Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 112. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen und heiße Sie herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich 15 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Auch heute haben wir Geburtstagskinder unter uns. Geburtstag feiern Herr Kollege Karl Schultheis – er wird 56 – und Herr Kollege Jürgen Unruhe; er wird 39 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag im Namen aller Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, weise ich darauf hin, dass sich die Fraktionen inzwischen darauf verständigt haben, die Tagesordnung für morgen, Donnerstag, und übermorgen, Freitag, dahin gehend zu ändern, dass der Tagesordnungspunkt 7, „Land NRW torpediert Grundstücksübertragung auf den Flughafen Köln/Bonn“ Drucksache 14/8332 – Neudruck –, vom Donnerstag und Tagesordnungspunkt 8, „Gesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes“ Drucksache 14/8335, vom Freitag getauscht werden. Ich stelle keinen Widerspruch fest.

Darüber hinaus wurde zum heutigen Tagesordnungspunkt 4, „Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften“ Drucksache 14/8176, vereinbart, entgegen dem Ausdruck in der Tagesordnung eine Debatte zu führen. Vereinbart wurde der Redezeitblock I. Gibt es dazu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir so verfahren.

Meine Damen und Herren, die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 2. Januar 2009 mitgeteilt, dass Herr Peter Weckmann aus der Landesreserveliste der SPD als Nachfolger des ausgeschiedenen Abgeordneten Harald Schartau mit Wirkung vom 2. Januar 2009 Mitglied des Landtags geworden ist. Ich bitte deshalb Herrn Peter Weckmann, zu mir zu kommen, damit ich die nach § 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehene Verpflichtung vornehmen kann.

Ich bitte Sie, die folgenden Worte der Verpflichtungserklärung anzuhören und durch Handschlag zu bekräftigen.

Die Mitglieder des Landtags von NordrheinWestfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.

Sehr geehrter Herr Weckmann, ich heiße Sie als neuen Abgeordneten in der 14. Wahlperiode herzlich willkommen und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer täglichen Arbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger.

(Peter Weckmann [SPD]: Herzlichen Dank! – Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf:

1 Gesetz über die Feststellung eines dritten Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2008 (Drittes Nachtragshaushaltsgesetz 2008)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/7930

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/8486

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/8487

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/8320

zweite Lesung dritte Lesung

In Verbindung mit:

Gesetz zur Errichtung eines Fonds für die Beteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen an den finanziellen Lasten des Finanzmarktstabilisierungsfonds des Bundes (Abrechnungs- fondsgesetz – AFoG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/7940

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/8485

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/8338

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und gebe als erster Rednerin Frau Walsken von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Frau Walsken.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt 2008 ist das Dokument für das

finanzpolitische Versagen dieser schwarz-gelben Landesregierung.

(Beifall von der SPD)

Alle selbst gesteckten Ziele sind nicht erreicht. Noch nie musste ein Finanzminister so schnell alle seine Positionen aufgeben. Noch nie wurde ein Finanzminister so schnell von der Realität eingeholt. Und noch nie war die Kluft zwischen eigenem Anspruch – da war einmal der „eiserne Helmut“ – und eigenem Handeln so groß wie heute. Lassen Sie mich dazu nur drei Belege auswählen – es gibt sicherlich eine Fülle weiterer –, nämlich die Themenbereiche Schuldenabbau, Steuereinnahmen oder das Haushaltsvolumen.

Es ist wichtig, an den eigenen Aussagen gemessen zu werden. Deshalb haben wir uns die Mühe gemacht, eigene Aussagen des Finanzministers zu seinen finanzpolitischen Zielen anzuführen.

Ich beginne gerne mit dem Thema Schulden. Der Originalton von Herrn Dr. Linssen am 8. Dezember 2005: Wir müssen konsolidieren, weil das strukturelle Defizit des Landeshaushaltes ohne Gegensteuern ins Uferlose anwachsen würde.

Fakt ist: Wir haben heute einen eklatant hohen Schuldenstand, der eklatant hoch ist. Er beträgt zurzeit 118,9 Milliarden €. Als die Regierung damals die Amtsgeschäfte übernahm, hatten wir einen Schuldenstand von 106,8 Milliarden €.

(Widerspruch und Zuruf von der CDU: Falsch!)

Meine Damen und Herren, ich weiß, Sie mögen diese Zahlen nicht. Das ist ein Plus von über 12 Milliarden € seit Amtsübernahme von SchwarzGelb. Das macht deutlich, wo Sie heute stehen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Außerordentlich interessant ist, wie der Finanzminister selber mit diesen Zahlen umgeht. So sagt er in seiner Pressekonferenz am 20. Januar – das ist kaum zu glauben –: Der Konsolidierungskurs der Landesregierung war erfolgreich.

Meine Damen und Herren, wenn das erfolgreich ist, wundert mich in diesem Hause gar nichts mehr. Wer so formuliert, hat offensichtlich völlig den Boden unter den Füßen verloren, oder er hat etwas zu verbergen. Denn klar ist: Die Verschuldung steigt, das Defizit wächst.

Der zweite Bereich: Schuldenabbau und Steuereinnahmen. Auch im Originaltext Dr. Linssen in seiner Pressemitteilung vom 30. Oktober 2006: Das Kabinett und die Fraktionen – gemeint sind natürlich CDU und FDP – haben bereits im Frühjahr 2006 beschlossen, alle zusätzlichen Steuereinnahmen zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung zu verwenden.

Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Bis Ende 2008 hat es landesweit rund 7,4 Milliarden € mehr Steuern gegeben. Die Neuverschuldung im selben Zeitraum sinkt allerdings nur um 4,2 Milliarden €. Das heißt: Diese Landesregierung hat nur gut die Hälfte für die Reduzierung der Verschuldung eingesetzt. Versprochen war, alle Steuermehreinnahmen einzusetzen.

Wenn der Finanzminister seinen eigenen Worten treu geblieben wäre, hätte er sicherlich angesichts dieser Situation die Neuverschuldung deutlich zurückgeführt. Er hätte, wenn die Fraktionen ihrem Beschluss treu geblieben wären, alle Steuermehreinnahmen, wie damals in 2006 versprochen, nutzen müssen, um die Verschuldung zurückzufahren.

Meine Damen und Herren, mein Fazit lautet: Trotz guter Steuereinnahmen sinkt die Verschuldung nicht entsprechend. Im Gegenteil: Sie steigt weiter, nämlich auf 1,1 Milliarden € auch in 2008.

Wenn Sie glauben, es handele sich im Jahr 2008 um einen Ausrutscher, möglicherweise der Finanzkrise geschuldet, dann irren Sie. Seitdem diese Landesregierung im Amt ist, hat sie Jahr für Jahr versprochen, alle Steuermehreinnahmen in den Abbau der Nettokreditermächtigung, der Verschuldungsmöglichkeit zu stecken. Dieses Versprechen ist deutlich gebrochen. Denn es sind deutlich mehr Steuermehreinnahmen in den Kassen gewesen, als Verschuldungsmöglichkeiten abgebaut wurde.

Ich komme zum dritten Bereich, zum Haushaltsvolumen. Auch hier zunächst ein Originaltext, diesmal nicht nur aus der Feder von Dr. Linssen, sondern auch aus der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP von Juni 2005, Seite 13. Dort heißt es: „Unsere Ziele“ – gemeint sind Freie Demokraten und Christdemokraten – „sind die Reduktion der Neuverschuldung und die nachhaltige Rückführung“ – jetzt kommt es – „des ungebremsten Ausgabenanstiegs.“

Wenn Sie sich den Ausgabenanstieg ansehen, so erkennen Sie, dass von 2005 bis 2008 das Haushaltsvolumen deutlich gestiegen ist.Weder würden die Ausgaben begrenzt noch nachhaltig zurückgeführt noch ist ein Konsolidierungskonzept erkennbar.

Meine Damen und Herren, wenn man alle diese Punkte bewertet, stellt man fest:

Erstens. Alle Versprechen sind abgeräumt.

Zweitens. Die Chance zur Konsolidierung durch Steuermehreinnahmen ist vertan worden.

Herr Finanzminister, wer angesichts dieser Zahlen tatsächlich noch von einem guten Konsolidierungsergebnis spricht, kann entweder mit den Zahlen nicht umgehen oder er verbiegt sie wie der Uri Geller der Finanzpolitik. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Walsken. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Klein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann gar nicht böse über die Rede sein. Wir haben eine typische Oppositionsrede gehört. Das muss sicherlich auch so sein. Mit der Realität in unserem Land hat sie allerdings ziemlich wenig zu tun gehabt.