Herr Minister, Sie unterstreichen ja auch noch einmal, dass Sie einfache und klare Regelungen erreichen wollen und das Vorhaben der Koalitionsfraktionen unterstützen.
Dann frage ich Sie in Anlehnung an das, was Frau Altenkamp schon gefragt hat. In Art. 1 auf Seite 4 des Gesetzentwurfs heißt es:
„Das Neutralitätsgebot des Satzes 1 gilt nicht im Religionsunterricht und in den Bekenntnis- und Weltanschauungsschulen.“
Über Bekenntnis- und Weltanschauungsschulen brauchen wir nicht zu sprechen. Aber für den Religionsunterricht bedeutet diese Aussage, dass es zukünftig sein kann, dass Lehrerinnen an Schulen in bestimmten Fächern unterrichten und nach Ihrer Vorstellung kein Kopftuch tragen dürfen, aber im Religionsunterricht dürfen dieselben Lehrerinnen dann doch wieder Kopftuch tragen. Wie das Klarheit herbeiführen soll, vermag ich nicht zu beurteilen.
Lieber Herr Kuschke, Sie haben ja auch schon einmal in einer Anfrage an die Landesregierung über die Frage laizistischer und säkularer Staat nachgefragt und geglaubt, ich sei für den Laizismus, was nun wirklich eine absurde Vorstellung ist.
Dass der Religionsunterricht bei uns einen ganz anderen Charakter hat als in jedem anderen europäischen Land und dass wir mit den Regeln, wie wir mit den Kirchen zusammenarbeiten, aus der Weimarer Reichsverfassung ins Grundgesetz übertragen, Sonderkonstruktionen haben, lässt eben hier keine pauschalen Regelungen zu.
onsunterricht einzuführen, der diesem vergleichbar ist, der vergleichbar auch für eine Gemeinschaft Hoheit gibt im Religionsunterricht unter deutscher Schulaufsicht, dann über diese Frage natürlich noch einmal zu sprechen sein. Das ist eine Frage, die in diesem Gesetzentwurf im jetzigen Stadium eben den Unterschied machen muss, weil es auch um den katholischen und den evangelischen Religionsunterricht gehen muss.
Heute geht es aber um die Frage des normalen Schulunterrichts in einer Schule. Da ist die Neutralitätsverpflichtung ein hohes Gut. Es stimmt, Frau Schäfer, ich habe auch einmal gedacht, man kriegt es mit Einzelfallregelungen hin, weil ich das Thema auch nicht so hoch hängen will. Denn das ist nicht der Kernpunkt der Integrationspolitik.
Aber wir brauchen trotzdem jetzt diese Klarheit. Integrationspolitik gelingt besser, wenn man klare Prinzipien festschreibt und dann zum Dialog der Kulturen beiträgt. Das ist die Absicht der Landesregierung.
Herr Laschet, Sie haben eben in Ihrem Beitrag auf türkische Frauen verwiesen, die eine bestimmte Position vertreten haben. Würden Sie denn bitte konzedieren, dass es genauso natürlich türkische Frauen gibt, die diese andere Position einnehmen, und dass etwa Frau Limbach und Frau Süssmuth ausdrücklich unsere Position teilen, dass es ein integrationsfeindliches Signal ist, wenn man Frauen das Kopftuch verbietet?
Sie führen die gleiche Debatte wie wir sie auch führen. Insofern hilft es nichts, Frau Limbach und Frau Süssmuth zu zitieren. Wir könnten jetzt viele deutsche Frauen in deutschen Parteien benennen, die eine bestimmte Position vertreten.
Zu den türkischen Frauen kann ich Ihnen sagen: Ja, natürlich gibt es da unterschiedliche Meinungen. Es gibt sogar sehr, sehr viele unterschiedliche Meinungen. Aber wir sind auf der Seite der Frauen, die für die Rechte der Frauen eintreten und die ein bestimmtes Frauenverständnis …
Liebe Frau Düker, wir haben ja leider jetzt keine Zeit mehr. Aber lesen Sie doch bitte einmal nach, woher die Idee des Kopftuches kommt und was der eigentliche Grund für Verhüllung im Islam ist. Wenn sich Frauen davon emanzipiert haben …
Liebe Frau Düker, wir wollen in der Tat den Frauen diese Emanzipation selbst überlassen. Aber diese Frauen schreiben uns und sagen: Wir verstehen eure Gesellschaft nicht mehr. Wir verstehen nicht, dass ihr etwas, was wir uns in der Türkei erkämpft haben,
Vielen Dank, Herr Minister. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben keine Redezeiten mehr, und die Rednerliste ist erschöpft.
Wir kommen zur Beschlussfassung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 13/569 an den Hauptausschuss – federführend –, den Ausschuss für Schule und Weiterbildung, den Ausschuss für Frauenpolitik, den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration sowie natürlich auch an den Rechtsausschuss. Wer mit dieser Überweisungsempfehlung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Dann haben wir diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aussprache über das genannte Thema beantragt.
Ich eröffne die Aktuelle Stunde und erteile für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herrn Abgeordneten Horst Becker das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die inzwischen fast zwei Wochen andauernden Ereignisse in Frankreich sind erschreckend. Erschreckend ist die dortige Gewaltbereitschaft, erschreckend ist die Aggressivität, und erschreckend ist auch die dahinter bei den Jugendlichen steckende Hoffnungslosigkeit.
Erschrecken müssen aber auch wir bei Überschriften wie „Die Krawalle werden kommen!“, einer Überschrift, die wir am Sonntag in einer Sonntagszeitung finden konnten, als es ein Interview mit dem Integrationsexperten Volker Eichener gab. Ich darf mit der Genehmigung des Präsidenten daraus zitieren. Mit Hinweis auf Paris wurde gefragt:
„Ganz sicher. Vielleicht drohen sie nicht kurzfristig. Aber weit entfernt davon sind wir auch nicht mehr. Die Krawalle werden eines Tages nach NRW kommen. Schließlich sind alle Voraussetzungen für ethnische Unruhen, für Krawalle von Jugendgangs auch bei uns gegeben.“
Meine Damen und Herren, diese Aussage bedeutet, dass wir in mehrfacher Hinsicht gemeinsam – ich betone: gemeinsam – gefordert sind.
Zunächst einmal – ich denke, das ist Konsens hier im Hause – sind wir gemeinsam gefordert, dass wir nicht die Nachahmer anregen. Die ersten Fälle gibt es schon.
Zweitens sind wir gemeinsam gefordert, dass wir nicht den Eindruck erwecken, dass NRW Frankreich wäre, denn die Vorstädte in Paris sind in einer anderen Situation als die Vorstädte im Ruhrgebiet oder in NRW insgesamt.