Ich will – da Sie alle immer ein so kurzes Gedächtnis haben – an die Bandbreite der persönlichen Vorschläge des Ministerpräsidenten zur Belebung der Wirtschaft erinnern. Nach der Sommerpause im vergangenen Jahr sollten es noch die Absetzbarkeit von Steuerberatungskosten, ein nationales Rohstoffkonzept und eine Initiative gegen den Fachkräftemangel richten – zu Recht verspottet von Kampfbambi Lindner.
Jetzt sind Sie beim Einstieg des Staates in Privatunternehmen angelangt und müssen ertragen, dass sich der Marktradikalinski Papke artig bei der Bundes-SPD dafür bedankt, dass die Ihnen diesen Zahn gezogen hat.
Meine Damen und Herren, über die Ursachen der gegenwärtigen Krise spricht schon fast niemand mehr. Die überfällige Regulierung der Finanzmärkte ist nur noch eine Randnotiz.
Dabei steht die Welt an einer Zeitenwende. Die Vorherrschaft der Ideologie des Marktradikalismus geht zu Ende. Die Finanzmarktkrise offenbart ein globales Marktversagen. Es ist das gleiche Marktversagen, die gleiche Maßlosigkeit, die den Klimawandel forcieren, die Welternährungskrise verursachen und sich in der umfassenden Ressourcenkrise niederschlagen. Und es fehlen Regeln für nachhaltige Finanzmärkte ebenso wie Regeln, die eine klimaschonende und gerechtere Lebens- und Produktionsweise sichern.
Meine Damen und Herren, verantwortliche Politik muss in diesen Krisen entschlossen handeln, und sie muss die Dinge zusammendenken und darf sie nicht auseinanderdividieren. Weil sich diese Krisen – Finanzmarktkrise, Klimawandel, Ressourcenkonkurrenz – gegenseitig verstärken, müssen sie auch gemeinsam gelöst werden. Darin liegt sozusagen das nach vorne Gerichtete; darin liegt die große Chance, für die Zukunft wirklich gestärkt aus dieser Krise herauszugehen.
Meine Damen und Herren, was als Konjunkturpaket II beschlossen wurde, ist Flickschusterei nach dem Motto: Jeder kriegt abwechselnd einen Wunsch erfüllt – ein Löffelchen für Mutti, ein Löffelchen für Franz, ein Löffelchen für Horst, nur für Jürgen war nichts mehr da!
(Beifall von den GRÜNEN -Zuruf von der CDU: Jetzt wird es aber langsam albern! – Zuruf von Edgar Moron [SPD])
Das Paket ist ein Wahlkampfpaket und kein Konjunkturpaket. Und es ist weder ökologisch schlüssig noch sozial ausgewogen noch ökonomisch zielgerichtet. Die Leichtfertigkeit, mit der frei nach dem Motto „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ neue Schulden für wirkungslose Minientlastungen und unsinnige Abwrackprämien gemacht werden, ist unverantwortlich.
Zusammengefasst: Drei Viertel ist teurer Murks, ein Viertel ist richtig – das sage ich ausdrücklich –, aber leider nur halbherzig.
Von einer zielführenden und nachhaltigen Politik gegen die größte Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik ist das wirklich meilenweit entfernt. Die Halbherzigkeit des ersten Konjunkturpaketes und die lang anhaltende Weigerung der Kanzlerin, endlich nachhaltig wirksame Maßnahmen in einer spürbaren Größenordnung voranzutreiben, sprechen Bände.
Die Steuererleichterungen, die jetzt beschlossen wurden, sind ein schamloser Griff in die Haushaltskasse, um im Wahljahr vermeintliche Wahlgeschenke zu verteilen. Die Absenkung des Steuerfreibetrages bringt Durchschnittsverdienern vielleicht ein paar Euro im Monat, hat aber konjunkturell keinerlei Wirkung;
genauso wenig wie die Kfz-Steuererleichterung im ersten Konjunkturpaket. Und es ist auch bezeichnend, dass Peer Steinbrück wirklich erst in allerletzter Minute einen Vorschlag unterbreitet hat, damit es zu einer Einigung kommt. Es ist bekannt, dass das kein Ziel der SPD war. Das ist, glaube ich, klar.
Aber auf der anderen Seite – und da wären Sie, Herr Ministerpräsident, gefordert gewesen – bedeutet dies Kosten von etwa 900 Millionen € allein für unseren Landeshaushalt – 900 Millionen € für den Landeshaushalt! Diese knappe Milliarde fehlt uns in NRW, nämlich um den Eigenanteil des Landes Nordrhein-Westfalen genau für die Maßnahmen, über die wir einig sind, zu finanzieren und um damit die positiven Elemente des Konjunkturpaketes aus Berlin zu flankieren, um wirklich einen Schub für mehr Wachstum, mehr Beschäftigung und Investitionen in die Zukunft auszulösen.
Wir Grünen teilen die große Skepsis der Bevölkerung gegenüber den Maßnahmen und der Handlungsfähigkeit der Großen Koalition. Wir begreifen die Krise als Herausforderung, aber auch als Chance, um die seit Langem notwendige ökologische Modernisierung, die Verbesserung der Bildung und die Schaffung von mehr Gerechtigkeit in Deutschland und NRW voranzutreiben.
Mit einem – leider viel zu kleinen – Teil geht die Bundesregierung allerdings in die Richtung, die wir Grünen schon im Oktober – ja, Herr Ministerpräsident, ja, Frau Thoben – des vergangenen Jahres hier vorgeschlagen haben und in einem Antrag hier auch zur Debatte gestellt haben.
Wir haben im Oktober für ein solches Konjunkturpaket mit Investitionen geworben. Die Förderung der energetischen Gebäudesanierung, die Sanierung von Schulen und Kindergärten, die Sanierung von Krankenhäusern und die Modernisierung von Hochschulen haben wir Ihnen bereits im Oktober letzten Jahres vorgeschlagen. Und damals haben Sie das als absurd abgetan, was Sie jetzt, wenn es von Berlin kommt, als positiv bezeichnen!
Frau Thoben hat damals auf den Bau von Kohlekraftwerken oder die Verlängerung der Laufzeiten von süddeutschen Atommeilern gesetzt. Das war der Beitrag von Frau Thoben, die hier meint, super gesprochen zu haben, zur Belebung der Konjunktur in diesem Bundesland.
Unabhängig davon, wie man zu dem Gesamtpaket steht: Jetzt kommt es doch darauf an, die unstreitigen Maßnahmen aus dem Bundeskonjunkturprogramm schnell auf den Weg zu bringen. Ich erinnere daran, dass ich Dienstag sofort gesagt habe, dass es jetzt darauf ankommt, bei der Umsetzung im Sinne der Kommunen, obwohl wir uns an anderer Stelle streiten, an einem Strang zu ziehen.
Deswegen kommt das Gesprächsangebot, Frau Thoben, welches Sie uns heute unterbreiten, reichlich spät. Sie hätten angesichts der Krise doch viel früher auf die Oppositionsfraktionen zugehen müssen.
Diese Maßnahmen, die wir für richtig halten, müssen jetzt schnell auf den Weg gebracht werden. Sie müssen durch die Landesregierung begleitet und kofinanziert werden. Die Kommunen müssen schnellstens investieren können. Dazu muss auch die Blockade des Innenministers endlich aufhören. Die Kommunen brauchen in der jetzigen Situation Unterstützung und Freiheit zum Handeln. Das ist das, was unsere Kommunen brauchen.
Meine Damen und Herren, seit Dezember ist doch klar, dass die Bundesregierung ein zweites Konjunkturpaket auflegen wird. Also gehen wir doch davon aus, dass in den Ministerien überlegt wird: Wie können wir das machen, damit dann, wenn es klar ist, sofort die Maßnahmen auf den Tisch kommen? Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Das wird doch hier heute deutlich.
Sie haben schon in guten Zeiten schlecht regiert. In der Bewährungsprobe der Finanzkrise ist die Regierung Rüttgers ein Totalausfall.
Es ist kein Wunder, dass Sie hier kneifen wollen. Dreieinhalb Jahre Schönwetterpolitik haben wir erlebt, mit Selbstbeweihräucherung und Erneuerungsgerede. Aber diese Zeit hat nicht dazu beigetragen, unser Land für die bevorstehenden Problemlagen auch nur im Ansatz zu wappnen. Leider sieht es auch jetzt nicht so aus, als ob sich an diesem bisherigen Gebaren von Schwarz-Gelb irgendetwas ändern würde.
Mit der vollmundigen Ankündigung vom Dezember, ein 3 Milliarden € schweres Rettungspaket für NRW aufzulegen, haben Sie bewusst versucht, die Menschen hinters Licht zu führen. Denn Sie haben verschwiegen, dass 2,4 Milliarden € bereits vor der Finanzkrise im Landesetat enthalten waren
und dass die zusätzlichen 600 Millionen € aus dem Konjunkturpaket I des Bundes stammen. Wo ist der eigenständige Beitrag des Landes zur Rettung des Landes? – Fehlanzeige, meine Damen und Herren!
Selbst in dieser Situation halten Sie an kontraproduktiven Gesetzen fest, wie wir gestern bei der Anhörung zum Wfa-Gesetz lernen konnten. Sie halten daran fest, halten nicht inne und merken nicht, dass Sie in die falsche Richtung gehen.
Mit einem Federstrich könnten Sie die mittelständische Bauwirtschaft und die Handwerksunternehmen spürbar unterstützen. Erhöhen Sie umgehend die Wohnungsbauförderung! Der Bedarf ist gigantisch für energetische Sanierung, für den barrierefreien Ausbau und für den erforderlichen Neubau dort, wo er gebraucht ist. Lesen Sie das Protokoll der Anhörung von gestern nach, damit Sie sehen,