Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zum Nachtragshaushalt und zum Zukunftsinvestitionsgesetz ist in den vergangenen Wochen und bei der Einbringung dieses Nachtragshaushalts schon einiges gesagt worden. Ich kann inhaltlich voll auf das verweisen, was unsere Kolleginnen Walsken und Altenkamp bei der Einbringung ausgeführt haben. Gleich wird auch noch die Kollegin Schulze auf den einen oder anderen Spezialaspekt eingehen.

So viel möchte ich aber doch noch sagen – dabei kann ich nahtlos an Ihre Rede anknüpfen, Herr Kollege Klein: Ihr Nachtragshaushalt legt wirklich schonungslos offen, dass Sie mit der größten Finanz- und Wirtschaftskrise, die es seit den 20erJahren des letzten Jahrhunderts gegeben hat, schlichtweg überfordert sind und ziel- und planlos agieren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich fürchte, das muss das Parlament mit einer gewissen Ratlosigkeit zur Kenntnis nehmen.

Sie waren es, die in den vergangenen vier Jahren mit guter Konjunktur und Steuermehreinnahmen von 7,5 Milliarden € keinerlei Vorsorge für schlechte Zeiten getroffen haben.

(Zustimmung von der SPD)

Sie waren das, Herr Kollege Klein, und der von Ihnen gerade so offenkundig fehlerhaft gelobte Minister Linssen. Sie sind von der Krise so völlig falsch und kalt erwischt worden und versuchen nun, sich irgendwie durchzuwurschteln. Das ist gerade noch einmal klar geworden. „Hätte“, „wäre“ und „würde“ sind die Maximen, nach denen Sie jetzt

agieren. „Die Welt hätte so schön aussehen können, wenn sie nicht so wäre, wie sie ist.“ gehört auch dazu. Sie malen sich die Welt, wie Sie sie gerne hätten. Das hat schon einen Zug von selektiver Wahrnehmung. Das muss hier festgehalten werden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie sind es, die einen Rekordschuldenstand des Landes Nordrhein-Westfalen für dieses und das kommende Jahr zu verantworten haben und nicht Rot-Grün oder jemand anderes, sondern Sie, Herr Kollege Klein, mit Ihrer Regierung,

(Zustimmung von Ewald Groth [GRÜNE])

der Ministerpräsident und der Finanzminister. Da kann keine Krise herhalten, kein „hätte“, „wäre“, „wenn“ und „aber“.

(Zustimmung von der SPD)

Sie sind verantwortlich, denn Sie regieren schließlich. Das sollten Sie sich endlich einmal eingestehen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Oder aufhören!)

Sie können sich nicht plötzlich von vermeintlichen Experten Rückendeckung holen. Ich weise übrigens darauf hin: Wenn Sie schon richtige Experten auf Ihrer Seite zitieren wollen, haben Sie eben sicherlich nicht die RWE, sondern das RWI gemeint.

(Beifall von der SPD)

Es ist denkbar, dass ansonsten die RWE Ihr regelmäßiger Gesprächspartner ist und Sie sich die Parolen von denen abholen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Im Siegerland spielt RWE eine größere Rolle!)

Jedenfalls ist doch eines völlig klar: Sie legen eben kein eigenes Konjunkturpaket im Land NordrheinWestfalen auf, obwohl andere Bundesländer Ihnen hier doch mit wirklich gutem Beispiel vorangehen.

Der Minister hat noch bei der Einbringungsrede zum Nachtragshaushalt so wortreich versucht, konjunkturelle Impulse, ein Nichtansparen gegen die Krise, zur Maxime zu erheben. Helmut Linssen geriert sich als John Maynard Keynes der Landesregierung. Dieses Bild hat er beim letzten Mal versucht zu zeichnen. Trotzdem sind Sie nicht in der Lage, außer dem, was die Bundesregierung vorgegeben hat, einen eigenen konjunkturellen Impuls zu setzen.

Andere Länder gehen Ihnen mit gutem Beispiel voran, übrigens auch Länder mit Ministerpräsidenten Ihrer eigenen Partei. Aber wahrscheinlich hat Ministerpräsident Rüttgers auch hier die Parole ausgegeben, sicherheitshalber mit höheren Parteifreunden gar nicht mehr zu telefonieren oder zu sprechen.

Herr Ministerpräsident, ich will Ihnen sagen: Sie haben ja recht; Köln ist keine Insel. Aber NordrheinWestfalen ist eben auch keine Insel.

(Beifall von der SPD)

Deswegen ist es schon ein bisschen peinlich, dass ausgerechnet das größte Bundesland unserer Republik keinerlei eigenen Konjunkturimpuls setzen will. Das ist ein Jammer und vor allem schlecht, wenn man gegen die Krise agieren will.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich möchte zum Nachtragshaushalt noch ein Detail ansprechen, zu dem ich mir heute doch noch Aufklärung und Erklärung erhoffe, da heute die letzte Gelegenheit ist, nämlich die 38 neuen Stellen, die Sie zur Umsetzung des Konjunkturpakets einrichten wollen. Sie sind übrigens mit Kosten von schlappen 1,05 Millionen € pro Jahr verbunden, weil Sie Stellen im gehobenen und höheren Dienst einrichten. Es ist uns zuletzt im Unterausschuss „Personal“ des Haushalts- und Finanzausschusses trotz mehrfacher und beharrlicher Nachfragen nicht gelungen herauszufinden, was es damit eigentlich auf sich hat.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das sind Gefolgsleu- te!)

Was sollen diese Menschen tun? – Das ist die erste Frage.

Was ist eigentlich aus Ihrem vielgelobten PEM geworden? Warum ist es nicht möglich, die Besetzung aus PEM heraus vorzunehmen? – Da ist es weder den stellvertretenden Regierungssprechern, die sich aus Kreisen der Fraktionen von CDU und FDP zusammensetzen, noch dem Vertreter Ihres Hauses gelungen zu sagen, ob es wirklich neue Stellen sind, wie es im Nachtragshaushaltentwurf steht, ob es in Wahrheit gar keine neue Stellen sind, ob sie doch aus PEM kommen, warum sie nicht aus PEM kommen? Sie sollten die letzte Gelegenheit heute nutzen, da für Aufklärung zu sorgen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: 38 neue getreue Parteigänger!)

Zum Zukunftsinvestitionsgesetz: Dieses sollte man hier sicherlich nicht aus den Augen verlieren, denn das ist der eigene Kernpunkt, weswegen Sie den Nachtragshaushalt ursprünglich haben vorlegen wollen, bevor Sie ihn dann noch mit dem einen oder anderen angereichert haben, was uns die Möglichkeit nimmt, dem Nachtragshaushalt heute zuzustimmen. Das wissen Sie, das haben wir Ihnen vorher mitgeteilt.

Wir sind der Bundesregierung sehr dankbar, dass sie unter Federführung von Frank Steinmeier und Peer Steinbrück auch ein zweites Konjunkturpakt auf die Beine gestellt hat. Dass die Landesregierung dieses Paket ordentlich administriert hat, will ich hier

gerne eingestehen. Sie haben das ordentlich administriert und in eine Landesgesetzgebung eingepasst, sodass wir diesem Zukunftsinvestitionsgesetz hier heute auch zustimmen können.

„Ordentlich administriert“ heißt im Zusammenhang mit Ihnen schon einiges, aber eben auch nicht mehr und nicht weniger. Deswegen erfreut uns das mehr als das, was Sie sonst auf die Beine stellen.

(Beifall von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin etwas verblüfft, dass der Kommunal- und Innenminister Wolf an dieser Debatte nicht teilnimmt,

(Bodo Wißen [SPD]: Ist doch egal, ob der da ist oder nicht!)

weil der wesentliche Teil dieses Zukunftsinvestitionsgesetzes unter seiner Ägide abzuarbeiten sein wird.

(Bodo Wißen [SPD]: Minister Wolf ist gerade vor Gericht in Münster!)

Es kommt nämlich jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, entscheidend auf die Bezirksregierungen an, die eben nicht in eine „Prüferitis“ bei der Umsetzung dieses Konjunkturprogramms verfallen dürfen.

(Beifall von der SPD)

Denn der Sinn und Zweck dieser Maßnahme ist, nicht die Krise kaputt zu sparen, sondern durch einen eigenen konjunkturellen Impuls insbesondere den lokalen und regionalen Mittelstand so zu fördern, dass er in die Lage versetzt wird, weiterhin Arbeitsplätze anzubieten, keine Arbeitsplätze abbauen zu müssen, und insofern Investitionen anzuregen. Von daher ist es kontraproduktiv, wenn Minister Wolf, der es vorzieht, an der Debatte heute fortgesetzt und nachhaltig nicht teilzunehmen, die Kommunen zu großer Vorsicht mahnt.

(Minister Armin Laschet: Sie wiederholen sich!)

Das ist kontraproduktiv. Während andere – das wurde in der letzten Debatte von Rednern der Fraktionen von CDU und FDP zu Recht eingefordert – gerade Schnelligkeit, gerade Unkompliziertheit verlangen, ist es Ihr Kommunalminister Wolf, der hier zu großer und besonderer Vorsicht mahnt. Das ist nicht konsistent und verstärkt die Verunsicherung, die ohnehin schon allerorten vorhanden ist. Da ist Minister Wolf eindeutig in der Pflicht; das fordern wir ein.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

In dieses Bild passt übrigens auch der Runderlass des Innenministers von dieser Woche, nach der die Nothaushaltskommunen Vermögenserlöse eben nicht für neue Investitionen verwenden dürfen. Unser Appell lautet hier und heute: Überdenken Sie dies, präzisieren Sie dies zumindest, damit in finanzschwachen Kommunen der konjunkturelle

Impuls nicht verpufft. Das wäre in der Tat dramatisch und ein Fehler.

Der Vollständigkeit halber möchte ich noch auf den Änderungsantrag von SPD und Grünen hinweisen, in dem wir dem Wunsch der kommunalen Spitzenverbände Rechnung tragen, die Finanzmittel in den Kommunen auch als Eigenanteil bei Förderprogrammen des Landes einsetzen zu dürfen. Ich hoffe und gehe davon aus, dass das heute im gesamten Parlament Zustimmung finden wird.

Ich möchte mich zum Schluss auf einen Hinweis konzentrieren, der gerade beim Kollegen Klein schon angeklungen ist, der bei anderen Rednern mit Sicherheit noch folgen wird, nämlich Ihre Mär von kommunalfreundlichem Verhalten.