Protokoll der Sitzung vom 27.10.2005

(Horst Becker [GRÜNE]: Schauen Sie in die Pressemitteilungen von Rheinland-Pfalz!)

Meine Damen und Herren, die im Antrag eingeforderten straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen auf Straßen, die mit einem Zuwachs an schwerem Güterverkehr in Höhe von 25 % oder mehr belastet werden, sind deshalb - so glauben wir - verfrüht, weil sie letztlich unbegründet und damit nicht gerichtsfest sind.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Auch die weitere Antragsforderung betreffend die Änderung des § 45 Straßenverkehrsordnung hat sich bereits erledigt. Der Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen zur erleichterten Sperrung von durch Mautausweichverkehren belasteten Straßen liegt dem Bundesrat derzeit noch nicht vor. Vielmehr findet zurzeit zwischen dem Bundesverkehrsministerium und den obersten Straßenverkehrsbehörden der Länder das Abstimmungsverfahren statt. Hierbei hat das Ministerium für Bauen und Verkehr als oberste Straßenverkehrsbehörde unseres Landes Nordrhein-Westfalen dem vom Bundesverkehrsminister unterbreiteten Vorschlag

zur erleichterten Sperrung von durch Mautausweichverkehren belasteten Straßenstrecken vorbehaltlos zugestimmt.

(Oliver Keymis [GRÜNE]: Na, also!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zusammenfassend stelle ich fest:

Erstens. Die genannten Zahlen geben keine Auskunft über den tatsächlichen mautverdrängten LKW-Verkehr in unserem Land.

Zweitens. Aktuelle Ergebnisse aller Dauerzählstellen werden im Internet bereits seit viereinhalb Jahren veröffentlicht.

Drittens. Alle angegebenen Beispiele aus anderen Bundesländern sind nicht einschlägig und können zu Vergleichen nicht herangezogen werden.

Viertens. Die Landesregierung hat allen Vorschlägen zur Änderung des § 45 Straßenverkehrsordnung zugestimmt.

Meine Damen und Herren, lieber Herr Becker, der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen läuft deshalb in allen aufgeführten Punkten ins Leere. - Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Becker hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, einiges muss noch einmal richtig gestellt werden. Ich will mich jetzt nicht an pseudo-pädagogischen Maßnahmen von SPD-Kollegen abarbeiten, auf die wir gut verzichten können; aber ich will doch zu einigen Dingen Stellung nehmen, die hier fälschlicherweise behauptet worden sind:

Erstens. Das Land Rheinland-Pfalz hat die Sperrung der B 9 sehr wohl mit dem Mautausweichverkehr begründet, Herr Minister.

(Minister Oliver Wittke: Das bestreite ich auch nicht! Aber trotzdem ist es nicht richtig!)

- Sie haben aber den Eindruck erweckt, es hätte damit nichts zu tun.

Zweitens. Wenn Sie darauf hinweisen, dass es bei den Dauerzählstellen - die Sonderzählstellen sind nach meinem Kenntnisstand übrigens nicht im Internet veröffentlicht - um Verkehr ab 3,5 t geht, ist das zumindest, was die Basiswerte angeht, richtig. Laut Auskunft Ihres Hauses ist es aber in Bezug auf die veröffentlichten Zahlen, die

das erste Halbjahr und nicht nur ein Quartal ausweislich der Antwort auf Frage 4 umfassen, falsch. Denn es sei so - ich zitiere -, dass es sich um ein Umrechnungsverfahren handelt, dass die BASt, die Bundesanstalt für Straßenwesen, dort vornehmen würde und das sei herausgerechnet.

Jetzt nehme ich einmal an, das wäre nicht so. Dann richtet sich Ihr Argument gegen sich selber, weil es folgende Bedingung hat: Wenn es auch jetzt noch tatsächlich der Verkehr ab 3,5 t ist, der mit diesen Prozentzahlen in der Gesamtmenge behaftet ist, können Sie sich ausrechnen, dass es zwischen 3,5 und 12 t keinen Mautausweichverkehr gab und auch keine Maut bezahlt wird. Deswegen besteht da auch kein Bedürfnis nach Mautausweichverkehr.

Das heißt, dass der Zuwachs aus der Gesamtmenge, der hier beziffert worden ist, betrifft ausschließlich Fahrzeuge ab 12 t. Dann ist er in Wahrheit sogar noch höher. Ich wäre mit der Argumentation sehr vorsichtig; denn wenn sie stimmt, ist die genannte Prozentzahl zu niedrig, weil sie nämlich die Gesamtmenge umfasst. Es geht aber in Wahrheit um die Teilmenge ab 12 t.

(Oliver Keymis [GRÜNE]: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, ich möchte des Weiteren darauf hinweisen, dass Sie behaupten, die Maßnahmen seien nicht zulässig. Die Maßnahmen sind zulässig.

(Oliver Keymis [GRÜNE]: So ist es!)

Ausweislich Hessen und Rheinland-Pfalz - dabei zählt, wie Rheinland-Pfalz es selber begründet - geht dies.

Nun prognostizieren Sie uns den Ausgang vor Gericht. Dazu können alle immer viele Prognosen abgeben. Ich will auch eine abgeben: Sie haben gesagt, dass § 45 geändert wird und wir als Bundesland das unterstützen. Das begrüße ich. Das war so ziemlich die einzige Ihrer Aussagen, die ich ausdrücklich begrüße. Wenn das so ist, und selbst wenn Sie zu Recht annehmen, dass es rechtsfehlerhaft war, wie Hessen gehandelt hat, sage ich Ihnen: Bei der Zeitdauer, die Sie vor Verwaltungsgerichten einplanen müssen, liegt die Änderung des § 45 schon bis zu einer Entscheidung vor. Spätestens dann haben Sie die Ermächtigung für eine solche Maßnahme mit zusätzlichen Untersuchungen, von denen Sie eben gesagt haben, dass sie nötig sind.

Meine Damen und Herren, die FDP redet gerne von Tempo und Qualität. Ich stelle fest: Sie haben weder Tempo noch Qualität

(Ralf Witzel [FDP]: Oh!)

noch haben Sie Mut oder den Sinn dafür, dass sich die Menschen in Nordrhein-Westfalen dadurch sehr betroffen fühlen. Das ändert sich auch nicht, wenn Herr Stolpe für dieses Land nicht eine einzige Straße zur Bemautung vorsieht.

Noch einmal: Wer als Lösung die Bundesstraßen irgendwo in ferner Zukunft bemauten will, schafft ganz neue Probleme. Wenn Sie von wirtschaftlichen Standortbedingungen reden, sehe ich Sie heute schon demnächst sagen, dass das alles nicht geht wegen der Bedingungen für die Firmen vor Ort.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Becker. - Herr Minister Wittke hat sich noch einmal gemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Becker, jetzt wird der Unterschied zwischen der Politik der Landesregierung und grüner Politik offenbar. Sie wollen auf der Basis von nicht feststehenden Zahlen - wie Sie gerade selbst zugegeben haben -, selbst noch nicht wissend, welche Zahlen tatsächlich relevant sind,

(Horst Becker [GRÜNE]: Sie wissen es nicht! Wir wissen es!)

Entscheidungen treffen, die am Ende vielleicht nicht einmal gerichtsfest sind.

Das nenne ich ideologisch motivierte Verkehrspolitik, während wir zuerst die Fakten klären, so wie wir es in der Verkehrsministerkonferenz vereinbart haben, und danach politisch handeln. Dieses Land und insbesondere die Menschen in diesem Land haben ein Anrecht darauf, rechtssichere Fakten durch die Landesregierung geschaffen zu bekommen,

(Horst Becker [GRÜNE]: Stimmen Ihre Zah- len, oder stimmen sie nicht?)

damit nicht ideologisch motiviert aufgrund von unsicheren Zahlendaten irgendwelche Regelungen herbeigeführt werden.

(Beifall von der CDU)

Deshalb noch einmal, Herr Becker: Wir werden uns nicht ins Bockshorn jagen lassen, sondern werden - so wie es sich für eine ordentlich und rational handelnde Landesregierung gehört - erst dann handeln, wenn alle Zahlen auf dem Tisch liegen, wenn wir wissen, was im Lande tatsächlich

los ist. Dann werden wir da, wo es notwendig ist, die Initiative ergreifen und die Bürgerinnen und Bürger schützen, ohne aber mit der ideologischen Brille LKW-Verkehr an allen Stellen des Landes unmöglich zu machen. - Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Becker?

(Minister Oliver Wittke: Dann muss er noch einmal ans Mikrofon gehen! Ich bin fertig! - Horst Becker [GRÜNE]: Schade, aber wir haben ja im Ausschuss noch Zeit!)

- Sie haben die Rede beendet. Ich schlage vor, das miteinander zu klären.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/465 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist für die Empfehlung dieses Antrags? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist diese Überweisung einstimmig so angenommen.

Wir kommen zu:

5 Resozialisierung junger erwachsener Straftäter verbessern

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/469

Es gibt dazu auch einen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/541, der Ihnen vorliegt.