Sie verursachen also selbst eine niedrige Wahlbeteiligung, die Sie dann nach Schließung der Wahllokale immer so wortreich beklagen. Das ist heuchlerisch, meine Damen und Herren.
Sie beschädigen nicht nur die Demokratie, sondern Sie vermindern sehenden Auges die demokratische Legitimation der vor Ort Gewählten. Das ist die Wahrheit, die wir Ihnen so deutlich vor Augen halten müssen, um Sie vielleicht noch zur Umkehr zu bewegen.
Die Tinte auf dem Urteil ist noch nicht trocken, da wird schon schamlos weiter getrickst. Das ist pure Arroganz der Macht. Ich muss gestehen, meine Damen und Herren: Wir haben hier in der fachlichen Auseinandersetzung schon einiges erlebt. Aber das,
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich weiß, dass man in einer Koalition Kompromisse und Zugeständnisse machen muss. Wenn aber die Verfassung berührt ist, finden wir, dass das eine andere Dimension hat.
Ich komme jetzt zur Rolle des FDP-Innenministers: Ja, Herr Wolf, die Regierungsfraktionen insgesamt haben dieses Gesetz beschlossen, wie jedes Gesetz vom Parlament beschlossen wird. Sie als Innenminister haben aber eine ganz besondere Verantwortung gegenüber unserer Verfassung.
Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, auf Ihre Fraktion einzuwirken und hier die verfassungsrechtlichen Bedenken geltend zu machen. Die haben wir formuliert, die sind genannt worden.
Was haben Sie getan, Herr Innenminister? – Sie haben Ihr parteipolitisches Eigeninteresse über Ihr Amt gestellt, weil die geplante Operation genau in Ihrem Sinne war. Genau darum ging es. Das Rechtsstaatsverständnis dieses FDP-Innenministers ist mit einem alten Sponti-Spruch treffend charakterisiert: Liberal – illegal – scheißegal!
Genau diese Haltung zeigt sich auch noch in der unsäglichen Art und Weise, in der Herr Wolf nach dem Urteil vor die Presse getreten ist und versucht hat, das Urteil umzudeuten und für sich in Anspruch zu nehmen. Herr Innenminister, die Klage richtete sich nicht gegen die Zusammenlegung von Europa- und Kommunalwahl im Allgemeinen – das hatten wir selber vorgeschlagen –, sondern es ging bei dieser Klage einzig und allein um den Termin 7. Juni 2009. Sie wissen doch, bitte schön, ganz genau, dass es darum ging.
In Ihrer lapidaren Aussage – ich zitiere die „Aachener Nachrichten“ vom 19.02. –, es habe sich eben eine andere Rechtsauffassung durchgesetzt,
tritt einmal mehr Ihre mangelnde Achtung gegenüber den Werten und Grundlagen unserer Demokratie zutage.
Meine Damen und Herren, das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen ist schon von namhaften Demokraten geführt worden. Ich nenne beispielhaft nur Burkhard Hirsch und Herbert Schnoor. Unter Ihrer Führung, Herr Wolf, ist das Haus leider auf dem besten Wege, seinen guten Ruf zu verlieren.
Herr Pinkwart, haben Sie wirklich keinen Besseren zu bieten? – Das ist ein schwaches Bild für eine Möchtegern-Bürgerrechtspartei.
Ja, meine Damen und Herren, Demokratie kostet Geld. Das ist sie uns wert, und wir tun alle gut daran, das auch offensiv zu vertreten. Aber – an der Stelle liegt der Unterschied – die Politik ist dafür verantwortlich, dass öffentliche Mittel weder verschwendet noch unbegründet ausgegeben werden. Und jeder Mensch in Nordrhein-Westfalen weiß, dass die Geldausgabe für den abgekoppelten Kommunalwahltermin eine unnütze Geldausgabe ist und man dieses Geld anderweitig besser verwenden könnte. Das weiß jedes Kind in NordrheinWestfalen.
Ich kenne auch Beispiele aus meinem Wahlkreis. Dort wird im Moment darum gekämpft, dass ein Kulturzentrum weiterläuft. Jeder von Ihnen kennt doch aus seinem Wahlkreis Sachen, die mit wenig Geld weiterlaufen könnten. Da ist es die Stadtbücherei, dort das Schwimmbad, da die Volkshochschule. Das wissen Sie doch. Das wissen die Menschen in Nordrhein-Westfalen eben auch.
Ich sage Ihnen, wer das auch ganz genau weiß. Alle, auch Ihre Verantwortlichen vor Ort wissen das. Deswegen gibt es ja flächendeckend den dringenden Appell an Sie, zur Vernunft zu kommen, das Urteil aufzuarbeiten und jetzt das Vernünftige und Naheliegende zu tun, nämlich die Kommunalwahl mit der Bundestagswahl zusammenzulegen.
Heute Morgen habe ich den Bürgermeister Prümm aus Grevenbroich gehört. Er hat alle Argumente im WDR noch einmal vorgetragen. Wir konnten es hören. Frau Kraft hat schon andere Beispiele genannt. Es gibt auch FDP-Kollegen vor Ort, die den 30. August für falsch halten. Also: Sie hätten eine breite Unterstützung. Wir haben hier eine breite Unterstützung von der kommunalen Basis.
Hören Sie doch auf, die Menschen für dumm verkaufen zu wollen! Hören Sie doch auf, den Menschen einreden zu wollen, sie könnten nicht unterscheiden, ob die Stimme für die Bundestagswahl ist oder ob die Stimme für die Kommune ist, ob sie für Frau Merkel ist oder für den örtlichen Bürgermeister!
Also: Machen Sie bitte heute den Weg frei für die von den Menschen in Nordrhein-Westfalen gewollte Lösung! Ich verspreche Ihnen: Niemand wird Ihnen das übel nehmen. Im Gegenteil, ein einziger großer Seufzer der Erleichterung wird durch das Land gehen, wenn Sie hier heute umkehren.
Herr Ministerpräsident, es gehört zum Wesen der Demokratie, dass wir über bestimmte Dinge streiten, über die Schulpolitik, die Klimapolitik, die WestLB. Das ist okay. Das muss so sein. Aber bei bestimmten Dingen gibt es den Konsens. Da sollte auch der Ministerpräsident in der Verantwortung sein, diesen Konsens unter den Parteien zu suchen. Das hätte ich mir bei dieser Frage gewünscht.
Dass Sie nach diesem Urteil immer noch mit demselben Kopf vor dieselbe Wand laufen, dafür habe ich kein Verständnis.
Können Sie hier heute garantieren, dass der 30. August als Kommunalwahltermin rechtssicher ist und ordnungsgemäß durchgeführt werden kann? Können Sie das garantieren?
Zweiter Punkt Ihrer Verantwortung: Ja, der Koalitionspartner ist jeweils selbst für das Personal verantwortlich. Aber wenn ein Verfassungsminister vier Mal gegen die Verfassung verstößt, dann muss doch auch bei Ihnen das Maß voll sein. Herr Ministerpräsident, mit diesem Minister ist kein Staat zu machen in Nordrhein-Westfalen!
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Horst Be- cker [GRÜNE]: Da grinsen Sie? Ihnen wird das Grinsen noch vergehen!)
Ein Letztes, Herr Ministerpräsident: Sie haben nach dem Urteilsspruch aus Amerika heraus eingeräumt – und das finde ich positiv –, dass die Zusammenlegung, wie sie jetzt geplant war, ein Fehler war. Das hat mich sehr gefreut. Sie haben eingeräumt, dass es ein Fehler war. Diese Einsicht ist gut, aber dann müssen Sie doch jetzt auch konsequent sein und Ihrer Einsicht auch eine entsprechende Verhaltensweise folgen lassen.
Also, Herr Ministerpräsident: Zwingen Sie nicht Ihre Fraktion, an einem Wahltermin festzuhalten, den Ihre Leute nicht wollen, Ihre Leute vor Ort nicht wollen und vor allen Dingen die Menschen in Nordrhein-Westfalen nicht wollen! Herr Ministerpräsident,
stellen Sie nicht eine falsche Koalitionsentscheidung über die Interessen der Kommunen und der Menschen! Handeln Sie in Verantwortung und im Interesse des Landes und lenken Sie ein! Dann wäre das heute ein guter Tag für die Demokratie und die politische Kultur in Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.