Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

(Beifall von den GRÜNEN)

Also: Wir wollen einen klaren, starken öffentlichrechtlichen Rundfunk. Wir wollen das Internet – das haben wir früher einmal so formuliert – durchaus als eine dritte Säule ansehen, also plattformunabhängig. Es kommt darauf an, dass Rundfunk in der Form, wie wir ihn in Deutschland kennen, bewahrt bleibt, und wir wollen, dass dieses ohne Einschränkungen geschieht, anders als Sie es gerade formuliert haben.

Mein Eindruck ist schon der: Es geht um eine gesellschaftspolitische Streitfrage, nämlich auf der einen Seite um die, ob man sozusagen der Privatpresse im Privatrundfunk genügend Raum einräumen will, und auf der anderen Seite darum, ob man das öffentlich-rechtliche System entsprechend einschränkten sollte. Diese Grundsatzentscheidung steht letztlich mit jedem Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein Stückchen mehr zur Debatte, und im Zwölften wird das besonders deutlich.

Der Drei-Stufen-Test ist ein Stichwort, das angesprochen worden ist. Wir haben das schon bei der letzten Plenarsitzung diskutiert. Es ist ein hochkompliziertes, sehr teures Verfahren. Es wird unsere

Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler sehr viel Geld kosten, das dann leider nicht in das Programm, nicht in die Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fließt. Von daher ist es ein Verfahren, das aus meiner Sicht eigentlich nicht zielführend ist.

Ich weiß, dass Brüssel Auflagen im Zusammenhang mit der Frage, ob gebührenfinanzierter Rundfunk eigentlich Beihilfe oder eine Angelegenheit der Nationalstaaten ist, gemacht hat. Ich habe da das Amsterdamer Protokoll immer eindeutig interpretiert und insofern einen ganzen Teil der Debatte, die in Brüssel zu dem Thema geführt wurde, nicht verstanden.

Ich glaube auch nicht, dass die Printprodukte, also die Zeitungen, wirklich in Gefahr sind, weil sich ZDF und ARD im Internet entsprechend darstellen können. Da kommt es auf ganz andere Parameter an. Ich nenne einen als Beispiel – leider macht das der „WAZ“-Konzern gerade vor –: Wenn man die Lokalredaktionen schwächt, schwächt man auch die Auflage. Andere Zeitungen in unserem Land, die genau in die lokale Berichterstattung stärker investieren, stagnieren, stabilisieren sich bzw. bauen sogar ihre Auflagen aus. Dazu gibt es sehr belastbares Zahlenmaterial. Von daher stimmt die These nicht, dass das Internet dem wirklich entgegensteht. Es kommt darauf an, worauf sich die Printprodukte konzentrieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch mit einer guten ausführlichen Hintergrundberichterstattung – etwa in der „Süddeutschen Zeitung“; die hat auch noch gute Zahlen –, mit vernünftigen Produkten kommt man auch gut an die Leute heran.

Diese ganze Debatte hat etwas mit einer Scheindebatte zu tun, dass man das Internet sozusagen als einen Markt betrachten müsse, in dem alle gleichberechtigt agierten. Das ist natürlich nicht so.

In einer kürzlich geführten Debatte ging es nicht um die Frage, ob im Internet alle gerecht und vernünftig untergebracht werden können, sondern um die Frage, die sich für die Zukunft stellt: Wer ist wie attraktiv auffindbar? Das ist die in den nächsten Jahren immer stärker werdende Frage im Zusammenhang mit dem Internet.

Wir sind der festen Überzeugung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Menschen, die in Deutschland Gebühren zahlen, seinen Platz haben soll, gerade auch im Internet und gerade mit dem, was er auch ansonsten zu bieten in der Lage ist. Das wird durch das Gebührengeld ermöglicht, und zwar werbefrei im Internet und damit weit weg von dem, was die Privaten alles anbieten können, und natürlich auch begrenzt durch eine nach oben hin begrenzte Gebühr. Insofern ist das eine Debatte, die zum Schein geführt wird.

Jetzt wird der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag zum 1. Juni in Kraft treten. Drei Fraktionen in diesem Hause werden ihm zustimmen. Die vierte Fraktion, die Grünen, wird diesen Vertrag ablehnen. Wir haben dafür sehr viele Gründe bis hin zu der von uns kritisierten Regelung, dass Sendungen nur sieben Tage im Netz sein dürfen. Aber auch DreiStufen-Tests und viele andere Dinge mehr kommen hinzu.

Ich bin Herrn Krautscheid – ich darf das hier einmal deutlich sagen – sehr dankbar, dass er sich in den vergangenen Monaten stark für den öffentlichrechtlichen Rundfunk eingesetzt hat. Sie haben das in verschiedenen Stellungnahmen deutlich gemacht. Das ist das, was wir anerkennen. Gleichwohl werden wir diesem Vertrag diesmal nicht zustimmen. Ich glaube, dass wir dafür sehr gute Gründe haben.

Auch der 13. und der 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag werden uns zeigen, dass wir, wenn wir auf dem Wege weitergehen, der jetzt eingeschlagen wurde, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk am Ende weniger dienen, als es jedenfalls im Interesse der Grünen wäre. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Keymis. – Jetzt hat Minister Krautscheid das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Staatsvertrag ist das Ergebnis eines Kompromisses mit der Europäischen Kommission. Wie jeder Kompromiss hat dieser Staatsvertrag die Stärken und Schwächen dieser Vereinbarung geerbt. Wir wissen: Wer wie die Landesregierung einen Internetauftritt der Öffentlich-Rechtlichen will, muss in diesem Kompromiss mit Brüssel akzeptieren, dass diesen gebührenfinanzierten Internetaktivitäten Grenzen zu setzen sind, weil im Internet eine unmittelbare Konkurrenz zu privaten Veranstaltern gegeben ist.

Gerade in den Gremien tun sich sehr viele schwer mit der Frage des Drei-Stufen-Tests und der Frage, wie teuer und kompliziert das ist. Es ist kompliziertes und teures Neuland. Vorgestern haben wir in Brüssel eine sehr interessante Veranstaltung zum Thema Drei-Stufen-Test durchgeführt und dabei einiges gelernt. Langsam finden wir ein vernünftiges Maß dafür, wie man es durchführen kann. Es gibt gute Vorschläge, wie es noch besser werden kann. Wir werden es ein Jahr versuchen, dann eine Evaluierung vornehmen und sehen, ob sich die Komplexität ein wenig reduziert hat.

Jedem muss klar sein: Wer Internetauftritte der Öffentlich-Rechtlichen will, muss sich diesem Procedere unterziehen. Wer dies für zu umständlich

oder für unzumutbar hält, wird in wenigen Monaten erleben, dass die Europäische Kommission erneut aktiv wird. Das kann nicht in unserem gemeinsamen Interesse liegen.

Die jetzt vorliegenden Regeln sind brauchbar, wenn auch nicht perfekt. Ich freue mich, dass nach sehr intensiven Diskussionen in allen möglichen Gremien dieses Hauses nun ein relativ breiter Konsens für diesen Staatsvertrag gegeben ist. Ich bedanke mich bei allen, die mitberaten haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Krautscheid. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Hauptausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/8897, dem Staatsvertrag zuzustimmen. Wer für diese Beschlussempfehlung ist, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit wurde die Beschlussempfehlung angenommen und dem Staatsvertrag mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt.

Ich rufe auf:

10 Der Altersdiskriminierung entgegenwirken – Partizipation fördern und soziale Benachteiligungen abbauen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/8713

Ich eröffne die Beratung. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Asch das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wissen alle: Das Bild des Alters in unserer Gesellschaft hat sich geändert. Menschen werden heute so alt wie niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Das ist gut so. Das ist keine Last, sondern eine Chance für uns alle.

Aber wir wissen auch: Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für das Alter, aber auch die gesellschaftlichen Bilder, die über das Alter bestehen, entsprechen oftmals nicht dem Wunsch älterer Menschen, zu partizipieren, teilzunehmen, aktiv zu sein und sich weiterhin in Ehrenämtern zu engagieren. Es gibt viele negative Attribute, die mit dem Alter verbunden werden. Es wird von der Alterslast, von der Altersschwemme gesprochen. Mit dem Jugendlichkeitswahn, der in unserer Gesellschaft allerorten zu finden ist, ist eine gewisse Abwertung des Alters und von älteren Menschen verbunden.

In vielen gesellschaftlichen Bereichen gibt es leider ganz konkrete Diskriminierungen und Benachteiligungen älterer Menschen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Diese Altersdiskriminierung ist in sehr vielen Bereichen zu finden. Es gibt technische Einrichtungen, die von älteren Menschen kaum bewältigt werden können. Es gibt Geldautomaten und Ticketautomaten, die so kompliziert sind, dass sie für ältere Menschen nicht mehr nutzbar sind. Es geht damit weiter, dass der öffentliche Raum nicht barrierefrei ist. Er behindert die Beweglichkeit, die Mobilität von älteren Menschen. Wir finden außerdem ganz konkrete Diskriminierung in vielen Einzelsituationen.

Der Vorsitzende der Jungen Union, Herr Mißfelder, ist ein besonders negatives Beispiel. Er sagt, älteren Menschen müsse man teure, aufwendige Operationen verwehren, weil sie eine zu große Belastung für unser Gesundheitssystem seien. Ich finde das wirklich unerträglich. Ich finde es auch unerträglich, dass dieser Mann für die CDU-Fraktion im Bundestag sitzt.

(Zuruf von Lothar Hegemann [CDU])

Herr Hegemann, hoffentlich wurde er von Ihnen nicht für diese Position gewählt. – Das sind Äußerungen, die konkret Altersdiskriminierung darstellen. Sie befördern das negative Bild des Alterns.

Es gibt auch noch andere Bereiche. Ich nenne zum Beispiel das Bundesgesetz, das das Schöffenamt regelt. Darin ist eine Altersgrenze festgelegt. Das bedeutet, alle Menschen, die älter sind als 70 Jahre, dürfen nicht Schöffen werden. Es gibt diese Altersbegrenzung auch bei Schiedsämtern. Das ist ein Landesgesetz. Es bedeutet, ältere Menschen jenseits der 70 dürfen nicht mehr zum Schiedsmann oder zur Schiedsfrau berufen werden.

Die Liste von Altersdiskriminierung ließe sich fortsetzen. Wir als Grüne wollen uns konkret gegen diese Altersdiskriminierung wenden. Wir fordern von dieser Landesregierung konkrete Maßnahmen. Wir fordern ein Konzept, wie dieser Diskriminierung entgegengewirkt werden kann.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Ich erteile Frau Kollegin Doppmeier für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute einen Antrag vorliegen, den Sie „Der Altersdiskriminierung entgegenwirken – Partizipation fördern und soziale Benachteiligungen abbauen“ nennen. Schauen Sie einmal zwei Jahre zurück. Damals haben wir einen

Antrag vorgelegt, den wir „‚Älter werden – aktiv bleiben – Potenziale älterer Menschen erkennen und aktivieren“ nannten. Wir brauchten für unseren Antrag allerdings nur drei Seiten, während Sie sechs Seiten brauchen.

(Beifall von der CDU)

Wenn Sie nur drei Seiten genommen hätten, wäre zu auffällig gewesen, dass Sie alles abgeschrieben haben. Sie haben es jetzt ein bisschen ausgeschmückt und meinen, damit etwas Neues zu bringen.

(Widerspruch von der SPD)

Ihr Antrag ist um zwei Jahre verspätet. Aber Sie haben ganz vergessen, dass wir in den vergangenen zwei Jahren nicht untätig gewesen sind. Während Sie jetzt über Veränderungen der individuellen und gesellschaftlichen Lebensgestaltung sprechen, haben wir bereits gehandelt. Also gilt: Augen auf, wenn Sie Anträge stellen.

Eine kleine Broschüre hätte Ihnen hier eine Menge Zeit gespart. Denn bereits am 26. Februar 2007 wurde gemeinsam mit dem Kuratorium Deutsche Altershilfe und der Landesseniorenvertretung mit finanzieller Förderung des nordrhein-westfälischen Generationenministeriums die Broschüre „Altersdiskriminierung – und was tun?“ erstellt. Auf Grundlage der Erkenntnisse in dieser Broschüre haben die Fraktionen von CDU und FDP gemeinsam nicht nur einen Antrag eingebracht, sondern auch aktiv Hürden für ältere Menschen abgebaut und somit schon dem demografischen Wandel in unserer Gesellschaft Rechnung getragen.

Doch schon vorher, bereits 2005, war die Bekämpfung der Altersdiskriminierung ein inhaltlicher Schwerpunkt der Seniorenpolitik im Ministerium von Herrn Laschet. Das, meine Damen und Herren, haben wir schon vor Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf unsere To-do-Liste gesetzt.

(Beifall von der CDU)