Protokoll der Sitzung vom 03.12.2009

Meine Damen und Herren, die geplante und sinnvolle Privatisierung der LEG-Wohnungsbestände haben wir mit Augenmaß und unter Wahrung höchster sozialer Standards im Interesse der Mieter und Mitarbeiter durchgeführt. Hierzu haben wir den Verkauf der Wohnungen an ein bundesweit einzigartiges Sozialschema, an eine Sozialcharta, gebunden, deren Einhaltung – auch das ist neu – einmal jährlich der Prüfung unterzogen wird. Der erste Prüfbericht liegt nun vor. Darin ist zu lesen, dass die Bestimmungen der Sozialcharta in einem weit höheren Maße erfüllt werden als vertraglich gefordert. Warum die ständigen Beschwerden der Opposition? Übrigens: Ursprünglich war der LEG-Verkauf eine Idee von SPD und Grünen, allerdings ohne jedwede soziale Sicherungsmaßnahme.

Meine Damen und Herren, die Bau- und Wohnungspolitik hat sich seit 2005 sehr erfolgreich entwickelt. FDP und CDU – wer sonst? – werden ihren Weg in den nächsten Jahren, also auch nach dem 9. Mai, lieber Herr Hilser, konsequent weitergehen.

(Beifall von FDP und CDU – Horst Becker [GRÜNE]: Unglaublich!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Ich will noch einmal darauf hinweisen: Jeder Fraktion stehen zehn Minuten Redezeit zur Verfügung. Der Kollege Sahnen hat diese Redezeit mit einer Punktlandung eingehalten. Ich weiß nicht, was abgemacht war, aber das werden Sie untereinander ausmachen. Von hier oben aus war alles in Ordnung. Ich möchte keine anderen Eindrücke aufkommen lassen.

Als nächster Redner hat Kollege Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Haushalt des Haushaltsjahres 2010 und damit den letzten Haushalt, den diese Koalition gestalten wird.

(Zuruf von Gerhard Lorth [CDU])

Insofern muss man auch einmal zurückschauen. Zunächst will ich feststellen: Was Sie hier in den letzten vier Jahren in der Wohnungsbaupolitik abgeliefert haben, lässt sich eigentlich nur noch mit dem Wort Abrissbirne bezeichnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

So sind Sie durch die Gegend gelaufen. Genau dies haben Sie in den letzten Jahren gemacht. Lassen Sie mich das an wenigen Punkten verdeutlichen.

Sie haben sich tatsächlich an den Mieterrechten vergriffen. Insbesondere haben Sie die Kündigungssperrfristverordnung, also die nordrheinwestfälische Verordnung zu der entsprechenden Bundesgesetzgebung, abgeschafft. Damit sind Sie weit hinter das bayerische, das baden-württembergische und das hessische Recht zurückgefallen. In diesen Ländern gibt es in einer Reihe von Kommunen Kündigungssperrfristverordnungen mit Fristen von bis zu zehn Jahren. Dies enthalten Sie den Mieterinnen und Mietern in Nordrhein-Westfalen trotz der Probleme, die es hier am Wohnungsmarkt gibt, vor. Das ist schändlich.

Ferner haben Sie alleine in den letzten vier Jahren dem Wohnungsbauvermögen des Landes über die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe rund 160 Millionen € entzogen. Dieses Geld fehlt im sozialen Mietwohnungsbau. Das ist ebenfalls schändlich.

Ich will Ihnen das auch noch an einer Zahl deutlich machen. Alleine zwischen dem Jahr 2005 und dem Jahr 2015 wird sich die Zahl der Sozialwohnungen, in Bezug auf die die Kommunen ein Bindungsrecht haben, halbieren. Das ist ein enormes Problem, das Sie in die Zukunft hinein transportieren und das wir alle zusammen in den Kommunen auszuhalten haben werden.

Dieses Problem ist deswegen so enorm, weil wir es in den nächsten Jahren bekanntlich mit zunehmender Altersarmut zu tun haben werden und weil durch die Hartz-Gesetzgebung die Divergenz in der Gesellschaft zwischen Reichen und Armen erheblich zunimmt. Wir machen also genau das Falsche. Statt Sozialwohnungen mit Bindungsbelegung auszubauen, nimmt der Bau solcher Wohnungen ab. Wir bekommen im Jahr kaum noch 5.000 Wohnungen dazu, verlieren aber jährlich ungefähr 50.000. Das ist ein Fakt, und zwar ein verheerender Fakt, den diese Regierung zu verantworten hat.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt nennen, der heute noch nicht angesprochen worden ist. Sie haben auch in der Städtebauförderung ganz erheblich abgebaut. Ich erinnere an die Beratungen zum Gemeindefinanzierungsgesetz im Jahr 2006. Seinerzeit ist das alles aus dem GFG herausgenommen worden und in die ministeriellen Haushalte, also in den Einzelplan 14 unseres Haushalts, überführt worden. Seinerzeit wurde gesagt, dort werde keine Streichung vorgenommen. Das Erste, was vorgenommen worden ist, waren aber Streichungen bei der Städtebauförderung. Auch das ist im Wohnungsbau dramatisch. Sie wissen das selbst.

Diese Punkte stellten aber nur den Aufgalopp dar. Der große Punkt war in der Tat der LEG-Verkauf mit rund 100.000 Wohnungen an Heuschrecken. Ich darf noch einmal an die Namen erinnern. Sie haben ja gesagt, die Wohnungsbaupolitik dieses Landes sei verlässlich. Ihre Verlässlichkeit gründet sich auf denkwürdige Namen wie Weiße Rose und Vendet

ta. Weiße Rose und Vendetta – das sind die verlässlichen Partner in der Wohnungswirtschaft dieser Landesregierung. Ich halte das für bezeichnend. „Privat vor Staat“ geht hin zu Heuschrecken. Das ist Ihr Weg – von Verlässlichkeit keine Spur.

Um dieses Stichwort direkt aufzugreifen: Auch im Zusammenhang mit einer Sozialcharta ist natürlich überhaupt keine Verlässlichkeit gegeben. Es ist ja geradezu tollkühn – damit führen Sie ein absolut lächerliches Schauspiel auf –, dass Sie sich bestätigen lassen, in den ersten drei oder vier Monaten des Jahres 2008 – darauf bezog sich der Prüfbericht – sei angeblich alles gut gegangen. Zunächst einmal sind es nur drei bis vier Monate. Außerdem betrachten Sie die Durchschnittsmietpreise und die durchschnittlichen Erneuerungs- und Instandhaltungsaufwendungen. Das ist, mit Verlaub, ziemlich lächerlich, Herr Kollege.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es ist auch deswegen lächerlich, weil Sie ausweislich Ihrer eigenen Vereinbarung mit den Heuschrecken vereinbart haben, dass Sie den Prüfbericht für das Jahr 2009 erst nach der Landtagswahl vorlegen wollen. Das ist sowohl spannend und interessant als auch verwerflich, weil natürlich, wie wir alle wissen, Mieterhöhungen in drastischer Höhe vorgenommen worden sind – 20 % zum Beispiel bei Ihnen in Neuss. Ich frage mich auch, ob das bei Ihnen möglicherweise mit dem Punkt Wiederwahl zu tun hat. Erhöhungen um 20 % sind also vorgenommen worden. Außerdem wissen wir – Herr Kollege Hilser hat darauf hingewiesen –, dass es bei der Instandhaltung an ganz vielen Stellen zum Stillstand gekommen ist. Vor diesem Hintergrund können Sie nicht behaupten, das sei eine wunderbare Geschichte; die Sozialcharta sei eingehalten worden; das sei alles bestätigt worden. Das ist, mit Verlaub, absoluter Nonsens. Sie machen an der Stelle nichts anderes, als die große Nebelwurfmaschine einzuschalten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich will Ihnen gerne noch einen weiteren Punkt nennen, nämlich die Frage der Wfa. Man kann es nicht so machen, wie Sie das tun. Sie unternehmen hier ein absolut gefährliches Experiment – und zwar nicht, weil das Wohnungsbauvermögen nicht heute schon haften würde. Wir alle, die wir uns damit auskennen, sind uns einig, dass es das tut.

Das Experiment ist vielmehr erstens deswegen so gefährlich, weil in Zukunft das Wohnungsbauvermögen letztlich mit für Förderprogramme aller Art herhalten muss, also in Konkurrenz zu anderen Förderzielen am Kabinettstisch ausgekegelt wird.

Zweitens ist es so verwerflich und so gefährlich, weil es mit dieser Ausweitung der Eigenkapitalbasis und der Ausweitung des Fördergeschäfts dahinter – das im Übrigen von diesem Parlament und vom Landesrechnungshof nicht mehr geprüft werden kann –

selbstverständlich dazu kommt, dass wir nicht mehr im Griff haben, was passiert, sondern dass alleine der Vorstand der Bank das Risikomanagement im Wohnungsbau nach dem Kreditwesengesetz betreibt. Das ist etwas anderes als die Steuerung durch das Parlament im Wohnungsbau.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, um die Absprachen in etwa einzuhalten, will ich nur noch einen Satz zu den Gesetzen zur Änderung des Wohnungsbauförderungsgesetzes der letzten Jahre sagen. Wir hatten insgesamt sechs davon. Herr Rasche, sie sind deshalb immer wieder erlassen worden, weil aus der Wohnungsbauförderungsanstalt Kapital entnommen worden ist. Hier rühmen Sie sich, dass Sie das Kapital jetzt wieder auf die alte Höhe zurückführen. Eigentlich hätten Sie eben auch sagen müssen, dass Sie sich zwischendurch für die Landeskasse am Wohnungsbauförderungsvermögen vergriffen haben.

Das ist die Wahrheit. So sieht Ihre Politik aus. Diese Politik ist falsch.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Lienenkämper das Wort.

(Frank Sichau [SPD]: Er begründet jetzt die falsche Politik! – Christof Rasche [FDP]: Alle Anträge wurden bewilligt! Mehr geht doch nicht! – Horst Becker [GRÜNE]: Ich habe noch drei Minuten! Ich könnte noch etwas dazu sagen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Der Einzelplan 14 ist auch im Jahr 2010 wieder ein wichtiger Beitrag dazu, dass wir gestärkt aus der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise hervorgehen. Daher werden wir auch im Jahre 2010 die Schwerpunkte fortführen, die es ermöglichen, mit den entsprechenden Investitionen die erforderliche Modernisierung und die wirtschaftliche Erholung unseres Landes abzusichern.

Im Entwurf 2010 des Haushalts für Bauen und Verkehr ist ein Gesamtetat von rund 3,077 Milliarden € veranschlagt. Für die Finanzierung der sozialen Wohnraumförderung – das ist schon gesagt worden – stellen wir nicht 840 Millionen €, nicht 950 Millionen €, sondern für dieses Jahr über 1 Milliarde € zur Verfügung. Das macht nachdrücklich deutlich, dass wir an unserem Ziel festhalten, alle bewilligungsreifen Anträge auch zu bewilligen. Kein Antrag wird abgelehnt werden. Wir stehen verlässlich zur sozialen Wohnraumförderung, jetzt und auch in Zukunft.

Die Vollintegration, meine sehr geehrten Damen und Herren, ermöglicht uns sowohl eine verstärkte Basis für die soziale Wohnraumförderung als auch eine verstärkte Basis für die übrigen Fördermöglichkeiten der NRW.BANK, die die Förderbank für das Land Nordrhein-Westfalen ist und die kein auf Wirtschaftsmaximierung ausgerichtetes Finanzinstitut ist.

Wir haben eine Win-Win-Situation, wie es da so klassisch heißt. Ihre Argumente, Herr Kollege Hilser und Herr Kollege Becker, von gestern Abend waren gestern Abend schon nicht richtig und sind auch über Nacht nicht richtiger geworden.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Die soziale Wohnraumförderung habe ich damit behandelt.

Lassen Sie mich zur Stadterneuerung einige Ausführungen machen. Mit 318 Millionen € für die Stadterneuerung und die Denkmalpflege wird das Budget im Vergleich zum Jahr 2009 um 36 Millionen € bereinigt, um Einmal-Effekte aufgestockt. Die Verstärkung des Ansatzes resultiert aus den gemeinsamen Anstrengungen von Bund und Land für den Klimaschutz mit der energetischen Modernisierung der sozialen Infrastruktur in den Gemeinden.

In der allgemeinen Städtebauförderung stellen wir 191,5 Millionen € für Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bereit. Sie sind für die Umsetzung von fünf Förderprogrammen, die von Bund und Land gemeinsam finanziert werden, vorgesehen. Dabei, meine Damen und Herren, stärken wir die Innenstädte und Ortsteilzentren, entwickeln sie weiter und stellen nachhaltige städtebauliche Strukturen dort her, wo erhebliche Funktionsverluste jetzt zu beklagen sind.

Die REGIONALEN werden fortgeführt. Ich gebe zu: Wir hätten sie erfinden müssen, wenn es sie nicht schon gegeben hätte. Der Zwang zur überregionalen Zusammenarbeit, der durch die REGIONALEN ausgelöst wird, bewirkt übrigens sehr viel mehr als die Projekte in ihrer Addition. Sie alle sind schon gut, weil sie eine überregionale Bedeutung haben. Dass dann wirklich einmal über den Kirchturm hinaus gedacht und Zusammenarbeit in der Region gepflegt wird, ist richtig so, ist gut so. Und wir setzen das fort.

57,2 Millionen € sind für die energetische Modernisierung der sozialen Infrastruktur vorgesehen, 15,6 Millionen € für die kommunale, private und kirchliche Förderung im Bereich der Bau- und Bodendenkmalpflege, so dass Sie sehen, dass wir uns mit allen Bereichen der Baupolitik intensiv auch haushaltsmäßig für das nächste Jahr wappnen.

Sie wissen, meine Damen und Herren, dass beim Wohngeld die notwendigen sozialen Aspekte in unserem Land nicht nur nicht vernachlässigt, sondern vollständig erfüllt werden. Mit der auch auf die

Initiative Nordrhein-Westfalens zurückgehende Leistungsnovelle im Wohngeld 2009 sind deutliche Leistungsverbesserungen eingetreten, die gerade in einer Wirtschaftskrise helfen, die finanziellen Auswirkungen für die Betroffenen und insbesondere für Geringverdienende mit Kindern sozial abzufedern.

Für das Jahr 2010 gilt eine Wohngeldveranschlagung in Höhe von 393 Millionen € inklusive des Bundesanteils. Sie liegt damit um rund 218 Millionen € höher als im Jahre 2008 vor der Gesetzesnovelle. Sie sehen, meine Damen und Herren, im Bereich des Bauens, der Stadtentwicklung und der Denkmalpflege sind wir für das Jahr 2010 mit diesem Haushaltsentwurf gut aufgestellt. Wir werden gestärkt aus der Krise hervorgehen – und das mit modernen und nachhaltigen Mitteln. Insofern empfehle ich diesem Hohen Hause die Annahme des Einzelplans.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Lienenkämper. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen zum Teilbereich „Städtebau und Wohnen“.

Wir kommen zum

Teilbereich Verkehr

Hierzu spricht für die SPD-Fraktion als erster Sprecher Kollege Wißen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erleben eine Premiere und eine Finissage zugleich – eine Premiere, weil dies der erste ordentliche Haushalt, soweit man bei dieser Landesregierung von ordentlich sprechen kann, und nicht etwa Nachtragshaushalt oder so etwas ist, den Minister Lienenkämper einbringt. Gleichzeitig ist es auch die Finissage, denn wir wissen, am 9. Mai des nächsten Jahres ist das auf dieser Seite hier beendet.

Es macht also Sinn, sich Anspruch und Wirklichkeit der Verkehrspolitik der Rüttgers-Regierung einmal vor Augen zu führen und Bilanz zu ziehen. Da kommt man auf sehr interessante Ansichten.