Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

(Beifall von der FDP)

Deswegen sage ich ganz deutlich Ja zu Technik und Forschung. Und Forschung ohne Anwendung gibt es nicht. Wenn ich also Ja zur Forschung sage, dann muss ich auch Ja zu einer verantwortbaren Anwendung sagen. Sonst bekommen wir das nicht auf eine Reihe und nicht verwirklicht.

In diesem Zusammenhang halte ich es intellektuell für unredlich, in jedem Fall immer nur die Risiken in den Vordergrund zu stellen, Chancen oder auch verpasste Chancen nicht zu beurteilen. Hier komme ich auf den ersten Punkt zurück und sage: Wer verantwortet es innerhalb der EU und innerhalb Deutschlands, dass Freilandversuche und Freilandanbau genehmigt werden, und zwar – darüber brauchen wir uns gar nicht zu unterhalten; das ist doch selbstverständlich – mit allen notwendigen Sicherheitsmaßnahmen? Wenn ich akzeptiere, dass es dazu wissenschaftlich begründete Erkenntnisse gibt, die dazu führen, dass ein Anbau genehmigt wird, dann komme ich für meine Fraktion ganz deutlich zu der Auffassung: Wir sagen Ja zu einer verantwortlichen Nutzung der Gentechnik, sei es die rote, die weiße oder die grüne Gentechnik.

Haben wir uns eigentlich bei dieser rabiaten und grundlegenden Ablehnung der grünen Gentechnik auch einmal die Frage gestellt, inwieweit das hinsichtlich der Welternährung und des Umweltschutzes ethisch verantwortbar ist?

(Zurufe von der SPD: Ja, haben wir!)

Für diejenigen, die dazwischenrufen, ja, das habe man gemacht, wäre ein Gespräch mit dem Leiter des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung ausgesprochen erhellend. Ich kann Ihnen das nur anraten und bin sicher, dass Sie, wenn Sie fähig sind, zuzuhören und intellektuell redlich zu argumentieren, Ihre ablehnende Haltung hinterfragen und zu einem anderen Ergebnis kommen.

Ja zur anwendungsorientierten Gentechnik, wenn es verantwortbar ist! Wir sind überzeugt, dass die Zulassungsverfahren dieses rechtfertigen. – Danke schön.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Jetzt hat für die Landesregierung Herr Minister Uhlenberg das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag wirft die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen der Landesregierung

einen unkritischen Umgang mit dem Thema Gentechnik in der Landwirtschaft vor und begründet dies mit dem durch die zuständige Bundesbehörde erlassenen Anbauverbot von gentechnisch verändertem Mais MON810. Dies belegt einmal mehr Ihren undifferenzierten Umgang mit diesem Thema. Es geht bei diesem Thema nicht um ein SchwarzWeiß-Denken, sondern bei diesem Thema, das natürlich auch emotional ist, geht es auch um Verantwortung.

Ich habe hier mehrfach betont, dass die Chancen und Risiken gründlich abgewogen werden müssen. Dabei haben die Sicherheit von Mensch und Umwelt, die Bewahrung der Schöpfung und der Erhalt der Biodiversität oberste Priorität. Entscheidungen bei einem so wichtigen Thema müssen auf fachlicher Grundlage getroffen werden.

Frau Bundesministerin Aigner hat betont, dass das Verbot für MON810 eine Einzelfallentscheidung auf fachlicher Grundlage und keineswegs eine Grundsatzentscheidung gegen eine künftige Anwendung der grünen Gentechnik ist. Im Übrigen hat Frau Ministerin Aigner aktuell, wie es auch gerade schon gesagt worden ist, der Freisetzung der Amflora-Kartoffel zugestimmt. Es besteht also kein fachlich fundierter Anlass für eine Grundsatzentscheidung gegen die grüne Gentechnik. Es ist jeweils der Einzelfall zu betrachten.

Darüber hinaus halte ich eine Sicherheitsforschung auf diesem Gebiet für sehr wichtig. Die Fragen und Ängste der Bevölkerung müssen ernst genommen und wissenschaftlich fundiert beantwortet werden. Sofern sich Risiken ergeben, muss gehandelt werden. Das steht außer Frage.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei dieser Diskussion verstehe ich nicht, dass man auf der einen Seite die grüne Gentechnik ablehnt und ihren Einsatz als unverantwortlich bezeichnet und auf der anderen Seite gleichzeitig keine Forschung über die grüne Gentechnik will. Wenn das logisch ist, dann verstehe ich manches nicht. Nach meinem Verständnis ist es aber nicht logisch.

(Beifall von der CDU)

Am 20. April 2009 hat der „Spiegel“ unter der Überschrift „Agent des Bösen“ einen größeren Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Ich darf daraus zitieren:

Gentechnisch veränderte Pflanzen bergen Risiken – der Verzicht auf sie ist noch riskanter. Um Großkonzerne wie Monsanto zu bremsen, hilft nur eine Forschungsoffensive des Staats.

Ich glaube, das ist der richtige Ansatz.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium wird ein Strategiepapier zur künftigen Behandlung der Thematik Gentechnik erarbeiten. Es sollen auch Fragen der Handhabung und der Ausweisung von freiwilligen gentechnikanbaufreien Regionen beantwortet

werden. Auch an dieser Stelle ist die Forschung richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Der „Spiegel“ schreibt zu diesem Thema:

Wer sorgt heute dafür, dass Agrarwissenschaftler vom Format eines Justus von Liebig herangezogen werden? Was trägt das gentechnikfeindliche Deutschland dazu bei, die künftige Welternährung zu sichern?

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Und was tun die Gegner des Gentechnikkonzerns Monsanto dafür, Gegengewichte zu dem Möchtegernmonopolisten auf dem Saatgutmarkt aufzubauen?

Auch hier ist eine Forschungsoffensive notwendig. Wir brauchen in Nordrhein-Westfalen eine unabhängige Forschung zur Gentechnik. Ich möchte, dass die Ergebnisse nicht von irgendwelchen Konzernen kommen, sondern dass wir uns selber ein Bild machen können und daher auch in unserem Land entsprechend forschen.

Damit komme ich zum zweiten Punkt Ihres Antrages, nämlich zu Ihrer hier regelmäßig aufs Neue diskutierten Forderung nach Einrichtung einer landesweiten gentechnikfreien Region unter der Überschrift „Gentechnikfreies NRW“. Die Landesregierung hat Ihnen bereits mehrfach erläutert, dass dies nicht gewollt ist – und auch rechtlich nicht möglich ist. Ein pauschales gesetzliches und behördliches Verbot, mit dem der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Nordrhein-Westfalen umfassend ausgeschlossen wird, ist mit dem derzeitigen EURecht nicht vereinbar.

Die Regionen haben bereits jetzt die Möglichkeit, sich freiwillig zur gentechnikfreien Region zu erklären. Kommunen können beschließen, auf ihren eigenen kommunalen Flächen keine GVO anzubauen. Es gibt auch in Nordrhein-Westfalen entsprechende freiwillige Selbstverpflichtungen von Landwirten. Das von Ihnen zitierte Saarland setzt im Rahmen des geltenden Rechts ebenfalls auf das Prinzip der Freiwilligkeit.

Hochinteressant finde ich, dass dieser Antrag gerade von den Grünen gestellt wird. Denn darüber hinaus findet in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahre 2008 kein kommerzieller Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen statt. Gemäß Ihrer Definition ist Nordrhein-Westfalen also bereits seit 2008 eine gentechnikfreie Zone.

Meine Damen und Herren, wir als Landesregierung werden Nordrhein-Westfalen nicht zu einer gentechnikfreien Zone erklären. Der Weg, den die Bayerische Staatsregierung geht, entspricht nicht der Politik der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Dass die Bayerische Staatsregierung in dieser Frage in den letzten Tagen zurückrudert, sehen Sie daran, dass der Ministerpräsident von Bayern erklärt hat, eigentlich sei er auch gegen Gentechnik;

die Forschung wolle er aber doch gerne in Bayern lassen. – Beides gleichzeitig geht nicht. Man kann nicht Bayern zur gentechnikfreien Zone erklären, aber gleichzeitig die vielen Tausend Arbeitsplätze auf dem Gebiet der Gentechnik in Bayern erhalten wollen. Das ist nach meinem Verständnis kein schlüssiges Konzept.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Die anderen Fraktionen sind im Gegensatz zu Ihrer Fraktion, also zur Antragstellerin, anwesend, Herr Abgeordneter Remmel. Das möchte ich bei dieser Gelegenheit auch einmal sagen.

(Beifall von CDU und FDP)

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat ein schlüssiges Konzept. Wir haben unsere Vorstellungen im vorigen Jahr bei der Veränderung des Gentechnikgesetzes auf Bundesebene eingebracht.

Mir ist es wichtig, noch einmal Folgendes zu verdeutlichen: Ziel der Landesregierung ist die grundsätzliche Wahlfreiheit sowohl für die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Landwirte. Bei der zwangsweisen Einführung gentechnikfreier Regionen in Nordrhein-Westfalen wäre diese Wahlfreiheit nicht mehr gegeben. Die Landesregierung favorisiert auch in diesem Bereich das Prinzip der Freiwilligkeit. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen also über den Inhalt des Antrages Drucksache 14/9067 – Neudruck – ab. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen und die SPD sowie der Abgeordnete Sagel. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf:

9 Vereinbarkeit von Studium, Arbeit und Familie an den Universitäten, Fachhochschulen und Kunsthochschulen in NRW

Große Anfrage 23 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/7517

Antwort der Landesregierung Drucksache 14/8674

In Verbindung mit:

Familiengerechte Hochschule

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8878

Und:

NRW braucht familienfreundliche Hochschulen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9062

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Dr. Seidl das Wort. Bitte schön, Frau Dr. Seidl.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ende 2007 haben die Robert Bosch Stiftung, Herr Tiefensee und das Centrum für Hochschulentwicklung das Programm und den Wettbewerb „Familie in der Hochschule“ initiiert, um die Familienfreundlichkeit deutscher Hochschulen zu verbessern.