Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

Sie alle stehen für die Formel „Kultur durch Wandel – Wandel durch Kultur“. Da werden Projekte konkret, die manche Visionen über das Ruhrgebiet aus dem Text der Zukunftskommission bestätigen – wenn auch manches andere darin nur als lebende Euphorie zu erklären und auf den Boden der täglichen mühsamen Anpassungsprozesse herunterzuholen ist.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Vieles, was da als Idealfamilie Müller im Jahr 2025 – das sind nur noch 15 Jahre – präsentiert wird, wird so nicht eintreten. Aber es ist wichtig, sich damit zu beschäftigen.

Es handelt sich bei den angesprochenen Fragen um solche, die sich allen politisch Engagierten stellen. Das ist keine Sache von Landtagsbeschlüssen; das möchte ich den Grünen sagen. Wir können – das bezieht sich auf Ihren Entschließungsantrag – hier kein Grundsatzprogramm verabschieden. Damit wird die Funktion einer Zukunftskommission völlig missverstanden. Deshalb ist dieser Antrag verfehlt.

Wir haben einen Antrag eingebracht, in dem wir der Zukunftskommission dafür danken, dass sie Gesprächsimpulse gesetzt hat.

Es bleiben Fragen der Zukunftskommission an uns alle: Was hält die Gesellschaft zusammen? Was kann die Verbindung von Innovation und Solidarität sichern? Wie kann das neu durchbuchstabiert werden? Wie kann die Balance von Freiheit und Gerechtigkeit gewahrt werden?

Was sollen in diesem Zusammenhang Zukunftsszenarien leisten? Man kann die Zukunft nicht vorwegnehmen. Es kommt weiterhin auf die Menschen an. Frau Kraft, da reicht es mir, wenn wir im Einsatz für das Land die Köpfe erreichen. Die Herzen überlasse ich lieber anderen Bereichen, nicht der Politik.

Andere wichtige Dinge sind in diesem Zukunftsprojekt aber gar nicht angesprochen. Ich habe den ganzen Bereich der Religion vermisst: Konfessionen und religiöse Gruppen. Das wird in der Zukunft eine eher größere Rolle spielen, insbesondere, was die Integration angeht; denn Menschen, die

sicher im Eigenen stehen, können umso besser Dialoge führen.

Auch Leid, Trauer und sorgende Menschen werden nicht durch die Politik geheilt. Aber die Sorgen der Zukunft werden durch eine zielgerichtete Politik gelindert, die eine klare Perspektive durch gute Rahmenbedingungen schafft.

Der Kommission ist für die Arbeit zu danken. Ein Prozess ist in Gang gesetzt. Wir greifen den Ball auf und führen das Begonnene weiter: zu einer Zukunftswerkstatt im besten Sinne. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Sternberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Kollege Remmel zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich nur kurz auf Herrn Witzel eingehen, was sein Staatsverständnis betrifft.

Aber, Herr Witzel, ich wollte Ihnen auch einfach einmal spiegeln, was ich beobachtet habe. Von da hinten kann ich das nämlich besser sehen. Ich habe beobachtet – Sie konnten es nicht sehen –, dass Ihr Parteivorsitzender bei Ihrer doch sehr ausufernden Rede zwar am Anfang noch sein Dauergrinsen aufgesetzt hat, ihm aber mit zunehmender Länge Ihrer Rede die Gesichtszüge entglitten. Am Ende war ein Gesichtsausdruck zu sehen, bei dem die Mundwinkel sehr nach unten gingen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich wollte Ihnen das nur einmal aus der Richtung spiegeln; denn ich glaube, Ihr Parteivorsitzender sucht einen Generalsekretär, aber keinen Schwafelgeneral. Da müssen Sie noch etwas anderes auf den Tisch legen als das, was Sie hier eben präsentiert haben.

(Zuruf von der FDP)

Aber ich habe mich gemeldet, weil ich etwas zu dem Staatsverständnis sagen wollte, das Sie hier aufgezeigt haben. Ich glaube nämlich, dass dies nicht nur das ist, was uns trennt, sondern dass dies auch eine Auseinandersetzung unter dem Aspekt wird, wer noch auf dem Boden der freiheitlichdemokratischen Grundordnung steht. Das wird uns in den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen.

(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Da sind wir gespannt!)

Eine Politik, die auf „Privat vor Staat“ in der Kombination mit „Mehr Netto vom Brutto“ setzt

(Ralf Witzel [FDP]: So ist es!)

und einseitig ihre Klientel entlastet, koppelt die Starken von den Schwachen ab und entkernt den Staat von innen. Das geht an den Grundfesten unserer Demokratie.

Alle Demokraten sind aufgerufen, einer solchen Politik entschieden entgegenzutreten!

(Beifall von den GRÜNEN)

Wer besser als Ihre ehemalige Parteifreundin kann das formulieren? Ich will, dass das ins Protokoll kommt, und trage es deshalb vor. Frau HammBrücher, die ehemalige Staatsministerin, hat nämlich Anfang der Woche im „Spiegel“ das Vorgehen Ihrer Partei so charakterisiert:

In der Regierung macht die FDP reine Klientelpolitik. Sie kümmert sich um die Steuerfragen einer bestimmten Schicht, das ist alles.“ Eine Partei für das ganze Volk sei die FDP keinesfalls …

Das ist der Kern der Auseinandersetzung, um den wir streiten werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen jetzt zu zwei Abstimmungen in Folge, weshalb ich Sie um Aufmerksamkeit bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, und den Moment Geduld, der dazugehört.

Zunächst stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/10569. Wer stimmt dem Entschließungsantrag zu? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne und Herr Sagel. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/10570. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Es enthalten sich SPD und Herr Sagel. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ist auch dieser Entschließungsantrag abgelehnt.

Damit ist der erste Punkt unserer heutigen Tagesordnung erledigt.

Wir kommen zu:

2 Wahl zum Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit

Wahlvorschlag der Landesregierung Drucksache 14/10514

Ich gebe den Hinweis, dass der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit nach § 21 des Landesdatenschutzgesetzes vom Landtag mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder – das wären 94 Abgeordnete – auf Vorschlag der Landesregierung zu wählen ist.

Da keine Debatte vorgesehen ist, kommen wir unmittelbar zur Abstimmung über den Wahlvorschlag Drucksache 14/10514. Wer im Hohen Hause stimmt dem so zu? – SPD, CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – Grüne und Herr Sagel. Gibt es jemanden, der sich enthält? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Wahlvorschlag mit den Stimmen von CDU, FDP und SPD angenommen. Nach Feststellung des Präsidiums ist er so mit mindestens 94 Stimmen angenommen.

Herr Lepper ist also als neuer Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit gewählt. Ich wünsche ihm im Namen des gesamten Hohen Hauses viel Erfolg bei der Erledigung seiner Aufgaben.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen zu:

3 Gesetz über das Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9760

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 14/10118

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die CDUFraktion Herrn Kollegen Pick das Wort.

(Unruhe – Glocke)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute zum zweiten Mal einen Gesetzentwurf zum Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine, nachdem die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bereits am 8. Mai 2006 einen ersten Anlauf unternommen hatte und das Plenum nach einer Anhörung im Oktober 2006 im Mai 2007 den Gesetzentwurf abgelehnt hat. Das als Hintergrundinformation.

Anschließend hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen am 11. September einen modifizierten Gesetzentwurf eingebracht, der aber seine Grundrichtung beibehält, die zum Ziel hat, dass zukünftig ein Klagerecht für Tierschutz eingeräumt werden soll, obwohl klar ist, dass die rechtlichen Voraussetzungen dafür fehlen.

An dieser Stelle möchte ich sehr deutlich machen, dass Tierschutz für uns alle eine außerordentlich hohe Bedeutung hat, weil er gesellschaftliche Verpflichtung ist. Dieser Verpflichtung sind wir in der Vergangenheit immer wieder nachgekommen. Das politische Handeln, das hier und überall an den Tag gelegt wird, orientiert sich an den sich aus dieser Verpflichtung ergebenden Herausforderungen. Aus dieser Verpflichtung heraus hat sich auch ergeben, dass der Tierschutz als Staatsziel in die Landesverfassung und das Grundgesetz aufgenommen worden ist.

Vor dem Hintergrund der hohen Schutzmöglichkeiten und der hohen Schutzfunktion sind verschiedene Gesetze aufgelegt worden, und zwar auch das Bundestierschutzgesetz.