Protokoll der Sitzung vom 02.12.2009

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bauen und Verkehr Drucksache 14/10158

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10207

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion der CDU dem Abgeordneten Bernd Schulte das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Schulte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten ist sowohl innerhalb als auch außerhalb dieses Parlaments sehr intensiv und ausführlich über das Thema der Vollintegration diskutiert worden. Die Versuche der Opposition, diesem Thema einen ähnlich öffentlichen Stellenwert zu verleihen wie dem Sparkassengesetz,

(Vizepräsidentin Angela Freimuth bittet um Ruhe.)

sind gescheitert. Ihre Dramaturgie hat in den letzten Wochen mit der Steigerung der Vorwürfe Ausmaße angenommen, die schon fast an den Tatbestand des groben Unfugs grenzten.

So ist es eigentlich unverantwortlich zu behaupten, die Vollintegration des Wohnungsbauvermögens von rund 18,6 Milliarden € in die NRW.BANK wäre erforderlich, um immense Verluste durch Derivatgeschäfte zu kompensieren. Das ist Rufschädigung gegenüber der Bank, die keine Geschäftsbank, sondern die Förderbank des Landes ist.

Genauso ist es unverantwortlich, wenn Sie von einem Schattenhaushalt reden. Sie wissen wahrscheinlich, wovon Sie reden, weil Sie bis 2005 ja reichlich davon gehabt haben, unter anderem auch den Haushalt der Landesbeteiligungsgesellschaft, auf den Sie alle Schulden geladen haben, die nicht über den Landeshaushalt gelaufen sind und erst von der neuen Landesregierung getilgt werden mussten.

Es ist ebenso falsch zu behaupten, das WfaVermögen würde der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Richtig ist, dass die parlamentarische Kontrolle in den Gremien der Bank gestärkt wird.

Es ist auch unzulässig, einen Zusammenhang zwischen der Wfa-Integration und der LEG-Veräußerung herbeizuführen. In der letzten Woche haben uns unabhängige Wirtschaftsprüfer bestätigt, dass gerade die LEG-Veräußerung mit der damit verbun

denen Sozialcharta ein guter Erfolg gewesen ist – zum Wohle der Mieter und der Beschäftigten der LEG.

(Beifall von Wolfgang Hüsken [CDU])

Mit der Vollintegration des Wfa-Vermögens in die NRW.BANK wird die Sicherung des Primats der Politik durch eine stetige und verlässliche Wohnraumförderung gewährleistet. Wir werden jährlich rund 1 Milliarde € in die soziale Wohnraumförderung investieren, um den Herausforderungen des demografischen Wandels und des Klimawandels gerecht zu werden.

Wir betrachten die Expertenanhörung sehr differenziert und wären auch erfreut gewesen, wenn gerade die SPD allen anerkannten Experten die Achtung entgegengebracht hätte, die notwendig wäre, auch wenn sie trotz SPD-Parteibuch ihrer Fraktion nicht unbedingt nach der Flöte tanzen.

(Beifall von der CDU)

Aus all diesen Gründen stimmen wir dem Gesetz wie schon in den Ausschüssen zu und bitten auch um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulte. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnetenkollege Hilser das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben uns verständigt, keine zehn, sondern nur drei Minuten zu reden. Kollege Schulte hat bewiesen, dass man in drei Minuten so viel Unsinn reden kann wie in zehn. Von daher war die Einigung an dieser Stelle unerheblich.

(Beifall von der SPD)

Im Prinzip wird das Landeswohnungsbauvermögen jetzt von Ihnen nach 50 Jahren Erfolgsgeschichte zu Grabe getragen. Das wissen Sie, das tun Sie willentlich, und das tun Sie wissentlich. Dieses Vermögen ist von den Menschen in diesem Land, den Mieterinnen und Mietern, über 50 Jahre zusammengetragen worden. Dieses Vermögen, mit dem viel Gutes getan wurde, setzen Sie jetzt willkürlich und wissentlich aufs Spiel. Das ist eigentlich das Schlimme.

Und Sie wissen: Mit dem Wegfall der Zweckbindung tritt dieses Vermögen in Konkurrenz zu zwei anderen Bereichen.

Erstens. Es tritt in Konkurrenz zu anderen Förderzwecken der Bank: Mittelstandsförderung, Bildungsförderung oder auch Förderung anderer Infrastrukturprojekte. Das wissen Sie genau, dass zukünftig im Kabinett darüber diskutiert und gestritten wird, für

welchen Förderbereich diese Mittel eingesetzt werden und für welchen nicht.

Zweitens. Kollege Schulte, der Bereich Wohnraumförderung tritt natürlich auch in Konkurrenz zu den Derivatgeschäften der NRW.BANK. Diese Derivatgeschäfte haben bereits heute einen Umfang von 198 Milliarden €. Es ist völlig klar: Mit der Erhöhung des Stammkapitals ist auch die Möglichkeit vergrößert worden, diesen riesigen Geschäftsbereich auszudehnen. Völlig klar ist auch: Zumindest diese Konkurrenzsituation haben Sie eindeutig durch Ihre Maßnahme geschaffen, wenn Sie dieses Gesetz heute verabschieden.

Da Sie immer verkünden, wie gut dieses Gesetz ist, hätten Sie – wie etwa Schwarz-Gelb in SchleswigHolstein – die Möglichkeit gehabt, die Förderbereiche in der NRW.BANK festzuschreiben: Dieser Umfang ist für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus; dieser Umfang ist für Bildung; dieser Umfang ist für Infrastruktur. Das hätten Sie machen können, haben es aber nicht getan. Wenn Sie das gemacht hätten, hätten Sie das Parlament wieder mit einbeziehen müssen, und das wollen Sie nicht.

Sie wollen in Zukunft die Frage sozialer Wohnraumförderung im Kabinett ohne Kontrolle durch das Parlament auskungeln und sie damit ohne jede Transparenz allein zum Regierungsgeschäft machen – unter dem Einfluss, unter dem Vetorecht der NRW.BANK und des Bankvorstands. Das beabsichtigen Sie.

(Beifall von der SPD)

Mit Blick auf die Uhr komme ich zum letzten Punkt. Besonders schlimm wird die Sache, wenn man die Situation in den Kommunen berücksichtigt. Wir werden morgen über die LEG auch noch mal bei etwas mehr Redezeit sprechen. Wir haben in den Großstädten die Situation, dass die Wohnsiedlungen, die inzwischen von den sogenannten Heuschrecken betrieben werden, nach und nach verkommen. Das bestätigen alle Fachleute aus den Kommunen. Die Kommunen sind auf Landeshilfe angewiesen, wenn sie diese Entwicklung stoppen wollen.

Mit dem, was Sie heute veranstalten, nehmen Sie den Kommunen jede Unterstützungsmöglichkeit durch das Land. Das ist eindeutig das Schlimmste an diesem Vorgehen. Sie begraben, wie gesagt, heute den sozialen Wohnungsbau in NordrheinWestfalen. Das tun Sie wissentlich, das tun Sie willentlich, und das ist das Schlimme.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hilser. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Rasche das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Beratungspunkt bringen wir ein wichtiges Gesetz zum Abschluss, mit dem sich das Land den veränderten Rahmenbedingungen auf dem Wohnungsmarkt und den zukünftigen Herausforderungen in der sozialen Wohnraumförderung stellt. Die positiven Effekte dieses Gesetzes sind bekannt. Ich will daher nur auf einige Aspekte eingehen.

Die soziale Wohnraumförderung gestalten wir so individuell wie noch nie in diesem Land; denn wir fördern sowohl den Bau und Umbau von Eigenheimen und Eigentumswohnungen als auch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen. Zudem unterstützen wir die Errichtung von Mietwohnungen und stationären Wohnformen für ältere Menschen mit Behinderung. Auch Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen im Gebäudebestand gehören in den Zielkatalog unseres Förderungsgesetzes. Dabei berücksichtigen wir insbesondere die regionale Differenzierung der Wohnungsmärkte, die Erfordernisse des demografischen Wandels und die Notwendigkeiten der energetischen Sanierung von Gebäudebeständen.

Meine Damen und Herren, die Fördermöglichkeiten des Landes werden durch die Vollintegration des Landeswohnungsbauvermögens in die NRW.BANK wesentlich erhöht. Gerade in der Wirtschaftskrise sind diese Förderprogramme für das Wachstum in Nordrhein-Westfalen und für Arbeitsplätze in unserem Land ganz besonders wichtig.

Das Wohnungsbauvermögen bleibt dabei als revolvierender Fonds für die soziale Wohnraumförderung erhalten. Schwerpunkte, Art und Umfang der Wohnraumförderung werden weiterhin im dafür zuständigen Ministerium für Bauen und Verkehr entwickelt und durch politische Gremien festgelegt. Das Primat der Politik bleibt erhalten.

Die Stellungnahme der Verbände im Rahmen der Anhörung sind differenziert zu sehen. Nur wenige haben den Gesetzentwurf in Gänze abgelehnt. Das Gros der Beteiligten bemängelte einzelne Aspekte, äußerte sich aber dennoch in weiten Teilen positiv. Der VdW – er wurde heute schon mehrfach benannt – hat dem Gesetzentwurf sogar ausdrücklich zugestimmt.

(Bodo Wißen [SPD]: Das war aber auch der Einzige!)

Die soziale Wohnraumförderung ist und bleibt für die FDP von sehr hoher Bedeutung. Das Wohnraumförderprogramm 2010 wird 1 Milliarde € betragen. Für die Bau- und Wohnungswirtschaft besteht auch in Zukunft Planungssicherheit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Nordrhein-Westfalen ist die Nummer eins im sozialen Wohnungsbau. Und das bleibt es mit dieser Koalition auch.

(Lachen von der SPD)

Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Becker das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Becker.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens. Zunächst möchte ich an dieser Stelle den ehemaligen Minister für Bauen und Verkehr zitieren, der in einer Fragestunde des Parlaments auf die Frage, ob es bei der jetzt angestrebten Änderung zuvorderst um finanzpolitische oder um wohnungsbaupolitische Aspekte gehe, deutlich gesagt hat: um finanzpolitische.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Damit ist wohl klar, worum es von Anfang an gegangen ist – um eine Finanztransaktion zugunsten des Eigenkapitals der NRW.BANK. Wir können uns allenfalls noch darüber streiten, was das Motiv dieser Eigenkapitalerhöhung bei der NRW.BANK ist.

Abseits jeden Streits muss man feststellen, dass auch die NRW.BANK – Herr Schulte, das hat überhaupt nichts mit Rufschädigung zu tun, sondern mit feststehenden und öffentlich bekannten Fakten – in sogenannte CDOs verwickelt war und auch in diese investiert hat. Wir hoffen alle, dass das bedeutend besser ausgeht als bei anderen Banken. Dass der Anteil hier nicht so groß ist, glauben wir alle zu wissen.

(Ministerin Christa Thoben: Das kann man auch schon wissen!)

Mit Genauigkeit kann man das überhaupt nicht wissen, Frau Ministerin. Das ist bis heute nicht wirklich festzustellen.