Protokoll der Sitzung vom 03.12.2009

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Energiepolitik ist mit einer der wichtigsten Bereiche der Wirtschaftspolitik. Eine preiswerte und sichere Versorgung mit Strom ist einer der wichtigsten Faktoren, um im internationalen Wettbewerb von Standorten zu bestehen.

Die letzten Jahrzehnte waren geprägt von einer Sicherheit bei der Energieversorgung, die beispiellos ist. Wir sind es eben gewohnt, dass Elektrizität immer dann zur Verfügung steht, wenn wir gerade den Schalter umlegen. Die Versorgungssicherheit ist für die meisten Menschen selbstverständlich geworden. Aber gerade die Zuverlässigkeit der Versorgung, der Ausbau der Netze und die ständige Erneuerung aller Arten der Energieerzeugung müssen gesichert erfolgen. Dies müssen wir uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, wenn es um Planungen einzelner Projekte geht.

Auf dem Weg in die Zukunft muss die Energieversorgung umgebaut werden, um den wichtigen Zielen Kosteneffizienz, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit weiter Rechnung zu tragen. Die Herausforderungen für den zukunftsfesten Umbau der Energieversorgung in Nordrhein-Westfalen sind enorm. Dieser Wandel lässt sich nur mit einer marktwirtschaftlichen Ordnungspolitik gestalten, die für Investitionen einen stabilen Rahmen liefert, meine Damen und Herren.

Die FDP-Fraktion ist davon überzeugt, dass wir die gerade genannten Ziele nur erreichen, wenn wir die Energieversorgung auf möglichst viele Füße stellen und gleichzeitig die Energieeffizienz steigern. Wir brauchen einen vernünftigen Energiemix. In einem solchen Energiemix müssen alle verfügbaren Energieträger ihren Beitrag leisten:

Wir brauchen die Braunkohle als Stützpfeiler in der Grundlast. Außerdem ist die Braunkohle unser einziger heimischer wettbewerbsfähiger Energieträger. Natürlich müssen die Braunkohlekraftwerke effizienter und sauberer werden.

Auch muss natürlich erforscht werden, ob Abscheidung und Speicherung von CO2 bei der Verstromung von Braunkohle wirtschaftlich möglich sind. Dazu brauchen wir dringend das CCS-Gesetz. Ich bin zuversichtlich, dass die neue Bundesregierung

dieses bald auf den Weg bringen wird, wozu SPD und CDU in der alten Koalition nicht in der Lage waren.

Wir brauchen neue, hochmoderne Steinkohlekraftwerke.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

50 % der Kohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen sind älter als 31 Jahre, 20 % sogar älter als 40 Jahre. Allein das zeigt den Erneuerungsbedarf, den unser Kraftwerkspark hat. Diese Anlagen müssen vom Netz gehen, und das geht eben nicht ohne einen entsprechenden Ersatz, wenn man die Versorgungssicherheit nicht gefährden will.

Meine Damen und Herren, wir brauchen auch erneuerbare Energien. Langfristig werden erneuerbare Energien einen immer größeren Teil der Stromversorgung leisten müssen. Deshalb ist es wichtig, diese schnellstmöglich an die Wirtschaftlichkeit heranzuführen. Die eigene Vermarktung von erneuerbarem Strom außerhalb des EEG wird von der neuen Bundesregierung angestrebt.

(Zuruf von der SPD: Wissen Sie das schon?)

Dies ist ein wichtiger Schritt in die Wirtschaftlichkeit der Erneuerbaren.

Neben der Anwendung brauchen wir vor allem auch Forschung, insbesondere betreffend Speichertechnologien. Dort setzt Nordrhein-Westfalen einen weiteren Schwerpunkt.

Auch die Kernenergie werden wir als klimaneutrale Grundlastversorgung noch eine Weile benötigen.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

Gaskraftwerke brauchen wir, um Spitzen, die gerade durch die Erneuerbaren entstehen, abzufangen. Dabei müssen neue Ideen und Technologien wie die virtuelle Verknüpfung von Blockheizkraftwerken, wie es zum Beispiel VW und LichtBlick planen, zum Einsatz kommen. Dafür gibt es sicherlich einen Markt.

Wie gesagt: Alle Erzeugungsarten müssen in einem Mix ihren Beitrag für eine sichere und saubere Versorgung leisten.

Darüber hinaus müssen immense Investitionen in den Ausbau der Netze geleistet werden. Immer mehr Strom insbesondere aus dem Norden muss durchgeleitet werden. Dies geht Hand in Hand mit dem Umbau zu intelligenten Netzen. Dies kann die komplizierter werdenden Regelungen des Stromnetzes vereinfachen und erheblich zur Energieeffizienz beitragen.

Intelligente Stromzähler sollen bald den Haushalt danach ausrichten, wann am besten Strom verbraucht werden kann. Dort müssen wir noch weiter vorangehen. Meine Damen und Herren, jede nicht verbrauchte Kilowattstunde hilft, den Geldbeutel und das Klima zu schonen.

Auch im Bereich der Elektromobilität, der mit den entstehenden Speicherkapazitäten in Verbindung mit den intelligenten Stromnetzen als Puffer für Wind- oder Solarenergie dienen kann, hat die Landesregierung einen Schwerpunkt gesetzt. Mit der erfolgreichen Bewerbung zur Modellregion für Elektromobilität werden erhebliche Investitionen vor allem in die gezielte Forschung getätigt. Dort geht Nordrhein-Westfalen voran. Damit erschließen wir ein Zukunftsfeld, das insbesondere für die Speicherfrage wichtig werden dürfte.

Sie sehen, wir setzen auf einen wirtschaftlich vertretbaren und ideologiefreien Umgang mit allen Energieträgern.

(Beifall von der FDP – Lachen von der SPD – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Wer es glaubt, wird selig!)

Wir können das umso schneller tun, wenn wir nicht gerade im Energiehaushalt durch die immer noch erheblichen Subventionen in den Steinkohlebergbau behindert würden. Fast eine halbe Milliarde € fließt auch im nächsten Jahr aus dem Landeshaushalt in die Subventionierung des Bergbaus. Gut, dass wir das für die Zukunft sozialverträglich beenden.

Aber bei der Opposition, vor allem bei der SPD, frage ich mich dann schon, wo die Konzepte sind, Herr Kollege Römer. Wo ist Ihre Idee für eine Zukunftsausrichtung der Energieversorgung? Sie wollen doch weiterhin am Bergbau festhalten, oder? Ist das, Herr Kollege Römer, die einzige Vorstellung, die Sie zur Energiepolitik haben?

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Haben Sie nicht gelesen, was wir alles dazu sagen?)

Meine Damen und Herren, ansonsten kritisieren Sie, was wir tun, ohne einen eigenen Entwurf dagegen zu setzen.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Haben Sie etwas vom Ölwechsel gelesen?)

Das ist primitiv, Herr Kollege Eiskirch, aber dafür kennen wir Sie ja.

Meine Damen und Herren, die Grünen hingegen haben ein Konzept. Das muss man offen und ehrlich sagen. Sie haben das Konzept: 100 % erneuerbare Energien, koste es, was es wolle.

Herr Kollege Priggen, da unterscheiden wir uns, und das ist auch gut so. Denn wir haben nicht nur die Umweltverträglichkeit, sondern auch die Wirtschaftlichkeit im Blick. Unser Weg führt dahin, dass der Strom auch in Zukunft noch sowohl für die Unternehmen als auch gerade für kinderreiche Familien weiterhin bezahlbar bleibt.

(Beifall von der FDP – Thomas Eiskirch [SPD]: Das ist bei Ihnen Atomkraft!)

Meine Damen und Herren, kommen wir zum CO2Ausstoß: Es ist nicht wahr, dass der CO2-Ausstoß durch neue moderne Kohlekraftwerke gesteigert wird. Durch den Emissionshandel sind die Ausstoßmengen europaweit festgelegt. Das ist ein knallharter Verdrängungswettbewerb. Wenn ein neues Kraftwerk ans Netz geht, dann muss das Unternehmen die entsprechenden Ausstoßzertifikate zur Verfügung haben. Meine Damen und Herren, somit verdrängt ein effizientes modernes Kraftwerk alte ineffiziente Kraftwerke vom Markt.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Sie waren doch dagegen! Das wollten Sie doch gar nicht!)

Der Kraftwerkspark, Herr Kollege Eiskirch, wird also sukzessive verjüngt. Der Gesamtausstoß auf europäischer Ebene wird dadurch aber nicht erhöht.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Mit dem Gegenteil haben Sie begründet, warum Sie das nicht wollten!)

Wenn Sie also den Menschen die Klimaproblematik erklären, Herr Kollege Priggen, dann bitte richtig.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Nordrhein-Westfalen ist auf einem guten Weg, was die Energieversorgung angeht. Wir gehen in eine hochmoderne Zukunft. Wir werden unsere weltweite Technologieführerschaft auf dem Gebiet der Kraftwerkstechnologie, aber auch bei den Erneuerbaren und der Elektromobilität zum Wohle der Menschen und des Klimas weiter voranbringen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU – Thomas Eiskirch [SPD]: Wer ist die Schönste im ganzen Land?)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Jetzt ist der Platz frei für Herrn Priggen von der Fraktion Die Grünen. Bitte schön.

Herr Präsident! Herr Ministerpräsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn man – jetzt ist die Gelegenheit dafür – eine Bilanz über fünf Jahre Energiepolitik der CDU-/FDP-Landesregierung zieht, dann muss ich sagen: Es sind fünf verlorene Jahre – für die Gebäudesanierung, für die Kraft-Wärme-Kopplung, für die erneuerbaren Energien. Das ist bitter.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Nach 39 Jahren SPD-Regierung, nach zehn Jahren Rot-Grün habe ich es völlig akzeptiert – das ist ein Stück weit demokratische Kultur –, dass es einen Wechsel gab; das ist von den Wählerinnen und Wählern so entschieden worden. Ich habe aber nicht gedacht, dass Sie in der Energiepolitik so schlecht werden, wie Sie jetzt tatsächlich sind.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Zwei Thermen haben die letzten viereinhalb Jahre dominiert:

Zu Beginn der Legislaturperiode war es die Steinkohle; das ist völlig richtig. Dort hat es Differenzen gegeben. Die SPD hatte eine andere Position zur Beendigung der Steinkohleförderung als die anderen drei Fraktionen. – Aber, Herr Kollege Weisbrich, Sie waren bis jetzt immer ehrlich in der Frage. Man muss ehrlich sein. Das, was uns die Kohle kostet, ist von 1997 bis Dezember 2005, bis in diese Legislatur hinein, Produkt eines Konsenses der Bundestagsfraktionen aller vier Parteien gewesen,

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: So ist es!)

angeführt von Bundeskanzler Kohl. Die FDP hat das – ich weiß, dass sie sich immer aus der Verantwortung stiehlt –

(Ralf Witzel [FDP]: Die Zeiten ändern sich!)

unter Bundeswirtschaftsminister Rexroth mit unterschrieben.

(Thomas Eiskirch [SPD]: So ist das!)