Protokoll der Sitzung vom 26.06.2009

Themenblock „UN-Behindertenrechtskonvention“.

Zu der Mitwirkung an der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen kann ich nur wiederholen: Wir sind schon lange an diesem Thema dran.

(Lachen von Barbara Steffens [GRÜNE])

Die Landesregierung hat bereits am 13. Mai 2008 eine interministerielle Arbeitsgruppe unter der Federführung meines Ministeriums eingerichtet, der, wie es sich für die Querschnittsaufgabe Behindertenpolitik gehört, auch die Staatskanzlei und alle anderen Ressorts angehören.

Wir haben alle behindertenpolitisch relevanten Akteure und Institutionen in Nordrhein-Westfalen gebeten, die neue Konvention bis zum 30. August 2009 zu bewerten. Dann können wir ermessen, ob und inwieweit Folgerungen aus dem neuen Recht zu ziehen sind. Nach Sichtung aller Beiträge ist geplant, im Herbst diese Frage, nach Themenschwerpunkten gegliedert, im Dialog zu erörtern.

Die Landesregierung ist also bereits umfassend tätig. Da hätte es dieses Antrages nun wirklich nicht bedurft. Allerdings – und dagegen ist nichts einzuwenden – kann man sich über dieses Thema im Ausschuss natürlich immer weiter unterhalten. Das finde ich auch in Ordnung. Ich bin davon überzeugt: Es wird nie einen Endpunkt in der Behindertenpolitik geben, denn in diesem Bereich ist Politik so wie das gesellschaftliche Leben – sie steht unter einer ständigen Weiterentwicklung, um sich den Lebensbedürfnissen einer sich verändernden Gesellschaft anzupassen.

Es ist auch wahr, dass wir in der Behindertenpolitik in diesem Land einige Jahre Stillstand gehabt haben, nämlich weil Rot-Grün sich auf bestimmte Din

ge in der letzten Zeit ihrer Regierungszeit nicht mehr verständigen konnte.

(Beifall von der CDU)

Es ist doch wahr,

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Nee!)

dass es fundamental unterschiedliche Auffassungen der Grünen und der SPD etwa in der Frage gab: Wie soll das Bildungssystem für die behinderten Kinder aussehen? Und weil es diese Unterschiede gab, ist gar nichts passiert. Es ist das Wesen einer Koalition, die sich nicht mehr einigen kann.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Genauso wie jetzt!)

Sie sehen aber an dem, was wir in den letzten vier Jahren in der Behindertenpolitik in NordrheinWestfalen auf den Weg gebracht haben, dass wir diesen Stillstand überwunden haben und dass wir in der Behindertenpolitik – die Behinderten mehr in die Mitte unserer Gesellschaft zu rücken, mehr Integration und weniger Ausgrenzung zu machen – ohne Frage wieder zu den erfolgreichsten Bundesländern in Deutschland aufgerückt sind.

(Beifall von der CDU)

Dieses lasse ich nicht einfach durch eine Pauschalkritik von irgendjemandem hier im Parlament infrage stellen. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir sind am Schluss der Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/9416 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend – sowie an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt der Überweisung zu? – Wer ist dagegen? – Enthält sich jemand? – Danke, das ist dann einstimmig so überwiesen.

Wir kommen zu:

4 Anhängen eines sechsten Wagens gegen die Überfüllung im Regional-Express: Die VRRPlanungen müssen kurzfristig umgesetzt und von der Landesregierung unterstützt werden

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9418

Für die antragstellende Fraktion erteile ich als nächstem Redner Herrn Kollegen Becker das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diejenigen Kollegen und Kolleginnen, die während der Berufsverkehrszeiten die Linien des Regionalexpress benutzen, kennen sowohl aus eigenem Ansehen wie auch aus vielen Gesprächen die Meinung der Fahrgäste in den Zügen.

Viele sagen: Gegen Viehtransporte gibt es Gesetze, aber wer schützt uns Fahrgäste vor Viehtransporten im Regionalexpress?

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, verglichen mit dieser Enge ist der Aufenthalt in einer Sardinenbüchse teilweise wirklich ein Luxusangebot. Das haben wir schon im September letzten Jahres zum Anlass genommen, um mit unserer Fraktion und einigen Leuten aus der Mitarbeiterschaft der Fraktion an vielen Stellen gegen diese Zustände zu demonstrieren und zu fordern, dass ein sechster Waggon an die Regionalexpresszüge angehängt wird.

Wir haben damals für diese Forderung erheblichen Zuspruch bei der Bevölkerung und bei den Fahrgästen gefunden. Eigentlich hätte die Landesregierung dieses Bemühen längst umsetzen sollen. Wer sich die Politik der Landesregierung und – das muss man deutlich sagen – auch von Teilen der Bundesregierung der letzten Jahre anschaut, der wird allerdings feststellen, dass das Gegenteil gelaufen ist: Die Regionalisierungsmittel sind gekürzt worden. Sie sind vom Bund gekürzt, aber von der Landesregierung auch nicht kompensiert worden. Dass sie nicht kompensiert worden sind, hat natürlich einen zusätzlichen Druck ins System gebracht, einen Druck, der nicht nur an den Fahrpreisen allerorten zu spüren gewesen ist, sondern der auch dazu geführt hat, dass keine Verbesserungen im System stattgefunden haben.

Selbst das Konjunkturprogramm des Bundes, das jetzt im Übrigen noch einmal etwas Geld für Bahnhöfe bereitstellt, gibt, wenn man es vom Bund auf die Länder herunterrechnet – ich habe mir mithilfe von Mitarbeitern aus den Verkehrsverbünden diese Mühe gemacht –, unterdurchschnittlich viel für die Bahnhöfe und für das System in NordrheinWestfalen! Ein, wie ich finde, eigentlich ärgerliches Versagen dieser Landesregierung in ihrer Zusammenarbeit mit der Bundesregierung.

Meine Damen und Herren, wenn Sie den Nahverkehr nutzen – ich hoffe, dass das mehr von Ihnen auch immer mal wieder tun – und sich anschauen, was da los ist, dann werden Sie feststellen, dass das, was insbesondere morgens, teilweise aber auch auf den Rückfahrten in dem System stattfindet, einen ärgerlichen Dauerstress der Bevölkerung darstellt.

Um das vorwegzunehmen: Sie werden sicherlich gleich sagen, alles ist gut, alles ist auf einem guten Weg. Insbesondere für die Strecke Aachen–Hagen gibt es ja demnächst möglicherweise einen sechsten Waggon, weil das Land, der VRR und die Bahn sich geeinigt haben. – Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Ich halte es für keinen Zufall, Herr Minister, dass Sie das selber noch nicht unterschrieben haben, sondern bisher nur Herr Wolff aus Ihrem Ministerium. Wir sind keineswegs sicher, dass diese Vereinbarungen am Ende auch halten werden. Wir wissen – und Sie wissen es auch –, dass es ganz erhebliche Widerstände aus den anderen Verbünden gegen Ihr Ansinnen gibt, dass aus den bestehenden Regionalisierungsmitteln und damit letztlich zulasten der anderen Verkehrsverbünde die Mittel bereitgestellt werden, die Sie für die Einigung benötigen, nämlich rund 160 Millionen €.

Sie wissen natürlich auch, dass es bereits Klagen gegen die Verlängerung der Verträge bis 2023 zugunsten der Bahn gibt – ein, wie ich finde, durchaus berechtigtes Ansinnen, denn es kommt schon einer Wettbewerbsverzerrung gleich, wenn sich die privaten Bahnen über eine fehlende Ausschreibung und eine Vertragsverlängerung und dann sogar noch bis hinein in das Gebiet des VRS und anderer Verbünde nicht an dem Wettbewerb beteiligen können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass das Thema Fahrt aufnimmt, auch über das hinaus, was der VRR jetzt vorhat. Wir wollen, dass das Land zusammen mit dem Bund und der Bahn die Engpässe für einen landesweiten sechsten Wagen lokalisiert und diese Engpässe in einem Sofortprogramm beseitigt. Denn, wie Sie wissen, kommt der RRX nicht vor 2021/22 – frühestens. So lange kann die Bevölkerung nicht warten. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Burkert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass der Regionalexpress 1 zwischen Aachen und Hamm in den Rushhourzeiten total überfüllt ist. Teilweise beträgt die Auslastung bis zu 150 %. Deshalb ist es richtig und notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, damit die Fahrgäste angemessen transportiert werden können.

Allerdings ist auch bekannt, dass bis vor wenigen Wochen der Auftraggeber VRR und der Auftragnehmer DB in einer gerichtlichen Auseinandersetzung standen, die Planungen für die nächsten Jahre unmöglich machten. Dank der Moderation durch den Minister für Bauen und Verkehr konnte dieser Streit beendet werden.

Im Rahmen dieser außergerichtlichen Einigung zwischen dem VRR und der DB Regio NRW kann nun das Konzept für den neuen Regionalexpress umgesetzt werden. In dieses Konzept eingebunden sind unter anderem: ein zusätzlicher Doppelstockwagen auf der Linie RE 1, darüber hinaus auch auf den Linien RE 2 und RE 5. Damit erhalten die Linien RE 1 und RE 5 den sechsten Wagen.

Wie mir bekannt ist, wurde die Umsetzung für Dezember 2010 vereinbart. Die Beschaffung der zusätzlichen Doppelstockwagen – sie müssen erst gebaut werden – soll bis Ende 2011 vollständig umgesetzt sein. Zu diesen zusätzlichen Wagen müssen aber auch noch stärkere Lokomotiven beschafft werden. Dies ist besonders notwendig im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die wir anlässlich der Fußball-WM 2006 hatten, und die Regionalbahnen damals fuhren im Sommerbetrieb. Das war auch mehrmals Thema im Ausschuss für Bauen und Verkehr und in Gesprächen mit der DB. Nach meinem Kenntnisstand ist der Umsetzungstermin damit zeitgerecht und angemessen, und die Investitionssumme von 65 Millionen € für die neuen Fahrzeuge und die Kosten trägt die DB Regio NRW.

Herr Becker, Sie haben gerade wieder Ausschreibungen verlangt. Bis diese Ausschreibungen erledigt sind und dort ebenfalls neue Fahrzeuge angeschafft werden können, werden noch viele Jahre vergehen. Denn Eisenbahnwaggons fallen nicht vom Himmel. Da dieses bereits umgesetzt ist, kann ich Ihnen nur vorschlagen, Ihren Antrag zurückzuziehen, damit wir uns zeitlich nicht mehr mit ihm beschäftigen müssen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Burkert. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Jung das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kompromiss zwischen VRR und Bahn ist gefunden und grundsätzlich zu begrüßen.

Die Frage ist, Herr Becker, was dieser Antrag zu diesem Zeitpunkt noch soll. So lässt doch Minister Lienenkämper schon die schöne neue SPNVWelt in Nordrhein-Westfalen ausrufen. Alle SBahnen im VRR können erneuert werden; der Regionalexpress 1 Aachen–Hamm, der RE 2 Münster–Mönchengladbach und der RE 5 Koblenz–Emmerich erhalten stärkere Lokomotiven und jeweils einen zusätzlichen Wagen.

Er verschweigt dabei, dass die RE 2 zukünftig nur noch zwischen Münster und Düsseldorf verkehren wird. Als Ausgleich sollen durch Linientausch Direktverbindungen zwischen Mönchengladbach– Bochum–Dortmund sowie Münster und Düsseldorf

geschaffen werden, allerdings ohne zusätzliche Kapazitäten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach wie vor ist die Lage im SPNV, insbesondere im VRR, seit Kürzung der Regionalisierungsmittel dramatisch – und dies in einem deutlich größeren Umfang, als das der vielleicht etwas verharmlosende Titel des Antrags der Grünen vermuten lässt.

(Beifall von Bodo Wißen [SPD])

Denn es geht um deutlich mehr als nur um einen fünften oder sechsten Wagen für den Regionalexpress. Es geht darum, dass der SPNV im VRR chronisch unterfinanziert ist.

(Beifall von der SPD)