Protokoll der Sitzung vom 03.12.2008

Frau Thoben, ich bin gespannt, was Sie uns jetzt wieder erzählen. Herr Priggen hat zu Recht darauf hingewiesen: Sie haben großtönend über Klimaschutzziele geredet. Wir vermissen bis heute Ihre konkrete Vorstellung. Vielleicht erfahren wir gleich von Ihnen etwas. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Römer. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Ellerbrock.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war schon interessant zu hören, wie authentisch der Kollege Römer den CDU-Bundesparteitag interpretierte, aber das nur nebenbei.

(Ministerin Christa Thoben: Nächstes Mal be- kommt er eine Einladung!)

Klimaschutz und Emissionshandel sind Themen, die wir schon ein paar Mal diskutiert haben. Meine Position möchte ich für die FDP wie folgt markieren: Wir setzen auf Energieeffizienz. Wer Energie einspart, vermeidet klimarelevante Spurengase. Wir wollen

den effizientesten und wirtschaftlichsten Weg einschlagen. Wir wollen die Mittel dafür eben effizient einsetzen und nicht an der siebten Stelle nach dem Komma zu nicht vertretbaren Kosten irgendetwas verändern.

Der Gedanke des Prinzips des effizienten Mitteleinsatzes eint CDU und FDP. Dass er bei Bündnis 90/Die Grünen und der SPD nicht so ausgeprägt ist, vermag ich nachzuvollziehen.

In einem Punkt gebe ich Ihnen ausdrücklich Recht, Herr Römer: Die Argumentation, im Emissionshandel auf Benchmark zu setzen, teile ich ausdrücklich. Das ist seit Langem unsere Forderung.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Das muss aber deutlich gemacht werden!)

Meine Damen und Herren, globale Probleme verlangen globale Lösungen. Deshalb ist es wichtig, dass in Posen ein Ergebnis erzielt wird, das alle Staaten einbezieht, um eine gemeinsame Aktion hinzubekommen. Wir müssen alle Staaten einbeziehen, um zu einer Schonung der Ressourcen zu kommen. Es darf nicht sein, dass zulasten einiger weniger Vorreiter Strukturen geschaffen werden, die letztlich in einem Deindustrialisierungsprogramm enden.

Ziel muss es sein, einen weltweiten Emissionshandel aufzubauen. Die Koalition fordert seit Langem Joint Implementation und Clean Development.

(Zuruf von der SPD)

Es ist eine Standardformulierungen der Regierung und von Frau Thoben, Joint Implementation und Clean Development nach vorne zu bringen. In vielen Punkten hat sie deutlich gemacht, wo sie sich einsetzt.

Herr Römer, Sie sagen, Sie seien gespannt darauf, was die Ministerin sagt. Dazu kann ich nur anmerken: Sie wird das sagen, was sie auf bewährte Art seit Langem sagt, und das Klimaschutzprogramm der Landesregierung offensiv vertreten. Dort werden Sie diese Punkte wiederfinden.

Meine Damen und Herren, in einer globalisierten Welt und einem globalisierten Problemkreis muss es doch völlig egal sein, wo man die Reduzierung klimarelevanter Spurengase vornimmt. Deswegen können wir zu Recht den Standort und das Mittel suchen, durch die für einen Euro am meisten klimarelevante Spurengase eingespart werden können.

Das gilt sicherlich auch für neue Länder wie die EUBeitrittsländer. Aber nach meiner Überzeugung kann man auch im asiatischen Raum ausgesprochen wirksam Technologietransfer leisten. Über die Problematik des industriepolitischen Kolonialismus habe ich schon öfter gesprochen; darauf will ich nicht eingehen.

Es kommt immer unterschwellig die Behauptung, diese Landesregierung wolle Umweltstandards

senken und das Notwendige nicht tun. Das wird auch aus dem Antrag der Grünen deutlich. – Nein, das wollen wir nicht! Das können wir nicht nur mantraartig wiederholen, sondern auch belegen: Es geht nicht darum, Standards zu senken, sondern darum, den effizientesten und wirtschaftlichsten Weg zu finden und durchzusetzen. Das unterscheidet uns.

(Ministerin Christa Thoben: So ist das!)

Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Probleme müssen wir uns fragen, was wir unserer Wirtschaft und damit den Arbeitsplätzen eigentlich noch zumuten können. Ich predige es laufend: Arbeit ist mehr, als Geld zu verdienen. Arbeit bedeutet Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und hat etwas mit Selbstwertgefühl und Selbstachtung zu tun. Deswegen sind Arbeitsplätze für uns ein Dreh- und Angelpunkt.

Wir dürfen nicht verkennen, dass gewerbliche und industrielle Arbeitsplätze die Grundlage für Dienstleistung und gerade in Verbindung mit Forschung die Grundlage für unsere Zukunft sind. Wir dürfen nicht verkennen, dass die Industrie in Deutschland nach wie vor der Garant unseres Wohlstands ist.

(Frank Sichau [SPD]: Wer tut das denn?)

Deswegen dürfen wir den lebensnotwendigen Ast, auf dem wir sitzen, nicht absägen.

Meine Damen und Herren, daher betone ich noch einmal: Die FDP sagt Ja zum Industriestandort Nordrhein-Westfalen, Ja zu Arbeitsplätzen und in diesem Zusammenhang auch Ja zur Vernetzung von Industriestandorten. Das erfordert eine Politik mit Augenmaß und nicht, letztlich ohne Beweisführung Forderung um Forderung aufzustellen. Das kann nicht richtig sein.

(Beifall von FDP und CDU)

In der jetzigen sicherlich problematischen Krise der Autobauer, der Kraftwerksindustrie und der eisenschaffenden Industrie dürfen wir die Industrie nicht noch zusätzlich belasten und damit aus meiner Sicht Tausende von Arbeitsplätzen leichtfertig in Gefahr bringen.

(Frank Sichau [SPD]: Das ist nicht die An- tragstellung!)

Wir stehen vor den Herausforderungen; dazu bekennen wir uns. Der ausgehandelte Kompromiss ist sinnvoll, weil er langfristig ambitionierte Ziele festlegt, die es umzusetzen gilt. Aber die reflexartige Reaktion der Umweltverbände, immer mehr zu fordern, wird letztlich überfordern. Das muss man sich deutlich machen. Ich bin überzeugt: Wenn wir zu einer Nullemission bei den Kraftfahrzeugen kommen, werden manche Umweltverbände reflexartig auch noch eine negative Emission fordern, dass also CO2 von diesen Kraftfahrzeugen verbraucht wird. Von diesen Reflexen müssen wir uns trennen.

Die Diskussion zeigt mir, wie leichtfertig gerade von den Kollegen der Grünen billigend in Kauf genommen wird, unsere Arbeitsplätze wirklich zu gefährden.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das ist eine be- schämende Rede!)

Die Industrie- und Klimapolitik, zu der Frau Thoben gleich noch etwas sagen wird, haben wir mit dem Klimaschutzprogramm definiert. Kollege Lienenkämper hat zu Recht darauf hingewiesen, dass für jedes Kraftwerk nachgewiesen ist, wie die Entwicklung aussehen soll. Wer nicht lesen kann, wird es nicht verstehen. Wer es nicht versteht, wird solche Beiträge leisten wie gerade eben. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Ellerbrock. – Für die Landesregierung spricht nun die Wirtschaftsministerin, Frau Christa Thoben.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere:

Damit eines ganz klar ist: Der Schutz des Klimas duldet in diesem Jahr so wenig Aufschub wie im letzten. Es waren übrigens wir, es war die CDU, die als Erste von der ökologischen und sozialen Marktwirtschaft gesprochen hat. Wir wissen, dass wir unsere Schöpfung bewahren müssen.

Ich kann Ihnen sogar sagen, dass ich das gemeinsam mit Herrn Töpfer in der CDU mehrheitsfähig gemacht habe.

(Beifall von der CDU)

Zweites Zitat:

Aber ich sage ebenso klar: Bei der Frage der CO2-Auktionierung dürfen wir nicht über das Ziel hinausschießen. So lange weite Teile der Welt den Zertifikatehandel nicht kennen, müssen wir verhindern, das Industrien und Arbeitsplätze abwandern.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Das wäre ökonomisch wie ökologisch schädlich.

(Beifall von der CDU)

Dafür werde ich auf dem Rat in Brüssel in der nächsten Woche eintreten, und zwar unmissverständlich.

Das war die Bundeskanzlerin auf unserem Parteitag. Herr Römer, Sie bekommen demnächst gerne eine Einladung, damit Sie das einmal im O-Ton miterleben können.

Das ist der Hintergrund dafür, warum wir auch auf dem Parteitag die Debatte über die Ausgestaltung

des Zertifikatehandels geführt haben. Das können Sie aber nicht wissen.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Vielleicht können Sie einmal Herrn Clement befragen. Den Mann zitieren Sie ja nicht mehr so gerne. Er teilt Punkt für Punkt die Position dieser Landesregierung.

(Zuruf von der SPD: War er da?)

Punkt für Punkt!