Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

(Zuruf von der CDU: Mein Gott!)

Erste Unwahrheit: Die Realschulen sind nicht in Sorge, weil SPD und Bündnis 90/Die Grünen über die Reform des Schulsystems diskutieren,

(Bernhard Recker [CDU]: Nein?)

sondern sie sind in Sorge wegen der diffusen, chaotischen Bildungspolitik der Landesregierung.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

… in der Regierung propagiert der Juniorpartner FDP offen die regionale Mittelschule... Das CDU-geführte Schulministerium genehmigt reihenweise Verbundschulen, …

Das vollständige Zitat hat Frau Schäfer eben vorgetragen. – Das ist der Grund, warum sich die Realschullehrer an die Öffentlichkeit gewandt haben – nicht wegen der Beschlusslage von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD.

(Zustimmung von SPD und GRÜNEN – La- chen und Kopfschütteln von Bernhard Recker [CDU])

Herr Recker, Sie haben es noch nicht verstanden. Das ist nur ein Teil der Dinge, die Sie noch nicht ganz verstanden haben.

Zweite Unwahrheit: Das Urteil, das dreigliedrige Schulsystem sei erprobt und bewährt, wird leider von der überwiegenden Mehrheit der Bildungsforscher und vom Rest der Welt nicht geteilt.

(Beifall von der SPD)

Außerdem sollten Sie sich über die Begrifflichkeit einige Gedanken machen. „Erprobt und bewährt“ lautet das Urteil, wenn ein relativ altmodisches Auto in „AUTO TEST“ vorgestellt wird.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Aha!)

Ihnen müsste mehr einfallen, was den Inhalt aus Ihrer Sicht etwas besser darstellt.

(Kopfschütteln von Bernhard Recker [CDU])

Dritte Unwahrheit: Weder die SPD noch Bündnis 90/Die Grünen beabsichtigen, die notwendige Reform des Bildungssystems gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen; das unterstellen Sie in Ihrer Begründung.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Das ist ein Witz! – Zuruf von der CDU: Aha! – Weitere Zurufe)

Ich stelle Ihnen gern die Beschlusslagen zur Verfügung, damit Sie nachlesen können, wenn Sie das nicht verstanden haben, Herr Recker.

Sie haben eben eine Umfrage erwähnt, Kollege Recker. Dabei berufen Sie sich auf die Mehrheit, denn 60 % der Bevölkerung haben mit Nein geantwortet. Die Frage in der Erhebung des PhilologenVerbandes lautete: Finden Sie die Forderung nach der Einführung einer Einheitsschule richtig? – Nur 33 % haben mit Ja geantwortet, weil sie mit dem Begriff „Einheitsschule“ nichts anfangen können.

(Lachen und Zurufe von der CDU)

Wenn Sie nach der „sozialistischen Einheitsschule“ gefragt hätten, wären es nur 20 % gewesen. Diese Diffamierung einer Schulreformvorstellung wohnt Ihnen inne. Das ist bezeichnend für Ihre Art und Weise, mit notwendigen bildungspolitischen Reformvorstellungen umzugehen.

Das i-Pünktchen bei dieser ganzen Geschichte und bei dem Chaos, das sich in Ihrer Auseinandersetzung darstellt, ist die Art und Weise, wie Sie auf die Stellungnahme der evangelischen Kirchen „Bildungsgerechtigkeit und Schule“ reagiert haben.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Deswegen kneift Herr Stahl auch immer! – Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, mit allem Respekt und mit aller Ernsthaftigkeit: Wenn der Kollege Stahl auf diese Stellungnahme der evangelischen Kirchen vorgestern in einer Presseerklärung mit den Worten reagiert, er finde es bedauerlich, dass die Stellungnahme in den überkommenen Denkschablonen der Schulstrukturdebatte verbleibe und dass ihr keinerlei Erkenntnisgewinne innewohnten, ist das der Gipfel an Arroganz, Ignoranz und Nervosität, weil Sie nicht einmal in der Lage sind, sich inhaltlich mit der Stellungnahme der evangelischen Kirchen auseinanderzusetzen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist bezeichnend für die Art und Weise, wie Sie mittlerweile bildungspolitische Diskussionen in diesem Hause führen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Große Brömer. – Frau Doppmeier spricht nun für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Besucher! Ich bin sehr froh, dass wir so kurzfristig unseren Antrag zu den Realschulen in Nordrhein-Westfalen einbringen konnten,

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

und zwar nicht, weil wir sie vernachlässigt hätten, Herr Große Brömer, sondern weil wir sie unterstützen und stärken wollen. Das ist unser Ansinnen.

(Beifall von der CDU)

Wir wollen sie vor allen Dingen gegen die NRWGrünen unterstützen und stärken, die in Hagen den Beschluss gefasst haben, den Realschulen an den Kragen zu wollen.

(Lachen von den GRÜNEN)

Unser Schulsystem durch eine Einheitsschule zu ersetzen – nichts für ungut; diese Idee hatten schon mehrere.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Haben Sie den Be- schluss gelesen, Frau Doppmeier? Das steht in der Einleitung!)

Jetzt wissen wir, wohin Sie wollen. Ich sage Ihnen nur: Sie gehen diesen Weg nicht mit uns!

(Beifall von der CDU – Ute Schäfer [SPD]: Haben Sie mit den Kollegen in Schleswig- Holstein gesprochen?)

Wir sagen Ihnen ganz klar, dass wir zum differenzierten dreigliedrigen Schulsystem stehen.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Sie sollten inzwischen auch wissen, dass man durch Gleichmacherei keine Qualitätssteigerung hinbekommt.

(Zuruf von den GRÜNEN: Was haben Sie gegen die deutsche Einheit?)

Es geht uns allen doch nicht um eine Strukturdebatte, sondern um die Steigerung der Unterrichtsqualität. Dadurch helfen wir den Kindern aus bildungsfernen Schichten, Frau Beer – und nicht durch Ihre ewige Strukturdebatte, mit der keinem Kind geholfen ist.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Sie hatten 39 Jahre lang Zeit, um in Unterrichtsqualität zu investieren. Und was haben Sie gemacht?

(Beifall von der CDU – Horst-Emil Ellinghaus [CDU]: Nichts!)

PISA gibt Ihnen das Zeugnis. Frau Schäfer, das ist Ihr Zeugnis!

(Beifall von der CDU – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, 2005 haben wir ein Schulwesen in die politische Verantwortung übernommen, das leider durch massive Mängel gekennzeichnet war.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: So ist es!)