Protokoll der Sitzung vom 30.01.2009

Die Landesregierung tritt außerdem in gemeinsamem Schulterschluss mit den am Baugipfel beteiligten Vertretern der Bauwirtschaft und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt nachdrücklich für eine Stärkung des Präqualifizierungsverfahrens ein, um vor allem kleine und mittelständische Bauunternehmer von aufwendigen Einzelnachweisverpflichtungen zu entlasten.

Hier werden wir durch gemeinsamen Runderlass die Voraussetzungen dafür schaffen, dass bei beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben grundsätzlich nur noch solche Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, die sich in die allgemein zugängliche Liste des Vereins für Präqualifikation von Bauunternehmen haben eintragen lassen. Ich bin sicher, dass diese Maßnahme die Attraktivität und Akzeptanz des Präqualifizierungsverfahrens deutlich erhöhen wird.

Schließlich hat sich die Landesregierung im schwierigen kontroversen Vergaberechtsreformprozess auf Bundesebene massiv für mittelstandsfreundliche und verfahrensvereinfachende Regelungen eingesetzt. In die umfangreiche Stellungnahme des Bundesrates sind zahlreiche Initiativanträge der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen eingeflossen.

Erlauben Sie mir den Hinweis, dass auch hier weitere Verfahrenserleichterungen möglich gewesen wären, wenn die SPD bereit gewesen wäre, auf die Verankerung vergabefremder Kriterien, die ein wirtschaftliches und sparsames Ergebnis von Vergabeentscheidungen erschweren, zu verzichten.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz klar zum Ausdruck bringen: Die Landesregierung benötigt auch für die Umsetzung der im Bund beschlossenen Maßnahmen zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung keine Aufforderung durch die Opposition.

(Beifall von der CDU -Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist ja lächerlich!)

Unmittelbar nachdem das Konjunkturpaket II beschlossen wurde, haben wir mit der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen zur Beschleunigung von Investitionen durch Vereinfachungen im Vergaberecht begonnen. Wir werden per Erlass regeln, dass im Baubereich bis zu einem Auftragswert in Höhe von 100.000 € freihändige Vergaben zulässig sind. Bis zu einem Auftragswert in Höhe von 1 Million € werden beschränkte Ausschreibungen möglich sein.

Im Liefer- und Dienstleistungsbereich wird bis zu einem Auftragswert in Höhe von 100.000 € eine

Wahlmöglichkeit zwischen freihändiger Vergabe und beschränkter Ausschreibung bestehen.

Für den Bereich der europaweiten Ausschreibungen werden wir in diesen Erlass aufnehmen, dass die Dringlichkeit zur Durchführung der beschleunigten Verfahren aufgrund der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise gegeben ist. Das wird dazu führen, dass die Mindestfrist für europaweite Vergaben von 87 Tagen auf 30 Tage gekürzt werden kann. Die EU-Kommission hat hierzu bereits grünes Licht gegeben.

Das Wirtschaftsministerium hat mit den anderen betroffenen Ressorts bereits Einvernehmen über diese Vereinfachungen erzielt. Ich kann Ihnen daher versichern, dass sie innerhalb der nächsten Tage umgesetzt werden, und zwar sowohl für die Landesdienststellen als auch aus Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung als Empfehlung für die kommunalen Gebietskörperschaften.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass die öffentlichen Auftraggeber in Nordrhein-Westfalen die ihnen mit den Verfahrenserleichterungen eingeräumten Möglichkeiten verantwortungsvoll einsetzen werden. Hierzu zählt auch ein erforderliches Maß an Transparenz. Dieses Bewusstsein werden wir durch eine Verpflichtung zur Ex-Post-Dokumentation in allgemein zugänglichen elektronischen Medien stärken.

Der Erlass soll bis zum 31.12.2010 befristet werden. Im Lichte der gewonnenen Erfahrungen wird dann zu entscheiden sein, ob die derzeit geltenden Regelungen dauerhaft zu modifizieren sind.

Mit den dargelegten Maßnahmen ist NordrheinWestfalen gut aufgestellt, um die im Konjunkturpaket der Bundesregierung beschlossenen Mittel schnellstmöglich für öffentliche Investitionen in Nordrhein-Westfalen einsetzen zu können.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Die antragstellende SPD-Fraktion hat um direkte Abstimmung gebeten. Wir stimmen also direkt über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/8325 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die SPD-Fraktion und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Abgeordneter Sagel. Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung des Abgeordneten Sagel abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zu:

3 Gesetz zum Ausbau der Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen (Fachhochschulausbau- gesetz)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/8290

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Minister Professor Dr. Andreas Pinkwart für die Landesregierung das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um Wohlstand, Aufstiegschancen und eine intakte Umwelt für alle in unserem Land zu sichern, wollen wir Nordrhein-Westfalen bis zum Jahre 2015 zum Innovationsland Nummer eins machen. Dafür brauchen wir beste Bildung, Forschung und Transfer. Kurzum: Wir brauchen beste Köpfe für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU)

Dies gilt ganz besonders in den mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen. Eine der attraktivsten Karriere- und Innovationsschmieden sind die technisch orientierten Fachhochschulen, insbesondere jene, die über duale Studienkonzepte eng mit innovativen Unternehmen verzahnt sind.

Gerade an solch attraktiven Studienangeboten mangelt es aber in Nordrhein-Westfalen.

Um den dadurch entstehenden Ingenieurmangel nachhaltig zu überwinden und der auch mit Blick auf den doppelten Abiturjahrgang steigenden Zahl Studierender qualitativ hochwertige Studienmöglichkeiten zu eröffnen, geht die Landesregierung den mutigen Schritt, die Fachhochschulen durch Neugründung und die Erweiterung vorhandener Fachhochschulen massiv auszubauen.

(Beifall von der CDU)

Durch die Vorgaben des Wettbewerbs und die hervorragenden Bewerbungen aus den Regionen erreichen wir mit den Standortempfehlungen der Jury zudem, dass die vom Rückzug des subventionierten Steinkohlebergbaus betroffenen Regionen eine sehr konkrete und eine sehr nachhaltig wirksame Zukunftsperspektive erhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit halten wir Wort: Wir investieren nicht länger in dunkle Schächte, sondern in helle Köpfe.

(Beifall von CDU und FDP)

Ganz besonders wichtig ist mir dabei, dass wir den jungen Talenten mit Fachhochschulzugangsberech

tigung zusätzlich zu den von uns bereits im Hochschulpakt erhöhten Anstrengungen endlich die Angebote machen können, die ihnen beste Aufstiegschancen versprechen. Während die Vorgängerregierung die Angebote gerade für die jungen Menschen, die über den zweiten Bildungsweg zu einer akademischen Ausbildung streben, verknappt hatte, sorgen wir mit diesem Fachhochschulerweiterungsgesetz für mehr Chancengerechtigkeit am Start in Nordrhein-Westfalen.

Bei der Standortentscheidung hat eine zehnköpfige Jury mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft unter der Leitung von Staatssekretär a. D. Dr. Fritz Schaumann die Landesregierung mit großem Engagement und großem Sachverstand unterstützt. Dafür möchte ich mich namens der Landesregierung bei allen Jurorinnen und Juroren ganz herzlich bedanken.

(Beifall von CDU und FDP)

Auf der Basis der Empfehlungen der Jury hat die Landesregierung Ende vergangenen Jahres beschlossen, drei neue Fachhochschulen zu gründen und acht bestehende Fachhochschulen im Lande auszubauen. Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, schaffen wir 10.000 neue Studienplätze speziell in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Neu gegründet mit jeweils 2.500 Studienplätzen werden die Fachhochschule Hamm-Lippstadt mit den Standorten Hamm und Lippstadt, die Fachhochschule Nördlicher Niederrhein mit dem Standort Kamp-Lintfort und ihrem Hauptsitz Kleve – dort ist der regionale Bedarf an Studienplätzen besonders groß und zeigt die regionale Wirtschaft insbesondere beim Aufbau dualer Studienangebote ein besonders hohes Engagement – sowie die Fachhochschule Westliches Ruhrgebiet mit dem Standort Bottrop und dem Hauptsitz Mülheim.

Weitere 2.500 Studienplätze werden an acht bestehenden Fachhochschulen zusätzlich eingerichtet, zum Teil an neuen Studienorten. Hinzu kommen 1.000 Studienplätze an der geplanten Gesundheitsfachhochschule, deren Standortwettbewerb zurzeit noch läuft.

Für den Ausbau der Fachhochschulen stellt das Land bis zum Jahr 2020 insgesamt 1,3 Milliarden € zusätzlich bereit. Diese Mittel werden deshalb zusätzlich bereitgestellt, damit dieser Ausbau der Fachhochschulen nicht zulasten der bestehenden Hochschulen erfolgt, die wir ebenfalls dringend brauchen, damit wir mit Blick auf den doppelten Abiturjahrgang und steigenden Studierendenzahlen ein hinreichendes qualitatives Angebot im nächsten Jahrzehnt sicherstellen können.

Meine Damen und Herren, wir wollen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, der zum 1. Mai 2009 in Kraft treten soll, die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Grundsatzentscheidungen

für den Fachhochschulausbau jetzt zügig umgesetzt werden können. Unser Fahrplan dafür steht.

Parallel zum Gesetzgebungsprozess werden bereits in den kommenden Tagen die staatlichen Gründungsbeauftragten für die neuen Hochschulen ihre Arbeit aufnehmen. Dies sind für die Fachhochschule Nördlicher Niederrhein Frau Prof. Marie-Louise Klotz – die promovierte Chemikerin ist Dekanin des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik der Fachhochschule Niederrhein – sowie Dr. Martin Goch, Dezernent für Wirtschaft und Finanzen der Universität Duisburg-Essen, für die Fachhochschule Westliches Ruhrgebiet Prof. Eberhard Menzel – der promovierte Elektroingenieur ist Rektor der Fachhochschule Dortmund – sowie Helmut Köstermenke, Kanzler der Fachhochschule Koblenz, und für die Fachhochschule Hamm-Lippstadt Prof. Klaus Zeppenfeld – der promovierte Informatiker ist Dekan des Fachbereichs Informatik der Fachhochschule Dortmund – sowie Karl-Heinz Sandknop, Dezernent für Rechnungswesen, Controlling, Forschungsförderung der Universität Münster. Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, sehr erfahrene, hoch engagierte und ausgewiesene Fachleute aus dem Wissenschaftsmanagement für den Aufbau der neuen Fachhochschulen zu gewinnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Sobald das Gesetz in Kraft ist, können die Beauftragten zu Gründungspräsidenten ernannt werden. Zugleich werden dann auch die Vizepräsidenten für den Bereich der Wirtschafts- und Personalverwaltung ernannt.

Ebenfalls noch in der ersten Jahreshälfte 2009 können die mit der Gründung beauftragten Personen im Einvernehmen mit dem Ministerium die ersten Gründungsdekane für die neuen Fachbereiche bestellen. Damit sind die neuen Fachbereiche sofort handlungsfähig, und sie können mit den Berufungsverfahren und den Planungen für die Studiengänge beginnen. Dieser ehrgeizige Fahrplan hat zum Ziel, dass die neuen Fachhochschulen bereits binnen eines Jahres nach der Entscheidung der Landesregierung über den Masterplan für den Hochschulausbau ihren Betrieb aufnehmen können. Die ersten Studienanfänger sollen ihr Studium spätestens zum Wintersemester 2010/2011 aufnehmen, gegebenenfalls wird dies sogar bereits zum Wintersemester dieses Jahres möglich sein.

An acht bestehenden Fachhochschulen und ihren neuen Stand- und Studienorten, nämlich in Aachen, Ahaus, Ahlen/Beckum/Oelde, Leverkusen, Lüdenscheid, Minden, Münster, Warburg und Velbert/Heiligenhausen, laufen ebenfalls seit Wochen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Hier werden die ersten neuen Studienanfänger bereits zum kommenden Wintersemester 2009/2010 starten.

(Beifall von CDU und FDP)

Der Hochschulausbau ist eine der großen Herausforderungen für Nordrhein-Westfalen in den kommenden Jahren. Die Regionen und die Hochschulen arbeiten bereits seit Monaten mit großem Elan, um sich dieser Herausforderung zu stellen.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich lade Sie herzlich ein, sich an diesem großen Zukunftsprojekt für Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Beratungen, aber auch darüber hinaus wie bisher konstruktiv zu beteiligen. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)