Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

Herr Kuschke, Sie werden an den weiteren Beispielen, die ich benenne, sehr wohl merken, dass wir diese offene Konsultation in Sachfragen mit den Kommunen in vielen Punkten längst machen. Wir werden das genauso bei dem Thema Grünbuch jetzt auch wieder tun.

Wir reden, bevor wir uns positionieren, in einer Vielzahl von Punkten mit den kommunalen Spitzenverbänden. Wie man das organisiert, ob Sie 396 zur Kommentierung aufrufen – offener Konsultationsprozess – oder ob man die Angelegenheit bündelt, ist eine Geschmacksfrage und eine Frage der praktischen Umsetzbarkeit. Ich wehre mich nur gegen den Eindruck, der in dem Antrag schon seit Jahren vermittelt wird, es gebe da keinerlei Aktivitäten und keinen Fortschritt. Es gibt eine enge Konsultation. Man kann auch in Brüssel beweisen, dass es Fort

schritte gibt. Sonst sähe der Vertrag von Lissabon nicht so aus, wie er jetzt aussieht.

Meine Damen und Herren, ich habe die Konferenz erwähnt, die wir durchgeführt haben. Viele Kommunen haben teilgenommen. Richtig ist: Das europäische Recht ist kompliziert und erfordert in der Bearbeitung und Berücksichtigung von den Kommunen hohen Aufwand. Das gilt insbesondere etwa für den Bereich des Beihilferechts und für den Bereich der Daseinsvorsorge.

Wir unterstützen die Kommunen bei dieser Thematik massiv. Als Beispiel nenne ich einen zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden angelegten Leitfaden des MWME zum Thema „EG-Beihilfenrechtskonforme Finanzierung von kommunalen Leistungen der Daseinsvorsorge“. Dieser steht im Netz und kann dort abgerufen werden.

Ich selbst – Sie wissen es – habe letzte Woche ein Buch zu diesem Thema vorgestellt, in dem die wissenschaftliche Aufarbeitung vorangetrieben wird und in dem wir sektorspezifisch aufzuarbeiten versuchen, was die europäische Regulierung der Daseinsvorsorge an positiven Effekten bringt und wo Probleme liegen.

Weitere Aktivitäten aus den letzten Monaten: Staatssekretär Mertes lädt alle vier bis fünf Monate die Europabeauftragten der kreisfreien Städte und Kreise zu einem Gespräch und Informationsaustausch ein. Wir haben im Frühjahr letzten Jahres in Köln eine Großveranstaltung zum Thema Daseinsvorsorge der Kommunen unter europäischen Vorschriften durchgeführt; aus den Kommunen waren sehr viele Teilnehmer anwesend. Die kreisfreien Städte und Kreise erhalten von uns monatlich einen Bericht über aktuelle europäische Entwicklungen. Aus der viel zitierten und eben schon genannten Schriftenreihe behandelt ein kompletter Band nur die EU-Förderprogramme für Kommunen. Darüber hinaus veranstalten wir jede Menge Ziel-2Informationsveranstaltungen zur Umsetzung.

Meine Damen und Herren, in Zukunft haben wir noch viele Aufgaben zu meistern, aber man spürt aufgrund der genannten Aktivitäten, dass dies ein Kernbereich unserer Europapolitik ist. Wir engagieren uns in der Aus- und Weiterbildung, in der die Europaausbildung einen hohen Stellenwert einnimmt. Ich empfehle Ihnen, beispielhaft das Curriculum der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung zu studieren. Und schließlich – auch das ist ein wichtiger Punkt – haben wir die kommunalen Spitzenverbände dazu eingeladen, kommunales Personal in unsere Landesvertretung in Brüssel zu entsenden, um die Vernetzung noch besser hinzubekommen. Ein Spitzenverband hat von dieser Möglichkeit inzwischen Gebrauch gemacht.

Also, meine Damen und Herren, die Europafähigkeit der Kommunen liegen mir und der Landesregierung sehr am Herzen. Insofern freue ich mich auf die

vierte Debatte dieses Antrages im Jahre 2011. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Krautscheid. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind.

Wir können zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates kommen, der uns vorschlägt, den Antrag Drucksache 14/8877 an den Hauptausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform zu überweisen. Dort sollen dann die abschließende Beratung und Abstimmung in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann stelle ich die Zustimmung aller Fraktionen zu dieser Überweisungsempfehlung fest.

Ich rufe auf:

7 Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern in Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/8806

erste Lesung

Für die Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Minister Laumann für die Landesregierung das Wort. Bitte sehr, Herr Minister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz überwiegend wollen die Menschen – wohlgemerkt sowohl die Raucher als auch die Nichtraucher – ein Nichtraucherschutzgesetz. Die Mehrheit der Menschen hat allerdings auch eine differenzierte Einstellung. Sie wollen ein Nichtraucherschutzgesetz mit Augenmaß.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2008 macht klare Vorgaben. Die Nichtraucherschutzgesetze der Länder sind so auszugestalten, dass entweder das Rauchen in der Gastronomie ausnahmslos untersagt wird – also ein absolutes Rauchverbot –

(Beifall von Barbara Steffens [GRÜNE])

oder die Ausnahmen so gestaltet werden, dass ein widerspruchsfreies Regelungssystem gilt.

Mein Haus hat auf dieses Urteil bereits am Folgetag, am 31. Juli 2008, mit einem Erlass an die Bezirksregierungen reagiert. In Gaststätten unter 75 m2, die die vom Bundesverfassungsgericht genannten Auflagen erfüllen, soll das gesetzliche Rauchverbot nicht zur Anwendung kommen. Betreiber derartiger Gaststätten dürfen das Rauchen gestatten. Es gilt nun, diese Übergangsregelung gesetzlich festzuschreiben.

Es ist nicht mein Ziel, ein generelles Rauchverbot ohne Ausnahmen in der Gastronomie einzuführen. Ein ausnahmsloses Rauchverbot in Kneipen ist aus meiner Sicht nicht angezeigt. Erwachsene Menschen sollen auch in Gaststätten frei entscheiden dürfen, ob sie in dafür vorgesehenen abgeschlossenen speziellen Räumen bei Getränken auch Tabak konsumieren wollen.

Die Landesregierung hat am 17. März 2009 auf unseren Vorschlag hin den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Nichtraucherschutzes beschlossen. Der Gesetzentwurf sieht vor: Ein absolutes Rauchverbot ist unter Berücksichtigung der Belange der Gaststättenbetreiber auch in Zukunft nicht angemessen. In Einraumgaststätten bis 75 m2 Gastfläche kann das Rauchen gestattet werden. Personen unter 18 Jahren dürfen zu diesen Rauchergaststätten keinen Zutritt haben. Eine Bewirtung mit zubereiteten Speisen ist nicht erlaubt. Die Wirte müssen es am Eingang deutlich kenntlich machen, wenn sie sich für eine Rauchergaststätte entschieden haben.

Wie im jetzigen Gesetz schon vorgesehen, wird unser Ministerium nach einem Erfahrungszeitraum von drei Jahren, also spätestens Ende nächsten Jahres, dem Landtag einen Bericht vorlegen. Dann wird zu entscheiden sein, ob und in welcher Form einzelne Bestimmungen verändert werden müssen. Ich bitte den nordrhein-westfälischen Landtag, den Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu überweisen. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des …

Dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat als nächste Rednerin für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Meurer das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch das Nichtraucherschutzgesetz vom Dezember 2007 zeigte: Sie

können es nicht! Sie können Nordrhein-Westfalen nicht regieren und setzen dem Landtag unentwegt verfassungswidrige Gesetze und Verordnungen vor. Für Sie gilt: Es reicht! 2010 wird ein gutes Jahre für NRW. Dann werden Sie endlich abgelöst.

(Beifall von der SPD – Christian Lindner [FDP]: Wollen wir mal sehen!)

Das Bundesverfassungsgericht musste Ihnen für die notwendigen Änderungen zwei Möglichkeiten einräumen: entweder dem Ziel des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens Vorrang zu geben und sich unter Verzicht auf Ausnahmetatbestände für eine strenge Konzeption des Nichtraucherschutzes in Gaststätten zu entscheiden oder so zu verfahren, wie Sie es heute vorschlagen, nämlich die Raucherlobby zu stärken.

Unbenommen wäre Ihnen dabei gewesen, Ihre eigene Begründung ernst zu nehmen, die sinngemäß lautet: Dem Ziel, Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen, wird dadurch Rechnung getragen, dass ein Gastwirt von der Ausnahme vom Rauchverbot nur Gebrauch machen kann, wenn er Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr den Zutritt verwehrt. Dadurch ist auch eine Beschäftigung von Minderjährigen in Rauchergaststätten ausgeschlossen.

Wenn es Ihnen ernst damit wäre, Kinder und Jugendliche zu schützen, könnten Sie weitere Änderungen vornehmen und zum Beispiel – erstens – in § 4 des Gesetzes eine Ergänzung einfügen, sodass auch hier gilt: Kinder und Jugendliche haben keinen Zutritt in den Raucherraum der Gaststätte, auch nicht in Begleitung der Eltern.

Oder zweitens: Auch die Beschäftigung von UnterAchtzehnjährigen in den Raucherräumen wird untersagt.

Und drittens: Für werdende Mütter wird ein Beschäftigungsverbot in Raucherräumen zum Schutz von Mutter und Kind ausgesprochen.

Damit wären Sie auf einer Linie mit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, aus dessen Urteilsbegründung ich zitiere:

Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche, die von ihren erwachsenen Begleitpersonen in Raucherräume mitgenommen werden und denen … der Aufenthalt dort nicht untersagt ist.

Weiter heißt es:

… werden außerdem Gesundheitsgefährdungen für diejenigen Beschäftigten hingenommen, die Raucherräume insbesondere zur Bedienung der Gäste betreten müssen.

Noch etwas: Die Kennzeichnungspflicht für Raucherräume mit Ihrem selbstgebastelten Schild in Anlage 1 ist nicht – wie von Ihnen im Besonderen Teil behauptet – ein besonderes Entgegenkommen

der Landesregierung. Nein, das ist bereits im Urteil festgelegt.

Ich komme zum Schluss meiner heutigen Rede. Herr Minister, meine Damen und Herren von CDU und FDP! Rauchen ist kein natürliches Grundrecht des Menschen, der Anspruch auf körperliche Unversehrtheit sehr wohl!

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Meurer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Kleff das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus der Würde des Menschen erwächst sein Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit – dies ist in der heutigen Debatte von großer Bedeutung –und zugleich die Verantwortung vor dem Nächsten. Wird diese Verantwortung gegenüber dem Nächsten nicht wahrgenommen, so hat die Politik Recht zu setzen.

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30.07.2008, von dem 14 von 16 Bundesländern betroffen waren, ergibt sich die Notwendigkeit und Verpflichtung, das Gesetz anzupassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hätten wir bei der Verabschiedung des Gesetztes am 19.12.2008 bereits über eine Definition des Begriffs „Eckkneipe“ verfügt, so wäre eine Anpassung des Gesetzes nach der Rechtsprechung nicht erforderlich gewesen. Denn CDU und FDP waren sich darin einig, die Nichtraucher zu schützen, aber auch die Lebenswirklichkeit und die unterschiedlichen Interessen in unserer Gesellschaft zu berücksichtigen.

Ich habe bereits in der Debatte am 18.03.2009 deutlich gemacht, dass ein absolutes Rauchverbot, wie es von der SPD und Bündnis 90/Die Grünen gefordert wird, insbesondere in den Dörfern unseres Landes in der letzten Kneipe das Licht ausgehen lässt. Die Wirte dieser Einraumgaststätten sind auf Nichtraucher und Raucher angewiesen. Auch dort sind die Nichtraucher in Zukunft geschützt; denn sie