Im Vergleich zu heute war die damalige personelle Situation verheerend. Ihre gezielten Fehlinformationen sind billigste Wahlkampfpropaganda. Sie zeigen nur eines: Die SPD hat inhaltlich gar nichts mehr zu bieten. – Vielen Dank.
Danke schön, Frau Ministerin Sommer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Löhrmann.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Erst einmal ausdrücklich herzlichen Dank, Herr Link, dass Sie einverstanden waren zu tauschen, weil ich um 11 Uhr der Einladung des Ministerpräsidenten zur Informierung über den gestrigen Abend folgen möchte. Deswegen habe ich die Gelegenheit, jetzt zu sprechen.
Frau Ministerin, ich meine, Sie haben eines immer noch nicht verstanden. Sie regieren nun seit vier Jahren in diesem Land und Sie arbeiten sich immer noch an einem Ergebnis ab, für das Rot-Grün abgewählt worden ist.
Und Sie haben immer noch nicht verstanden, dass es nicht darauf ankommt, in dieser Debatte zu sagen, wie es in Mülheim ist, wo Frau Kraft herkommt, dass es nicht darauf ankommt, ob im Wahlkreis von irgendwelchen prominenten Politikerinnen und Politikern die Stellensituation gut ist, sondern dass es darauf ankommt, wie die Stellensituation in den Schulen unserer Kinder im gesamten Land sowie für die Lehrerinnen und Lehrer und für die Eltern aussieht. Darauf kommt es an.
Ich will Ihnen noch eines sagen. Sie hätten vorbeugen können. Daran will ich erinnern. Frau Ministerin, als Sie angetreten sind, haben Sie die Stellenzahl, die Sie laut Koalitionsvertrag schaffen wollen, in die Welt gesetzt. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern, dass ich persönlich Sie aufgefordert habe darzulegen, in welchem Jahr Sie die Stellen ganz konkret für welche Aufgaben schaffen wollen. Das hatten Sie mir zugesagt.
Aber dann hat der Politkommissar, der Staatssekretär, gesagt: Das ist zu heikel. Dann könnte man ja konkret an dem gemessen werden, was man vorgelegt hat, was für welche Aufgabe geleistet wird. Das haben Sie verweigert. Deswegen haben Sie selbst es zu verantworten, dass Sie mit Ihren Zahlenspielereien hier nicht weiterkommen, weil das, was Sie an Zahlen, Neubesetzungen, Stellenschaffungen und was auch immer in die Welt hinausposaunen, mit der gefühlten und faktischen Realität der Menschen in Nordrhein-Westfalen in den Schulen nicht übereinstimmt. Das haben Sie sich selber zuzuschreiben, weil Sie keinen seriösen Plan vorgelegt haben, an dem wir Sie messen könnten.
Deswegen fällt Ihnen das auf die Füße. Von daher ist es auch absolut richtig, dass die Opposition – sonst hätte sie das Geld, das sie dafür bekommt, nicht verdient – Ihnen auf die Finger schaut und nachweist, was Sie eben nicht geleistet haben.
Wir wollten von Ihnen ausdrücklich wissen: Welche Stellen sind für den Ganztag? – Der war auch bei uns in der Planung. Welche Stellen sind laut Stellenplan von vorherigen Geld-statt-Stellen-Mittel in faktische Stellen umgewandelt? – Das war auch eine ganze Reihe. Welche Stellen sind für Unterrichtsausfall? Welche Stellen sind für Fördermaßnahmen? Und welche Stellen sind für zusätzliche Planvorhaben Ihrer Regierung?
Diesen Plan sind Sie diesem Landtag und der Öffentlichkeit schuldig geblieben. Deswegen verheddern Sie sich vorne und hinten in Ihren ganzen Zahlen. Das erklärt auch das Zahlenchaos, das Sie in die Welt setzen. Das möchte ich hier noch einmal sehr deutlich festhalten.
Sie glauben – das ist das eigentlich Entscheidende, was ich sagen möchte –, dass Sie mit diesen Zahlen alleine und den vermeintlich erreichten zusätzlichen Stellen auch die Menschen, die in den Schulen arbeiten, darüber hinwegtäuschen können, dass Sie es sind, die insgesamt eine völlig verfehlte Schulpolitik betreiben, weil Sie keine Schule der Zukunft bauen können, sondern weil Sie in der Vergangenheit stehen geblieben sind. Das muss man an dieser Stelle doch auch einmal deutlich sagen.
Der Ministerpräsident weiß es ganz genau – das wird ja immer bestätigt, wenn die Rede darauf kommt, wie die Schule der Zukunft aussieht und was Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern tut –: Nordrhein-Westfalen steht ganz am Schluss, was innovative Schulentwicklung,
Allein an der Frage, wie viele Stellen versprochen und geschaffen wurden – diese ist wichtig; ich will sie nicht wegreden –, wird sich nicht erweisen, wer eine gute Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen macht.
Deswegen freue ich mich auf die weiteren Diskussionen, die wir zu dieser Fragestellung bis zum Mai 2010 noch haben werden. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Zuschauertribüne! Mich erreichen seit 2005 Rückmeldungen von Eltern über zu große Klassen
das Sie von der CDU das vielleicht nicht erreicht, mag ja sein –, über Beschwerden, weil mal wieder Lehrerstellen nicht besetzt werden konnten. Selbst Schülerinnen und Schüler weisen mich in Gesprächen darauf hin, dass selbst für ihren Geschmack mittlerweile zu viel Unterricht ausfällt. Gerade der letzte Punkt macht mich ein wenig stutzig.
Ich habe deshalb gezielt mit Schülerinnen und Schülern, Schulleitungen, Eltern und Lehrern darüber gesprochen. Ergebnis: Die Fachleute aus der Praxis bestätigen die Berichte und Beschwerden. Es fallen massiv Stunden aus. Es fehlen massiv Lehrer. Und kleine Klassen sind an vielen Schulen nicht mehr als ein schöner Traum.
Als politisch interessierter Mensch und aufmerksamer Zeitungsleser war ich doch etwas verwirrt, denn seit 2005 erklären CDU und FDP immer wieder und auch heute: Wir haben neue Lehrerstellen geschaffen – aktuell über 6.900 –, wir haben den Unterrichtsausfall mehr als halbiert – unter zweieinhalb Millionen Stunden gesenkt –, und wir haben kleinere Klassen geschaffen, was Sie insbesondere mit der gesunkenen Schüler-Lehrer-Relation begründen.
Diesen Widerspruch zwischen dem, was Sie sagen, und dem, was die Menschen tagtäglich fühlen und merken, konnte und kann ich mir nicht erklären. Aus diesem Grunde habe ich die Landesregierung gebeten, mir im Rahmen einer Kleinen Anfrage die offiziellen Zahlen für Duisburg auf den Tisch zu legen, und zwar Schule für Schule.
Die Antwort erhielt ich am 29. April. Ich habe die durchaus interessanten Ergebnisse einmal nachgerechnet: In Duisburg gibt es 4.306 Lehrerstellen, aber es gibt nur 4.170 Lehrkräfte. Berücksichtigt man alle Schulen, die Sie aufgeführt haben, die überbesetzten und die unterbesetzten, fehlen im Saldo in Duisburg 136 Lehrerinnen und Lehrer.
Doch was haben die unterbesetzten Schulen von dieser Erkenntnis? – Die Antwort ist einfach: Nichts! Denn eine Förderschule mit sieben fehlenden Lehrkräften hat überhaupt nichts davon, wenn an einer Realschule Überbesetzung herrscht, wenn es einen Lehrer über den „Durst“ gibt. Der Saldo ist ein rein statistischer Wert.
Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Wenn Sie eine Hand im Kühlschrank und die andere auf einer heißen Herdplatte haben, dann haben Sie im Durchschnitt zwar eine gesunde Körpertemperatur, aber wir alle wissen, die eine Hand ist verbrannt, während die andere gerade unterkühlt.
Weil ich das weiß, habe ich mir die Mühe gemacht, die Gesamtzahl der fehlenden Lehrkräfte für Duisburg zu ermitteln. In Duisburg sind 60 % aller Schulen unterbesetzt; es fehlen dort 219 Lehrer. Allein dadurch ergibt sich ein Unterrichtsausfall von 219.000 Stunden, bevor auch nur ein Lehrer krank geworden ist oder Unterricht wegen Kopfnotenkonferenzen ausfällt. In Duisburg gibt es 357 Klassen mit 30 oder mehr Schülern mit insgesamt 11.000 Kindern und Jugendlichen. Wie gesagt: Die Zahlen stammen nicht von mir, sondern von der Landesregierung.
Wer die Zahlen der eigenen Landesregierung bezweifelt, der kann sich nach vorne begeben – dort liegen ein Taschenrechner sowie die ganzen Anfragen – und das gerne nachrechnen. Das ist nichts Geheimes. Die sind auch öffentlich. Man kann sie sich im Internet ansehen und alles nachrechnen. Ich habe bei den Zahlen, die mir vorgelegt worden sind, nachgefragt, ob das so stimmt. Die Schulleitungen haben mir gesagt: Ja, es gibt Schulen, an denen mehr als zehn Lehrer fehlen. Ja, es gibt Schulen, an denen bis zu 33 % aller Stellen nicht besetzt sind, also ein Drittel. Ja, es gibt Schulen, an denen mehr als 15 Klassen 30 oder mehr Schülerinnen oder Schüler haben.
Spätestens dann hatte ich es Schwarz auf Weiß: Die Menschen hatten mit dem, was sie tagtäglich erleben und was sie mir berichtet hatten, mit den Hinweisen auf Lehrermangel, Unterrichtsausfall und übergroße Klassen recht.
Die Menschen hatten recht, und die Zahlen Ihrer eigenen Landesregierung belegen das auch. Es genügt eben nicht, Stellen nur auf dem Papier zu schaffen, wie Sie das hier immer wieder großartig verkünden, um sich die Realität schönzufärben. Es genügt nicht, wenn man bloß verkündet, dass man den Unterrichtsausfall halbiert hat. Stellen, die nur auf dem Papier existieren, erteilen eben keinen Unterricht.
Es genügt nicht, individuelle Förderung mal eben ins Schulgesetz zu schreiben und zu denken, das läuft jetzt so. Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen wissen ganz genau, in übergroßen Klassen ist das nicht zu leisten.
Inzwischen haben die SPD-Abgeordneten in 85 Kleinen Anfragen knapp 70 % aller Schulen im Land erfasst und die Antworten der Landesregierung erhalten. Wie gesagt, sie liegen da vorne. Das Er
gebnis haben wir ausgewertet, und es ist ein Armutszeugnis für CDU und FDP, ein Armutszeugnis für vier Jahre Rüttgers, für vier Jahre schwarzgelber Schulpolitik.
Es fehlen landesweit 4.000 Lehrkräfte. Es fallen landesweit mehr als 4 Millionen Stunden Unterricht aus, ohne Konferenztage, ohne Krankheiten. Rechnet man die Zahlen dazu, sind wir weit über dem Wert von 2005, und wir haben erst 70 % der Daten ermittelt. Es gibt landesweit 9.000 Klassen mit 30 oder mehr Schülern. Insgesamt 300.000 Schülerinnen und Schüler sind davon betroffen.
Meine Damen und Herren, die Zahlen stammen aus Ihrem Ministerium und sie bestätigen, dass die Eindrücke der Menschen in Nordrhein-Westfalen real sind. Ihre dauernden Jubelmeldungen glaubt Ihnen keiner mehr; sie sind nämlich nur schöner Schein.