Vielen Dank, Frau Kollegin von Boeselager. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Kollege Brockes das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ehrlich gesagt finde ich es sehr traurig, dass zu diesem Tagesordnungspunkt mittlerweile mehr Zuschauer auf der Zuschauertribüne sind als Abgeordnete im Parlament.
Aber, liebe Gäste, lassen Sie sich sagen, dass dies sicherlich nicht dem Thema Europapolitik geschuldet ist, sondern in der Hauptsache der Tatsache, dass dieser Antrag nach November 2005 und Mai 2007 nun zum dritten Mal in dieser Legislaturperiode von der SPD-Fraktion gestellt wird. Herr Kuschke hatte das im Januar 2008 schon im Hauptausschuss angekündigt. Dort heißt es im Protokoll:
Wolfram Kuschke (SPD) leitet seinen Beitrag mit der Ankündigung, diesen schon einmal eingebrachten Antrag im Falle der Ablehnung unter Umständen noch ein drittes Mal zu stellen, ein.
Das erinnert mich an meine kleine Tochter – nicht wegen der Größe –, denn die Vierjährige stampft auch auf den Boden und kreischt, wenn sie nicht das bekommt, was sie haben will.
Daher finde ich es eigentlich nicht richtig, über den Antrag inhaltlich zu debattieren, denn das haben wir in der Vergangenheit bereits zweimal getan. Sie haben noch nicht einmal einen neuen Punkt eingebracht, der inhaltlich etwas anderes sagt, sondern wirklich dasselbe wieder auf die Agenda gesetzt.
Insofern möchte ich an dieser Stelle inhaltlich auf meine Plenarreden vom 23. Mai 2007 und vom 30. November 2005 verweisen.
Ich stelle deshalb fest: Die Opposition hat in der Europapolitik nichts Neues zu bieten. Das ist sehr traurig. Es ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die Landesregierung in der Europapolitik sehr gut aufgestellt ist. Wie das konkret aussieht, wird Ihnen sicherlich gleich noch einmal der zuständige Minister vor Augen führen. – Vielen Dank.
Herr Kollege Brockes, Kollege Kuschke wollte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Ich habe das versehentlich übersehen.
Frau Kollegin Löhrmann hat nun als nächste Rednerin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte sehr, Frau Kollegin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Präsidentin! Es ist niemandem verborgen geblieben, dass wir uns mit diesem Antrag heute nicht zum ersten Mal beschäftigen. Das ist natürlich auch mir nicht entgangen.
Ich habe es so verstanden, dass die SPD-Fraktion, von der der Antrag stammt – nicht von der Opposition insgesamt –, offenbar an Ihre Lernfähigkeit glaubt und den Antrag deswegen noch einmal stellt. Suchen Sie doch das Positive.
Ich wage allerdings die Prophezeiung, lieber Herr Kollege Töns, dass es dem Antrag im Ergebnis nicht besser ergehen wird als den beiden Vorläufern, dass CDU-Fraktion und FDP-Fraktion ihn nämlich im Ausschuss ablehnen werden, auch wenn wir uns damit noch einmal auseinandersetzen sollten.
Wir sollten aber eigentlich einig darin sein – daran möchte ich appellieren –, dass Europa nur positiv getragen werden kann, wenn es in den Kommunen vor Ort lebt und von unten wächst. Vielleicht war es das Ziel, im Vorfeld der Europawahl darüber noch einmal zu sprechen.
Die Europafähigkeit – so sehe ich das und greife es positiv auf – sollte nicht von oben vorgegeben, sondern im Rahmen einer möglichst kommunalfreundlichen Steuerung gebündelt werden. Dass das nicht so ist, moniert die SPD-Fraktion. Deswegen könnte es in der Tat nicht schaden, das Beratungsangebot in Sachen Europa in diesem Land für unsere Städte und Gemeinden zu optimieren. Auch die übrigen Ideen, die die SPD hier noch einmal aufgeführt hat – Projektbörse, Weiterbildungsinitiative –, sind Dinge, die wir Grünen unterstützen.
Es gibt einen neuen Punkt, der in dem Antrag aufgenommen worden ist, nämlich die Anregung, noch einmal darüber nachzudenken, ob es nicht bei bestimmten Förderprogrammen Möglichkeiten gibt, den Geldfluss von EU-Mitteln an die Kommunen anders zu gestalten als bisher. Auch dies finden wir Grünen zunächst einmal sinnvoll. Das sollte aber nicht dazu führen – das haben Sie nicht so genau ausgeführt –, eine parallele zusätzliche Bewilligungsbürokratie oder so etwas Ähnliches aufzubauen. Ich glaube, das ist auch nicht gewollt.
Wir bleiben – das haben wir bei den vorigen Beratungen auch gesagt – skeptisch mit Blick auf diesen Rahmen, der vorgesehen ist. Ein Masterplan hat immer etwas von oben Gesetztes, er kommt nicht von unten. Das ist ein gewisser Widerspruch.
Der Kernpunkt des Problems ist und bleibt die Frage, wie alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen eine faire Chance bekommen können, an den europäischen Förderprogrammen teilzunehmen und die notwendigen Eigenmittel aufzubringen. Das betrifft gerade die Kommunen mit Haushaltssicherungskonzepten und Nothaushalten. Darauf kommen wir im weiteren Verlauf der Tagesordnung anlässlich eines Antrags, den meine Fraktion eingebracht hat, noch einmal zu sprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, Sie setzen oft auf reinen Wettbewerb der Kommunen und schicken dabei ganz bewusst einen Teil der Städte und Gemeinden mit einem Klotz am Bein ins Rennen. Dabei vergessen Sie, dass es selbstverständlich landespolitische Aufgabe wäre, NRW als Ganzes nach vorne zu bringen. So gesehen kann zumindest ein Nachdenken über ein gemeinsames Vorgehen nicht schaden, wenn es Ihnen hilft, sich ihrer Gesamtverantwortung für das gesamte Land bewusst zu werden. Über die Details werden wir sicher im Ausschuss weiter sprechen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Krautscheid das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich die Vorlage für heute gesehen habe, dachte ich zunächst, das wäre der Beitrag zum 1. April. Aber es gibt mir endgültig die Gelegenheit, als relativ neu im Amt befindlicher Minister nach 2005 und 2007 in diesem Jahre selber einmal zu diesem Antrag zu sprechen. Das spricht allerdings für ein sehr ausgetüfteltes Wiedervorlagesystem bei der SPD. Im Rheinland sagt man: Beim zweiten Mal ist es Tradition. Ab heute ist diese Debatte Brauchtum im Landtag.
Meine Damen und Herren, der Befund ist richtig, dass nämlich die europäische Ebene mit ihren Aktivitäten zunehmend Einfluss nimmt auf die Arbeit der Kommunen, insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge. Es ist vollkommen falsch, hieraus zu schließen, auf der europäischen Ebene würden die Kommunen nicht berücksichtigt. Sie sprechen in Ihrem Antrag von einer weitgehenden Nichtberücksichtigung der kommunalen Ebene in Europa. Dieses ist schlicht falsch.
Die kommunalen Netzwerke, die Büros der kommunalen Spitzenverbände, viele Europaabgeordnete aller Fraktionen arbeiten daran, die Belange der Kommunen in Europa voranzubringen. Wir tun das im Bundesrat und in der Europaministerkonferenz.
Ich möchte Ihnen aus nur einem Jahr meiner Beschäftigung mit dem Thema einige Aktivitäten nennen, die zeigen, wie falsch Ihre Conclusio ist. Aktuelles Beispiel: Am Freitag, übermorgen, debattiert der Bundesrat zur jährlichen Strategieplanung der Kommission für 2010. Dann haben wir eine neue Kommission. Die Länder nutzen diese Gelegenheit, um in einer Stellungnahme der neuen Kommission mit auf den Weg zu geben, was wir erwarten.
Nordrhein-Westfalen ist mit Antragsteller. Wir haben einige entscheidende Passagen des Antrages formuliert. Auf unsere Initiative hin – das werde ich am Freitag im Bundesrat hervorheben – wurde ein Beitrag zur kommunalen Daseinsvorsorge aufgenommen. Wir haben der Kommission ganz konkret mit auf den Weg gegeben, welche Erleichterungen für Kommunen wir von ihr erwarten.
Dass die Kommunen in Europa vorangekommen sind, zeigt der Vertrag von Lissabon. Er wertet die kommunale Ebene erstmals mit einer ausdrücklichen Erwähnung von regionalen und kommunalen Selbstverwaltungen mit dem Protokoll zur Daseinsvorsorge und der Hinwendung zur sozialen Marktwirtschaft auf. Dass die Kommunen flächendeckend mit Europa überfordert seien, stimmte schon 2005 nicht, war 2007 falsch und ist auch in diesem Jahr erneut nicht richtig.
Viele Kommunen sind inzwischen in ihrer Europaarbeit hervorragend aufgestellt, mit qualifiziertem Personal bestückt und auch europaweit vernetzt.
Weitere Aktivitäten zu diesem Themenkomplex aus den letzten Monaten: Ich habe am 21. November 2008 eine eigenständige Veranstaltung in Düsseldorf, einen Kongress zum Thema „Kommunen in Europa – lokale Europaarbeit und Daseinsvorsorge in den Nachbarländern Nordrhein-Westfalens“ organisiert. Viele Kommunen haben teilgenommen. Wir haben Berichte aus Belgien, den Niederlanden und Schweden gehört.
Herr Minister, gestatten Sie eine Unterbrechung? Der Kollege Kuschke möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie das?
Herr Minister, vielen Dank, dass Sie im Unterschied zu der Rednerin und dem Redner der Koalitionsfraktionen jetzt in eine inhaltliche Befassung einsteigen. Das finde ich schon einmal gut. Der Punkt ist – das als kurzer Vorspann –, dass wir nicht sagen, es gebe dort keine Möglichkeiten der Information und der Beteiligung in einem gewissen Umfang. Wir haben jedoch mit Ausnahme des Ausschusses der Regionen keine institutionalisierte Mitsprachemöglichkeit der Städte und Gemeinden.
Vor dem Hintergrund die konkrete Frage: Wäre nicht ein offener Konsultationsprozess zu dem Grünbuch, das jetzt zur territorialen Kohäsion vorgelegt worden ist, einmal ein anderer Weg der Beteiligung der Städte und Gemeinden?
Herr Kuschke, Sie werden an den weiteren Beispielen, die ich benenne, sehr wohl merken, dass wir diese offene Konsultation in Sachfragen mit den Kommunen in vielen Punkten längst machen. Wir werden das genauso bei dem Thema Grünbuch jetzt auch wieder tun.