In der mittelfristigen Finanzplanung dieses Finanzministers Linssen stehen jedes Jahr bis 2013 mehr als 6 Milliarden € mehr Schulden. Herr Linssen, man kann bei Ihnen wohl auch vom Schuldenminister sprechen. Denn etwas anderes ist da nicht mehr zu erkennen.
Eine weitere Frage, die Sie nicht beantwortet haben: Was bedeutet die Schuldengrenze für das Personal des Landes? Worauf müssen sich die Mitarbeiter einrichten? Darauf geben Sie auch keine Antwort. Was bedeutet die Schuldengrenze für die Pensionsleistungen und -lasten des Landes? Auch darauf gibt es keine Antwort von Ihnen.
Ganz entscheidend – Herr Weisbrich, da widerspreche ich Ihnen ausdrücklich – ist: Welche Auswirkungen wird die Schuldengrenze auf die kommunalen Finanzen haben? Hier ist die Rolle der Regierung schon geradezu verrückt. Man weiß manchmal nicht, ob die Leugnung der kommunalen Finanzsituation durch die Landesregierung dreist oder dumm oder sogar beides ist.
Die kommunale Finanzausstattung ist gerade für uns Sozialdemokraten ein ganz entscheidender Punkt. Deshalb fordern wir auch, der kommunalen Finanzausstattung einen Verfassungsrang zu geben. Dies steht so in unserem Wahlprogramm.
Von daher werden wir auch dem vorliegenden Änderungsantrag der Grünen zustimmen. Wir halten den Weg der Grünen mit diesem Änderungsantrag allerdings nicht für den richtigen Weg, weil viel zu viele Fragen weiterhin unbeantwortet bleiben und weil diese Landesregierung von Anfang an kein Interesse daran hatte, die Landesverfassung in diesem Punkt zu ändern. Deshalb noch einmal zu dieser Verfassungsänderung unser Nein und unser Ja zu einer nachhaltigen Finanzpolitik,
Wir werden uns nach dem 9. Mai, wenn Sie Ihr Wahlkampftamtam wieder eingepackt haben, neu über dieses Thema unterhalten – mit einem neuen Finanzminister, und zwar von der SPD. Ich wünsche Ihnen, Herr Linssen, einen geruhsamen Lebensabend. Glück auf!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf geht ein Paradigmenwechsel in die deutsche Haushaltspolitik ein, der im Deutschen Bun
destag für die Bundesebene bereits vollzogen wurde, im Übrigen mit Zustimmung der SPD, der Unionsfraktionen und der FDP. Genau das wollen wir auch in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung verankern.
Mit der landesverfassungsrechtlichen Schuldenbremse würde die langjährige Kreditregel des Art. 83, nach der Kredite bis zur Höhe der Investitionen aufgenommen werden dürfen, abgelöst. Das, meine Damen und Herren, ist in der Tat eine vollständig neue Ausrichtung der Haushaltpolitik; denn die alte Kreditregel hat den stetigen Anstieg der Verschuldung weder im Land Nordrhein-Westfalen noch im Bund nicht vermeiden können. Die Staatsverschuldung in Höhe von 1,6 Billionen € – jede Sekunde kommen 4.500 € hinzu – hat mittlerweile ein Maß erreicht, das wir so nicht hinnehmen können.
Meine Damen und Herren, zu dem Thema hat eine ausführliche Anhörung stattgefunden, bei der das Für und Wider des Gesetzgebungsvorhabens kontrovers beleuchtet wurde. Es gab unterschiedliche Stellungnahmen, Aspekte und Ansichten von Ökonomen, Juristen und Gewerkschaften. Auch die nachvollziehbare, aber unbegründete Befürchtung der Kommunen mit Blick auf die kommunale Finanzausstattung wurde in der Anhörung diskutiert.
Ein Weiter-wie-bisher – man könnte gelegentlich den Eindruck haben, das sei tatsächlich nach wie vor gewollt – darf es aus Sicht der FDP-Fraktion nicht geben. Das Beispiel eines südeuropäischen Landes führt uns in diesen Tagen und Wochen sehr drastisch vor Augen, was passiert, wenn ein Staat seine Eigenständigkeit durch die Verschuldung aufs Spiel setzt. Wir müssen verhindern, dass sich solche Verhältnisse in Europa weiter ausbreiten. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Beitrag, den wir dazu leisten können.
Meine Damen und Herren, ich möchte auf zwei Aspekte eingehen, die wir dabei berücksichtigen sollen und müssen: Natürlich – das ist zugestanden, insofern ist der Hinweis in dem Antrag der Kollegen der SPD zu Recht gekommen; sie wissen genau, wovon sie reden – nutzen die besten Regeln nichts, wenn sich Haushaltsgesetzgeber nicht an die selbst gesteckten Regeln und Ziele halten. Das wird konsequenterweise durch einen Merkposten unterstrichen. In der Beratung der Begleitgesetze wird genau dieses Thema in aller Ausführlichkeit zu regeln und zu diskutieren sein. Dann wird sehr deutlich, an welchen Kriterien wir uns messen wollen.
Es sollte für uns ein Ansporn sein, mit der Einführung eines vermögens- und schuldenbilanzierenden Haushaltswesens entschlossen weiter voranzugehen, damit wir transparent in eine solche Dis
Wir haben in den Jahren 2005 bis 2008 unter Beweis gestellt, dass es selbst von einem Verschuldungsniveau aus möglich ist, den Haushalt zu konsolidieren.
Musste das Land im Jahr 2005 ohne weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise 6,7 Milliarden € neue Schulden machen, so hätten wir 2008 – lassen wir den Sondereffekt WestLB-Vorsorge und Finanzmarktstabilisierungsgesetzvorsorge außen vor – einen Überschuss von 160 Millionen € zu verbuchen gehabt. Deswegen setzen wir uns weiterhin dafür ein, zu einer Ausgaben- und Aufgabenkritik zu kommen, und das unmittelbar nach Überwindung der Krise. Es ist unausweichlich und notwendig, meine Damen und Herren, dass wir ein solches Schuldenverbot auch in unserer Verfassung regeln, damit wir den Gesetzgebungsrahmen gerade in Krisenzeiten nutzen können, damit wir für unser Land und auch für unsere Kommunen spezifische Regelungen treffen können.
Ich empfinde es als ausgesprochen schade, Herr Kollege Töns, dass die Fraktion der SPD ein solches politisches Tamtam macht und diese wichtige Regelung für die Landesverfassung nicht gemeinsam mit uns beschließt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Freimuth, Herr Töns hat recht: Das Ganze ist nicht mehr als ein groß angelegtes Ablenkungsmanöver. Vieles von dem, was Sie gesagt haben, würde sicher von der SPDFraktion und auch von Bündnis 90/Die Grünen unterstützt: Schulden sind ein Problem – ja. Man braucht eine Schuldenregelung, eine -bremse – ja. Das ist richtig, aber nicht diese. Aus dem Munde von Politikerinnen und Politikern, die den höchsten Schuldenstand aller Zeiten in diesem Land zu verantworten haben, klingt das nur hohl.
ten. Damit werden Sie in die Geschichte eingehen. Am Ende einer Legislaturperiode wollen Sie den Anschein erwecken, als hätten Sie eisern gespart – der eiserne Helmut. Das Einzige, worin Sie eisern geblieben sind, ist im Brechen von Wahlversprechungen, meine Damen und Herren. Die haben Sie nicht eingehalten. Da sind Sie sehr eisern gewesen.
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zuruf von Christian Weisbrich [CDU] – Sylvia Löhr- mann [GRÜNE]: Das haben Sie schon vorher versemmelt!)
Meine Damen und Herren, trotz Steuermehreinnahmen in enormer Höhe haben Sie den Schuldenberg nicht abgebaut. Sie rühmen sich mit der Senkung der Nettoneuverschuldung. Wenn man aber nachrechnet, was Sie den Kommunen in dieser Zeit weggenommen haben – ich will nicht so kleine Beträge wie die Mehrbelastung der Krankenhausfinanzierung, die Schülerbeförderung oder dergleichen nennen, sondern zum Beispiel die Grunderwerbssteuer oder den Solidarbeitrag Ost –, dann ergibt das exakt die Summe, die Sie an Nettoneuverschuldung geschafft haben, mehr nicht, und das trotz enormer Steuermehreinnahmen. Das sind Grundrechenarten.
Es steht zu befürchten, meine Damen und Herren, dass Sie genau so, wie Sie in dieser Legislaturperiode etwas aus dem Fleisch der Kommunalfinanzen geschnitten haben, es mit dieser verschärften Schuldenregelung, mit dieser Schuldenbremse weiterhin tun wollen, weil es für Sie keinen anderen Ausweg gibt. Sie können nicht sparen. Das können Sie nicht einhalten. Das haben Sie bewiesen.
Sie haben es vor allen Dingen in der Föderalismuskommission II nicht geschafft, das Land sozusagen in eine eigenständige Position zu bringen, bei der wir auch eine eigene Steuergesetzgebung hätten
und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen könnten. Das ist ein Problem. Da sind Sie gescheitert. Da sind Sie mit leeren Händen zurückgekommen, Herr Finanzminister.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie haben sich noch nicht einmal angestrengt! Sie haben es noch nicht einmal versucht!)
Wer sich so fesseln lässt und auf kommende Generationen Fesseln legen will, obwohl er selber nicht in der Lage ist zu sparen und das über die vielen Jahre nicht geschafft hat, der macht in der Politik etwas falsch, meine Damen und Herren.
Grundsätzlich gilt die Schuldenbremse ja im Übrigen sowieso über Artikel 109 Grundgesetz, auch ohne Aufnahme in die Landesverfassung.
Sie haben es auch nicht für nötig gehalten, sich über Begleitgesetze, Ausführungsbestimmungen oder sonst etwas Gedanken zu machen.
Deshalb nehmen wir das auch nicht ernst, dass Sie wirklich die Verfassung ändern wollen. Denn dazu bräuchten Sie die Zweidrittelmehrheit. Die werden Sie in diesem Hohen Hause mit einer solchen Schuldenbegrenzung, die keinen Sinn macht, nicht bekommen. Sie haben diese Mehrheit nicht gesucht, meine Damen und Herren. Deshalb entlarvt sich das Ganze als ein großes Wahlkampfgetöse. Das ist ein Ablenkungsmanöver von Ihrem finanziellen Desaster, meine Damen und Herren, mehr nicht.