Es geht nicht darum, darüber nachzudenken, was möglicherweise realistisch-politisch irgendwann einmal durchsetzbar ist, sondern es geht darum, Position zu beziehen. Nur wenn man sich aufstellt und zu kämpfen anfängt, hat man die Chance, nicht zu verlieren. Aber wer überhaupt nicht kämpft, der hat schon verloren, Herr Uhlenberg. Das scheint mir bei Ihnen der Fall zu sein.
Sie haben sich mit der Lage abgefunden. Deshalb muss Sie das Parlament mit einem Eilantrag dazu auffordern, bei der Agrarministerkonferenz, die nächste Woche stattfindet, eine entsprechende Position zu vertreten. Sie alleine jedenfalls scheinen das nicht hinzubekommen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über eines sind wir uns alle einig: Es gibt zu wenig Geld für die Milchbauern. Uneinig sind wir uns allerdings darüber, mit welchen Maßnahmen eine Verbesserung herbeigeführt werden soll. Genau wie der Chef der europäischen Milchbauern,
Schaber, warne ich davor, zu einem System, wie wir es in den 90er-Jahren hatten, zurückzukehren. Das wäre nämlich ein Rückschritt und böte unseren Bauern keine Zukunftsperspektive.
Stattdessen plädierte Schaber in diesen Tagen dafür, die Milchproduktion auf freiwilliger Basis zurückzufahren. Damit ist er nicht weit entfernt von den Vorstellungen der EU-Kommissarin Fischer Boel. Das heißt: Die Quotenregelung hat sich gerade in der momentanen Situation nicht bewährt, denn sie funktioniert als Instrument der Produktionssteuerung mehr schlecht als recht. Zurzeit wird nämlich in der EU deutlich weniger gemolken, als es die Quote zulässt. Darüber hinaus ist es auch kein richtiges Zeichen, wenn der Staat an dieser Stelle in den Markt eingreift. Davon wollen wir weg. Das wollen im Übrigen auch die Milchbauern.
Uns ist klar, dass die Ursache für die aktuelle Milchmisere hauptsächlich in der weltweit gesunken Nachfrage und der Überproduktion liegt. Aber auch die Billigkonkurrenz aus Übersee und die häufiger werdenden Milchersatzstoffe machen unseren Bauern zu schaffen. Zahlreiche Initiativen wurden deshalb von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen angestoßen. So war es beispielsweise absolut richtig, dass Minister Uhlenberg dafür gesorgt hat, an unseren Schulen ein Schulmilchprogramm zu etablieren, denn die Essgewohnheiten der Menschen haben sich zuungunsten hochwertiger Lebensmittel verändert.
Das Angebot in der Schulmensa oder am Schulkiosk muss deshalb gesünder werden. Gerade junge Menschen müssen für eine gesunde und ausgewogene Ernährung sensibilisiert werden. So sieht das im Übrigen auch die Wissenschaftlerin Kerstin Clausen vom Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung. Sie bestätigt, dass Kinder für gesunde Ernährung aufgeschlossen sind, man müsse nur früh genug damit beginnen. Deshalb unterstützen wir eine Aufstockung der Schulmilchbeihilfe.
Leider sind wir im Bundesagrarausschuss mit unserer Forderung gescheitert, Maßnahmen gegen die großen Überlieferer zu ergreifen. Nur Thüringen und Sachsen-Anhalt haben mit uns gestimmt. Die große Mehrheit der Bundesländer war dagegen oder hat sich enthalten.
Nichtsdestotrotz soll Minister Uhlenberg dieses Thema auf der nächsten Agrarministerkonferenz noch einmal zur Sprache bringen, um insbesondere die großen Überlieferer in die Schranken zu weisen. Herr Remmel, wir haben Sie beide „Zocker“ genannt.
Ebenfalls müssen die Molkereien ihren Beitrag leisten. Ich appelliere an dieser Stelle an die Eigenverantwortung der Milchverarbeiter.
Durch die Bildung von Erzeugergenossenschaften oder aber durch Fusionen kann die Marktstellung gestärkt werden. Damit könnten sie dann auch auf Augenhöhe mit den Discountern verhandeln. Es ist doch klar, dass Aldi, Lidl, Plus und Co. die Molkereien ein ums andere Mal knebeln.
Meine Damen und Herren, die große Stärke unserer Milchviehhalter liegt nach wie vor in der hervorragenden Qualität. Genau damit müssen wir punkten. Um diesen Vorteil nutzbar zu machen, hat die CDU die Einführung eines Qualitätssiegels gefordert. Dadurch können die Verbraucherinnen und Verbraucher auf einen Blick erkennen, unter welchen Bedingungen die Milch produziert wurde und von welcher Qualität sie ist. Bei der Anhörung der Verbände in der vergangenen Woche ist das im Übrigen auch auf große Zustimmung gestoßen.
Um es noch einmal zusammenzufassen: Quotenkürzungen sind nicht der richtige Weg und auch keine langfristige Lösung.
Sie, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, haben einen Entschließungsantrag eingebracht, den wir auch ablehnen werden,
denn sie geben auf der einen Seite zu, dass Landwirte die Kulturlandschaft pflegen, wollen ihnen aber auf der anderen Seite das Geld dafür wegnehmen.
Doch, das haben Sie im Antrag so formuliert. Sie wollen von der ersten in die zweite Säule umschichten. Wir aber wollen, dass das Geld auf den Höfen ankommt.
Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie wollen in eine von Ihnen beschriebene heile Welt zurück, die es heute nicht mehr gibt und die es vor allen Dingen auch in Zukunft nicht mehr geben wird. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. – Schönen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der heutige Eilantrag beschäftigt sich wieder einmal mit dem ruinösen Milchmarkt im Land. Wir hatten, wie eben schon angedeutet, Anfang dieses Monats eine Anhörung. Dort ist Folgendes noch einmal ganz klar dargestellt worden.
Erstens. Es gibt einen enormen Preisverfall. Zurzeit liegt der Preis pro Kilogramm Milch bei 18,24 Cent. Damit kann kein Betrieb hier im Land auch nur die Hälfte der Vollkosten decken, die damit verbunden sind.
Zweitens. Wir haben ein deutliches Überangebot. Damit ist eine gefährliche Spirale von Überproduktion und Preisverfall in Gang gesetzt worden.
Die aktuelle Milchkrise zeigt aber auch klar, dass die klassische Agrarpolitik gescheitert ist und den Milchbauern keine Perspektive bietet.
Preisverfall und Überangebot sollen nach Meinung von Bauernverbänden erneut mit Interventionsaufkäufen, Einlagerungen, Exportsubventionen, Abschlagprämien, Quotenregelungen oder Beihilfen behoben werden. Dies sind aber Instrumente, bei denen es sich seit mehr als 40 Jahren gezeigt hat, dass sie weder für stabile Märkte noch für ausreichende Einkommen, noch für eine umweltfreundliche Produktion sorgen.
Der aktuelle Streit über die ruinösen Milchpreise löst allerdings wieder die bekannten Reflexe aus. Es werden Programme aufgelegt, um große Ställe zu bauen; das ist im Zuge der Interventionsförderung der Fall. Andererseits werden allein im Jahr 2009 mehr als 600 Millionen € an Steuergeldern für Lagerhaltung und Exportsubvention ausgegeben.
Beim EU-Agrarrat ist unsere Agrarministerin Ilse Aigner wieder bei dem Versuch gescheitert, dafür zu sorgen, dass die geplante Erhöhung der Milchquote ausgesetzt wird. Dafür sprachen sich neben Deutschland lediglich sechs weitere der 27 Mitgliedstaaten aus. Allerdings fordern 16 Mitgliedstaaten, den Wegfall der Milchquote besser auszugleichen.
Für die SPD ist klar, dass Milchbauern durch ihre Produktion wichtige Leistungen für die Gesellschaft erbringen, die in Zukunft besser honoriert werden müssen. Die zukünftige Agrarpolitik darf nicht mehr auf die Förderung von Mengen mit der damit einhergehenden Industrialisierung der Milcherzeugung ausgerichtet sein, sondern sie muss den Erhalt der Naturlandschaft, die Produktion gesunder Lebens
mittel und die Art und Weise der Tierhaltung in den Mittelpunkt stellen. Diese Unterschiede in der Erzeugung müssen durch eine bessere regionale Kennzeichnung und eine Kennzeichnung des Herstellungsprozesses deutlich werden und sind dann auch mit höheren Erzeugerpreisen zu honorieren.
Das ist auch noch einmal in der Anhörung klar geworden: In Deutschland sind die Milchbauern vor allem Produzenten des Rohstoffes Milch. Die Wertschöpfung liegt aber in der Weiterverarbeitung. Wir müssen nur einmal nach Frankreich sehen. Dort gibt es einen hochpreisigen Bereich der Käseproduktion. Das ist etwas, was hier fehlt, und deswegen ist das auch ein Bereich, in dem wir mit Landesmitteln gegensteuern können.
Erstens. Die Bundesinitiative muss gestartet werden, die zur Vorbereitung der EU-Agrarreform im Jahr 2013 ansteht und Maßnahmen vorstellt, wie Mittel der ersten Säule in die zweite Säule umgeschichtet werden. Diese Mittel müssen dann auch zur Förderung und Entwicklung des ländlichen Raums eingesetzt werden.
Herr Wirtz, das ist der Punkt: Wir nehmen den Landwirten die Mittel nicht weg, nein, sondern sie sollen jetzt, wenn sie neue Ideen haben, wie man sich von der Milchproduktion auf andere Bereiche umstellt, honoriert werden, wenn sie sich für eine Prozessqualität in diesen Bereichen entscheiden. Wir müssen, was die EU-Fördergelder anbelangt, in diesen Bereich anders steuern als nur über die Fläche. Das muss uns klar sein.
Zweitens fordern wir, wie ich eben sagte, ein Konzept zu erarbeiten, wie die Wertschöpfung bei den Milchproduzenten erhöht werden kann und wie die Regionalvermarktung sowie die Entwicklung von regionalen Marken verstärkt werden können. Dazu bedarf es vor allen Dingen einer Landesförderung, die von dieser Landesregierung nur halbherzig vorangetrieben worden ist.