Für uns – das ist durch die Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers deutlich geworden – hat Bildungspolitik in der Landespolitik erste Priorität. Dafür spricht die Regierungserklärung. Dafür spricht der Koalitionsvertrag mit der FDP. Dafür spricht auch das eindeutige und engagierte Handeln von Frau Ministerin Sommer. Für uns ist Bildungspolitik Wirtschafts- und Sozialpolitik, für uns ist sie Standortpolitik. Das heißt, wir können es uns auf Dauer nicht leisten, dass bis zu 10 % eines Altersjahrgangs keinen Schulabschluss schaffen, keine Perspektive haben und dann ein Leben lang auf Einkommen aus der Sozialhilfe angewiesen sind.
Frau Schäfer hat ja auch den VBE zitiert und gesagt, er habe richtigerweise die Auswirkungen der demographischen Entwicklung angesprochen. Das stimmt; das hat der VBE richtig gemacht. Ich erinnere aber daran: Es war unser Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der auf die Gefahren für die kleinen Schulen vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung hingewiesen hat, der dieses Thema benannt und auch Lösungen gesetzlicher Art vorgeschlagen hat. Von Ihnen sind nur heftige Attacken und grobe Polemik gekommen. Aber das Thema werden wir aufgreifen
Wir brauchen ein Bildungssystem, das wieder leistungsfähiger wird, das bessere Chancen für leistungsstarke und leistungsschwache Schülerinnen und Schüler bietet und gerade auch benachteiligten Schülerinnen und Schülern wieder bessere Chancen auf einen höheren Bildungsabschluss bietet. Wir müssen ein Bildungssystem entwickeln, das auch die nächsten 30 Jahre noch sicher ist und wohnortnah ist.
Wenn wir sehen, was von Frau Sommer in Richtung Ganztag in der Hauptschule angepackt worden ist, wenn wir sehen, dass die Qualitätsverbesserung im Bereich der Ganztagsgrundschule kommt, und wenn wir sehen, dass innerhalb kürzester Zeit 1.000 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt worden sind und weitere 1.000 Lehrer in den Vertretungspool gekommen sind, dann erkennen wir, dass hier die richtigen Schritte gemacht worden, um Qualität weiterzuentwickeln.
Frau Beer sagt in einem Presseartikel, sie möchte gerne Kooperation und sie möchte den parteipolitischen Zwist in der Bildungspolitik überwinden. Ihr Beitrag heute war aber nicht das beste Beispiel dafür. Denn das war die Rückkehr in die Ideologie der 60er- und 70er-Jahre.
Das heißt, wir reden dann nicht über besseren Unterricht und wie wir ihn organisieren können, sondern wir reden dann darüber, wie wir die Strukturen verändern. Wenn wir diese Diskussion wieder anfangen, dann – das sage ich Ihnen sicher voraus – werden wir in 30 Jahren wieder die Rechnung bekommen, dass sich nichts ändert und dass sich die sozialen Chancen gerade für die Benachteiligten nicht verbessert haben.
Wir werden diesen Weg nicht gehen. Wir werden alles daran setzen, besser zu integrieren, bessere Chancen für die Benachteiligten und mehr qualifizierte Abschlüsse zu schaffen. Wir müssen uns Mühe geben, das Schulsystem so aufzustellen, dass wir mehr Unterricht – im Kampf gegen den Unterrichtsausfall – anbieten und gewährleisten, dass der Unterricht besser wird. Das erreichen wir nicht mit den Methoden der 60er-Jahre. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kaiser, an zwei Stellen hat man deutlich gemerkt, dass Sie Frau Beer nicht richtig zugehört haben,
nämlich bei der Frage der Parteipolitik, aber insbesondere bei dem Beispiel, das Sie aufgegriffen haben.
Frau Beer hat nämlich nicht davon gesprochen, dass der Wurm nur in einer Schublade sei, sondern sie hat gesagt, dass der Wurm in der gesamten Kommode sei. Wenn ein Wurm in der gesamten Kommode ist, dann reicht es eben nicht, nur die Schubladen auszutauschen, sondern dann muss man den Blick auf das Ganze richten, um herauszufinden: Wo sitzt der Wurm? Was ist die Ursache dafür? Wie müssen wir die Kommode insgesamt neu bauen? – Vielleicht sollten Sie demnächst genauer überlegen, ob Sie ein solches Bild aufgreifen.
Auch ich möchte das Thema naturwissenschaftlicher Unterricht ansprechen, aber aus einem anderen Grund als die Kollegin Hendricks. Die Verbesserungen, die wir im Bereich der Naturwissenschaften erzielt haben, werden zurückgeführt auf Bund-Länder-Programme wie SINUS,
die sehr erfolgreich sind. Ähnliche Programme sind für die Leseförderung zwischen KMK und Bundesbildungsministerium angedacht gewesen.
Die Entscheidungen, die jetzt in Berlin zur Reform des Föderalismus getroffen worden sind, weisen aber in eine Richtung, die das in Zukunft nicht mehr möglich macht.
Deswegen ist das aus meiner Sicht falsch. Ich bin auch froh, dass sich zumindest in der SPD auf Berliner Ebene da Widerstand regt. – Auch Dinge wie das Ganztagsschulprogramm sind in Zukunft nicht mehr möglich, weil sich in dem Fall die CDU durchgesetzt hat. Das ist ein großer, großer Fehler für die Bildungspolitik in ganz Deutschland.
Meine Damen und Herren, jetzt will auch ich noch einmal versuchen, die Blockaden aufzubrechen. Gucken wir doch noch einmal, wo die größten
Probleme bestehen. Die größten Probleme haben wir hier in Nordrhein-Westfalen. Wir haben sie aber auch in Hamburg. Dort regiert seit langem die CDU, mal mit FDP und Schill, in letzter Zeit allein. Wir haben sie in Bremen. Dort regiert seit langem eine große Koalition. Wir haben sie in Berlin. Dort regierte die SPD lange mit der CDU und inzwischen mit der PDS.
Wir haben sie auch in Nordrhein-Westfalen; das habe ich zugestanden. Könnten Sie vielleicht darüber nachdenken, dass das nicht unbedingt mit der Parteipolitik, sondern stärker mit der Frage der sozialen Indikatoren in diesen Ländern zu tun haben könnte?
Das ist doch der Hauptpunkt, über den wir sprechen müssen. Die erreichten Verbesserungen liegen bei den Gymnasien, während bei den Hauptschulen in allen Ländern, wo es sie überhaupt noch gibt, Verschlechterungen zu verzeichnen sind. Das ist die Wahrheit der Pisa-Studie.
Vor diesem Hintergrund fand ich es hochinteressant, was am Freitag das „Hamburger Abendblatt“ schrieb. Ich kann allen nur empfehlen, es ausführlich zu lesen:
Deswegen kommt die CDU in Hamburg, nachdem sie jahrelang gepredigt hat, was Sie jetzt auch predigen, nämlich wir müssen die Hauptschule stärken, mehr Geld in die Hauptschule, Hauptschule stärken, Hauptschule stärken, Hauptschule stärken, zu dem Ergebnis: Es hat in Hamburg nicht gefruchtet, es hat nicht geholfen, die Schulform zu stabilisieren.
Darum hat die CDU unter anderem dieses Dogma aufgegeben und sagt: Wir müssen uns an Sachsen orientieren. Ein ganz großer Sprung ist nicht möglich, aber wir wollen uns hin zur Zweigliedrigkeit orientieren. Das wäre eine sehr große Verbesserung.
Erinnern Sie sich noch: In Sachsen gibt es nur zwei Schulformen. In vielen Ostländern gibt es nur zwei Schulformen. Im Saarland gibt es keine Realschule mehr.
In Bayern hat es auch lange nur zwei Schulformen gegeben – auch das möglicherweise ein Grund für die besseren Ergebnisse in Bayern.
Schauen Sie also bitte genau hin. Nehmen Sie Ihre Fähnchen runter, mit denen Sie auf die Meinung des VBE reagiert haben mit der Parole: Nie
So, wie Sie sich hier verhalten, kommen Sie mir manchmal vor, als halte man Ihnen ein Fernglas hin, um es Ihnen zu ermöglichen, unser Sternensystem zu erkennen, aber Sie gucken gar nicht durch das Fernrohr, sondern behaupten weiterhin: Unsere Erde ist eine Scheibe.
Sie wollen sich einfach nicht auf das genaue Hingucken einlassen, sondern bleiben in Ihren Schützengräben. Deswegen werden Sie dem Anspruch – damit komme ich zum Schluss – Ihrer Begründung für die Aktuelle Stunde nicht gerecht.
Herr Biesenbach, der jetzt gar nicht da ist, schreibt so nett: Die Resultate belegen einen unaufschiebbaren politischen Diskussions- und Handlungsbedarf,
wenn unser Bundesland nicht weiter an Zukunftsfähigkeit verlieren und nicht immer mehr Jugendliche in die Perspektivlosigkeit entlassen soll.
Ich sehe aber gar nicht, dass Sie gründlich diskutieren, sondern kann nur feststellen, dass Sie auf den alten Gleisen weiterfahren wollen.
Das finde ich sehr schade. Wir laden Sie weiterhin ein, mit uns zu diskutieren. Wir sind sicher: Die Schule der Vielfalt kommt. Mit uns käme sie etwas schneller, bei Ihnen dauert es, glaube ich, noch ein bisschen. – Herzlichen Dank.