Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

Danke schön, Frau Beer. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Sommer.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Realschule können wir mit harten Fakten aufwarten. Sie ist stabil, leistungsfähig und gesellschaftlich akzeptiert.

(Beifall von CDU und FDP)

Es ist das Ziel der Landesregierung, diese Stärken nicht nur zu bewahren, sondern sie auch weiter auszubauen. Mehr als ein Viertel aller Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I besuchen eine unserer 557 öffentlichen und privaten Realschulen in Nordrhein-Westfalen. Damit ist die Realschule rein zahlenmäßig nach dem Gymnasium mit Abstand die beliebteste Schulform.

Was heißt nun verantwortungsvolle Weiterentwicklung? Die Landesregierung möchte die Realschule noch attraktiver machen, indem sie den Ganztag befördert. Bislang gibt es lediglich 23 Ganztagsangebote im Realschulbereich. Das ist eine Quote von nur 4 %. Das ist uns zu wenig, und ich frage mich, warum man gerade dieser beliebten, stabilen und leistungsfähigen Schulform in den vergangenen Jahren nicht auch dieses Angebot gemacht hat.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir werden in den nächsten beiden Schuljahren das Angebot dergestalt erweitern, dass wir 108 Realschulen in den Ganztag schicken können. Schon jetzt sind es 73. Ich bin ganz sicher, dass wir diese Marke von 108 auch erreichen. Damit haben wir ein flächendeckendes Angebot. Der Anteil an Ganztagsschulen wird dann um 20 % liegen.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, Sie wissen alle: Der Ganztag ist für alle Schulformen zu einem gesellschaftlichen Bedürfnis geworden. Natürlich spielt dort auch immer die Berufstätigkeit der Eltern mit hinein. Das ist es aber nicht allein. Ganztag heißt einfach mehr Zeit – mehr Zeit für Schülerinnen und Schüler, die Persönlichkeit zu entwickeln, aber auch mehr Zeit für Bildung und Erziehung. Bezogen auf die Realschule heißt das, dass wir die Anschlüsse noch besser herausarbeiten können.

Auch ohne Ganztag ist die Realschule im mehrgliedrigen Schulsystem Nordrhein-Westfalens allerdings die Schulform, die sowohl auf die Berufs- als auch auf die Studienqualifizierung vorbereitet. Im System versteht sie sich seit jeher als Schulform überschaubarer Größe, in der Schülerinnen und Schülern eine erweiterte Grundbildung vermittelt wird.

Dabei werden nicht nur Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt, die die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, ihr Leben selbstverantwortlich zu meistern. Zusätzlich fördern die Realschulen auch Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, im weiteren Ausbildungsverlauf die vielfältigen Angebote von Gymnasium, Gesamtschule und Berufskolleg zu nutzen. Damit versteht sich die Realschule als Schule mit Chancen für viele.

(Beifall von CDU und FDP)

Zu der Schülergruppe der Realschule gehören häufig – das wissen wir – Kinder und Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte. Auch ihnen wird in dieser Schulform ermöglicht, Anschlüsse zu erreichen und gute Perspektiven zu entwickeln.

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern: Die Realschulen in unserem Land leisten gute Arbeit. Das kann man auch messen.

(Beifall von CDU und FDP)

95 % der Schülerinnen und Schüler erlangen am Ende der Klasse 10 die Fachoberschulreife. Fast die Hälfte davon erhält die Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe. Nur sehr wenige Schülerinnen und Schüler – 0,7 % – verlassen die Realschule leider immer noch ohne Abschluss.

Schülerinnen und Schüler, die den Bildungsgang an der Realschule erfolgreich absolviert haben – Herr Recker hat eben schon darauf hingewiesen –, genießen hohe Wertschätzung bei den Arbeitgebern unseres Landes. Insbesondere mittelständische Unternehmen und Verwaltungen greifen gern auf die gut ausgebildeten und verlässlichen Realschülerinnen und Realschüler zurück.

Auch die Schülerinnen und Schüler, die den Weg in die gymnasiale Oberstufe oder in das berufliche Gymnasium wählen, sind überaus erfolgreich. Es ist unser gemeinsames Ziel, die breiten Anschlussmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler an Realschulen zu sichern, deutlich zu kommunizieren und vor allem in Bezug auf die beruflichen Gymnasien zu verstärken.

Meine Damen und Herren, Sie sehen selbst: Die Realschule ist eine Erfolgsgeschichte.

(Beifall von CDU und FDP)

Es lohnt sich, sie weiterzuentwickeln. Wir geben hier mit der heutigen Aussprache letztlich auch ein Bekenntnis, ein Zeichen für diese Schulform ab.

(Beifall von Walter Kern [CDU] – Sigrid Beer [GRÜNE]: Keine Meineide!)

Die Realschule ist häufig eine sehr leise Schulform, die nicht immer gleich nach Applaus heischt. Gerade deswegen sollte sie bei uns aber weiter im Fokus stehen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Sommer. – Für die SPD spricht nun Herr Große Brömer.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eben ist ja schon die Frage gestellt worden, wie eigentlich die Begründung für die Beantragung der Aktuellen Stunde des heutigen Tages lautet.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wir wollten uns eine Freude machen! – Sigrid Beer [GRÜNE]: 1. April!)

Ja; man könnte jetzt platt antworten, das müsse mit dem Datum zusammenhängen. Wir haben heute den 1. April.

(Zuruf von der CDU: Deswegen reden Sie ja!)

Ich bin jetzt aber etwas irritiert; denn offensichtlich ist die Rede von Frau Ministerin Sommer mit ihrem Bekenntnis zur Schulform Realschule doch ernst gemeint gewesen.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Gott sei Dank!)

Es wäre sicherlich angebracht, bei einem solchen Thema zumindest mit einem Satz darauf hinzuweisen, dass auch andere Schulformen in diesem Land gute Arbeit leisten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Ihre Reaktion zeigt ja, worum es eigentlich geht. Melden Sie sich doch bitte zu Wort, wenn Sie etwas Wichtiges zu sagen haben. Tun Sie das ruhig.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Also meldet er sich nicht!)

Es zeigt sich wieder, wie nervös Sie eigentlich sind. Den Kern der ganzen Geschichte hat Frau Schäfer eben schon dargestellt.

(Bernhard Recker [CDU]: Der Kern ist die Realschule!)

Es geht darum, dass das Verhältnis zwischen dem Realschullehrerverband und diesen Koalitionsfraktionen offensichtlich völlig zerworfen ist. Darum geht es doch.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Vorsitzende des Realschullehrerverbandes hat ihre Teilnahme an der Anhörung zum Lehrerausbildungsgesetz am letzten Mittwoch in allerletzter Minute abgesagt. Damit wollte sie offensichtlich demonstrieren, dass sie mit Ihrer Koalition zurzeit kein gutes Wort zu wechseln hat. Das ist doch der Hintergrund.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Jetzt versuchen Sie mit dieser Aktuellen Stunde, sich wieder anzubiedern und als Partner für eine Schulform anzubieten, die Sie in den letzten Wochen und Monaten vernachlässigt haben, weil Sie bei Ihrer Bildungspolitik nämlich keinen Plan haben!

(Beifall von der SPD)

Dieses Parlament müsste sich eigentlich zu schade dafür sein, für diese Anbiederei eine Aktuelle Stunde zu opfern, nur damit Sie Ihr Verhältnis zum Real

schullehrerverband wieder in richtige, gerade Bahnen lenken können.

(Bernhard Recker [CDU]: Wie stehen Sie denn zur Realschule? Sagen Sie das doch einmal!)

Ihr Text zur Beantragung dieser Aktuellen Stunde ist einfach beschämend. Frau Schäfer hat diese Begründung auch schon angesprochen. Ich lese nur einen Satz vor. Im zweiten Absatz heißt es:

Die Realschulen sind in Sorge vor allem wegen der Beschlüsse von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die die Zerschlagung des bewährten und erprobten gegliederten Schulsystems gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger durchsetzen wollen.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: So ist es!)

In diesem Satz der Begründung stecken drei Unwahrheiten.

(Zuruf von der CDU: Mein Gott!)