Minister Laumann und Ministerpräsident Rüttgers aus Nordrhein-Westfalen haben sich in diesen Prozess ganz massiv eingebracht. Und jetzt ist das Ganze gescheitert.
Die Kanzlerin hat den ausgehandelten Vorschlag, der vom Kabinett beschlossen worden war und dem alle Ministerpräsidenten zugestimmt hatten, abgelehnt und damit alles, was in dem einen Jahr in den Verhandlungen erreicht wurde, einfach vom Tisch gewischt. Die Verhandlungen sind damit in Gänze gescheitert.
Ich möchte betonen, dass der Kompromissvorschlag, der auf dem Tisch lag, nicht unser Wunschvorschlag war und dass wir an dem Modell mehrere Punkte heftig kritisiert haben. Unsere Forderung war immer: Wenn man eine Neuorganisation aufbauen und eine rechtliche Absicherung herstellen will, muss dies auf gleicher Augenhöhe zwischen der BA und den Kommunen geschehen.
Der Kompromissvorschlag, der auf dem Tisch lag, gewährleistet das mit Sicherheit nicht. Der geplante Landeskooperationsausschuss als letzte Entscheidungsstelle ist viel zu weit von den Kommunen weg. Das muss auf kommunaler Ebene vor Ort geregelt sein.
Dass die kommunalen Spitzenverbände noch nicht einmal mehr einbezogen worden sind, ist eigentlich falsch. Es ist ein Konstrukt, das nicht wirklich das umsetzt, was wir unter gleicher Augenhöhe verstehen.
Die örtlichen kommunalen Selbstverwaltungen waren nicht einbezogen, obwohl klar ist, dass im SGB II gerade die kommunale Ebene eine ganz wichtige Schnittstelle zu allen anderen Bereichen ist und dass es so eigentlich nicht geht.
Auch wenn wir den Kompromiss an vielen Punkten kritisieren, wäre es trotzdem besser gewesen, diesen Kompromissvorschlag zu beschließen und anschließend zu schauen, was man noch wie gestalten kann, als ihn in dieser Form zu blockieren und zu boykottieren.
Ein Drittel der 60.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist befristet beschäftigt. Schon jetzt ist klar, dass sie sich auf dieser Grundlage wegbewerben werden. Das heißt, das qualifizierte Personal und das Fachwissen wird verloren gehen. Wir werden eine hohe Fluktuation haben und uns wieder in einem Prozess befinden, in dem die Verwaltung sich mit sich selbst beschäftigt, statt den arbeitslosen Menschen zu helfen zu versuchen. Qualität wird verloren gehen, die über Jahre hinweg entstanden ist.
Es ist klar: Der vom Gericht festgeschriebene Übergangszeitraum dauert bis Ende 2010. Alles ist unsicher und unklar. Die Optionskommunen, für die sich Minister Laumann immer so starkgemacht hat, wissen nicht, wie es weitergeht. Auch dort beginnen die Mitarbeiter, sich wegzubewerben. Wir haben eine rechtliche Situation, die für die Beschäftigten absolut katastrophal ist.
Ich möchte noch einmal deutlich sagen: In der Vergangenheit bestand Konsens darüber, dass der Selbstbeschäftigungsprozess ein Ende haben und man sich den Arbeitslosen zuwenden muss, die die Beratung brauchen. Diesen Zustand wird es nicht mehr geben; das Gegenteil wird der Fall sein.
Sehe ich mir die Stellungnahme der CDU-Bundestagsfraktion an – Ilse Falk hat ihre Pressemitteilung direkt herausgegeben –, so steht danach fest: Hilfe
aus einer Hand ist überhaupt kein Ziel mehr, man wollte es gar nicht und sie ist gar nicht wichtig, sondern nebensächlich; Hilfe unter einem Dach reicht; auch der einheitliche Bescheid ist überhaupt nicht mehr wichtig.
Dabei reden wir vor dem Hintergrund einer Wirtschaftskrise, durch die wir in Zukunft eine massiv steigende Arbeitslosenzahl zu erwarten haben. Es wird wieder so sein, dass die Betroffenen gegen zwei verschiedene Bescheide vorgehen müssen, obwohl schon heute deutlich ist, wie das Ganze die Gerichte beschäftigt. – Das kann aus unserer Sicht nicht richtig sein. Wir hätten schnell eine einheitliche Regelung gebraucht.
Wir wissen auch, dass dazu eine Verfassungsänderung notwendig gewesen wäre. Nur die Große Koalition hätte die Möglichkeit, eine Verfassungsänderung schnell auf den Weg zu bringen und durchzusetzen. Aber die Große Koalition ist dazu nicht in der Lage. In der Zeitung stehen Überschriften wie: In der Großen Koalition geht so gut wie gar nichts mehr. Kanzlerin lässt Rüttgers im Stich. Verhandlungen sind gescheitert. – Das zeigt, wo wir jetzt angekommen sind.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, aus dem klar wird, wohin wir wollen und was unsere Vorschläge sind. Wir stimmen nicht dem Entschließungsantrag der SPDFraktion zu. Denn wir unterstützen nicht die Forderung, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, um es doch noch hinzubekommen. Es wird nicht gelingen. Die CDU will es nicht und findet Rüttgers Vorschlag falsch. Sie wird ihn nicht tragen. Rüttgers wird im Regen stehen gelassen. Er hat umsonst verhandelt. Er hat unabhängig von allem verhandelt, was wohl letztlich in der CDU diskutiert wird. Von daher kann man diesen Vorschlag nicht einfach wieder auf den Tisch legen, um ihn doch noch durchzubringen. Das wird nicht gelingen.
Wir möchten gerne, dass das entstandene „Zurück zum Staat“ wirklich aufgegriffen wird, dass die Koalitionsfraktionen die drei in unserem Antrag beschriebenen Punkte aufgreifen, die Qualität sicherzustellen, den Beschäftigten einen verlässlichen Rechtsrahmen zu setzen und die Kommunen auf gleicher Augenhöhe an diesem Prozess zu beteiligen.
Anders werden wir für die Betroffenen keine Verbesserungen erzielen und den Betroffenen in dieser Situation der Erwerbslosigkeit, die perspektivisch stärker auf uns zukommen wird, überhaupt nicht helfen können.
Was jetzt ist, ist Chaos. Eine vernünftige Regelung ist an wahltaktischen Manövern und daran gescheitert, dass die Koalition nicht mehr handlungsfähig ist, sondern nur noch im eigenen Saft schmort. Man
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Steffens, vieles kann ich teilen. Aber die Krokodilstränen müssen Sie abwischen.
Den falschen Ansatz von 2004, bei dem man sich im Hause einig war, dass er dringend der Nachbesserung bedurfte – Sie waren dabei; unsere Fraktion auch –, dürfen Sie jetzt nicht als richtig darstellen.
Ich möchte gerne die Meinung der CDU-Fraktion aufzeigen: Klar ist, dass die Arbeit der Argen nicht in Teile zerfallen darf. Damit würden die Betreuungs- und Integrationsbemühungen aller Träger – auch der örtlichen – für von Arbeitslosigkeit betroffene Menschen gefährdet. Es würden neue Unsicherheiten entstehen. Es würden Probleme geschürt, die diese Unsicherheiten noch größer machten. Das dürfen und werden wir nicht zulassen.
Da die Kommunen durch soziale Auswirkungen und Folgekosten von Arbeitslosigkeit stark betroffen sind, müssen sie nach Meinung der CDULandtagsfraktion in Zukunft verstärk eine aktive Rolle in den Argen erhalten und damit Verantwortung für den Personenkreis der Langzeitarbeitslosen übernehmen können.
Mit den Argen sind zwischenzeitlich Behörden entstanden, die diese Entwicklung weiterhin – auch nach Schwierigkeiten – stützen. Sie sind bemüht, trotz der widrigen Rahmenbedingungen Angebote für Langzeitarbeitslose bezogen auf die örtlichen Gegebenheiten zu machen und orientieren sich an den Erfordernissen der Menschen. Sie nutzen dabei lokale und regionale Ausgestaltungsmöglichkeiten.
Aber die starre Einordnung der Argen in das System der Bundesagentur für Arbeit mit ihren Verordnungen, Richtlinien, Dienstanweisungen, verbindlichen Arbeitshilfen – und wie das alles heißt – lässt wenig Spielraum, die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für erfolgversprechende und nachhaltige Förderkonzepte vor Ort zielgerichtet einzusetzen.
Vor dem Hintergrund der zentralen Steuerung der Bundesagentur für Arbeit und der zwischen der Bundesagentur und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu schließenden Zielvereinbarungen hat sich bewahrheitet, dass kommunale Belange in der neuen Arge nicht hinreichend Berücksichtigung gefunden haben. Der Kern kommunaler Daseinsfürsorge, die sozial ausgewogene Gestaltung des Gemeinwesens mit bürgerfreundlichen Strukturen droht verloren zu gehen, falls die Kompetenzen der Städte in diesem Aufgabengebiet nicht wieder gestärkt werden.
Das ist ein Punkt der Verhandlungen in Berlin gewesen, bei dem es auch noch in der Nachverhandlung möglich war, mehr Optionen zuzulassen, wo Herr Scholz dann jedoch seinerseits die Reißleine gezogen hat und diese Optionen nicht gewähren wollte und nicht gewährt hat. Auch da müssen wir sehen, dass der Kompromiss nicht nur einseitig in die Brüche gegangen ist.
Ich hätte den Kompromiss ja getragen, wenn er eine Lösung gewesen wäre, die die Leute nicht verunsichert. Aber wir müssen schon die Kirche im Dorf lassen und deutlich machen, wo die problematischen Punkte sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verantwortung für den betroffenen Personenkreis muss nach meiner Meinung maßgeblich auf kommunaler Seite liegen.
Das neue Organisationsmodell muss daher folgenden Anforderungen genügen, weshalb der Vorschlag unseres Ministerpräsidenten und von KarlJosef Laumann sicherlich mit der Nuance, noch stärker auf die kommunale Verankerung Einfluss zu nehmen, zu unterstützen ist:
Es muss eine rechtlich sichere Basis geschaffen werden, Unterstützung, Unterkunftskosten und Eingliederungsförderung weiterhin aus einer Hand zu erhalten. Ein Rückfall in getrennte Aufgabenwahrnehmung muss ausgeschlossen werden.
Die Hilfesuchenden haben einen Ansprechpartner vor Ort: sowohl für den Leistungsbezug als auch für die Vermittlung als auch für integrative Systeme. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit werden verknüpft. Ein Verschiebebahnhof Kommune, Arge, Land, Bund wird verhindert. Denn die Menschen werden ja zum Laufen geschickt und nicht die Institutionen, die eigentlich dafür da sind.
Der Bund und die Kommunen sind gemeinsam für die Finanzierung zuständig. Der Bund entwickelt und steuert die globalen Ziele, und die Kommunen sind zuständig, diese Ziele in lokale flexible Instrumente, auch ohne lange Vorlaufzeiten, umzusetzen.
Zur Sicherung einer nachhaltigen Hilfe müssen die örtlichen Verhältnisse – der lokale Arbeitsmarkt, die Verzahnung mit lokalen Angeboten sowie die Kontinuität der Angebotspalette – Berücksichtigung finden. Die einzusetzenden Instrumente zur Integration in den Arbeitsmarkt müssen lokal unter Berücksichtigung der jeweils gegebenen Situation des Arbeitsmarktes – nicht von Nürnberg aus, gesteuert mit Vorgaben, mit Knebelungen der Argen; das ist der eigentliche Fehler an dem jetzigen System – durchgeführt werden.
Die über viele Jahre erworbenen Kompetenzen vor Ort, vor allen Dingen der Träger für Integrationsprojekte, müssen erhalten und genutzt werden und dürfen nicht jeden Tag immer wieder durch neue Ausschreibungen infrage gestellt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb müssen die Kommunen entscheidenden Einfluss auf Aufgaben nach dem SGB II behalten.
Sie müssen mehr Optionen aussprechen können. Ich sage Ihnen: Ihr Antrag ist oberflächlich und allgemeingültig. Weil der Antrag interpretierbar ist, kann er in der Form nicht angenommen werden. In dem Initiativantrag der SPD wiederum fehlt das, was ich eben deutlich gefordert habe, nämlich die größeren Möglichkeiten zu Optierungen.
Warum geben wir den Kommunen nicht die Freiheit zur Option und damit gerade großen Städten, in denen große Arbeitslosigkeit herrscht, die Chance, den örtlichen Markt stärker zu beeinflussen, sich auf die Menschen, die Langzeitarbeitslosen zu besinnen, ohne an irgendwelche Ideen, die im Bund hin- und hergeschoben werden, festgelegt zu sein? – Danke schön.