Wenn der Ministerpräsident in Sonntagsreden sagt, wie schön und wichtig es doch wäre, für die Kommunen etwas zu tun, und auf das Konjunkturpaket verweist, das wir mitgetragen haben und bei dem wir auch froh waren, dass wir so eine schnelle unbürokratische Lösung gefunden haben, reicht das nicht. Die Städte und Gemeinden mit der Präsidentin des Deutschen Städtebundes, Petra Roth, an der Spitze sagen: Unsere Städte und Gemeinden können keine weiteren Steuersenkungen verkraften.
Die Zustimmung im Bundesrat durch FDP und CDU und diesen Ministerpräsidenten zu dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz war ein großer Fehler, meine Damen und Herren. Das muss man noch einmal ganz eindeutig feststellen.
Es ist schön, dass sich die Beratung an die Debatte von vorhin anschließt; denn wir Grünen und die SPD haben hier mit zwei Anträgen deutlich gemacht, dass wir nicht nur politisch im Land für eine andere, für eine rot-grüne Mehrheit kämpfen – das haben wir, glaube ich, sehr gut hinbekommen –, sondern wir legen hier mit gemeinsamen Anträgen ein Regierungsprogramm vor, das zeigt, was wir für die Städte und Gemeinden nach dem 9. Mai besser machen wollen.
Das können alle Menschen, das können die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, egal welcher Couleur, das können die Menschen in den Kommunen, in den Kommunalverwaltungen und in den kommunalen Parlamenten nachlesen.
Das können wir sehr gut ins Land tragen, weil ganz klar ist, dass Schwarz-Gelb, was die Steuer- und Finanzpolitik sowohl in Düsseldorf als auch in Berlin angeht, ein Stoppsignal braucht, damit es den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen wieder besser geht. Auch darüber entscheiden die Menschen. Deswegen kämpfen wir sehr engagiert auch für dieses Thema, weil sich nur Reiche eine arme Kommune leisten können und wir für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen starke und handlungsfähige Kommunen brauchen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist unstreitig – das haben sogar die Sozialdemokraten und die Grünen erkannt –, dass die Finanzlage vieler Kommunen in Nordrhein-Westfalen äußerst angespannt ist.
Zum einen ist das eine Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise. Es dürfte selbst den Sozialdemokraten nicht entgangen sein, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer in 2009 im Durchschnitt dieses Landes um 22 % eingebrochen sind.
Aber auch die stetig steigenden Sozialausgaben sind – das ist ebenfalls eine Tatsache – eine Riesenbelastung für die kommunalen Finanzen. Die durch Bundesgesetze veranlassten Sozialleistungen der Kommunen – für die Kosten der Unterkunft bei Hartz IV, die Grundsicherung im Alter, die Hilfe für Behinderte zur Pflege und die Pflegehilfe bei Jugendlichen – sind in den letzten Jahren dramatisch angewachsen. Allein zwischen 2007 und 2010 ergab sich in Nordrhein-Westfalen im Durchschnitt ein Anstieg dieser Soziallasten von 20 %.
Mittlerweile sind manche kommunalen Haushalte zu mehr als 50 % mit der Finanzierung von Soziallasten belastet.
Meine Damen und Herren, wenn man sich Ihren Antrag ansieht, dann stellt sich das als eine Zusammenstellung von Sachverhalten dar, die in diesem Hause abschließend behandelt worden und
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Leider ohne Er- gebnis! – Edgar Moron [SPD]: Ihr habt gar nichts gemacht! Ihr habt das abgelehnt!)
Der Antrag enthält gar nichts Neues. Im Grunde ist er eine Zusammenstellung des Scheiterns Ihrer Politik.
Herr Moron, wir haben vor 14 Tagen eine Anhörung durchgeführt, in der der Vertreter des Landkreistages ganz deutlich gesagt hat, dass er sich, wenn Sie jetzt diesen Rettungsschirm aufspannen und diese Mittel aufnehmen würden, um die kommunalen Schulden zu beseitigen, total dagegen ausspräche;
denn zunächst einmal müsse das strukturelle Defizit dieser kommunalen Haushalte beseitigt werden. – Das ist das Entscheidende.
Sie suggerieren den Leuten, dass durch Hilfe des Landes – oder mithilfe der Solidarität aller Kommunen in diesem Lande – die finanziellen Belastungen dieser Kommunen beseitigt werden können.
Wir haben gerade übereinstimmend festgestellt – das verschweigen Sie dann wieder –, dass die Hauptbelastungen, die wesentlichen Elemente für die augenblicklich defizitären Strukturen unserer Kommunalfinanzen das Einbrechen der Gewerbesteuer und die ständig wachsende Grundlast in den Sozialausgaben sind.
Herr Jäger suggeriert mit seiner gerade zum x-ten Mal erfolgten Aufzählung, dass das Land irgendwie in der Lage wäre, das Einbrechen der Gewerbesteuer und die Belastungen durch die ständig anwachsenden sozialen Grundlasten aufzufangen. – Das ist falsch, das geht nicht.
Wir haben immer auf die Feststellung der Landesregierung – dafür bin ich dem Finanzminister und dem Innenminister sehr dankbar – verwiesen, dass das Land selbstverständlich zu seiner Verantwortung gegenüber den Kommunen steht. Wir können das aber nur im Einklang mit dem Bund machen. Nehmen Sie doch einfach den großen Erfolg dieser Landesregierung und des Ministerpräsidenten zur Kenntnis, der es in Berlin geschafft hat, dass eine Kommission eingerichtet wird, in der Bund, Länder
Ich darf Ihnen sagen, auch wenn es wehtut: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist es gelungen, dass man dort auf gleicher Augenhöhe an einem Tisch sitzt und miteinander verhandelt. Wenn Sie die Presseschau des heutigen Tages gelesen haben, werden Sie wissen, dass die Bundeskanzlerin gestern im Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden Folgendes erklärt hat:
Kanzlerin Merkel habe Verständnis für die Forderungen der Kommunen nach einer Verbesserung der Finanzlage geäußert … So werde sich beispielsweise die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen nicht nur mit einem möglichen Ersatz der Gewerbesteuer befassen, sondern auch nach Auswegen bei den wachsenden Sozialausgaben suchen.
Diese solle bis zum Herbst Ergebnisse vorlegen. – So das „Handelsblatt“ von heute. Das wurde in den 60 Jahren Bundesrepublik nicht geschafft.
In der vorangegangenen Debatte haben Sie, Herr Moron, auf die früheren Ministerpräsidenten hingewiesen; einer ist dann ja auch Finanzminister im Bund gewesen. Würden Sie gleich in Ihrem Beitrag einmal erzählen, was der im Bund, als er Finanzminister war, dafür getan hätte, damit es den Kommunen bundesweit besser gegangen wäre?
(Ralf Jäger [SPD]: Zwei Konjunkturprogram- me! – Hans-Willi Körfges [SPD]: Gewerbe- steuer und zwei Konjunkturprogramme!)
Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die finanzielle Lage der Kommunen total verschlechtert hat. Er hat ebenso dafür gesorgt, dass es keinerlei Verbesserungen für die Kommunen gab, sondern er war – und das ja auch gegenüber Ihnen, wenn Sie etwas Ehrlichkeit mitbringen – sehr hartleibig gegenüber den Kommunen aufgetreten. Sie sollten hier auch einmal erwähnen, dass es seinerzeit keinerlei Verbesserungen gegeben hat und dass all die Verbesserungen, für die wir uns eingesetzt haben und die auch jetzt umgesetzt werden, eine Chance für die Kommunen sind.
Sie sollten endlich dieses Wahlkampfgeklingel aufgeben und den Kommunen nicht suggerieren, mit Ihrem Rettungsschirm wäre die Finanzlage der Kommunen verbessert. – Das ist falsch. Sie wissen das, und trotzdem müssen Sie es hier kurz vor der Landtagswahl pflichtgemäß noch einmal vorbringen.
Ihnen ist entgangen, dass wir bereits mit dem Haushaltsgesetz 2010 den Ausnahmekatalog zur Erbringung des kommunalen Eigenanteils erweitert haben. Bei Kommunen ohne ausgeglichenen Haushalt und ohne ausgeglichenes Haushaltssi
cherungskonzept kann die Landesförderung in ausgewählten Förderbereichen bis zu 90 % betragen. Darüber hinaus kann der verbleibende kommunale Eigenanteil von 10 % auch durch Dritte erbracht werden. – Herr Jäger, das ist doch etwas ganz anderes, als Sie vorgetragen haben.
Auch mit Bezug auf die von Ihnen eben angesprochene Ausbildungspleite wissen Sie, dass Sie die Unwahrheit sprechen. Das sollten Sie hier noch einmal ganz deutlich sagen: Jede Kommune kann ausbilden.
Für die notwendige Ausbildung darf sie es. Der Innenminister wird gleich Stellung dazu nehmen. Sie sollten nicht immer wieder solche Unwahrheiten ins Land transportieren.
CDU und CSU sind im Jahr 2005 auf Bundesebene im Rahmen des Koalitionsvertrages übereingekommen, an den Zusagen des Solidarpaktes II festzuhalten. Die Verwendung von Solidarpaktmitteln soll dem Prinzip einer gezielten Stärkung der in Ostdeutschland vorhandenen Potenziale verpflichtet sein.