Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

Aber darüber hinaus brächte sie aus meiner Sicht wenig bis nichts. Ja, zu den bundesrechtlichen Vorschriften des Aktienrechts gibt es unterschiedliche juristische Stellungnahmen. Wir haben auch in der Rechtswissenschaft dazu eine sehr unterschiedliche und breit angelegte Diskussion. Ich verweise auf die vorherrschende Rechtsprechung. Ich kann jedem, der Verantwortung trägt und in den Gremien sitzt, nur empfehlen, dass er sich an dieser Rechtsprechung orientiert, auch wenn ich viel Sympathie für die derzeitige Mindermeinung habe. Und die Rechtsprechung besagt, dass zur Sicherung der Wahrung des Geschäfts einer Aktiengesellschaft Informationen nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich gemacht werden.

Das heißt, diese Kommission hätte nicht mehr Informationen als die, die wir heute auch haben. Aus diesem Grunde wäre sie letztlich ohne erweiterte Möglichkeiten und könnte keinen wirksamen Beitrag dazu leisten, die Risiken, die sich bei einer international agierenden Großbank ergeben, auf Dauer zu minimieren oder zur vermeiden.

Meine Damen und Herren, wir als FDP-Fraktion haben immer sehr deutlich gemacht – auch schon in der letzten Legislaturperiode –, dass wir eine Vermeidung von Haftungsrisiken, wie sie zweifelsohne auch bei der WestLB AG bestehen, für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nur durchsetzen können, wenn wir den Landesanteil an der Bank diskriminierungsfrei am Kapitalmarkt veräußern oder diesen Landesanteil in eine Neustrukturierung, in einen Konsolidierungsprozess des Landesbankensektors auch kurzfristig bis zum Ende des Jahres 2011 einbringen. Diesen Weg wollen wir.

Ich bitte Sie herzlich, diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen. Diesen Weg wollen wir zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger vor Haftungsrisiken konsequent verfolgen. – Danke.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bünd

nis 90/Die Grünen erhält der Kollege Groth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Tribüne! Guten Morgen, Frau Freimuth!

(Angela Freimuth [FDP]: Guten Morgen!)

Mit Ihnen jedenfalls wollen wir den Weg „Privat vor Staat, Hauptsache Verscherbeln des Landeseigentums an irgendwelche Privaten“ nicht gehen. Mit Ihnen schon mal gar nicht!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das wird so nicht stattfinden.

Am 24. November letzten Jahres hat meine Fraktion den Antrag „WestLB AG: Landesregierung muss vollständige Transparenz schaffen und einen Risikobericht vorlegen“ eingebracht. Dieser Antrag ist sachlich gefasst und dient, anders als Sie dauernd vorgeben wollen, einfach der Tatsache, dass wir nicht die Bank diskreditieren, auch nicht in irgendeiner Form schlechtreden wollen, wie Sie uns immer vorhalten, sondern er zielt einzig und allein darauf, dass wir Transparenz in diesem Hause einfordern, was für sie selbstverständlich sein müsste. Sie tragen hier mehrheitlich die Verantwortung. Wir kontrollieren Sie als Opposition, und Sie kommen Ihren Aufgaben nicht nach.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich erinnere Sie. Denken Sie an die Steinkohle! Damals ging es um einen Betrieb, bei dem wir nicht Miteigentümer waren. Sie haben seinerzeit vor dem Verfassungsgericht verloren, weil Sie keine Transparenz schaffen wollten. Deshalb ist auch an dieser Stelle ganz besondere Vorsicht angesagt. Ich möchte betonen, dass der Finanzminister jedenfalls bemüht ist oder bemüht war, den Haushalts- und Finanzausschuss zeitnah zu unterrichten. Er ist bemüht, die Sprecherinnen und Sprecher der einzelnen Fraktionen im Haushalts- und Finanzausschuss zwischen den einzelnen Sitzungen via Telefonkonferenz über aktuelle Entwicklungen bei der Bank zu informieren. Er ist bemüht. Dieses Bemühen erkennen wir an. Aber Sie wissen, was das bedeutet. Ich muss das nicht weiter ausführen. Das muss klar gesagt werden.

In puncto Transparenz, Herr Finanzminister, bleibt da viel offen. Den hier vertretenen Abgeordneten reicht das nicht, was Sie da leisten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das können wir in der Regel am Tag vorher oder spätestens an dem Vormittag selbst in der Zeitung, in der einschlägigen Fachpresse lesen. Es reicht nicht, weil unser parlamentarischer Kontrollauftrag mehr umfasst als das passive Entgegennehmen

seitens der Landesregierung vorgetragener Berichte.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das reicht nicht. Den parlamentarischen Kontrollauftrag, Herr Weisbrich – den müssen Sie leisten, den müssen wir auch leisten. Sie tun das nicht.

Das heißt, dass sich die Abgeordneten dieses Hauses ein authentisches Bild machen müssen von den Vorgängen, die hier laufen, und zwar über das hinaus, was wir in der Zeitung lesen können. Sie müssen die Verträge, die das Land unterzeichnet, vollständig einsehen können. Sie müssen sie lesen, und sie müssen sie durcharbeiten können. Und sie müssen Risikoerklärungen, Garantieerklärungen des Landes vollständig lesen, einsehen, durcharbeiten und beurteilen können. Genau an dieser Stelle, meine Damen und Herren, hakt es.

Liegt den Abgeordneten dieses Hauses die Eckpunkte-Vereinbarung vom 30.09. bezüglich des §-8Portfolios vor? Nein, erstes Nein.

Liegt den Abgeordneten dieses Hauses die gegenüber dem SoFFin abgegebene Garantieerklärung vom 30.09. bezüglich dieses Portfolios vor? – Nein, zweites Nein.

Liegen den Abgeordneten dieses Hauses die Vertragspapiere zur Einrichtung der WestLB-AidA vor? Drittes Nein, Herr Weisbrich. Das haben Sie alles nicht.

(Zuruf von Christian Weisbrich [CDU])

Liegt den Abgeordneten das AidA-Statut vor, Herr Weisbrich? Auch das Statut liegt den Abgeordneten nicht vor. Viertes Nein.

Und liegt den Abgeordneten des Hauses die Aufstellung der Position des Omega-Portfolios vor? Fünftes Nein, Herr Kollege. Das müsste Sie nachdenken lassen. Das sind die zentralen Forderungen unseres Antrags. Es ist nicht erledigt.

Ganz schwach ist in diesem Kontext, Herr Kollege Weisbrich – hören Sie noch einen Augenblick aufmerksam zu! –, das Argument, man könnte diese Verträge überhaupt nicht verstehen. Das mag für Sie vielleicht gelten, vielleicht auch für Ihre Fraktion. Wir jedenfalls wollen unserer Verantwortung gerecht werden. Wir wollen diese Verträge sehen. Wir wollen sie beurteilen, und dann werden wir verantwortungsvoll darüber diskutieren und abstimmen können.

(Zuruf von Christian Weisbrich [CDU])

Was Sie bislang dazu beigetragen haben, ist nichts, Herr Abgeordneter Weisbrich.

Am 24.11. haben wir unseren Antrag eingebracht. Am 10.12. hat dann der Minister reagiert und angekündigt, die AidA-Verträge dem Parlament auf der Grundlage der Verschlusssachenordnung vorzulegen. Dann können wir in einem verschlossenen

Raum und ohne die Möglichkeit – so sagten Sie es gerade –, Aufzeichnungen mitzunehmen, diese Verträge einsehen. Das ist schon ein kleiner Schritt. Es bedurfte aber eines Antrags der Grünen, damit der Finanzminister 14 Tage später reagierte.

Was ist denn mit den anderen Dingen, die wir auch einsehen wollen und die uns noch nicht vorliegen, Herr Weisbrich? – Vielleicht reagieren Sie gleich darauf; Sie haben vermutlich noch ein bisschen Zeit. Dann werden wir in der Diskussion ein bisschen inhaltlicher.

Es erfolgt Einsichtnahme unter Aufsicht, etwaige Notizen sind nicht möglich, und auch Rückfragen und Diskussionen sind nicht möglich. – So lässt sich jedenfalls aus grüner Sicht ein Sachverhalt, bei dem es um Milliardenrisiken für den Landeshaushalt geht, für die die Bürgerinnen und Bürger hier im Land Nordrhein-Westfalen zu haften haben, nicht angemessen begleiten. Das bleibt auch dabei.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund, Herr Weisbrich, unterstützen wir den Antrag der SPD-Fraktion zur besseren parlamentarischen Begleitung und Kontrolle. Das ist richtig so: Der AidA-Prozess muss besser begleitet und kontrolliert werden, und dafür muss man auch eine Begleitkommission – das kann man jetzt noch machen – einsetzen.

Natürlich lässt sich gegen diese Kommission auch etwas einwenden; ich will das offen sagen. Es lässt sich einwenden, dass die Geschäftsordnung des Landtags dieses Instrument überhaupt nicht vorsieht. Das ist klar. Es gibt aber auch keinen Präzedenzfall. Die Diätenkommission hat zwar gut funktioniert, aber sie hatte keinerlei Rechte. Eine solche Kontrollkommission müsste allerdings besondere Rechte haben, weil es um große Risiken für den Landeshaushalt geht.

Trotzdem – so weit die Einwände – sagt die bündnisgrüne Fraktion: Dieses Parlament ist über die Geschäftsordnung des Landtags hinaus frei in seiner Entscheidung, eine solche Kommission einzurichten, wenn alle vier Fraktionen – ich bitte Sie noch einmal inständig, darüber nachzudenken – wirklich willens sind, auf der Grundlage eines gemeinsamen Beschlusses eine solche Kommission einzurichten. Wenn wir sie wollen, können wir sie in rechtlich einwandfreier Form beschließen, und dann wäre sie auch abgesichert. Wir müssen es nur wollen.

Wir müssen unserer Verpflichtung als Abgeordnete nachkommen wollen, Herr Kollege. Wir dürfen nicht einfach nur den Amtseid ablegen und am Ende tatenlos mauern und die Transparenz nicht herstellen. Sie müssen persönlich und in eigener Kenntnis über die Sachverhalte abstimmen. Das müssen auch wir tun können. Bislang können wir das nicht.

Wir Grüne sagen auch: Die Einrichtung einer solchen Kommission wäre ein gutes Signal an die Bürgerinnen und Bürger des Landes, die die Vorgänge in und um die WestLB seit Langem überhaupt nicht mehr verstehen.

(Bernd Krückel [CDU]: Dazu tragen Sie doch bei!)

Sie hören immer nur von Milliardenrisiken, aber können nicht verstehen, was dahintersteckt. Wenn sich dieses Parlament noch einmal intensiv um diese Vorgänge kümmern will, wäre das ein Signal, dass es seiner Verantwortung gerecht wird. Diesen Anspruch haben wir als grüne Fraktion.

Insofern werden wir den Antrag der SPD-Fraktion hier und heute und im Rahmen des weiteren parlamentarischen Beratungsverfahrens natürlich unterstützen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Jetzt hat der Abgeordnete Sagel, fraktionslos, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast bin auch ich verleitet, „Guten Morgen“ zu sagen. Denn Grüne und SPD wollen jetzt immerhin einen Teil dessen nachvollziehen, was ich bereits vor zwei Jahren hier als Linker im Landtag gefordert habe. Ich erinnere nur daran, dass ich hier schon zweimal einen Untersuchungsausschuss zur WestLB gefordert habe, weil ich in der Sache genau die Transparenz, die hier heute von den Oppositionsfraktionen eingefordert wird, verlange. Da haben Sie aber nicht mitgemacht.

Auch nach der milliardenteuren Unterstützung durch den Bund ist die WestLB nicht gerettet und ein neues, am Gemeinwohl orientiertes Geschäftsmodell der WestLB nicht erkennbar. Der WestLB-Tanker dümpelt weiter in schwerer See. Die Risiken für die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und die öffentliche Hand bleiben bestehen. Aber auch nach der Auslagerung von Schrottpapieren für rund 85 Milliarden € und der absichernden Milliardenunterstützung des Bundes können sie noch zu schlagendem Wetter werden.

Unverantwortlich bleibt, dass es weiterhin kein Interesse am Gemeinwohl bei der Bank und bei CDU und FDP gibt, die für das Desaster letztendlich verantwortlich sind. Die Steuerzahler müssen jetzt mit Milliardenbeträgen dafür aufkommen, dass sich die Zocker bei der Bank und im Vorstand der WestLB jahrelang die Taschen mit Millionen vollgemacht haben und dann sogar noch mit Millionenabfindungen in den Ruhestand verabschiedet worden sind. Das ist der wirkliche Skandal, über den hier eigentlich diskutiert werden müsste.

Vermutlich sind auch jetzt die neuerlichen Milliarden unwiderruflich verloren. Denn es gibt offensichtlich erneut keine Rückzahlungsmodalitäten. Finanzminister Linssen ist Teil des Problems und nicht Teil der Lösung bei der WestLB-Milliardenkrise. Immer wieder hat er sich hier hinter einer Mauer des Schweigens verschanzt und das Parlament über die tatsächliche Situation bei der Bank getäuscht. Deswegen müsste er eigentlich längst zurückgetreten sein.

Wie gesagt, ich habe bereits zweimal einen Untersuchungsausschuss gefordert. Denn Linssen gibt in Salamitaktik nur scheibchenweise Auskunft über das tatsächliche Ausmaß des Finanzdesasters. Das war schon bei den Anfang 2007 bekannt gewordenen Verlusten der WestLB infolge der SpreadSpekulationen mit Vorzugsaktien der Fall. Damals lagen dem Aufsichtsrat schon Monate vorher umfängliche Kenntnisse über die defizitären Finanzspekulationen bei der WestLB vor.