Protokoll der Sitzung vom 27.05.2009

Wir haben recherchieren lassen. Es sind 22 % in unserer Regierungszeit und 78 % in Ihrer Regierungszeit angeschafft worden. Also, auch da sitzen Sie im Glashaus. Deshalb bin ich bei dem, was Sie hier an Attacken vorbereiten, sehr ruhig.

(Martin Börschel [SPD]: Das sieht aber nicht so aus, Herr Minister!)

Frau Löhrmann, Sie haben davon gesprochen, es sei schäbig, davon zu sprechen, dass die Sparkassen Mehrheitseigentümer seien; wir seien schließlich der größte Einzelaktionär. Sie wissen vielleicht auch, wie es in Aktiengesellschaften zugeht. Im Zweifel entscheidet die Mehrheit. Die Mehrheit haben nun mal die Sparkassenverbände, und die haben durch den Aufsichtsratsvorsitzenden gerade seit 2004 – er war vorher immer Risikoausschussvorsitzender – die absolute unternehmerische Führung in dieser Bank.

Sie haben damals die unternehmerische Führung abgegeben. Ob das klug war, sei dahingestellt. Die Sparkassen haben sich sehr darum bemüht, die Mehrheit zu bekommen, entgegen anderslautenden Meinungen, die sagen, sie seien hineingedrängt worden. Bei Herrn Dieckmann kann ich mir gar nicht vorstellen, dass er irgendjemanden hineindrängt. Natürlich haben die Sparkassen damals gesagt: Wir nutzen die Gunst der Stunde; denn diese Landesregierung möchte nicht mit dem Thema WestLB vor der Wahl in den Landtag gehen. Dann haben sie zugegriffen und haben Ihnen verschiedenste Sonderkonditionen abgetrotzt, unter denen wir heute noch zu leiden haben.

Frau Löhrmann, Sie haben gefragt, wie ich zur Vertikalisierung stehe. Das haben wir in dem Sparkassengesetz eindeutig entschieden. Ihre Versuche, jetzt über einen Opel-Dissenz auch noch einen WestLB-Dissenz zwischen FDP und CDU zu kreieren, sind so lächerlich wie nur etwas.

(Beifall von der CDU)

Haben Sie die Äußerungen von Herrn Weisbrich gehört? Haben Sie die Äußerungen von Frau Freimuth gehört? Haben Sie irgendwo auch nur die kleinste Differenz bei diesem Thema gesehen? Wir haben überhaupt keine Schwierigkeiten mit dem Thema.

Das Thema Vertikalisierung haben wir damals sehr unterschiedlich beurteilt. Ich bin – und sage das immer offen – ein Freund einer Lösung gewesen, die eine Metropolsparkasse zugelassen hätte. Das war nicht möglich. Politisch wäre es nicht möglich gewesen. Also haben wir es sein gelassen.

Es wird in der Bundesrepublik sehr darüber gestritten, was richtig ist. Die Hessen haben dazu zum Beispiel eine ganz andere Vorstellung. Die BadenWürttemberger, die NordLB – sie praktizieren praktisch die Vertikalität. Das heißt, die BW-Bank in Baden-Württemberg ist nun einmal eine Retailorganisation der LBBW.

Wie sich das entwickelt, wird vielleicht irgendwann die Zukunft zeigen. Ich glaube – das bestätigen Ihnen auch sehr sachverständige Leute, wenn Sie sie fragen –, dass das Geschäftsmodell, wie es im Moment bei den Sparkassen ist, auf die Dauer seine Schwierigkeiten bekommen wird. Aber das mögen diejenigen entscheiden, die dort Verantwortung tragen.

Frau Löhrmann, Sie haben – ich glaube, Sie waren es – darüber gesprochen, dass ich meine Aversionen gegenüber den Sparkassen ausleben würde.

(Gisela Walsken [SPD]: Ich war das! – Martin Börschel [SPD]: Das bleibt trotzdem richtig!)

Entschuldigung: Frau Walsken. Wissen Sie, ich muss als verantwortlicher Finanzminister den Sparkassen sagen: Ihr müsst genau wie wir an die Grenze der Belastbarkeit gehen und euch eurer Verantwortung stellen! – Frau Walsken, interessant war, dass Sie, nachdem Sie Ihre Tirade losgelassen haben, ich würde meine Aversionen ausleben, klar betont haben, auch Sie seien der Meinung, die Sparkassen müssten sich ihrer Verantwortung stellen.

(Gisela Walsken [SPD]: Genau!)

Etwas anderes sage ich doch auch nicht.

(Gisela Walsken [SPD]: Doch!)

Nein, ich sage immer: Stellt euch eurer Verantwortung als Eigentümer! Eigentum verpflichtet, meine Damen und Herren. Sie können nicht nur die Dividende ziehen, sondern Sie müssen in schwierigen Zeiten auch parat stehen. Das ist nun einmal so.

(Beifall von der CDU)

Der Dissens, der sicherlich da ist, hat sich an der Verpflichtung aus dem bekannten Modell Omega

entzündet, der Auslagerung von 87 Milliarden € nichttoxischen Portfolios. Damit würden wir auch die Auflage der EU-Kommission erfüllen und unsere Bilanzsumme reduzieren. Es gibt keinen wirtschaftlich überhaupt vertretbaren Weg außer diesem. Das wissen auch die Sparkassenpräsidenten. Aber natürlich wird der Versuch gemacht, das zu Lasten des Landes abzuladen.

Frau Löhrmann, neben einem Bekenntnis zu den Sparkassen, das ich auch voll ablege, hätte ich von Ihnen gerne gewusst, wer das denn bezahlen soll. Bedeutet das – das habe ich heute herausgehört –, dass Sie verlangen, dass das Land die Garantien übernehmen soll, und zwar disquotal, also zulasten der Staatskasse? Hier versucht doch jeder, dem anderen in die Tasche zu greifen. Das gilt für den Steuerzahler Kommune, den Steuerzahler Land, den Steuerzahler Bund.

Ich verhandele fast jeden Tag mit dem Bund und hoffe, dass wir bis zum 30. Juni zu Potte kommen mit dem, was wir an neuen Gesetzesvorhaben auf den Weg zu bringen versuchen. Das gilt sowohl für das Modell, das Herr Steinbrück vorgelegt hat, als auch für das, was beim SoFFin erarbeitet wird. In dieser Sache sind praktisch fast jeden Tag Verhandlungen. Ich glaube auch, dass das dringend erforderlich ist.

Die Reduzierung der Bilanzsumme ist etwas, was allen Landesbanken bevorsteht. So, wie wir von der EU als Erste die Auflagen bekommen haben, so werden alle anderen nach dem gleichen Haarschnitt bearbeitet. Vielleicht können sie noch zwischen einer Reduzierung der Bilanzsumme um 45 % oder 50 % wählen.

Jetzt komme ich zu Ihrer Aufforderung nach Konsolidierung, Frau Walsken: Sie wissen aus allen meinen Gesprächen mit Ihnen den minutiösen Stand.

(Gisela Walsken [SPD]: Ich habe nicht ge- sagt, dass ich das nicht weiß!)

Sie wissen auch, dass die NordLB sagt, sie sei nicht betroffen, höre sich das aber gerne an. In Bezug auf die Helaba ist die Politik der Meinung, das müsste kommen. Die Sparkassenfamilie ist zurzeit noch dagegen.

(Gisela Walsken [SPD]: Sie müssen sich einmal durchsetzen!)

Die Bayern haben andere Vorstellungen. Bei den Baden-Württembergern ist der Erkenntnisprozess aus meiner Sicht in den letzten vier Wochen riesig gewachsen. Die Hamburger würden sicherlich gerne auch zusammengehen. Es gibt ein neues Papier der Verbandsvorsteher zusammen mit Herrn Haasis. Dort versuchen sie aufgrund der Zeitungsmeldungen der letzten Tage, klarzumachen, dass sie zu den Landesbanken stehen. Das höre ich gerne. Wenn dem Taten folgen, finde ich das ausgezeichnet.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das war Herr Breuer!)

Ich will Ihnen noch etwas sagen, was Sie bisher in Ihren Reihen vielleicht noch nicht so erwogen haben. Hätten Sie die Gespräche mit der EU verfolgt, hätten Sie festgestellt, dass die EU ganz klar gesagt hat: Wenn du, Land, mehr als 38 % Eigentumsverpflichtungen übernehmen solltest, wo du nur eine 38-%-Beteiligung hast, werden wir uns das sehr genau angucken, weil – so ist es klar gesagt worden – dies eine erneute Subvention des Staates an einen Bereich des Finanzwesens wäre. Auch darauf müssen wir achtgeben. Das muss ein Finanzminister den Sparkassenverbänden und ihren Präsidenten oder demnächst Vorsitzenden auch so erklären.

Herr Minister, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Es gibt noch eine Zwischenfrage. Würden Sie die noch beantworten?

Ja, gerne.

Frau Löhrmann hat sich gemeldet. Bitte schön.

Herr Finanzminister, schönen Dank. Ich hatte eben auch mit einem Zitat aus der „Rheinischen Post“ vom 20. Mai hinterfragt, dass es angeblich eine Zusage ihrerseits gegeben habe, sich als Land über den 38-% -Anteil hinaus zu beteiligen. Es gab hier Irritationen. Es wäre, glaube ich, sinnvoll, wenn Sie die Zeit nutzen würden, das richtigzustellen.

Frau Löhrmann, ich bin Ihnen dankbar für Ihren Hinweis. So etwas hat es nur in einer Zeitung unter der Bemerkung „soll gesagt haben“ gegeben. Dieser Finanzminister Helmut Linssen hat so etwas aber noch nie gesagt.

Ich habe immer erklärt – Herr Hilgert wird Ihnen das sofort bestätigen –, dass es um 38 % geht. Vielleicht war das der Versuch aus einer bestimmten Ecke, nachdem die Sparkassen doch etwas im Regen standen nach der Bemerkung von Herrn Hilgert, wer nun maßgeblicher Eigentümer ist. Herr Hilgert hat die Verantwortung ganz klar an die Sparkassenverbände adressiert. – Das war vielleicht der untaugliche Versuch, dem Finanzminister auch noch eins anzukleben. Es hat nur in einer Zeitung stattgefunden.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Interessant zu wissen!)

Ich sage Ihnen ganz klar: So etwas hat es nie gegeben, weder eine Zusage noch ein Zurücknehmen. Damit das klar ist!

Herr Voigtländer hat jetzt mit seinem Team die Verantwortung übernommen. Über die Personalversammlung habe ich Ihnen, glaube ich, berichtet. Auch von meiner Stelle aus gilt es, Herrn Hilgert Dank zu sagen. Die Zusammenarbeit war exzellent. Er hat die Bank richtig vorangebracht. Wir haben ein Restrukturierungsprogramm, das sich sehen lassen kann und in Zusammenarbeit mit der Personalvertretung entwickelt wurde und durchgeführt wird.

Wenn Sie den Quartalsabschluss zum 1. April 2009 gelesen haben, wissen Sie beispielsweise, dass die Kosten gegenüber dem ersten Quartal des vorigen Jahres um 23 % reduziert werden konnten. Das ist vielen zu verdanken. Ich darf Ihnen sagen, dass es im April so weitergegangen ist. Auch das hat Herr Hilgert in seiner Pressekonferenz angedeutet.

Das heißt: Operativ sind wir mit diesem Geschäftsmodell auf einem sehr guten Weg. Die Sünden der Vergangenheit haben wir jetzt aber – hoffentlich gemeinsam mit dem Bund – über die Gesetzgebung zu den auszulagernden Portfolien zu bewältigen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Finanzminister Dr. Linssen. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Brunn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Linssen, Sie haben gesprochen, als würden Sie sich bereits im Vorruhestand befinden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ihre Rede beinhaltete wirklich Abenddämmerung. Wie es bei älteren Menschen leider manchmal der Fall ist, waren Sie sehr präzise bei dem Vorgestern, wurden zunehmend unpräzise bei dem Jetzt und blieben absolut leer bei dem, was Sie sich für die Zukunft vorstellen.

Wir haben diesen Antrag gestellt, um herauszubekommen, was Sie sich für die Zukunft denken – und nicht, welche Geschehnisse vor dem Jahre 2005 Sie uns vielleicht noch nachträglich anzuhängen versuchen. – Das als Vorbemerkung.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich finde es auch sehr unpassend, wie polemisch Sie hier zum Teil mit den Kolleg(inn)en umgehen. Polemik ist kein Ersatz für substanzielle Äußerungen. Das möchte ich festhalten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wie ich schon gesagt habe, sind Sie bei Ihren Äußerungen für die Zeit ab 2005 relativ unpräzise. Da geht es zum Beispiel um die Frage, wer denn nun eigentlich die entsprechenden Papiere angekauft