Erste Unwahrheit: Die Realschulen sind nicht in Sorge, weil SPD und Bündnis 90/Die Grünen über die Reform des Schulsystems diskutieren,
… in der Regierung propagiert der Juniorpartner FDP offen die regionale Mittelschule... Das CDU-geführte Schulministerium genehmigt reihenweise Verbundschulen, …
Das vollständige Zitat hat Frau Schäfer eben vorgetragen. – Das ist der Grund, warum sich die Realschullehrer an die Öffentlichkeit gewandt haben – nicht wegen der Beschlusslage von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD.
Herr Recker, Sie haben es noch nicht verstanden. Das ist nur ein Teil der Dinge, die Sie noch nicht ganz verstanden haben.
Zweite Unwahrheit: Das Urteil, das dreigliedrige Schulsystem sei erprobt und bewährt, wird leider von der überwiegenden Mehrheit der Bildungsforscher und vom Rest der Welt nicht geteilt.
Außerdem sollten Sie sich über die Begrifflichkeit einige Gedanken machen. „Erprobt und bewährt“ lautet das Urteil, wenn ein relativ altmodisches Auto in „AUTO TEST“ vorgestellt wird.
Dritte Unwahrheit: Weder die SPD noch Bündnis 90/Die Grünen beabsichtigen, die notwendige Reform des Bildungssystems gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen; das unterstellen Sie in Ihrer Begründung.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Das ist ein Witz! – Zuruf von der CDU: Aha! – Weitere Zurufe)
Ich stelle Ihnen gern die Beschlusslagen zur Verfügung, damit Sie nachlesen können, wenn Sie das nicht verstanden haben, Herr Recker.
Sie haben eben eine Umfrage erwähnt, Kollege Recker. Dabei berufen Sie sich auf die Mehrheit, denn 60 % der Bevölkerung haben mit Nein geantwortet. Die Frage in der Erhebung des PhilologenVerbandes lautete: Finden Sie die Forderung nach der Einführung einer Einheitsschule richtig? – Nur 33 % haben mit Ja geantwortet, weil sie mit dem Begriff „Einheitsschule“ nichts anfangen können.
Wenn Sie nach der „sozialistischen Einheitsschule“ gefragt hätten, wären es nur 20 % gewesen. Diese Diffamierung einer Schulreformvorstellung wohnt Ihnen inne. Das ist bezeichnend für Ihre Art und Weise, mit notwendigen bildungspolitischen Reformvorstellungen umzugehen.
Das i-Pünktchen bei dieser ganzen Geschichte und bei dem Chaos, das sich in Ihrer Auseinandersetzung darstellt, ist die Art und Weise, wie Sie auf die Stellungnahme der evangelischen Kirchen „Bildungsgerechtigkeit und Schule“ reagiert haben.
Meine Damen und Herren, mit allem Respekt und mit aller Ernsthaftigkeit: Wenn der Kollege Stahl auf diese Stellungnahme der evangelischen Kirchen vorgestern in einer Presseerklärung mit den Worten reagiert, er finde es bedauerlich, dass die Stellungnahme in den überkommenen Denkschablonen der Schulstrukturdebatte verbleibe und dass ihr keinerlei Erkenntnisgewinne innewohnten, ist das der Gipfel an Arroganz, Ignoranz und Nervosität, weil Sie nicht einmal in der Lage sind, sich inhaltlich mit der Stellungnahme der evangelischen Kirchen auseinanderzusetzen.
Das ist bezeichnend für die Art und Weise, wie Sie mittlerweile bildungspolitische Diskussionen in diesem Hause führen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Besucher! Ich bin sehr froh, dass wir so kurzfristig unseren Antrag zu den Realschulen in Nordrhein-Westfalen einbringen konnten,
und zwar nicht, weil wir sie vernachlässigt hätten, Herr Große Brömer, sondern weil wir sie unterstützen und stärken wollen. Das ist unser Ansinnen.
Wir wollen sie vor allen Dingen gegen die NRWGrünen unterstützen und stärken, die in Hagen den Beschluss gefasst haben, den Realschulen an den Kragen zu wollen.
Unser Schulsystem durch eine Einheitsschule zu ersetzen – nichts für ungut; diese Idee hatten schon mehrere.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: Haben Sie den Be- schluss gelesen, Frau Doppmeier? Das steht in der Einleitung!)
(Beifall von der CDU – Ute Schäfer [SPD]: Haben Sie mit den Kollegen in Schleswig- Holstein gesprochen?)
Sie sollten inzwischen auch wissen, dass man durch Gleichmacherei keine Qualitätssteigerung hinbekommt.
Es geht uns allen doch nicht um eine Strukturdebatte, sondern um die Steigerung der Unterrichtsqualität. Dadurch helfen wir den Kindern aus bildungsfernen Schichten, Frau Beer – und nicht durch Ihre ewige Strukturdebatte, mit der keinem Kind geholfen ist.
Meine Damen und Herren, 2005 haben wir ein Schulwesen in die politische Verantwortung übernommen, das leider durch massive Mängel gekennzeichnet war.