestfalens sein könne, zu einer solchen Erbschaftsteuerreform zu kommen. Andere Länder wie zum Beispiel Frankreich weisen den Weg. Würde man bei uns die Besteuerung aus Frankreich zugrunde legen, wären 12 Milliarden € das Ergebnis. Andere Länder wie zum Beispiel die USA, die wesentlich höhere Raten haben, zeigen, dass man
Wir als Linke lehnen deshalb die rot-schwarzen Pläne einer weiteren steuerlichen Entlastung von Verwandtenmillionenerben ab. Trotz jährlicher Erbschaften von 150 Milliarden € wirft diese Steuer gerade einmal 4 Milliarden € Steuereinnahmen ab. Dazu kommt, dass Erben heute schon höchst unterschiedlich behandelt werden: Während Ehegatten und -gattinnen einen Freibetrag von mehr als 500.000 € beanspruchen können, sind für nicht verheiratete Lebenspartnerinnen und -partner gerade einmal 5.200 € steuerfrei.
Mit seinen Plänen verschärft Rot-Schwarz diese Ungerechtigkeit und die Verteilung von unten nach oben. Ohne Not ist die SPD auf die Forderungen von CDU und CSU eingegangen. Der Kompromiss der Großen Koalition zur Erbschaftsteuer ist die Fortsetzung einer Umverteilungspolitik von unten nach oben. Zu Recht wird dies kritisiert, denn die Regierung Merkel hat es erneut versäumt, die sich immer weiter öffnende Schere bei der Einkommens- und Vermögensverteilung wenigstens ein Stückweit zu schließen.
Seit Jahren sinken oder stagnieren Reallöhne, Renten und soziale Leistungen. Der jährliche Reichtumszuwachs der Volkswirtschaft kommt seitdem alleine Beziehern von Gewinn- und Vermögenseinkommen zugute. Rund 70 % aller Bundesbürger haben praktisch kein Vermögen, kein Geld, keine Aktien, keine Immobilien. Deswegen ist diese Erbschaftsteuerreform so völlig unerträglich und kann natürlich in keiner Weise dazu beitragen, dass die Länderhaushalte tatsächlich gestützt werden.
Angesichts der Finanzkrise – 480 Milliarden € sind bereitgestellt worden – hätte ich erwartet, dass die Reichen wenigstens einen Teil dazu beitragen, dass die Haushalte zukünftig wieder Mehreinnahmen haben. Das haben Sie versäumt. Sie haben eine völlig unsoziale Politik gemacht. Das muss man leider auch der SPD vorwerfen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Krückel, bisher hatte ich eine gute Meinung von Ihnen. Eigentlich habe ich sie immer noch, trotz dieses Redebeitrags. Der war allerdings unterirdisch. Das muss ich Ihnen sagen.
Ich hoffe in Ihrem eigenen Interesse, dass Ihre Mandanten diesen Redebeitrag – Sie sind bekanntlich selbstständiger Steuerberater – nicht gehört
Wir hätten in dieser Debatte ein ganzes Stück weiter sein können – Herr Kollege Börschel hat es ausgeführt –, hätte die CSU diese Erbschaftsteuerreform nicht als Wahlkampfthema entdeckt.
Aber das war das falsche Wahlkampfthema. Das ist grundsätzlich danebengegangen. Umso mehr freut es mich, Herr Minister Linssen, dass Sie gerade erklärt haben, dass Sie damit gut leben können. Ich bin ganz zuversichtlich, dass Sie Ihren Ministerpräsidenten und Ihre Koalitionsfreunde davon überzeugen können, im Bundesrat mit Ja zu stimmen.
Herr Kollege Klein, Sie haben gesagt, diese Debatte sei ideologisch geprägt. – Da haben Sie recht. Aber ich will auf die Ideologie hinweisen, die es gegeben hat. Diese Ideologie ist in erster Linie bei Ihnen zu suchen. Ich nehme als Beispiel das Wohneigentum. Dieses wird bei Selbstnutzung durch Ehegatten und jetzt auch durch eingetragene Lebenspartner steuerfrei vererbt. Interessant ist allerdings, dass Ihre Parteifreunde in Berlin die eingetragenen Lebenspartner ausdrücklich von dieser Steuerfreiheit ausnehmen wollten.
Enkel und Geschwister, die nicht unterhaltspflichtig wären, sollten steuerfrei erben können, aber eingetragene Lebenspartner wollten Sie nicht mit Eheleuten gleichsetzen. Selbst ein Steuergesetz ist Ihnen also nicht zu schade, um Ihre verquaste Ideologie durchzusetzen.
Und Sie behaupten hier schlicht und einfach, bei Eigentumsübergang nach einem Erbfall würden Arbeitsplätze vernichtet. Ich sage: Im Erbfall werden Arbeitsplätze gesichert.
Denn nur dann, wenn der Betrieb über sieben oder zehn Jahre fortgeführt wird, bleibt das Erbe steuerfrei. Das ist ein großer Anreiz dafür, den Betrieb fortzuführen und die Arbeitsplätze zu sichern.
Jeder Betriebsinhaber kann mit jedem Jahr der Betriebsfortführung so seine Steuervergünstigung sukzessive sichern.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks – wahrlich kein Organ der SPD – sieht in dieser Haltefrist kein Problem. Er erklärt sogar: Schon nach zwei Jahren Betriebsfortführung ist das kommende Recht günstiger als das bisher geltende. – Der Zentralverband des Deutschen Handwerks sagt durch
Hanns-Eberhard Schleyer auch, dass die meisten Mittelständler durch die neue Regelung weitestgehend von der Steuer freigestellt werden. 3,7 Millionen € Betriebsvermögen werden an Ehegatten steuerfrei vererbt, 2,8 Millionen € an Kinder. Überlegen Sie einmal, wie viel das ist. Wenn ich das so lese und höre, was der Zentralverband des Deutschen Handwerks sagt, glaube ich nicht, dass dieser Verband insgesamt dümmer ist als die CDU hier im Hause.
Ich will gerne das Wort aufgreifen, das leider Gottes auch der Finanzminister dieser Landesregierung, insbesondere aber dieser famose Herr Westerwelle geprägt hat und das da lautet: Bürokratiemonster. Ich würde mir wünschen, Herr Westerwelle würde einmal zu Themen sprechen, von denen er wirklich Ahnung hat. Aber dann müssen wir davon ausgehen, dass er sich zu keinem Thema mehr melden darf. Denn wer diese Behauptung aufstellt, das neue Erbschaftsteuerrecht wäre ein Bürokratiemonster, der kennt das Erbschaftsteuerrecht nicht, das die Regierung Kohl geschaffen hat, das bis heute gilt und das auch von der FDP maßgeblich mitverantwortet wurde.
Wenn auch das Recht immer noch relativ kompliziert ist, liegt das daran, dass in jedem Fall immer wieder die Einzelfallgerechtigkeit ins Gesetz geschrieben werden sollte. Sie hätten am liebsten jeden Bauernhof und jedes Wochenendhaus am Starnberger See einzelfallgeregelt und das dann auch noch regionalisiert. Ich denke, das sind die wahren Gründe, warum manchmal manches Gesetz schwer administrierbar ist.
Insgesamt, Herr Minister, freue ich mich, dass Sie diese Erbschaftsteuerreform wohlwollend kommentieren, dass Sie sie befürworten. Deshalb fordere ich Sie, wie schon eingangs, auf: Sorgen Sie dafür, dass sich diese Koalition im Bundesrat dieser Reform nicht verweigert. – Ganz herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Peschkes. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Weisbrich das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Ausbrüchen von Frau Walsken will ich versuchen, ganz unaufgeregt zu erklären, worum es uns geht. Meine Damen und Herren, Steuern werden im MatthäusEvangelium grundsätzlich gerechtfertigt mit der Aufforderung: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. – Doch niemand von uns zahlt Steuern gern.
Und damit Menschen Steuerbelastungen halbwegs akzeptieren, muss das Erhebungssystem zumindest gerecht und ökonomisch-rational sein.
Es reicht nicht, Frau Walsken, wenn der Staat sagt „Her mit der Knete, ich brauche Geld!“ Der Staat muss den Besteuerungsgegenstand und die Modalitäten der Besteuerung sehr sorgfältig und vor allem schlüssig begründen. Daran fehlt es dem vorgelegten Gesetzentwurf der Berliner Koalition. Deshalb findet der Reformvorschlag so wenig Akzeptanz.
Warum das so ist, meine Damen und Herren, liegt auf der Hand. Das Gesetz trieft nur so – Kollege Orth hat es schon angesprochen – von sozialistischer Neidhammelei. Und es trieft von einer sozialistischen Regelungswut, die mit dem vorhandenen Personal kaum administrierbar sein dürfte.
Gerecht und ökonomisch-rational sollten Steuergesetze sein. Die Sozialdemokraten haben dafür gesorgt, dass die beabsichtigte Erbschaftsteuerreform beide Ansprüche bei Weitem verfehlt.
Meine Damen und Herren, schauen wir uns zunächst den Gerechtigkeitsaspekt an, und zwar so, wie das die Menschen im Land empfinden. Erbschaften, meine Damen und Herren, sind ein Vermögen, das der Erblasser aus versteuertem Einkommen gebildet hat. Deshalb empfinden Menschen, die etwas zu vererben haben, die nochmalige Besteuerung im Erbfall als ungerecht.
Es ist die reine Neidhammelei, das Erbe als leistungsloses und damit unverdientes Einkommen zu verketzern und das möglichst weggesteuert haben zu wollen. Das ist nicht in Ordnung.
Geben Sie sich doch keinen Illusionen hin. Diese Art von Enteignung durch den Staat empfinden ganz viele Bürger als Raubrittertum, zumindest dann, wenn es um Erbfälle zwischen Ehepartnern oder zwischen Eltern, Kindern und Kindeskindern geht. Das Beharren auf ihren Voraussetzungen, unter denen privates Vermögen steuerfrei bleiben darf, entlarvt die Beharrer als familienfeindlich. Ihr Credo scheint zu sein: Wenn wir die Menschen zu Lebzeiten schon nicht enteignen können, dann wenigstens im Todesfall.
Lassen Sie mich ein paar Bemerkungen zum Vernunftaspekt der Regelung machen. Wenn jedes Jahr Zigtausend Unternehmen – Sie brauchen ja nur in die Zeitungen zu schauen – und Hunderttausende von Arbeitsplätzen bedroht sind, weil Erben das finanzielle Risiko der Betriebsübernahme scheuen – warum das so ist, hat Kollege Klein ja erklärt –, dann gebietet es doch die wirtschaftliche Vernunft, die steuerlichen Hemmnisse, die diese Angst vor dem Erben auslösen, auszuräumen. Es macht einfach keinen Sinn, bestehende Betriebe
Meine Damen und Herren, die große Mehrzahl unserer mittelständischen Unternehmen hat keine opulente Kapitalausstattung. Diese ohnehin schwache Kapitalbasis durch Besteuerung weiter zu schwächen, das ist für mich geradezu ein Verbrechen an der wirtschaftlichen Vernunft.
Vom Grundsatz her haben das sogar Sie von den Sozialdemokraten mittlerweile kapiert. Aber statt zu sagen, Erbschaftsteuern auf Betriebsvermögen werden für zehn Jahre gestundet und für jedes Jahr der Betriebsfortführung um 10 % abgeschmolzen, beharren Sie auf Verschonungswegen, die superbürokratisch, superkompliziert und für die Erben mit Superrisiken verbunden sind.
Meine Damen und Herren, wer kann denn als Erbe heute sagen, ob er angesichts von Konjunkturrisiken und ständigen Strukturveränderungen im globalen Wettbewerb in der Lage sein wird, innerhalb von zehn Jahren 1.000 % der Lohnsumme zu erwirtschaften, damit er vom Steuerzugriff befreit bleibt? Wer kann das heute sagen? Wer in der Finanzverwaltung soll die Fakten zu den hochkomplexen Verschonungswegen, die Sie da entwickelt haben, über zehn Jahre nachhalten? Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch Traumtänzerei. Das funktioniert doch nicht.