Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Seidl. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Dr. Wolf in Vertretung von Herrn Minister Professor Dr. Pinkwart. Bitte schön.
Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Bochum soll die Fachhochschule für Gesundheitsberufe als wichtige Säule beim Ausbau der Fachhochschullandschaft gegründet werden. Das ist eine positive Nachricht, die von der Opposition hier nicht hinreichend gewürdigt worden ist.
Wir wollen beim Ausbau der Hochschullandschaft etwas aufholen, was in der Vergangenheit versäumt worden ist, insbesondere auch dem doppelten Abiturjahrgang Rechnung tragen und dazu beitragen, dass in Zukunft mehr Fachhochschulplätze da sind. Wir wissen, dass gerade in den Bereichen Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Gesundheitssektor ein dringender Bedarf besteht.
Mit den 1.000 modernen und praxisnahen Studienplätzen haben wir ein Angebot für angehende Hebammen, Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Kranken- und Altenpfleger, auf akademischem Niveau ausgebildet zu werden. Auch das ist etwas Neues, was man positiv sehen und nicht diskreditieren sollte.
Die Anhörung hat – wer das Protokoll gelesen hat, weiß das – grundsätzliche Zustimmung der Experten gebracht, wobei es wie immer im Detail auch
kritische Ansätze gab; es gibt wohl keine Anhörung, bei der alles unisono geteilt wird und ohne Anmerkungen bleibt. Aber die Anhörung bestärkt uns in der Auffassung, dass wir den richtigen Nerv getroffen haben. Die überfällige Akademisierung und Professionalisierung der Pflegeberufe wird jetzt angegangen. Das ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Exzellenz im Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen.
Die Fachhochschule soll nicht nur die Patientenversorgung verbessern, sondern auch den Angehörigen der Gesundheitsberufe erhebliche Karriere- und Aufstiegschancen ermöglichen. Wichtig und richtig ist – das ist von den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen betont worden –, dass die Synergieeffekte mit dem Gesundheitscampus genutzt werden sollen; das kann doch nur begrüßt werden. Modellstudiengänge in einem Reformvorhaben zu bündeln, ist doch vernünftig. Auch die entsprechende Sichtbarkeit auf dem Campus ist nach meiner Überzeugung sehr vernünftig.
Anders, als es hier dargestellt worden ist, ist daraus aber kein Alleinvertretungsanspruch abzuleiten. Insofern sind wir uns in den Regierungsfraktionen einig, dass dies ein Modellprojekt mit einem extremen Leuchtturmcharakter ist, dass aber natürlich auch andere Fachhochschulen in absehbarer Zeit ebenfalls Modellvorhaben anbieten werden.
Einige wesentliche Punkte zur Fachhochschule, die in dieser Form bislang einzigartig ist: Zentrales Element ist eine grundständige akademische Erstausbildung, die am Ende dazu führen soll, dass man neben dem Bachelorgrad auch die berufliche Zulassung hat. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Allerdings – darauf ist die Kritik ja gemünzt – ist durch das Errichtungsgesetz eine Konkretisierung in diesem Fall überhaupt nicht notwendig. Das sind alles Fragen des Currikulums, die noch diskutiert werden. Die Grundabsicht, die Zielsetzung ist doch völlig unstreitig – das habe ich jedenfalls Ihren Äußerungen entnommen –, sodass – so kann man mutmaßen – die Änderungsanträge vielleicht nur deswegen gestellt wurden, um einen Grund zu haben, diesem guten Vorhaben nicht zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, beachtlich ist auch, dass die nötigen bundesrechtlichen Regelungen geschaffen wurden. Das ist auf eine erfolgreiche Bundesratsinitiative dieser Landesregierung zurückzuführen. Auch das verdient Lob und Anerkennung und keine Kritik.
Pro Jahr sollen 300 Studierende ihr Studium abschließen. Die Fachhochschule soll schrittweise in diesem und im nächsten Jahr aufgebaut werden, sodass der Lehrbetrieb im Herbst 2010 starten kann. Das ist ein weiteres Signal, dass wir es damit
ernst meinen, den Anteil der Fachhochschulen an unserer Hochschullandschaft zu steigern. Sie wissen – das ist ja im Plenum oft diskutiert worden –, dass in Nordrhein-Westfalen nur 25 % der Studierenden an Fachhochschulen eingeschrieben sind. Das soll mittelfristig auf 40 % gesteigert werden. Mit den drei anderen neuen Fachhochschulen ist ein großer Schritt nach vorne gemacht worden. Auch hier wäre es schön, wenn es in diesem Hause einen Schulterschluss und nicht kleinteilige Kritik gäbe.
Wir machen Ernst damit, vielen jungen Leuten, die ansonsten den Weg zur Hochschule gescheut hätten, eine praxisnahe Fachhochschulausbildung zu ermöglichen. Insofern trägt der Ausbau der Fachhochschullandschaft zu mehr sozialer Mobilität und mehr Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem bei. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Wolf. – Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Garbrecht das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bezüglich der Notwendigkeit der Akademisierung nichtärztlicher Heilberufe gibt es eine große Einigkeit. Darauf, dass Anhörungen in einem Parlament zu einem solchen Gesetzentwurf immer Erkenntnisse bringen, hat bereits mein Vorredner hingewiesen. Ich möchte einen Punkt ansprechen, der auch bei der Auswertung der Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Rolle gespielt hat.
Über den Errichtungsbeschluss hinaus gibt es weitere Fachhochschulen im Lande, nämlich die Fachhochschule Bielefeld und die Katholische Fachhochschule in Köln, die schon vor mehr als anderthalb Jahren beantragt haben, neue Studiengänge zu entwickeln. Dies ist auch in der Anhörung konkret angesprochen worden.
Im Rahmen der Auswertung der Anhörung ist das zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales gefragt worden, wann nach mehr als anderthalb Jahren die Fachhochschulen eine Antwort auf ihren Antrag erhalten. Auf diese Frage ist mitgeteilt worden, dass jetzt zunächst einmal ein Kriterienkatalog entwickelt würde. Hinsichtlich der Akademisierung nichtärztlicher Heilberufe scheint es also die Landesregierung entgegen den eben gemachten Ausführungen nicht ganz so eilig zu haben.
Von daher sage ich an dieser Stelle mit allem Nachdruck: Es kann nicht sein, dass in Bochum mit viel Geld ein Leuchtturm neu gebaut wird und die Schiffe, die bereits unterwegs sind, auf Land laufen. Insofern noch einmal die ausdrückliche Bitte, den Appell, die Aufforderung an die Landesregierung, diese Studiengänge an den genannten Fachhoch
schulen zügig zu genehmigen, weil es einen Mehrbedarf über die Studiengänge und Studentenzahlen hinaus gibt, die in Bochum in Rede stehen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Jetzt hat der Abgeordnete Henke von der CDU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal schlicht und ergreifend eine Feststellung treffen, von der auch ich glaube – Minister Wolf hat das ja auch angemerkt –, dass dies ein Stück weit zu kurz gekommen ist.
Tatsache ist: Nordrhein-Westfalen sorgt mit dieser Neugründung dafür – das ist der derzeitig wichtigste Beitrag zu dieser Debatte in Deutschland –, dass wir im Bereich der Heilmittel, also bei den Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden – das sind ja alles sogenannte Heilmittelerbringer –, zum internationalen Niveau der wissenschaftlichen Debatte aufschließen können. Nordrhein-Westfalen sorgt dafür, dass wir damit den in Deutschland ausgebildeten Aspiranten dieser Berufe erstmals ein Ausbildungsniveau anbieten können, das sie heute nur finden, wenn sie sich zu einer Ausbildung im Ausland entschließen. Warum ist es eigentlich nicht möglich, dass zu diesem Sachverhalt einmal alle hier im Landtag applaudieren?
Ich verstehe nicht, warum es nicht möglich ist, zu einem Schritt, den Sie nie hinbekommen haben, den Sie mit Kritikastern und kleinkariertem Suchen nach irgendwelchen Haaren in der Suppe kritisieren,
zu sagen: „Dazu stehen wir jetzt gemeinsam, das ist eine tolle Leistung, das habt ihr klasse gemacht, da kommen wir einen wichtigen Schritt weiter“? Warum sagen Sie das nicht denen, die heute, wenn Sie ein solches Ausbildungsniveau anstreben, dazu gezwungen sind, ihr Studium in Amsterdam, Maastricht oder sonst wo in den Niederlanden, in Belgien oder in Frankreich zu absolvieren? Warum ist es nicht möglich, dass Sie ein einziges Mal Herrn Pinkwart, Herrn Laumann und Herrn Rüttgers für diese Gründung applaudieren? Warum geht das nicht?
Das ist jetzt aber eine Gegenfrage, Herr Henke. – Ich frage Sie: Warum haben Sie es eigentlich in den vergangenen Jahren nicht geschafft, die Hochschulen zu unterstützen, die gerne in die Modellklausel gegangen wären und entsprechende Studiengänge eingerichtet hätten? Warum haben Sie als Landesregierung das nicht gemacht?
Weil es zum einen einer Initiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung bedurfte, um im Bundesrat zu erreichen, dass es überhaupt eine Modellklausel gibt,
und weil es zum anderen die Anstrengung dieser Landesregierung war, diese Modellklausel im Bundesrat mehrheitsfähig zu machen und dann dafür zu sorgen, dass sie im Bundestag beschlossen worden ist. Das hätten Sie in Ihrer rot-grünen Regierungszeit im Bund doch auch machen können. Sie haben es aber nicht gemacht, es ist nicht zustande gekommen. Jetzt ist es aber da. Deswegen kann das starten und beginnt jetzt.
Ich verstehe das doch gut. Natürlich ist das peinlich und blöd: Man hat diese Nähe zu den Berufsverbänden, ist irgendwie dann auch froh und glücklich und denkt, man kommt voran, und dann kommt so eine blöde schwarz-gelbe Landesregierung und hackt das einem politisch durcheinander, weil sie dann etwas durchsetzt, was man selbst nicht hinbekommen hat. Da die Berufsverbände darüber glücklich sind, muss man jetzt irgendwie eine Begründung dafür finden, warum das alles trotzdem so nicht richtig ist.
Deswegen muss man jetzt Sätze aus der Präambel zum Gesetzentwurf nehmen und überlegen: Können wir nicht zu einem Satz, den die Landesregierung in die Präambel formuliert hat, einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf machen?
Da entgegnen wir, dass dann genau der gleiche lyrische Teil am Gesetzesinhalt entsteht, den wir sonst im üblichen Sinne kritisieren, weil wir mit relativ unbestimmten Rechtsbegriffen operieren würden. Deswegen tun wir das an dieser Stelle nicht. Wir bitten herzlich um Verständnis.
Oder Sie sagen: Wir müssten dafür sorgen, dass die Gründungsdekanin oder der Gründungsdekan eine pflegewissenschaftliche Qualifikation hat. – Wenn man das praktisch täte, wenn man das ins
Gesetz hineinschriebe, dann würde das bedeuten, dass man gesetzlich festsetzen würde, dass für jeden mit einem anderen Ausbildungscurriclum, mit einem anderen Ausbildungsweg oder Qualifikationsweg, den irgendjemand gegangen ist, seine Qualifikation als Dekanin oder Dekan von vornherein aus gesetzgeberischem Blickwinkel ausgeschlossen würde. Das passt doch nicht zum Hochschulfreiheitsgesetz. Sie bringen das als Antrag doch nur deswegen ein, weil Sie genau wissen, dass wir uns, würden wir dem folgen, in Widerspruch zu dem von uns verabschiedeten Hochschulfreiheitsgesetz stellen würden.
Dass wir das nicht machen, das haben Sie doch auch vorhergesehen und gewusst. Insofern ist das gar kein Grund für größeren Streit.
Dann kommen Sie noch mit diesen Übergangsvorschriften im Bereich der Gruppe der wissenschaftlich Beschäftigten. Ich bin gar nicht sicher, ob das allen wissenschaftlich Beschäftigten wirklich sinnvoll erscheint, wenn man qua Gesetz gewissermaßen die Wahrnehmung ihrer Interessen auf die Landespersonalrätekonferenz überträgt. Dazu habe ich drei Fragezeichen. Ich kenne Leute, die das nicht so sehen, aber egal.
Sie haben gestern im Ausschuss auch nicht widersprochen. Sondern Sie haben am Schluss, nachdem wir Ihre Änderungsanträge abgelehnt haben, dafür gesorgt, dass die Empfehlung an den Landtag einstimmig ergangen ist.