Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Die besten Gymnasiasten der Republik sind die Realschüler in Bayern. Nach zweimal Pisa gewinnt man den Eindruck, dass Nordrhein-Westfalen unermüdlich mit Bremen und Hamburg um den letzten Platz kämpft.
Außer im Bereich Problemlösung, in dem unsere Schüler gerade mal im OECD-Durchschnitt liegen, zeigen sich in unserem Land in allen Bereichen
seit 2000 keine Verbesserungen bei der Risikogruppe von Schülern, die sich auf oder unter der niedrigsten Kompetenzstufe bewegen; nach wie vor sind das mindestens 25 %;
keine erkennbare Entkoppelung zwischen niedrigem Leistungsniveau und Herkunft aus sozial schwachen Milieus. War gerade dies nicht immer der Anspruch der Sozialdemokratie? – Er ist gescheitert.
Weit mehr als die Hälfte unserer Schüler weisen verzögerte Schullaufbahnen auf. 35 % der getesteten 15-Jährigen sind nicht auf den Klassenstufen, auf denen sie sein sollten. Förderunterricht? – Fehlanzeige.
Pisa-E zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen mathematischer Leistung und Problemlösekompetenz. Diese nämlich ist messbar höher, als die erbrachten Matheleistungen selbst. Fazit: Kognitive Potenziale haben Sie nicht ausschöpfen können.
Fast 30 % der Schüler in Nordrhein-Westfalen mit irgendeinem Migrationshintergrund sind hier geboren, aber die neu Zugewanderten, diejenigen also, die nicht hier geboren sind, lernen schneller Deutsch und zeigen deutlich bessere Leistungen. Das ist der Spiegel einer jahrzehntelangen verfehlten Integrationspolitik, die auf Ihr Konto geht.
Erst seit Kurzem wurde von Ihnen die deutsche Sprachförderung ernsthaft vorangetrieben. Früher nahmen Sie das nicht so genau. Ich erinnere an die erste Schulausschusssitzung der 13. Legislaturperiode – gerade einmal fünf Jahre her –, als die damalige Schulministerin, Gabriele Behler, FDP und CDU für diese Forderung in die rechte Ecke gestellt hat.
Und es geht tragisch weiter. Über Jahrzehnte haben Sie für sich in Anspruch genommen, für Chancengerechtigkeit in diesem Land zu sorgen. Fehlanzeige! Sie verstanden hierunter ein Absenken der Leistungsansprüche, nicht fördern und fordern.
Sie haben in den letzten Jahren – nicht zuletzt mit Hilfe teurer Hochglanzbroschüren – stets vorgetäuscht, einer individuellen Förderung der Schüler in diesem Lande Vorrang zu einzuräumen. Seit Ihrem Ausflug an die skandinavischen Schulen reden Sie von Individualisierung, haben aber nie wirklich begriffen, was das tatsächlich bedeutet.
Die FDP hat als erste Fraktion in diesem Hause, übrigens dokumentiert in Plenarprotokollen, von Individualisierung der Lernprozesse gesprochen und entsprechende Anträge gestellt. Aber Sie haben uns mit Häme überzogen und wie immer arrogant Ihre Mehrheitsmuskeln spielen lassen.
Wenn man nun die heutige Debatte verfolgt, könnte man meinen, es sei nicht ganz klar, dass Sie mit Ihrer Politik für dieses desaströse Bildungsdokument verantwortlich zeichnen.
Zur Erinnerung: Wir sprechen hier von Leistungsmessungen im Jahre 2003. Wenn ich dann lese, dass Frau Beer und auf leisen Sohlen auch Frau Schäfer wieder die Einheitsschule für alle als Allheilmittel gegen schlechte Pisa-Ergebnisse reklamieren,
dann kann ich nur sagen: Wer über Jahre und Jahrzehnte eine nachweislich verfehlte Bildungspolitik veranstaltet hat, besitzt weder das Recht noch die Kompetenz, vermeintlich kluge Ratschläge zu erteilen, um das System zu heilen.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Dies haben die Wähler Ihnen zu Recht aus der Hand genommen; und sie wussten, warum: weil Bildungspolitik bei uns in den besseren Händen liegt. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein trauriges Ergebnis für uns: Während sich in den meisten Bundesländern die Leistungen der Schüler im Vergleich zu Pisa 2000 deutlich verbessert haben, erzielten die Altersgenossen hier in NRW leider nur geringe Lernfortschritte. Gerade in den drei Kompetenzfeldern Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften liegen ihre Leistungen unter dem Bundesdurchschnitt. Sie haben gegenüber Bayern einen
Hier fragen wir uns: Welche Maßnahmen haben die anderen Bundesländer ergriffen und welche hat NRW verpasst? – Ich denke, das müssen Sie sich fragen lassen, Frau Schäfer, denn das NRWSchulsystem hat erneut einen Denkzettel kassiert. Unsere Schüler zeigen überall nur mittelmäßige bis schwache Leistungen. Außerdem machen Kinder bildungsnaher Elternhäuser viermal so oft Abitur wie junge Leute aus bildungsfernen Haushalten.
Was ist zu tun? – Die Debatte um die Dreigliedrigkeit, die Sie führen, ist doch eine Farce. Was wir brauchen, ist: Schule muss mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung für den Bildungserfolg ihrer Schüler bekommen. Jede Schule muss lernen, Kinder und Jugendliche in ihrer Region so optimal zu fördern, dass sie Anschluss an höhere Bildungswege erhalten.
Obwohl Sie in NRW in den vergangenen Jahren versucht haben, mit einem dichten Netz an Gesamtschulen den engen Zusammenhang zwischen Schulerfolg und sozialer Herkunft aufzubrechen, schnitt wiederum das bevölkerungsreichste Bundesland, nämlich NRW, schlecht ab – und schlechter als beim letzten Mal. Wir haben dies sehr genau realisiert, Frau Löhrmann, und wollen einen anderen Weg beschreiten. Lassen Sie mich hier auf zwei Punkte eingehen.
Benachteiligung durch soziale Herkunft: Die Förderung der Kinder vor der Einschulung war in Nordrhein-Westfalen leider jahrelang kein Thema. Aber spätestens nun, beim erneuten schlechten Abschneiden bei Pisa, wird deutlich: Pisa-Ergebnisse hängen ganz klar mit der mangelhaften Sprachförderung in den Kindergärten zusammen; denn Kinder ausländischer und bildungsferner Familien schnitten bei uns viel schlechter ab als in anderen Ländern. Auch internationale Studien haben Ihnen doch schon vor Augen geführt: Gute Vorschulerziehung ist der richtige Weg zur besseren Schulleistung. Dieses wurde von Ihnen jedoch jahrelang missachtet.
Wir sehen darum unsere vordringlichste Aufgabe darin, die gezielte Sprachförderung in den Kitas zu etablieren und somit die bisherige Benachteiligung der Kinder aus Migrantenfamilien aufzuheben. Der sogenannte Migrantenanteil liegt in Nordrhein-Westfalen bei knapp 30 %. Überdurchschnittlich hoch ist auch die Zahl der Migrantenfamilien, in denen wenig Deutsch gesprochen wird. Somit ist die vorschulische Sprachförderung das Wichtigste, um diese Kinder zu stützen und
zu schulischem Erfolg zu führen. Hiermit werden wir bereits bei Kindern ab dem vierten Lebensjahr in den Kindertagesstätten beginnen.
Lassen Sie mich noch einen zweiten Punkt ansprechen: Hauptschulen als Verlierer in unserem Schulsystem. So titelten die Zeitungen. Hauptschüler werden in NRW zu Sorgenkindern, können wir dort lesen. Zwei Drittel der Hauptschüler haben der neuen Pisa-Studie zufolge absehbar erhebliche Probleme im weiteren Bildungsverlauf. Die Hauptschule war eine von Rot-Grün jahrelang vergessene, vernachlässigte Schulform. Glauben Sie mir: Wir werden dies ändern.
Die Schulministerin hat eine Qualitätsoffensive für die Hauptschulen gestartet. Hauptschulen werden von uns in verbindliche Ganztagshauptschulen mit 30 % Lehrerzuschlag umgewandelt. Dies gibt dann endlich die Chance, den Kindern dort die individuelle Förderung und Unterstützung zukommen zu lassen, deren sie bedürfen.
Sie sehen, meine Damen und Herren: Endlich bewegt sich wieder etwas in Nordrhein-Westfalen. Ich verspreche Ihnen: Wir, die Koalition der Erneuerung, werden alles daransetzen, dass Nordrhein-Westfalen bei der nächsten Pisa-Studie im oberen Drittel mitspielt. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den Weg der Erneuerung begonnen und wir werden ihn konsequent fortsetzen.
Pisa weist nachdrücklich auf die Notwendigkeit von Unterrichtsentwicklung im Sinne individueller Förderung besonders der schwächeren Schülerinnen und Schüler in allen Schulformen hin. Wenn alle am Schulleben Beteiligten dieses Ziel vor Augen haben, wird sich die Leistung Nordrhein-Westfalens bei kommenden Pisa-Studien – da gebe ich Ihnen Recht, liebe Frau Doppmeier – deutlich verbessern. Ich bin fest davon überzeugt.
Dazu gehört aber auch, dass Bildung in unserem Land wieder wertgeschätzt wird. Ich nenne an dieser Stelle als Beispiel die vielen Schülerinnen und Schüler, die einfach zu spät zum Unterricht kommen. Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun und das hat etwas mit Schulklima zu tun. Und daran müssen wir auch etwas ändern.
In Nordrhein-Westfalen ist es nicht gelungen, Kompetenz und soziale Herkunft zu entkoppeln. Prof. Prenzel sagte gestern in diesem Zusammenhang:
Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, darf ich noch zwei weitere Aussagen zitieren – das ist bei meinen Vorrednern zum Teil auch so gewesen –:
Das Schlagwort unserer Bildungspolitik ist Chancengleichheit. Ziel ist es, gesellschaftliche Ungleichheit durch Bildung zu überwinden helfen.
Sehr verehrte Damen und Herren von der Opposition, ich hätte mir an dieser Stelle etwas Applaus gewünscht, denn das sind Zitate, die Sie geprägt haben, und zwar schon 1989 und 1993.