Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Beer?

(Zurufe von CDU und FDP)

Ja, gerne.

Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Kollegin, ich wollte Sie eigentlich nicht in Ihrem Vortrag unterbrechen. Die Kooperation ist aber sehr wichtig. Frau Ministerin hat leider nicht darauf reagiert, keine Frage beantwortet. Ich möchte das aber gerne klären. Herr Dr. Hachen hat von einer Verschleppungsstrategie gesprochen. Ist meine Erinnerung richtig, dass im September 2007 zwar ein Eckpunktepapier vorgelegt worden ist, es aber bis zum Gesetzentwurf bis Ende 2008 gedauert hat und wir dann einem sehr beschleunigten Beratungsverfahren zugestimmt haben, das offensichtlich so schnell war,

(Zurufe von der CDU)

dass sogar die Regierungsfraktionsmitglieder nicht an allen Sitzungen ausreichend teilnehmen konnten? Täuscht mich meine Erinnerung, Frau Seidl, oder ist das so richtig?

Vielen Dank, Frau Beer. Es war die Frage, ob die Erinnerung täuscht. Frau Seidl, Sie können die Frage sicher beantworten. Dann fahren Sie bitte in Ihrer Rede fort.

Die Frau Ministerin hat eben behauptet, wir hätten für diesen Diskussionsprozess zwei Jahre Zeit gehabt. Der Gesetzentwurf wurde am 25. November eingebracht. Seit der Einbringung dieses Gesetzentwurfs ist also – wir können auch rechnen – ein halbes Jahr vergangen. Bei einer wichtigen Sitzung zu diesem Thema waren Sie zum Teil nicht anwesend, sodass wir diese Sitzung unterbrechen mussten. Vor dem Hintergrund hatten wir relativ wenig Beratungszeit.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Ich möchte nun noch einmal auf die Hochschulen eingehen. Einer der Kernpunkte im Gesetz ist das Zentrum für Lehrerbildung. Dieses wird hinsichtlich seiner Zuständigkeiten von den meisten Hochschulen nicht akzeptiert. Insofern haben wir hier schon das zweite große Problem. Der Vorsitzende der Rektorenkonferenz, Prof. Freimuth, nimmt auch diesbezüglich kein Blatt vor den Mund, indem er sagt – ich zitiere –:

Das wird in der Praxis vielleicht nicht an allen Standorten … dazu führen; aber bei uns

das ist in Köln –

prognostiziere ich, dass sich ein so ausgestattetes Zentrum mit den Fakultäten und der Hochschulleitung bekämpfen wird.

Also nirgendwo Friede, Freude, Eierkuchen, auch nicht an den Hochschulen.

Ein weiterer deutlicher Kritikpunkt aus unserer Sicht ist die Verkürzung der zweiten Phase. Selbst Professor Baumert, der ja im Auftrag der Landesregierung gearbeitet hat, ist äußerst skeptisch, wenn er sagt – ich zitiere –:

In welchem Maß eine Verkürzung der zweiten Phase sinnvoll ist, ist offen. Hierbei ist es entscheidend, die Funktionsfähigkeit der zweiten Phase nicht zu gefährden.

Schließlich ist voraussehbar, dass unter einem solch verkürzten Zeitrahmen bedarfsdeckender Unterricht nicht mehr in dem von allen gewünschten Maße stattfinden kann. Ein Desaster wiederum für unsere Schulen!

Es bleibt nebulös, wie die hohen Erwartungen an die viel beschworene größere Praxisnähe der Lehrerausbildung erfüllt werden können. Der Gesetzentwurf hüllt sich hierzu in Schweigen.

(Beifall von den GRÜNEN)

An keiner Stelle wird plausibel dargelegt, wie pädagogische oder fachdidaktische Kompetenzen während der Praxisphase im Studium erworben werden sollen. Deshalb sagen wir: Dieser Gesetzentwurf ist an den entscheidenden Stellen konzeptionell nicht ausgereift.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn man Regierungsverantwortung hat, reicht es eben nicht aus, lediglich Überschriften zu produzieren. Es braucht eine klare und einvernehmliche Struktur, wie Qualitätsverbesserung stattfinden soll. Hiervon sind wir auch heute noch meilenweit entfernt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Seidl. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Prof. Dr. Pinkwart.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte hat noch einmal gezeigt, vor welchem großen Problem die beiden Oppositionsfraktionen in Wahrheit stehen. Sie müssen, wenn sie sich sachlich mit dem, was erarbeitet worden ist und heute zur Beratung vorliegt, auseinandersetzen, eigentlich aus fachlicher Erwägung zu dem Ergebnis kommen: Dem sollte man guten Ge

wissens zustimmen können. – Das wollen Sie aber offensichtlich aus politischen Erwägungen nicht tun.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Deshalb suchen Sie jetzt eine Debatte, die davon bestimmt wird, die berühmten Haare in einer vorzüglichen Suppe herbeireden zu wollen.

(Frank Sichau [SPD]: Die Suppe in den Haa- ren zu finden!)

Deswegen möchte ich Gelegenheit nehmen, einige Punkte aufzugreifen, um Ihnen deutlich zu machen, wie sehr Sie bislang aus meiner Sicht am eigentlichen Thema des heutigen Tages vorbeigeredet haben.

Sie haben immerhin – das fand ich bemerkenswert – eingangs einen Grundkonsens vermuten lassen, der mich optimistisch gestimmt hatte: Vielleicht bewegt sich sogar die Opposition und stimmt zu. Sie haben nämlich gelobt, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen ihre gesetzgeberische Arbeit auf eine sehr seriöse gutachterliche Grundlage gestellt haben, nämlich auf die Expertenkommission unter Vorsitz des hochangesehenen Bildungswissenschaftlers Prof. Baumert.

Ausgehend von diesem Grundkonsens sagen Sie jetzt, aber aus diesen Empfehlungen habe man offensichtlich nichts Hinreichendes gemacht. Ich frage Sie allen Ernstes: Wie bringen Sie diese Schlussfolgerung in einen Zusammenhang mit einer Aussage von Herrn Baumert, der mit Blick auf das, was in Nordrhein-Westfalen unternommen werden soll, sagt – ich zitiere –:

Mit einer derartigen Reform kann NordrheinWestfalen in der Lehrerbildung eine proaktive und vielleicht sogar führende Rolle übernehmen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn sich ein Wissenschaftler viel Mühe macht, einer Landesregierung, einem Landtag Vorschläge zu unterbreiten, und am Ende eines solchen Prozesses zu einem solchen Ergebnis kommt, dann nehme ich doch für uns in Anspruch, dass wir exzellente Vorschläge auch nach Kräften exzellent zu einer Umsetzung haben führen können.

(Beifall von CDU und FDP)

Es klingt an, dass gewisse Fragen, so Frau Beer, noch nicht geklärt seien. Sie machen das an der Umstellung des Vorbereitungsdienstes fest, die in einem Jahr zu einem Mehrbedarf von 13,7 Millionen € führt, und erwecken damit den Eindruck, hier sei ein Problem möglicherweise gar nicht erkannt oder böswillig nicht berücksichtigt worden.

Ich finde es bemerkenswert – diese Feststellung ist mir auch für die heute anwesenden Zuschauerinnen und Zuschauer wichtig –, dass es sich diese Landesregierung eben nicht so einfach gemacht hat wie Vorgängerregierungen, die gerade bei die Schule

betreffenden Reformen die Kosten ihrer Reformen ausgeblendet haben. Diese Landesregierung hat sehr sorgfältig auch die finanziellen Auswirkungen dieser Reform erarbeitet und dokumentiert.

Wenn Sie die Freundlichkeit haben, sich den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf anzuschauen, werden Sie alle Positionen finden, an denen durch die Reform ein Mehrbedarf an Mitteln oder ein Minderbedarf an Mitteln ausgelöst wird. Welche Mehrausgaben per Saldo zu decken sind, können Sie folgendem Satz auf Seite 4 des Entwurfs entnehmen, den ich hier noch einmal zitieren darf:

In der Summe erfordert die Reform der Lehrerausbildung in den Jahren 2010 bis 2015 für das Land Mehrkosten von 106,2 Mio. EUR.

Darin liegt der fundamentale Unterschied zwischen dieser Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen auf der einen Seite und den Vorgängerregierungen auf der anderen Seite.

Herr Trampe-Brinkmann, Sie haben eben behauptet, Sie könnten die besseren Häuser bauen. Dass die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalen dies schon 2005 anders erkannt und beurteilt haben, wissen wir.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Unsere Bereitschaft, eine Reform auch materiell zu unterlegen – wofür Frau Sommer und ich vor allem Herrn Linssen als Landesfinanzminister sehr dankbar sind; denn er muss das Ganze auch mit den Konsolidierungszielen zusammenbringen –, zeigt, dass wir solide Häuser bauen wollen. Sie haben Potemkin’sche Dörfer gebaut. Das ist der qualitative Unterschied.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich danke für mein Haus auch den Fraktionen ganz herzlich für die sehr gute Beratung und für die Unterstützung. Außerdem danke ich meiner Kollegin Frau Sommer für die exzellente Zusammenarbeit.

Wir sind hier auf einem sehr guten Weg, damit Ernst zu machen. Wir wollen bessere Schulen, weil wir den Kindern bessere Perspektiven geben wollen. Dafür brauchen wir eine bessere Lehrerausbildung. Hierfür schaffen wir auch die Grundlagen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Prof. Dr. Pinkwart. – Er bedankt sich auch bei mir dafür, dass er die Redezeit um 1:40 Minuten überziehen konnte.

Damit sind wir jetzt auch bei der Abstimmung. Es können nämlich keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, weil eigentlich alle ihre Redezeit überzogen haben. Ich darf darum bitten, das im weiteren Verlauf der Debatten nicht weiter zu tun,