Martin Börschel

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher auf der Besuchertribüne! Ich glaube, man kann auch nach der Rede des Kollegen Löttgen von eben eines feststellen: Städte und Gemeinden sind bei der Koalition von CDU und FDP hier im Land nicht in guten Händen.
Eine besondere Ausprägung dieses politischen Versagens ist Ihre Haltung zur Kommunalwirtschaft, also zu den Stadtwerken. Dafür haben Sie, Herr Kollege Löttgen, gerade noch einmal einen sehr eindrucksvollen Beleg geliefert; denn Ihr Beitrag lässt sich auf folgende Logik zurückführen: Man muss die Städte vor ihren eigenen Stadtwerken schützen.
Wie man auf solch einen absurden Unsinn kommen kann, können Sie am Ende wohl weder uns hier noch den Bürgerinnen und Bürgern draußen erklären. Wer Freunde wie Sie hat, der braucht wahrlich keine Feinde. Das haben Sie den Stadtwerken heute endgültig zu verstehen gegeben.
Immerhin ist Ihnen bei diesem Thema, jedenfalls bis vor Kurzem, keine Unehrlichkeit vorzuwerfen gewesen. Von Anfang an war die Devise dieser Regierungskoalition aus Schwarz und Gelb in NordrheinWestfalen: „Privat vor Staat“. – Es ist müßig, zu spekulieren, ob das eine rein FDP-getriebene Maxime war oder ob die CDU diese Ideologie nicht im Grunde ihres Herzens zumindest in weiten Teilen auch teilt; ich erinnere nur an die Leipziger Beschlüsse.
So oder so: Die Maxime „Privat vor Staat“ hat Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden, und dieses Ziel haben Sie – das muss man Ihnen lassen – seit
dem Regierungsantritt 2005 auch ziemlich planvoll verfolgt – leider. Dieses Ziel ist eindeutig Ihr Markenzeichen.
Den entscheidenden Akt in diesem ideologisch getriebenen Drama haben Sie 2007 durch die Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts, also durch die Änderung des § 107 der Gemeindeordnung, vollzogen. Wir sind uns sicherlich darin einig – seit Sie sich nicht mehr richtig trauen, „Privat vor Staat“ als ehrlich gemeinte Maxime auszugeben, geben Sie das zumindest noch hinter vorgehaltener Hand zu –, dass Sie damals die bundesweit schärfste Regelung geschaffen haben; das gilt auch noch heute.
Die Kombination aus dringendem öffentlichen Zweck und Subsidiaritätsklausel ist einmalig und sorgt dafür, dass die Stadtwerke mit einem staatlich verordneten Handicap in den immer schärfer werdenden Wettbewerb gehen. Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude hat das in der ihm eigenen Art auf den Punkt gebracht, indem er sagte, die Stadtwerke glichen unter Schwarz-Gelb einem Mann, den man mit gefesselten Händen und Füßen in ein Haifischbecken wirft. Genau das ist die Wahrheit hinsichtlich dessen, was Sie hier veranstalten.
Bitte.
Lieber Kollege Löttgen, darauf komme ich noch zu sprechen.
Wenn Sie mir zugehört und etwas mehr Geduld gehabt hätten, dann hätte ich meine Ausführungen auch zu Ende bringen können. Ich sprach vom „entscheidenden Akt in diesem … Drama“.
Das ist ja nicht falsch. – Zu Beginn dieses Dramas haben Sie das Kommunalwirtschaftsrecht 2007 geändert, und das ist und bleibt die Wahrheit.
Sie haben es zu einem tödlichen Cocktail für die Stadtwerke gemacht, dessen Wirkung langsam, aber sicher einsetzen wird. Dem hat der Kollege Körfges in keiner Art und Weise widersprochen, sondern er hat in seiner damaligen Rede hergeleitet – das werde auch ich heute tun –, dass Sie eine fortgesetzte Untat begangen haben,
unter der die Stadtwerke und damit auch die Bürgerinnen und Bürger der Städte und Gemeinden Nordrhein-Westfalens zu leiden haben.
Vielleicht sollten Sie sich einmal die Kontrollfrage stellen, warum es zu Folgendem gekommen ist: Es hat vor der Verabschiedung der Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts 2007 eine Welle von Protesten und Demonstrationen gegen Ihr Vorhaben gegeben, und zwar von Stadtwerken, von Kommunen und von Räten – übrigens in weiten Teilen auch von CDU-Mehrheiten in Städten und Gemeinden und von CDU-Kolleginnen und -Kollegen in kommunalen Gesellschaften. Sie haben sich damals aber in keiner Weise beirren lassen, sind Ihrer Maxime gefolgt und haben den Beschluss gefasst und vollzogen.
Allerdings hat der Druck – das ist Ihnen klar geworden – in keiner Weise nachgelassen, sondern er hat unverändert fortgewirkt. Gleich wird noch der Kollege Franz-Josef Knieps sprechen, der selbst lange Jahre Aufsichtsratsvorsitzender einer kommunalen Gesellschaft war und auch aktuell Mitglied des Aufsichtsrats einer kommunalen Gesellschaft ist. Wenn Sie einmal Nachhilfebedarf haben, können Sie ihn sicherlich fragen, auch wenn er das gleich etwas wird verklären müssen, da er angesichts seiner wohl letzten Rede in diesem Hause ein wenig unter dem Druck steht, das aus Ihrer Sicht ordentlich machen zu müssen. Aber er kann Ihnen sicherlich sehr genau von den Sorgen und Nöten der Stadtwerke und der städtischen Gesellschaften vor Ort berichten, in die Sie als schwarz-gelbe Koalition die Stadtwerke und damit auch die Gemeinden gestürzt haben.
Dass es immer größeren und fortwährenden Druck gibt, hat auch die Wirtschaftsministerin erkannt und hat deshalb, wie wir eben schon gehört haben, bei dem renommierten Verwaltungsrechtler Professor Burgi aus Bochum ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten war in seinen Schlussfolgerungen – offensichtlich zu Ihrer eigenen Überraschung – derart eindeutig, dass die Ministerin von
Überraschung gepackt eine eilige Kabinettsbefassung ankündigte und gleichzeitig eine Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode in Aussicht stellte.
„Wow!“, kann ich dazu nur sagen; das hätten wir gerne gesehen. Darauf haben wir lange gewartet. Wir hätten uns gefreut, als Konsequenz dieser Erkenntnisse Seit an Seit mit der Landesregierung ihre eigene Politik zurückzudrehen.
Die Aussage von Professor Burgi ist, dass die Stadtwerke ein zwingendes Element sind, um gegen die marktbeherrschende Stellung der vier großen Oligopolisten vorzugehen. Ganz im Gegensatz zu dem, was Sie immer wieder im Munde führen, geht es dabei um eine Gleichbehandlung mit privaten Wettbewerbern und nicht um die Besserstellung der Kommunalwirtschaft. Nichts anderes wollen die Stadtwerke, und nichts anderes wollen wir. Das musste Ihnen erst dieses Gutachten ins Stammbuch schreiben.
Das war für Sie natürlich eine sehr gefährliche Erkenntnis, denn mit dieser Erkenntnis begann dann das Herumeiern und Zurückpfeifen der eigenen Ministerin. Blankes Entsetzen herrschte bei der FDP, die natürlich sagte, dass es überhaupt nicht wahr sein kann, dass jetzt plötzlich das Kernelement ihrer „Privat vor Staat“-Reform zurückgedreht werden könnte.
Aber es gab auch ein Einsehen bei der CDU, dass mit diesem Gutachten einem der wichtigen Vorhaben von Schwarz-Gelb nachträglich die Legitimation entzogen wird, denn Burgi sagt ganz eindeutig, dass wir eine Veränderung des Gemeindewirtschaftsrechts brauchen, um den Wettbewerb herzustellen, den Sie immer im Munde führen.
Also blieb – lange Rede, kurzer Sinn – wieder einmal nichts anderes, als eine Rolle rückwärts zu vollziehen. Sie haben irgendwelche Fristen und Verfahrensfragen vorgeschoben, um in dieser Legislaturperiode nur ja nicht mehr zu einem Gesetzentwurf kommen zu müssen.
Wenngleich Kollege Becker das wahrscheinlich gleich noch besser ausführen wird, möchte ich auch schon Folgendes sagen: Jetzt zu kritisieren, der Gesetzentwurf entspreche nicht Ihren selbstgesteckten Zielen und neuen Anforderungen, ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten.
Warum legen Sie, die CDU oder die Landesregierung, denn keinen Gesetzentwurf vor, obwohl die Ministerin das übrigens selbst angekündigt hat? Das ist regierungsamtliches Zögern. Sie spielen auf Zeit, bis der Schiedsrichter am 9. Mai endlich ein neues Spiel hoffentlich mit anderen Mehrheiten anpfeift.
Sie haben in dieser Legislaturperiode keinen Gesetzentwurf mehr erreichen wollen, weil Sie damit das regierungsamtliche Scheitern der eigenen Politik hätten eingestehen und einen Kernbestandteil Ihrer Reform zurückdrehen müssen. Deswegen habe ich strategisch-politisch ein gewisses Verständnis für Ihr Eiern. Aber inhaltlich können Sie das natürlich in keiner Weise begründen.
Lieber Kollege Löttgen, Sie wissen ganz genau, dass die SPD-Fraktion einen Termin- und Verfahrensvorschlag gemacht hat, der unter Einhaltung aller Formen und Fristen eine Befassung mit dem Gesetzentwurf sowohl der Landesregierung als auch der Grünen in dieser Legislaturperiode absolut und ordentlich zum Ziel gebracht hätte. Aber weil nicht sein kann, was nicht sein darf, haben Sie es verhindert. Das ist schade. Deswegen werden wir das heute debattieren.
Ich möchte dieser Debatte gerne noch einen weiteren Aspekt hinzufügen, der nur scheinbar ein Randaspekt ist, aber doch zum Kernelement dessen gehört, bei dem es um die Gleichbehandlung und den Wettbewerb von Privatwirtschaft und Kommunalwirtschaft geht. Denn es geht auch um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken, die Sie mit der schwarz-gelben Bundesregierung vorhaben.
Lassen wir mal die umweltpolitischen und sicherheitsrelevanten Aspekte der Atomkraftdebatte beiseite. Sie alleine wären schon Grund genug, die Laufzeitverlängerung in Bausch und Bogen abzulehnen. Aber wettbewerbspolitisch – das führen Sie doch zumindest immer im Munde – ist die Laufzeitverlängerung ebenso falsch.
Es gibt ein von den acht größten kommunalen Stadtwerken in Auftrag gegebenes Gutachten, das belegt, dass alleine eine Laufzeitverlängerung um acht Jahre, wie sie jetzt vorgesehen ist, auf die im Wesentlichen abgeschriebenen Atommeiler 57 Milliarden € Vorteile und Gewinne in die Kassen der Oligopolisten spülen würde.
Das geht natürlich zulasten der Stadtwerke, die im Regelfall umweltpolitisch in moderne neue Kraftwerke investieren wollen, wegen der hohen Anfangsinvestitionen aber erhebliche Schwierigkeiten haben. Durch diesen wettbewerbsverzerrenden Aspekt der Atomkraftverlängerung
schaffen Sie ein neues Beispiel dafür, dass kommunale Stadtwerke und Städte und Gemeinden wettbewerbsmäßig benachteiligt sind. Dafür tragen Sie die Verantwortung, in diesem Fall im Bund.
Langer Rede kurzer Sinn kann ich deswegen zum Schluss sagen:
Erstens. Wir werden nach dem 9. Mai im Landtag mit einer neuen Mehrheit ein Stadtwerkerettungsgesetz verabschieden.
Zweitens. Wir werden die Reform des § 107 Gemeindeordnung zurücknehmen.
Drittens. Wir werden die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke im Bundesrat verhindern.
Das bedeutet eine SPD-geführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Darauf werden Sie sich ab dem 10. Mai einstellen können. Darauf freue ich mich. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es richtig, etwa ein Jahr nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs auch hier im Parlament in Düsseldorf eine Zwischenbilanz zu ziehen und zu überlegen, was seitdem geschehen ist, welche Konsequenzen gezogen, welche unterlassen wurden und welche Erkenntnisse mittlerweile eingetreten sind.
Da möchte ich mich zunächst – wie es auch der guten Ordnung halber richtig ist – dem GrünenAntrag zuwenden, dessen Schlussfolgerungen und Forderungen die SPD-Fraktion für richtig hält, weshalb wir dem Antrag zustimmen werden.
In der Analyse, die wir ja nicht mitbeschließen, blenden Sie allerdings einen Punkt aus. Da dieser Punkt noch nicht benannt wurde, möchte ich deswegen im ersten Teil darauf besonders Wert legen. Sie blenden ihn nämlich aus, wenn Sie beklagen, es sei in erster Linie ein vollständiges Versagen des Systems der Bauaufsicht offengelegt worden. Das ist nicht falsch, es ist nur unvollständig. Denn in erster Linie wurden bei dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs und den Dingen, die danach klar geworden sind, Mängel bei der Bauausführung of
fengelegt. Das ist ein kleiner, aber entscheidender Unterschied, den man zumindest hier auch einmal erwähnen sollte. Ganz offenkundig ist die Bauausführung bei der Kölner Nord-Süd-Bahn, aber auch beispielsweise bei der Düsseldorfer WehrhahnLinie nicht nach allen Regeln der Kunst erfolgt. Im Gegenteil: Nachdem die Stadt Köln, die Kölner Verkehrsbetriebe oder auch die Staatsanwaltschaft in Köln nach dem 3. März 2009 umfangreiche Prüfungen veranlasst haben, kamen erschreckende Erkenntnisse ans Tageslicht.
Ständig neue Nachrichten über Unregelmäßigkeiten und kriminelle Machenschaften bei den bereits vor fünf Jahren fertig gestellten Bauwerken machen die Menschen in Köln und auch überregional fassungslos.
Daher fragt auch der neue Kölner Oberbürgermeister, Jürgen Roters, völlig zu Recht: Wer von uns hätte sich vorstellen können, dass international handelnde Baufirmen in solch großem Umfang täuschen, manipulieren und betrügen – und dies bei Bauvorhaben, bei denen wir, wie beim Bau einer U-Bahn, höchste Sicherheitsstandards verlangen? Es ist daher in allererster Linie Aufgabe der beteiligten Baufirmen – so ist meine Schlussfolgerung –, aber auch der Bauindustrie insgesamt, hier schonungslos aufzuklären und diesen Pfusch für die Zukunft auszuschließen.
Wir werden jedenfalls – ich denke, das sollten wir gemeinsam tun – nicht zulassen, dass die schlimmen Vorkommnisse auf einzelne Bauarbeiter oder nachgeordnete Mitarbeiter abgeschoben werden. Denn Manipulation und Betrug haben ganz offenbar System, wie Ermittlungen an anderen Großbaustellen in Düsseldorf oder auch in Bayern zeigen. Deswegen ist es richtig und unsere gemeinsame Pflicht, hier zu sagen: Das auf Einzelne abzuschieben, ist unanständig. Das System des Pfuschs und der Mängel muss aufgeklärt werden. Und da sollten wir zusammenstehen.
Als Nächstes – da bin ich wieder ganz bei Ihnen, Herr Kollege Becker – bleibt selbstverständlich, vollkommen zu Recht die von Ihnen aufgeworfene Frage nach Bauüberwachung und -kontrolle. Ob die Bauüberwachung namentlich bei den Kölner Verkehrsbetrieben versagt hat, ist juristisch noch nicht abschließend geklärt und bewiesen. Aber es gibt mittlerweile gewichtige Indizien für Fehler auch hier. Einige davon haben Sie gerade angedeutet, andere werden noch zu besprechen sein. Unter anderem deswegen wäre es gut, wenn der zuständige Projektvorstand bei den Kölner Verkehrsbetrieben endlich auch die persönlichen Konsequenzen ziehen würde.
Denn die Übernahme persönlicher Verantwortung hat es bislang in Köln noch nicht gegeben, auch wenn andere jetzt versuchen, das zu verklären.
Schließlich – das bleibt der zweite Aspekt dieser zweiten Frage – ist natürlich auch die Struktur der Bauaufsicht kritisch zu hinterfragen. Bereits im Plenum am 2. April des Jahres 2009 – das ist eben angeklungen – hat es hier einen Antrag gegeben, dass die Landesregierung eine Bundesratsinitiative starten möge, Bauherreneigenschaft und Bauaufsicht strukturell zu trennen, dafür zu sorgen, dass so etwas überhaupt nicht mehr möglich sein kann, und zwar unabhängig vom Einzelfall, ganz grundsätzlich und aus Prinzip.
Diesem Antrag, dem damals nicht nur Grüne, sondern auch die SPD-Fraktion zugestimmt haben, ist leider die Mehrheit aus CDU und FDP mit Unterstützung der Landesregierung nicht gefolgt. Die Landesregierung hat ganz offenkundig seitdem zunächst einmal die Weiterentwicklung abgewartet und gezögert und sich jetzt erst, wiederum auf Druck neuer Erkenntnisse oder auch aufgrund der Ankündigung von parlamentarischen Initiativen, dazu entschlossen, zu handeln, und hat eine solche Bundesratsinitiative – wenn ich mich richtig erinnere – am 9. März im Kabinett beschlossen und öffentlich angekündigt.
Das ist, lieber Herr Minister Lienenkämper, spät, aber richtig. Und weil es richtig ist, unterstützen wir das auch und hoffen nur und fordern Sie damit gleichzeitig auf, jetzt wiederum nicht Monate oder Jahre ins Land gehen zu lassen, bis dieser Bundesratsinitiative auch tatsächlich Taten folgen, bis es sie gibt und sie dann hoffentlich in Recht und Gesetz gegossen wird.
In dem Zusammenhang – sie werden sicherlich gleich das Wort ergreifen – würde uns interessieren, ob es schon erste Signale entweder anderer Landesregierungen oder – noch relevanter – des zuständigen Bundesministeriums gibt, wie man sich denn dort zu einer solchen Rechtsänderung stellen möchte.
Erlauben Sie mir für die erste Runde noch einen abschließenden Hinweis auf den Entschließungsantrag der Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Forderungsgleich im Wesentlichen zu dem Antrag, den die Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt haben, kann Ihr Entschließungsantrag logischerweise nur ein Ziel haben, den in etwa gleichen Forderungen eine andere Legende voranzustellen. Mit der Legende, die Sie hier versuchen zu stricken, wollen Sie den Eindruck erwecken, als habe seit dem denkwürdigen 3. März des Jahres 2009 einzig und allein die Landesregierung gehandelt, angewiesen, Aktivitäten gezeigt, alle anderen hätten geschlafen, hätten nichts gemacht – sowohl die Bezirksregierung in Düsseldorf, die in Köln, die Stadt Köln, die Staatsanwaltschaft in Köln und andere mehr.
Deswegen finde ich es einigermaßen ulkig, wie Sie hier versuchen, eigene Passivität so unverfroren in Aktivität umzumünzen.
Sei es drum. Wenn Sie meinen, einzig und allein aus diesem Grunde hier mit einem Entschließungsantrag deutlich machen zu wollen, man kann einem Antrag der Opposition nicht zustimmen, dann ist das von der Mehrheit her meinetwegen so. Es ist merkwürdig, es ist parlamentarisch nicht besonders stilvoll. Wir können selbstverständlich Ihren Forderungen inhaltlich nur beipflichten. Aber die Legende, die Sie dem voranstellen und die Sie stricken, ist nicht in Ordnung, ist nicht wahr. Das wissen Sie auch, sonst würden Sie nicht so peinlich berührt auftreten. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, wie verhält sich denn Ihre Vorlesung zu den eben schon hinreichend zitierten Äußerungen Ihrer Kollegin Thoben, die ja substanziell andere Schlussfolgerungen aus dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten gezogen hat als die, die Sie jetzt namens der Landesregierung vortragen? Ist das nach Ihrer Einschätzung jetzt eine neue, einheitliche Meinung? Haben Sie sozusagen den Text, den Sie verlesen, verinnerlicht, und entspricht das auch Ihrer und der Regierungsmeinung, oder wie würden Sie das sehen?
Vielen Dank, Herr Minister. Sie geben sich große Mühe, bei den sich immer verschachtelter darstellenden Verhältnissen auf Käuferseite den Eindruck zu erwecken, Sie hätten noch den kompletten Überblick. Eben haben Sie dem Parlament mehrfach gesagt, wirtschaftliche oder auch juristische Eigentümerin der beteiligten Gesellschaften auf Käuferseite sei Whitehall. Können Sie mir sagen, wie sich zu dieser Aussage der Umstand verhält, dass Gesellschafterin der Lancaster Holding GmbH – nur zur Erinnerung: das ist die ehemalige Vendetta; falls sie Ihnen so besser bekannt ist – eine Firma mit Sitz in Amsterdam ist? Haben Sie außerdem sichergestellt, dass Sie durch eine Werthaltigkeitsgarantie im Haftungsfall eben nicht auf das Stammkapital der Gesellschaften beschränkt sind, sondern auch auf das reale Vermögen, das Sie eben mit unglaublichen Summen benannt haben, zugreifen können?
Vielen Dank, Herr Präsident und auch Herr Minister. Sie haben uns gerade geschildert, dass die Aufsichtsbehörden seitens der garantiegebenden Stelle, also des Landes Nordrhein-Westfalen, eine unbefristete Garantieabgabe erwarten. Welchen Schluss ziehen Sie denn daraus, wenn einzelne Miteigentümer der WestLB, von denen Sie gemäß Nachtragshaushaltsgesetz Rückgriff erwarten, ihrerseits eine Garantie nur befristet abgeben?
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, so hatte ich auch gerechnet. Nur deshalb habe ich mich gemeldet. Das aber gehört noch zu den einfacheren Teilen der Rechnungen, die wir heute hören.
Herr Minister, vor dem Hintergrund des eben auf die Frage von Frau Asch Geantworteten möchte ich nachfassen: Bestreiten Sie denn, dass es in den Gremien der Bank und damit auch von der WestLB gegenüber den Eigentümern in den letzten Wochen und Monaten sich konkretisierende und verschärfende Hinweise darauf gegeben hat, dass der bisher gegebene Garantierahmen von 5 Milliarden € nicht ausreichen könnte und insofern Ihre Aussage, dass die neue Beurteilung der BaFin sozusagen „aus heiterem Himmel“ gekommen sei, nicht so recht haltbar ist?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst bin ich überrascht, dass der Finanzminister in der Debatte angesichts der Tragweite dessen, über was wir heute befinden sollen, offenkundig nicht noch einmal das Wort ergreifen will.
Es wäre jetzt der Zeitpunkt gewesen, auf die vielen Fragen, die Ihnen gestellt worden sind, einzugehen. Das zeigt schon, welches Verständnis Sie und die Koalitionsfraktionen außerdem in die Debatte einbringen. Es ist wirklich jämmerlich.
Ich möchte mich zunächst dem Verhalten von CDU und FDP, allerdings in der gebotenen Kürze, widmen, weil das, was sie heute mit ihrem Antrag, der ursprünglich – so war es in der Tagesordnung ausgewiesen –, ein Entschließungsantrag hätte sein sollen, abgeliefert haben, ein wirklich peinliches Schauspiel war.
Der Kollege FDP-Fraktionsvorsitzende Papke hat den Antrag erst nach intensiver und erregter Debatte mit den Herren Optendrenk und Derix vom Finanzministerium um 14:42 Uhr dort an seinem Platz unterschrieben. Dass er das zu diesem Zeitpunkt getan hat, zeigt doch...
Kollege Papke, es ging hier um einen Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, was Ihnen vielleicht, Herr Minister, in der Debatte nicht entgangen sein dürfte.
Dass der Antrag zu diesem Zeitpunkt gestellt wurde, dokumentiert – bei normalem Verlauf der Debatte hätten die Kolleginnen und Kollegen von Grünen und SPD Sie, Herr Finanzminister, in der Fragestunde nicht so lange gegrillt –, dass Sie einfach nicht früher zu Potte gekommen sind. Das ist der wahre Hintergrund dieser langen Dauer.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, sind sich, bezogen auf die Zukunft der WestLB, schlicht nicht einig.
Sie haben sich gezankt wie die Kesselflicker und müssen jetzt hier dokumentieren, dass Sie sich letztlich auf Formelkompromisse verständigt haben.
Denn was steht in Ziffer 3 Ihres Antrags drin? Es heißt, dass Sie entweder die Landesbank bis Ende 2011 verkaufen wollen oder aber in den Konsolidierungsprozess der Landesbanken einbringen wollen.
Meine Güte! Das sagt doch die EU-Kommission in ihrem Umstrukturierungsplan für die WestLB längst. Ein reines Nachbeten dessen, was die EU-Kommission macht, ist nun wirklich keine besondere Neuigkeit. Sagen Sie doch endlich, was Sie wollen: Wollen Sie es verkaufen, wollen Sie es in den Konsolidierungsprozess einbringen, oder was wollen Sie sonst? Diese Antwort sind Sie dem Parlament bislang immer noch schuldig geblieben.
Dies gilt erst recht, als Ihr Ministerpräsident Rüttgers noch Anfang Juni nach den Gesprächen mit dem Bund ganz großspurig und vollmundig von einem politischen Durchbruch in Sachen Konsolidierung der Landesbanken gesprochen hat und sein Kollege, der Ministerpräsident Oettinger, sogar noch der Meinung war, schon in den nächsten Tagen werde ein Konzept vorgelegt werden, auf dessen Grundlage man über die weitere Zukunft der Landesbanken werde entscheiden können.
Jetzt haben wir Ende Juni, und Sie sind immer noch nicht in der Lage, wenigstens ungefähr zu sagen, wohin Sie wollen. – Aber ich bin sicher, Herr Kollege Papke, in Ihrer Zwischenfrage werden Sie das tun.
Sagen Sie mir doch einfach, ob ich nicht recht habe und falsch liege.
Ja, bitte.
Herr Kollege Papke, ich weiß gar nicht, warum Sie sich jetzt so aufregen. Sagen Sie mir doch: Habe ich recht, oder habe ich unrecht? Mein Sitzplatz ist ungefähr vis à vis des Ihren, allerdings – das gebe ich zu – zwei Reihen hinter dem Ihren, aber auf der gegenüberliegenden Seite. Mein Sehvermögen lässt noch das eine oder andere zu; ich habe die Uhr im Blick und deshalb die Uhrzeit zitieren können. Ich habe einigermaßen im Blick, mit wem Sie hier im Plenum reden, jedenfalls solange Sie das unter den Augen auch der werten Gäste dieses Hauses tun, somit auch unter meinen Augen. Ich kann auch mitbekommen, wenn Sie etwas unterschreiben, und vielleicht habe ich sogar Glück und bekomme mit, was Sie unterschreiben. Deswegen sagen Sie doch einfach, ob das richtig ist oder ob das falsch ist. Dann können wir das ja weiterhin debattieren.
Ich will mich aber eigentlich gar nicht so sehr an diesem konfusen Schauspiel von CDU und FDP abarbeiten, sondern mich bei einer Frage wie dieser und der Vorlage der Landesregierung logischerweise ihr, also der Regierung, und insbesondere Herrn Minister Linssen zuwenden.
Welches Spiel spielen Sie eigentlich, Herr Minister, wessen Interessen vertreten Sie? Ich will nur ganz kurz auf das eingehen, was Frau Kollegin Löhrmann gerade schon gesagt hat: Nach Art. 28 des Grundgesetzes und nach Art. 1 unserer Landesverfassung sind die Gemeinden integraler Bestandteil des Landes Nordrhein-Westfalen. Das heißt, dass Sie als Minister dieses Landes, der einen Amtseid auf die Landesverfassung und die Gesetze geschworen hat, deren Interessen sowohl unmittelbar als auch als Träger von Sparkassen mit zu beachten haben. Sie tun aber fortgesetzt nichts anderes, als deren Interessen mit Füßen zu treten. Sie scheren sich einen Dreck darum, und das ist ein Skandal. Das muss an dieser Stelle gesagt werden.
Sie haben außerdem, Herr Minister Linssen, eben in Ihrem bislang einzigen Debattenbeitrag gesagt, die Garantie, die jetzt im Außenverhältnis allein das
Land abgibt, solle innerhalb des nächsten halben Jahres abgelöst werden. Aber Sie haben keinerlei Absicherung dafür – jedenfalls habe ich davon bislang nichts gehört –, dass dies auch so passieren wird. Das heißt, Sie sind auf der einen Seite in der Pflicht, eine unbefristete Garantie abzugeben – das haben wir gerade von Ihnen gelernt –, und auf der anderen Seite verlassen Sie sich auf eine in einem sonntäglichen Gespräch gemachte mündliche Zusage, dass das Ganze innerhalb des nächsten halben Jahres wie auch immer in eine Bundeslösung überführt werden solle. Sie können uns hier nichts anderes als die Aussage bieten, irgendjemand habe Ihnen das telefonisch bestätigt, und sei es auch der Präsident des Bundesaufsichtsamtes für das Finanzdienstleistungswesen. Bei einem 4-Milliarden€-Garantieschirm müssen Sie ein bisschen mehr machen, als uns hier von Telefonaten zu erzählen und zu schreiben. Das hat der Landtag NordrheinWestfalen allemal verdient.
Sie haben ferner – darauf habe ich gerade rekurriert – darauf hingewiesen, dass die Garantie unbefristet abgegeben werden müsse, und auf meine Frage von vorhin hier dargelegt, wenn das nicht alle anderen, also diejenigen, auf die Sie hier mit Ihrer Garantie Rückgriff nehmen wollen, auch täten, dann stünden wir vor einem sehr ernsten Problem. So ähnlich habe ich Ihre Antwort eben mitgeschrieben.
Vielen Dank, Herr Präsident und auch Herr Minister. Ich wollte gerne noch einmal auf Ihren ersten Debattenbeitrag zurückkommen und jetzt fragen, weil es das mittlerweile wieder fast vollzählig versammelte Haus interessiert: Wie gehen Sie denn nun vor dem Hintergrund des eben Gesagten mit dem Beschluss des Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverbandes um, die Innengarantie nur zeitlich befristet zu geben? Sie haben vorhin gesagt, das sei ein Problem. Was machen Sie denn jetzt? Die Entscheidung ist ja nun da.
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Minister, ich wollte a) an Frau Kollegin Asch anknüpfen und Sie gleichzeitig bitten, die Frage zu beantworten, welchen Verlust Sie denn erwarten. Denn Sie haben in der Tat richtig geantwortet, dass es einen Unterschied zwischen eingetretenem und erwartetem Verlust gibt. Nichtsdestotrotz mag es interessant sein zu wissen, womit Sie kalkulieren.
Frage 2 …
Dann mache ich kein Fragezeichen.
Wenn Sie so nett sind, endlich auf die Debatte einzugehen und Ihre Vorhaben, Ihre Zuständigkeit und Ihre Ziele bezogen auf die WestLB endlich darzulegen, statt sich immer nur mit der Vergangenheit und mit anderem zu beschäftigen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich glaube, in einem sind wir uns hier im Hause ganz einig, nämlich darin, dass der Respekt vor den Opfern und auch unsere Schuld vor der Geschichte bei der Vernichtung dieser immens wertvollen und bedeutenden Kulturgüter es verbieten, vorschnell oder unsachlich mit diesem Thema umzugehen,
mit einem Unglück, das Köln ins Mark getroffen und nachhaltig verändert hat, also nicht nur politisch, wie es eben auch geäußert wurde.
Das ist übrigens ein Unglück – das will ich hier auch noch einmal sagen und da ausdrücklich Ihnen, Herr Minister, und anderen zustimmen –, das auch eine ungeahnte und kaum zu beschreibende Welle an Hilfsbereitschaft und Solidarität ausgelöst hat: in der Bevölkerung, bei professionellen Diensten – da sei die Berufsfeuerwehr an erster Stelle genannt, aber auch das Technische Hilfswerk, das Rote Kreuz, Malteser und andere mehr –, bei vielen Freiwilligen, die sich in den ersten Tagen und Wochen wirklich Tag und Nacht an der Unglückstelle direkt, aber auch abseits des Scheinwerferlichts der Öffentlichkeit darum bemüht haben, dass beispielsweise Menschen, die ihr Obdach verloren haben, mit neuen Wohnungen versorgt wurden. Da haben die städtische Wohnungsbaugesellschaft, aber auch viele Private in Solidarität und Hilfsbereitschaft agiert und geholfen.
Ich will an der Stelle der Vollständigkeit halber auch erwähnen, dass sich beispielsweise sehr viele Kräfte, die die örtliche Arbeitsgemeinschaft, die ARGE, in ihrer Verantwortung hat, freiwillig gemeldet haben, um bei der Sicherung, bei der Bergung dieser wertvollen Kulturgüter zu helfen. Das ist ein Punkt, der uns alle hier, glaube ich, in Dank vereinen sollte.
Dieses alles entbindet uns aber nicht von unseren politischen Aufgaben und den Zuständigkeiten, die wir hier haben, die eine Stadtverwaltung hat, die andere Behörden haben.
Insbesondere die Redner von CDU und FDP machen aber einen Fehler, den letztlich auch der derzeit amtierende Oberbürgermeister der Stadt Köln gemacht hat, nämlich nicht zwischen Schuld und Verantwortung zu trennen.
Das ist ja ein Unterschied. Es geht hier eben nicht um Schuldzuweisungen oder gar um die juristische Aufarbeitung, an deren am Ende eine Klärung steht, wer die Schuld trägt – möglicherweise eine strafrechtliche Schuld, die auch zu einer Verurteilung führen kann. Dafür sind – da haben Sie völlig recht – in der Tat die Staatsanwaltschaft und schlussendlich die Gerichte zuständig. Wir würden uns hier nicht nur
fehlerhaft Aufgaben anmaßen, sondern uns auch überfordern, gerade beim jetzigen Kenntnisstand hier abschließende Wertungen treffen zu wollen. Da sind wir, glaube ich, einig.
Aber Sie fordern hier mit starken Worten rückhaltlose Aufklärung, um sich letztlich entspannt zurückzulehnen – das ist das entscheidende Problem – und allein auf andere, nämlich auf die Staatsanwaltschaft und auf Gerichte, zu verweisen. Das wird denjenigen, die hier, aber auch in der Stadt Köln und andernorts politische Verantwortung tragen, nicht gerecht. Das ist zu passiv.
Damit demonstrieren Sie auch keinerlei politischen Anspruch. Ich wiederhole mich, wenn ich sage: Es gibt in der Tat einen Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung.
Es geht nicht darum, auf Grundlage von gerichtlichen Verurteilungen zu handeln – das mag man später auch tun, wenn daraus Konsequenzen zu ziehen sind –, sondern es geht darum, auf Grundlage von gesundem Menschenverstand Schlussfolgerungen zu ziehen. Man darf den gesunden Menschenverstand auch einsetzen, bevor Gerichte geurteilt haben. Das ist doch die Forderung, mit der wir uns hier alle gemeinsam auseinandersetzen müssen.
Aus den Reihen von CDU, FDP und der Regierung ist eben angeklungen, man müsse nur abwarten, was Staatsanwaltschaft und Gerichte tun, dann wisse man schon, was zu erledigen sei. – Glauben Sie denn im Ernst, ein Gericht oder die Staatsanwaltschaft würde Ihnen gleichsam kostenlos eine Organisationsuntersuchung frei Haus liefern, nach der Sie klären könnten, welche behördlichen oder faktischen Zuständigkeiten es zu ändern oder beizubehalten gilt? Das werden sie nicht. Das ist nicht deren Aufgabe. Es ist Ihre und unsere Aufgabe. Da sind wir gemeinsam in der Verantwortung.
Daran appelliere ich.
Lieber Herr Minister Lienenkämper, ich möchte mich nun Ihnen zuwenden. Sie unterliegen selbstverständlich noch dem Schutz Ihrer ersten 100 Tage. Dem will ich mich nicht entziehen. Das respektiere ich. Deshalb halte ich mich in dem, was ich hier sage, zurück. Trotzdem meine ich: Mit dem, was Sie jetzt gesagt und an den Tag gelegt haben, machen Sie es sich zu einfach. Es reicht eben nicht aus, sich nach der ersten Kabinettssitzung eilig an die Unglücksstelle zu bewegen.
Das Entscheidende ist, zu überlegen, was zu tun ist. Herr Minister, Sie haben gesagt, das haben wir immer schon so gemacht und dann kann es auch so bleiben. Sie haben aufgezählt, wer, wann, wo,
wie und in welchen anderen Projekten Aufsichtszuständigkeiten schon einmal so organisiert waren.
Bitte.
Diese Information ist falsch, Frau Kollegin.
Ich sitze weder im Aufsichtsrat, noch saß ich jemals darin. Es tut mir leid, dass ich Ihnen den kleinen Coup vermasselt habe. Das hatten Sie sich offensichtlich anders vorgestellt.
Frau Kollegin von Boeselager, ich darf aber noch ergänzen: Nach der Gemeindeordnung hat der Oberbürgermeister einer Gemeinde das Recht, entweder selbst im Aufsichtsrat zu sitzen
oder sich durch einen Kollegen vertreten zu lassen.
Der Oberbürgermeister der Stadt Köln hat seinen Baudezernenten Streitberger an seiner statt in den Aufsichtsrat der KVB entsandt und sich durch ihn vertreten lassen. Sollten Sie noch Rückfragen haben, können Sie sich selbstverständlich an Ihre Parteifreunde wenden, die Ihnen Auskunft geben können.
Ich schlage vor, dass ich meine Ausführungen zum Minister zunächst abschließe und dann – dagegen spricht überhaupt nichts – auf Herrn Papke zurückkomme. Denn die Frage, die möglicherweise auch zur Schärfe beitragen kann, sollte nicht damit vermengt werden, dass der Minister noch unter dem Schutz der ersten 100 Tage steht. Insofern will ich das hier trennen.
Herr Minister, Sie haben hier ein Referat gehalten, das Ihnen ohne große Probleme den großen Schein
im Besonderen Verwaltungsrecht an der Uni gebracht hätte. Das will ich gar nicht bestreiten. Ich bitte Sie aber ganz herzlich, aus Ihrer Passivität herauszukommen und Ihrer Aufgabe und Verantwortung gerecht zu werden. Gehen Sie darüber hinaus, einfach an den Unglücksort zu eilen.
Der Antrag, den Bündnis 90/Die Grünen hier vorgelegt haben, hat sicherlich Schwächen. Ich will das ganz offen und ehrlich sagen. Er ist schnell gestrickt. Ich nehme an, das geschah mit dem Ziel, das politische Copyright zu haben. Nichtsdestotrotz werden wir ihm zustimmen. Das hat Herr Kollege Wißen auch schon gesagt. Ein klares und eindeutiges Signal der hierin zum Ausdruck gebrachten Fragestellung hat bei uns Vorrang vor Detailkritik.
Die jetzt zur Klärung anstehende entscheidende Frage betrifft die technische Aufsicht. Vor allem geht es um die Delegation dieser Aufsicht auf einen Bauherrn. Sind das in Zukunft noch die richtigen Instrumente? Hält man sich, wenn man vonseiten der Bezirksregierung Düsseldorf schon die technische Aufsicht delegiert, noch genügend Sachverstand zurück, um gleichsam die Delegationsverantwortung weiter aufrechterhalten und ausüben zu können?
Diesen Fragen sollten wir uns gemeinsam und ohne Schaum vor dem Mund zuwenden, und zwar ohne dies parteizupolitisieren. Deshalb bitte ich herzlich darum, auf diese sachliche Ebene zurückzukehren.
Wenn die Präsidentin dies gestattet, kann Kollege Papke jetzt noch seine Frage stellen.
Herr Kollege Papke, Sie haben sich bemüht, in Ihrem Zwischenreferat wenigstens andeutungsweise zwei Fragen unterzubringen. Ich will versuchen, auf diese zu antworten.
Erstens. Es ging um die Frage, ob ich Vorsitzender der Ratsfraktion der SPD in Köln bin. – Wenn ich es addiere, waren es sogar drei Fragen. – Ich antworte klarer und einfacher als beispielsweise der Oberbürgermeister in einem wirklich legendären imaginären Interview mit Jürgen Becker in den Mitternachtsspitzen: Ja. – Man kann das nämlich auch einfacher beantworten, als es der Oberbürgermeister damals getan hat.
Zweitens. Meine Fraktion erhebt in Köln den Anspruch darauf, gestaltend und verantwortlich zu agieren und sich Mehrheiten immer dort zu sammeln, wo es der jeweiligen Sachlage angemessen ist.
Kolleginnen und Kollegen, regen Sie sich doch nicht auf.
Wir bilden in Köln zusammen mit den Grünen ein sogenanntes Kernbündnis. Ein Kernbündnis deswegen, weil wir keine eigene Mehrheit haben. Jeder Demokrat und jede Demokratin in Köln ist herzlich eingeladen, sich an diesen Mehrheiten zu beteiligen.
Die FDP tut das übrigens gelegentlich, Herr Kollege Papke, wie auch die CDU.
Wie Sie wissen, geschah dies nicht zuletzt letzte Woche anlässlich der Wahl eines FDP-Bürgermeisters in Köln. Diese kam nur zustande, weil SPD, Grüne und FDP gemeinsam eine Mehrheit gebildet haben. Ich glaube, da sind Ihre Parteifreunde in Köln mitunter weiter als Sie es hier sind.
Alle Beteiligten im Rat – dazu gehöre ich selbstverständlich auch-, in der Verwaltung, in den Verkehrsbetrieben, in den Stadtwerken, in der Landesregierung, bei der Bezirksregierung Köln und bei der Bezirksregierung Düsseldorf tragen Verantwortung. Darauf will ich noch einmal hinweisen.
Wir alle miteinander müssen uns doch überlegen, welchen Teil der Verantwortung wir nach dem heutigen Wissensstand so nutzen müssen, dass daraus eine konstruktive Erkenntnis für die Zukunft gezogen werden kann.
Dass es an konstruktiven Erkenntnissen für die Zukunft bei Ihnen gelegentlich mangelt, Herr Kollege Papke, haben wir allzu oft erlebt. Das ist bedauerlich für dieses Haus.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Klein, ich hatte mir schon so etwas gedacht; aber dass Sie so schonungslos offenlegen würden, dass wir heute den 1. April haben, und Ihre Rede diesem Datum derart anpassen, hätte ich doch nicht erwartet.
Zum Nachtragshaushalt und zum Zukunftsinvestitionsgesetz ist in den vergangenen Wochen und bei der Einbringung dieses Nachtragshaushalts schon einiges gesagt worden. Ich kann inhaltlich voll auf das verweisen, was unsere Kolleginnen Walsken und Altenkamp bei der Einbringung ausgeführt haben. Gleich wird auch noch die Kollegin Schulze auf den einen oder anderen Spezialaspekt eingehen.
So viel möchte ich aber doch noch sagen – dabei kann ich nahtlos an Ihre Rede anknüpfen, Herr Kollege Klein: Ihr Nachtragshaushalt legt wirklich schonungslos offen, dass Sie mit der größten Finanz- und Wirtschaftskrise, die es seit den 20erJahren des letzten Jahrhunderts gegeben hat, schlichtweg überfordert sind und ziel- und planlos agieren.
Ich fürchte, das muss das Parlament mit einer gewissen Ratlosigkeit zur Kenntnis nehmen.
Sie waren es, die in den vergangenen vier Jahren mit guter Konjunktur und Steuermehreinnahmen von 7,5 Milliarden € keinerlei Vorsorge für schlechte Zeiten getroffen haben.
Sie waren das, Herr Kollege Klein, und der von Ihnen gerade so offenkundig fehlerhaft gelobte Minister Linssen. Sie sind von der Krise so völlig falsch und kalt erwischt worden und versuchen nun, sich irgendwie durchzuwurschteln. Das ist gerade noch einmal klar geworden. „Hätte“, „wäre“ und „würde“ sind die Maximen, nach denen Sie jetzt
agieren. „Die Welt hätte so schön aussehen können, wenn sie nicht so wäre, wie sie ist.“ gehört auch dazu. Sie malen sich die Welt, wie Sie sie gerne hätten. Das hat schon einen Zug von selektiver Wahrnehmung. Das muss hier festgehalten werden.
Sie sind es, die einen Rekordschuldenstand des Landes Nordrhein-Westfalen für dieses und das kommende Jahr zu verantworten haben und nicht Rot-Grün oder jemand anderes, sondern Sie, Herr Kollege Klein, mit Ihrer Regierung,
der Ministerpräsident und der Finanzminister. Da kann keine Krise herhalten, kein „hätte“, „wäre“, „wenn“ und „aber“.
Sie sind verantwortlich, denn Sie regieren schließlich. Das sollten Sie sich endlich einmal eingestehen.
Sie können sich nicht plötzlich von vermeintlichen Experten Rückendeckung holen. Ich weise übrigens darauf hin: Wenn Sie schon richtige Experten auf Ihrer Seite zitieren wollen, haben Sie eben sicherlich nicht die RWE, sondern das RWI gemeint.
Es ist denkbar, dass ansonsten die RWE Ihr regelmäßiger Gesprächspartner ist und Sie sich die Parolen von denen abholen.
Jedenfalls ist doch eines völlig klar: Sie legen eben kein eigenes Konjunkturpaket im Land NordrheinWestfalen auf, obwohl andere Bundesländer Ihnen hier doch mit wirklich gutem Beispiel vorangehen.
Der Minister hat noch bei der Einbringungsrede zum Nachtragshaushalt so wortreich versucht, konjunkturelle Impulse, ein Nichtansparen gegen die Krise, zur Maxime zu erheben. Helmut Linssen geriert sich als John Maynard Keynes der Landesregierung. Dieses Bild hat er beim letzten Mal versucht zu zeichnen. Trotzdem sind Sie nicht in der Lage, außer dem, was die Bundesregierung vorgegeben hat, einen eigenen konjunkturellen Impuls zu setzen.
Andere Länder gehen Ihnen mit gutem Beispiel voran, übrigens auch Länder mit Ministerpräsidenten Ihrer eigenen Partei. Aber wahrscheinlich hat Ministerpräsident Rüttgers auch hier die Parole ausgegeben, sicherheitshalber mit höheren Parteifreunden gar nicht mehr zu telefonieren oder zu sprechen.
Herr Ministerpräsident, ich will Ihnen sagen: Sie haben ja recht; Köln ist keine Insel. Aber NordrheinWestfalen ist eben auch keine Insel.
Deswegen ist es schon ein bisschen peinlich, dass ausgerechnet das größte Bundesland unserer Republik keinerlei eigenen Konjunkturimpuls setzen will. Das ist ein Jammer und vor allem schlecht, wenn man gegen die Krise agieren will.
Ich möchte zum Nachtragshaushalt noch ein Detail ansprechen, zu dem ich mir heute doch noch Aufklärung und Erklärung erhoffe, da heute die letzte Gelegenheit ist, nämlich die 38 neuen Stellen, die Sie zur Umsetzung des Konjunkturpakets einrichten wollen. Sie sind übrigens mit Kosten von schlappen 1,05 Millionen € pro Jahr verbunden, weil Sie Stellen im gehobenen und höheren Dienst einrichten. Es ist uns zuletzt im Unterausschuss „Personal“ des Haushalts- und Finanzausschusses trotz mehrfacher und beharrlicher Nachfragen nicht gelungen herauszufinden, was es damit eigentlich auf sich hat.
Was sollen diese Menschen tun? – Das ist die erste Frage.
Herr Minister, Ihrem Vorhaben der Vollintegration wird mit Sicherheit eine sehr umfassende Abwägung vorangegangen sein. Gab es bei dieser Abwägung auch Nachteile zu bedenken, und wenn ja, welche waren das?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht fange ich mit einem kleinen Exkurs an. Da Finanzminister Linssen gelegentlich – so auch heute – die Sparkasse KölnBonn zum Thema macht und mich dabei direkt anspricht, möchte ich folgenden Vorschlag machen.
Es stellt sich in diesen Tagen immer klarer heraus, dass der derzeit amtierende Oberbürgermeister der Stadt Köln zu einer außerordentlich spannenden Zeit Verwaltungsratsvorsitzender des Hauses war. Vielleicht können Sie die Gelegenheit nutzen, das eine oder andere Gespräch mit ihm zu führen.
Es bietet sich ein weiterer Gesprächspartner an: der – derzeit noch – von der Kölner CDU gewählte Kandidat für ein Bundestagsmandat. Ich meine Ihren Ihnen sicherlich gut bekannten Freund und Kollegen Rolf Bietmann, der das Haus nach eigenem Bekunden geschäftlich so gut beraten hat, dass es nur dank seiner Hilfe so dasteht, wie es heute dasteht.
Dieses Gespräch würde ich Ihnen an der Stelle auch empfehlen.
Ich fürchte, sehr geehrter Herr Finanzminister und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass sich in den nächsten Tagen noch der ein oder andere interessante Gesprächspartner, der Ihnen bekannt sein könnte, herauskristallisieren wird. Führen Sie die Gespräche, und wenn dann immer noch etwas offen sein sollte, biete ich mich gerne an, zur Aufklärung beizutragen.
Da die Sparkasse KölnBonn durchgerechnet etwa 5 % der Kapitalanteile an der WestLB hält, ist das Thema der heutigen Debatte auch für die Sparkasse interessant. Insofern kriege ich die Kurve und bin beim Thema und stelle fest, dass – in der Debatte insbesondere durch den Beitrag des Kollegen Weisbrich herausgestellt – Ihre Nerven schlicht und ergreifend blank liegen.
Ein derart peinlicher und ahnungsloser Auftritt, Herr Kollege Weisbrich, wie Ihrer, der darin gipfelte, dass Sie das Thema einer Aktuellen Stunde –immerhin wurde vom Ältestenrat beschlossen, es hier im Plenum zu behandeln – als Klamauk
bezeichneten. Das zeigt wirklich, wie peinlich berührt Sie sind und dass es eine Missachtung des Parlaments ist, wie Sie hier vorgehen.
Ihr Muster, Herr Kollege Weisbrich, ist das übliche: Diejenigen, die Fragen stellen und auf die Probleme hinweisen, sind plötzlich schuld an der Misere. Dieses Muster verfängt aber nicht mehr, Herr Kollege. Kapieren Sie das doch endlich!
Es ist unsere Aufgabe, dass wir diese Fragen stellen. Und wenn Sie sie nicht beantworten können, muss es zumindest der Finanzminister tun. Dafür ist er nämlich gewählt. Und wenn er dazu keine Lust mehr hat, soll er das Amt nicht ausüben.
Die Sache ist eigentlich ganz einfach.
Was Sie verlangen, Herr Kollege Weisbrich und Herr Minister Linssen, ist bedingungslose Gefolgschaft, und das ist auch das, was die CDU-Fraktion tut. Was wir anbieten, ist ein konstruktiver Dialog, ein partnerschaftliches Ringen um die beste Lösung, aber eben nicht blinde Gefolgschaft. Das ist der Unterschied in unser beider Parlamentsverständnis, dem Verständnis der CDU und dem der Sozialdemokraten.
Aber – und darauf hat Kollege Remmel vorhin in einem Zwischenruf hingewiesen –, mehr als es Ihnen mehrfach anzubieten, können wir nicht tun. Wenn Sie dabei bleiben, immer erst zu informieren, nachdem alles ohnehin schon in der Zeitung gestanden hat,
dann dürfen Sie sich nicht wundern,
wenn wir Ihre Angebote und Appelle für ein gemeinsames Miteinander nicht mehr ernst nehmen können.
Das ist immer wieder so.
Herr Minister Linssen, Sie rufen hier „Quatsch“. Wenn Ihre Telefonkonferenzen dieselbe Qualität haben wie Ihr Debattenbeitrag hier, dann dürfen Sie sich auch nicht wundern, wenn die Kollegin Walsken so reagiert, wie sie reagiert.
Sie haben angesichts dieser Informations- und Einbindungskultur jegliche Glaubwürdigkeit verloren, wenn Sie hier an das Miteinander im Parlament appellieren. Noch einmal – und das hat auch Kollegin Walsken zum Schluss ihrer Rede ganz eindeutig gesagt –: Das Angebot zum konstruktiven Dialog bleibt bestehen, wenn Sie es ehrlich damit meinen,
eine Lösung für die Probleme suchen zu wollen, die weiß Gott schwer genug sind, aber hier nicht dem einen oder anderen die Schuld zuweisen wollen.
Was Sie hier seit einiger Zeit immer wieder und meisterlich vollführen, ist ein wahrer Schlingerkurs. Mal ist das Thema WestLB Chefsache; es ist ja hinreichend geschildert, dass Ministerpräsident Rüttgers damit auf ganzer Linie gescheitert ist. Dann sind wieder die Sparkassen am Zug, die sich gefälligst mit dem Thema federführend beschäftigen müssten. Und noch Anfang dieser Woche hat Wirtschaftsministerin Thoben anlässlich eines Termins in Ibbenbüren gesagt – ich zitiere aus der „Ibbenbürener Volkszeitung“ –: Leider liege das an den Sparkassen, so Thoben, die bisher keinem vernünftigen Modell zugestimmt hätten.
Es ist also wieder ein Schwarzer-Peter-Spiel einer Landesregierung, die zusammenführen statt spalten müsste und so ihrer Aufgabe schlicht und einfach nicht gerecht wird.
Eines ist doch klar – und darüber waren wir uns sowohl im Haushalts- und Finanzausschuss als auch hier im Parlament immer einig –: Die Finanzmarktkrise und das Thema Landesbanken als solche sind gesamtstaatliche Aufgaben.
Deswegen sind auch die Diskussion über eine mögliche Aufspaltung der WestLB und der damit zwingend zusammenhängende Prozess der Konsolidierung der Landesbanken eine gesamtstaatliche Aufgabe. Wenn es aber eine gesamtstaatliche Aufgabe ist, dann sind die Aufgaben und Rollen klar verteilt.
Noch einmal: An uns liegt das nicht. Sie regieren dieses Land, und wenn Sie das noch bis zum nächsten Landtagswahltermin tun wollen,
dann sollten Sie diese Aufgabe ernst nehmen. Sonst werden Sie nämlich die Wählerinnern und Wähler schlicht und einfach abstrafen.
Herr Minister Linssen, Sie haben leider auch heute die Chance, hier endlich einmal Ihren Plan vorzustellen, nicht genutzt. Sie haben viel geredet, aber nichts gesagt. Und was wir als Opposition doch im Mindesten erwarten können, ist, etwas zu Ihrem Plan, Herr Minister und liebe Damen und Herren der Landesregierung, zu erfahren. Welche Rolle spielt dabei das Land? Welche Rolle spielen die Sparkassen? Welche Rolle spielen die Landschaftsverbände? Welche finanziellen Folgen hat das? Welche Zeche soll der Steuerzahler zahlen? Was bedeutet das für die Beschäftigten der WestLB an den verschiedenen Standorten in Nordrhein-Westfalen?
Und vor allem: Beenden Sie mit einer Antwort, die Sie endlich geben müssen, die Kakophonie in den eigenen Reihen! Noch heute Morgen lässt der Unionsfraktionsvorsitzende Kauder im Deutschen Bundestag per dpa verbreiten, dass er weitere Finanzhilfen für die Banken schlicht und einfach ablehne, dass er es ausschließe, dass der Staat noch mehr Geld zur Rettung des Bankensystems zur Verfügung stellen werde. Herr Finanzminister, wenn Sie das hören und lesen, dann frage ich mich, wie es mit dem in Übereinstimmung zu bringen ist, was Sie uns gerade hier noch weismachen wollten. Überhaupt nicht! Das ist das Problem.
Deswegen muss mein Appell zum Schluss meines Debattenbeitrags lauten: Werden Sie beim Thema WestLB endlich Ihrer Aufgabe gerecht! Sagen Sie,
was Sie wollen. Sagen Sie es offen und ehrlich. Dann haben Sie uns als gesamtstaatlich verantwortliche Opposition an Ihrer Seite – aber nur dann. Dieser Aufgabe werden Sie bislang nicht gerecht, und das ist schade für dieses Land, schade für die WestLB und besorgniserregend für die Beschäftigten. – Vielen Dank.
Herr Präsident, ich habe verstanden und werde versuchen, die Mahnung zu berücksichtigen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, der Sinn der heutigen Debatte soll ja sein, Sie an Ihren eigenen Ansprüchen, Worten, besser noch: Taten zu messen. Dass Sie dabei nicht verschämt schweigen und rot werden, wundert mich schon allemal. Das kann man einmal ganz klar sagen.
Zu Ihren ersten Amtshandlungen nach Regierungsübernahme 2005 gehörte es, einen zweiten Nachtragshaushalt für das Jahr 2005 vorzulegen, mit dem Sie – ich darf zitieren – einen Neuanfang versprochen haben, einen Neuanfang, der dem Land dauerhaft Wohlstand und Sicherheit bringen werde.
Sie haben versprochen, in den nächsten Jahren Landeshaushalte vorzulegen, die durch Ehrlichkeit, Transparenz und Sparsamkeit gekennzeichnet sein würden, und in dem Zusammenhang nachhaltige Haushaltskonsolidierung versprochen.
Eigentlich müsste man die Debatte schon an dieser Stelle beenden und sagen – Sie sitzen ja neben der Schulministerin –: Sechs, Herr Minister, setzen! Das, was Sie hier sagen, ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten.
Ihr Versuch heute, Herr Minister Linssen, ist natürlich absolut durchsichtig. Mit dem Gewicht eines Ministeramtes im Rücken stellen Sie sich hin, versuchen, alles beiseite zu schieben, indem Sie behaupten, die Opposition habe schlecht recherchiert, und bringen ein paar andere Zahlen, die man auf die Schnelle sowieso nicht recherchieren kann – so ist Ihre Hoffnung. Sie bringen hier ein Konvolut an Zahlen, was es dem geneigten Betrachter, der geneigten Betrachterin natürlich schwierig macht, Ihnen auf der Stelle und plakativ irgendetwas nachzuweisen. Sie verfahren nach dem Motto: Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. – Herr Minister, das verfängt nicht mehr.
Sie sind als ehrbarer Kaufmann gestartet. Ich sehe Sie noch in der „Bild“-Zeitung vor mir: Mit Pickelhaube, als eiserner Helmut haben Sie Ihr Amt angetreten. Davon ist nichts mehr übrig. Das ist alles erledigt und vorbei.
Die Debatte hat gezeigt, dass das scheinbar auch das Kabinett, Ihre Kolleginnen und Kollegen so sehen. Sie waren heute während der Debatte eher „Helmut allein zu Haus“.
Dass jetzt Herr Laumann und Frau Sommer neben Ihnen sitzen, ist purer Zufall und wahrscheinlich den nachfolgenden Tagesordnungspunkten geschuldet – oder vielleicht den Kopfnoten, die Frau Sommer Ihnen gerne geben will und geben müsste.
Ich will deswegen versuchen, Herr Minister Linssen, mit sehr einfachen Botschaften Ihren Versuch, uns da auseinanderzunehmen, kaputtzumachen. Denn das verfängt nicht. Sie bringen hier sehr viele Zahlen mit unterschiedlichen Basisdaten, womit man sich die Welt selbstverständlich schönreden kann, wie Sie das für sich versucht haben.
Zum Thema eins: den Leistungen an die Kommunen. Sie haben sich des Umstands gerühmt, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen niemals zuvor in der Geschichte dieses Landes so viel Geld
bekommen hätten wie unter Ihrer Regierung. Herr Minister Linssen, das ist keine Großzügigkeit, die Sie hier an den Tag legen können, sondern das ist Gesetz!
Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zahlen mehr Steuern, die Unternehmen dieses Landes zahlen mehr Steuern – und davon haben verflixt noch mal die Kommunen, die Städte, Gemeinden und Kreise, etwas abzubekommen, und zwar eigentlich – die von Ihnen fälschlicherweise auch eben noch einmal versprochenen – 23 %. In Wahrheit haben Sie diesen Wert gekürzt. Sie beklauen die Kommunen, Herr Minister, und rühmen sich, als sei das auch noch eine Großtat.
Zum zweiten Punkt – darauf haben sowohl Sie, Herr Minister, als auch die Kollegin Freimuth und der Kollege Weisbrich hingewiesen –: zum Haushaltsvolumen und zum Schuldenberg. Vollkommen klar ist doch, dass man immer dieselben Basisdaten nehmen muss. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist doch auch uns klar. Deswegen kann ich Ihnen ein für alle Mal ins Stammbuch schreiben: Wenn wir, worum Sie sich doch monate- und jahrelang bemüht haben, eine Art Schlussbilanz von RotGrün und eine Eröffnungsbilanz der schwarz-gelben Regierung darstellen, dann müssen wir immer von denselben Basisdaten ausgehen. Nichts anderes haben wir getan.
Also: Wenn wir vom Haushaltsvolumen reden, wenn wir vom Schuldenstand reden, dann immer bezogen auf den Haushalt, für den die letzte Regierung noch verantwortlich gezeichnet hat. Basis für alles, was wir dazu sagen, ist also immer der erste Nachtragshaushalt 2005.
So einfach ist das.
Das ist hier vom Kollegen Weisbrich und von der Kollegin Freimuth gerade versucht worden anders darzustellen. Herr Minister Linssen sagt, der zweite Nachtragshaushalt 2005 sei notwendig gewesen. Dazu sage ich Ihnen: Der war nicht notwendig, der war verfassungswidrig! Der Verfassungsgerichtshof dieses Landes hat Ihnen ins Stammbuch schreiben müssen, dass gleich das Erste, was Sie gemacht haben, gegen die Gesetze unseres Landes Nordrhein-Westfalen verstoßen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal in aller Ruhe: Das Haushaltsvolumen 2009 ist gemessen am Stand des ersten Nachtrags 2005 um etwa 5,43 Milliarden € gestiegen. Der Schuldenberg ist
nach denselben Basisdaten um etwa 15 Milliarden € gestiegen. Damit ist das hier ein für alle Mal klargestellt, Herr Minister! Und das wissen Sie.
Wenn Sie dann zum Thema Nettoneuverschuldung versuchen zu fabulieren: Selbst der Kollege Weisbrich hat sich doch eben einen abgebrochen, zu sagen, wie viel Prozent der Steuermehreinnahmen nun in den Abbau der Nettoneuverschuldung fließen und wie viel nicht. Machen wir es doch einmal ganz einfach. Egal, ob es die aufgerundeten 30 % sind oder ob es die 60 % sind, die Frau Freimuth und Herr Weisbrich genannt haben: Es sind jedenfalls nicht die versprochenen 100 %. Das ist doch das Entscheidende.
Sie haben ein Versprechen gegeben, und Sie haben es gebrochen. Das ist die entscheidende und einfache Botschaft.
Wenn Sie hier – das war auch einer der von Ihnen aufgezählten Punkte, Herr Minister Linssen – vom Thema „Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit“ sprechen, in das auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit einfließen muss, dann tun Sie doch nicht so, als seien Sie nicht die Regierung der Schatten- und Nebenhaushalte gewesen! Sie sind diejenigen, die eine Summe nach der anderen in Nebenhaushalte verschieben, damit Sie dann daraus Wahlgeschenke finanzieren können.
Und bitte schön, Herr Minister, selbst wir halten Sie nicht für so dumm, dass Sie die Mittel für den Fonds des Bundes nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz, sollten sie nicht gebraucht werden, 1:1 in die Umsetzung Ihrer Wahlversprechen stecken. Für so blöd halten selbst wir Sie nicht. Selbstverständlich werden Sie einen haushaltskonformen Trick finden, dieses Geld zunächst wieder in den allgemeinen Haushalt zurückzutransferieren, um es dann Ihren Wahlversprechen zugute kommen zu lassen.
Meine Güte, meinen Sie denn nicht, dass wir auf die Idee aus Ihrer Sicht nicht schon längst gekommen wären? Eines sollten Sie auch noch wissen: Der Verfassungsgerichtshof dieses Landes hat mehrfach festgestellt, dass die Bildung kreditfinanzierter Rücklagen zur Deckung eines Finanzbedarfs in künftigen Haushaltsjahren – Sie selbst haben davon gesprochen, dass vermutlich das Finanzmarktstabilisierungsgesetz erst 2010 oder gar 2012 oder 2013 abgerechnet werden wird, also zur Finanzierung künftiger Aufgaben – gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und damit gegen die Verfassung verstößt.
Herr Minister Linssen, das müssen Sie sich doch auch einmal klarmachen. Eine einfache Erklärung für jeden: Wenn jemand sich in fünf Jahren, also 2013 – das war das Jahr, das Sie als Grundlage genommen haben –, ein Auto anschaffen möchte und dafür eine bestimmte Summe Geldes haben will, was macht er dann? Im Optimalfall spart dieser Mensch das Geld an. Wenn er das nicht kann, wird er auf keinen Fall so vorgehen wie Sie, nämlich zur Bank zu laufen und zu sagen: „Ich möchte mir in fünf Jahren ein Auto kaufen; gibst du mir heute schon einen Kredit?“ – und, wenn er den Kredit bekommt, die Summe für mickrige Zinsen aufs Sparbuch zu legen, um wesentlich höhere Zinsen für den Kredit aufzuwenden, damit er sich diese Leistung in fünf Jahren erlauben kann. Das aber ist Ihr Tun, und das zeigt, wie absurd das ist, weil kein normaler Mensch das täte, übrigens auch kein wirtschaftlich handelnder.
Einen letzten Punkt, Herr Minister, haben Sie in der heutigen Debatte ganz verschämt verschwiegen – ich kann das nachvollziehen –: das Thema WestLB. Gleichwohl ist es eine Grundlage des Antrags. Die Ministerriege hat sich zwar zumindest von der physischen Anwesenheit erfreulich aufgefüllt,
aber dass sowohl die Wirtschaftsministerin als auch der Finanzminister es vorziehen zu telefonieren, als einer solchen Debatte zu folgen, halte ich schon für eine Unverschämtheit gegenüber dem Parlament.
Die WestLB gehört hierher und in diesen Zusammenhang, weil Sie, Herr Minister Linssen, mit dem gesamten Kabinett an der Vernichtung von Werten in Nordrhein-Westfalen beteiligt sind. Deswegen gehört das in Ihre Bilanz, und wir müssen darüber sprechen.
Nach wie vor hat diese WestLB kein Geschäftsmodell. Nach wie vor leisten Sie keinerlei Beitrag zur Konsolidierung des Landesbankensektors. Nach wie vor machen Sie gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten erst den starken Max und sagen, wir sind die Herren im Hause WestLB, und schmettern ab, was die Sparkassenverbände sagen. Dann sagen Sie wieder: Die Sparkassen sind am Zug, weil die die Mehrheit haben. – In Wahrheit ist das aber kein konsistentes Verhalten. Ich kann nur ganz dringend appellieren – der Bundesparteitag der CDU hat heute schon mehrfach eine Rolle gespielt –: Jetzt hat doch endlich der CDU-Parteitag die Disziplin bewiesen und den Ministerpräsidenten Rüttgers bei der Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden nicht so abgewatscht wie beim letzten Mal. Er kann jetzt im
Konzert der anderen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU mitschwimmen. Meine Güte, dann soll er doch endlich aufhören, die beleidigte Leberwurst zu spielen, und