Wir sind diesen Weg gegangen. Nach den drei verheerenden Haushaltsjahren von 2003 bis 2005 mit einer Neuverschuldung von jeweils rund 6,7 Milliarden € haben wir mit unserem ersten eigenen Haushalt 2006 ein dreistufiges Sanierungskonzept vorgelegt. Bereits im Haushaltsvollzug 2006 konnten wir einen positiven Primärsaldo erzielen. Das heißt, wir haben 2006 bereits weniger neue Schulden gemacht, als das Land alleine an Zinsen zu zahlen hatte. Mit einer Neuverschuldung von 3,24 Milliarden € hatten wir damit zugleich die Neuverschuldung binnen eines Jahres mehr als halbiert.
2007 haben wir dann mit einer Neuverschuldung von 2,34 Milliarden € bereits den ersten verfassungskonformen Haushalt seit 2001 eingebracht. Im Vollzug schloss dieser Haushalt sogar nur mit einer Verschuldung von 1,86 Milliarden € ab.
Dies ist gleichbedeutend mit einer Rückführung der Neuverschuldung um 83 % in nur drei Haushaltsjahren.
Im gleichen Jahr musste die Landesregierung für begründete Risiken aufgrund der Finanzmarktkrise und zur Abfederung zukünftiger Versorgungslasten Vorsorge treffen. Dafür haben wir insgesamt 1,5 Milliarden € zurückgelegt. Ohne diese notwendige Vorsorge hätte Nordrhein-Westfalen nach fast 40 Jahren zum ersten Mal sogar überhaupt keine neuen Schulden mehr machen müssen.
Insgesamt konnte die Landesregierung die Neuverschuldung somit in drei aufeinanderfolgenden Jahren konstant absenken. Dies ist einer nordrheinwestfälischen Regierung zuletzt in der Zeit von 1987 bis 1989 gelungen.
Wir haben bewiesen, dass es mit Konsequenz, Mut und Augenmaß möglich ist, die Staatsfinanzen zu sanieren.
Aber damit haben wir auch Freiräume geschaffen und Handlungsspielräume zurückgewonnen. Sicherlich hat die bis einschließlich 2008 positive Entwicklung bei den Steuereinnahmen das ihre dazu beigetragen. Das war das Quäntchen Glück, dass die Tüchtigen haben – und das war bei uns.
Aber – das ist das Verdienst der gesamten Landesregierung – wir haben der Versuchung widerstanden, diese Mehreinnahmen für kurzfristigen Konsum und damit zulasten zukünftiger Generationen auszugeben.
Schauen Sie sich einmal Ihre Bilanz allein in den guten Jahren 1995 bis 2000 an: Im Jahr 2000 haben Sie trotz steigender Steuermehreinnahmen mehr neue Schulden gemacht als 1995.
Der Bundesfinanzminister, meine sehr verehrten Damen und Herren, rühmte sich in der Debatte zur Einbringung des Bundeshaushalts 2009 vom 16. September des vergangenen Jahres noch, dass die Bundesregierung etwas mehr als die Hälfte der Mehreinnahmen zur Rückführung der Finanzierungslücke im Bundeshaushalt verwendet habe.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat in dem vergleichbaren Zeitraum vom 2005 bis einschließlich 2008 fast 92 % der disponiblen Steuermehreinnahmen zur Rückführung der Nettoneuverschuldung eingesetzt. Das ist Rekord in Deutschland, meine Damen und Herren.
Allen kommenden Auseinandersetzungen sehe ich daher sehr gelassen entgegen. Dies gilt umso mehr, da die Landesregierung in der gleichen Zeit fast 2,8 Milliarden € zur Vermögensbildung und zur Risikovorsorge zurückgelegt hat. Wir sind – wie es sich für ehrbare Kaufleute gehört –
Richtig scharf, meine Damen und Herren, wird das Bild aber erst, wenn man sich den Anstieg bei den Versorgungslasten vor Augen führt. Diese sind seit 2005 um 24,3 % gestiegen und damit geradezu explodiert. Die Versorgungsausgaben liegen 2010 um über 1 Milliarde € über denen des Jahres 2005.
Um es klar zu sagen: Diese Ausgabendynamik ist dem Fluch der guten Taten vergangener Wahlperioden geschuldet. Hier ist die Verbeamtungswelle in den 60er- und 70er-Jahren zu nennen. Eine nennenswerte Pensionsvorsorge wurde in dieser Zeit nicht geschaffen. Das ist das große Versäumnis, das man Ihnen ankreiden muss. Wir müssen aus dem jährlichen Haushalt all das bezahlen, was Sie vergessen haben, an Vorsorge zu treffen.
Der Stellenabbau in der Landesverwaltung war und ist daher unumgänglich. Die Landesregierung ist ihn auch gegen Widerstände beherzt angegangen. Ich weiß noch, wie Sie sich an der Debatte beteiligt haben, als wir PEM, das Personaleinsatzmanagement, gegründet haben. Das wurde damals als „Guantanamo am Rhein“ diffamiert. Es ist einer der größten Erfolgsschlager überhaupt in dieser Landesregierung geworden.
Wir haben damit die kw-Stellen, die von Ihnen in Höhe 12.000 hinterlassen wurden, mehr als abgebaut. Ich komme noch dazu.
Meine Damen und Herren, über das von uns geschaffene zentrale Personaleinsatzmanagement und mithilfe einer 1,5%igen linearen Stellenabbauvorgabe in der engeren Landesverwaltung haben wir mit dem Haushalt 2010 den Abbau von 14.328 Stellen im Landeshaushalt umgesetzt.
Gleichzeitig haben wir diesen Stellenabbau über eine Fülle von Anreizmechanismen sozialverträglich gestaltet.
Rechnet man die 11.633 in dieser Wahlperiode vor allem für Lehrer neu geschaffenen Stellen ein, beträgt der von uns veranlasste Abbau unterm Strich 2.695 Stellen.
Ich darf daran erinnern, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, dass dagegen in der letzten Wahlperiode im Saldo eine Zunahme um 850 Stellen zu verzeichnen war, wie der Jahresbericht des Landesrechnungshofs aus dem Jahr 2006 sehr zutreffend ausweist.
Die Landesregierung hat die Haushalts- und Finanzpolitik auf eine neue verlässliche Basis gestellt. So haben wir das Haushaltsaufstellungsverfahren grundlegend umgestellt. Das seit 2006 praktizierte Top-Down-Verfahren hat sich inzwischen auch der Bund zu eigen gemacht. Danach sind nicht mehr die Wünsche der einzelnen Ressorts maßgeblich, sondern die vom Kabinett beschlossenen Plafonds.
Mit uns hat der Grundsatz der vorsichtigen Kalkulation in die nordrhein-westfälische Finanzpolitik Einzug gehalten. Damit haben wir einen Mechanismus geschaffen, der das Land vor bösen Überraschungen auf der Einnahmeseite schützt. Dies hat bis dato dazu geführt, dass die Jahresabschlüsse immer positive Überraschungen bereithielten. Das war sehr zum Leidwesen der Opposition.
Mehrausgaben in politischen Schwerpunktbereichen haben wir durch Minderausgaben in anderen Bereichen finanziert. Dies ist die Abkehr von der Politik der Beliebigkeit, jedem alles versprechen zu wollen. Ebenfalls ein Novum gegenüber früheren Wahlperioden!
All das hat dazu beigetragen, dass wir Kurs auf den Haushaltsausgleich nehmen konnten. Ich bin übrigens sehr gespannt, ob die Opposition uns heute
mangelnde Haushaltskonsolidierung oder Kaputtsparen des Landes vorwirft. Beides haben wir in diesem Hause in den letzten Jahren mehr oder weniger abwechselnd gehört. Das legt den Schluss nahe: Beides stimmt nicht.
Die Landesregierung musste, der wirtschaftlichen Lage geschuldet, auf dem Weg der Haushaltskonsolidierung ein paar kräftige Schritte zurückgehen. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir nach der Krise den verlorenen Boden schnell wiedergutmachen werden. Wir halten an unserer Grundüberzeugung fest – sie wird auch unsere Arbeit nach Ende der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise bestimmen –: Erst gilt es zu arbeiten und zu sparen, um dann zu einem späteren Zeitpunkt die Früchte des Verzichts ernten zu können.