Ich möchte meine Ausführungen zunächst fortführen. Ich denke, er hat gleich noch Gelegenheit, selbst zu sprechen.
Nur so können doch Entscheidungen auf Augenhöhe getroffen werden. Schulleitung und Lehrerkollegium können sich nur dann tatsächlich verantwortlich für ihre Schule fühlen, wenn sie nicht am Gängelband einer eventuell zufälligen Zweidrittelmehrheit hängen. Verantwortung tragen, aber nichts zu sagen haben – das funktioniert nirgendwo im Leben.
Die Grünen beklagen in ihrem eigenen Antrag dreist – so, als wären sie nicht mit der SPD verantwortlich –, dass in keinem anderen Flächenland der Bildungserfolg so stark vom Sozialstatus der Eltern abhänge wie in Nordrhein-Westfalen. Dies trifft leider zu, meine Damen und Herren. Aber Sie selbst haben doch verhindert, dass sich hieran etwas zum Positiven wenden konnte.
Sie haben in der Bildungspolitik krass versagt. Wer über Jahre und Jahrzehnte zwar den Anspruch erhoben hat, sich insbesondere für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern einzusetzen, dabei aber nicht davon abzubringen war, dies nur auf dem Wege der allgemeinen Nivellierung erreichen zu wollen, der hat sich an allen Talenten unseres Landes schuldig gemacht und im Prinzip das Recht verwirkt, bei geeigneten Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung an unseren Schulen überhaupt ernsthaft mitzureden.
Fordern und fördern ist die Maßgabe, wenn es darum geht, Kinder zu den Abschlüssen und zu den Anforderungsprofilen der unterschiedlichen Schulformen sicher hinzuführen. Sie dagegen haben über Jahre und Jahrzehnte auf individuelle Förderung verzichtet und stattdessen die Abschlüsse nivelliert und zu den Schülern transportiert. So wollten Sie zwar viele bequem erreichen, aber leider nicht über die Qualität.
Das Schulgesetz der neuen Regierungsmehrheit auf der Basis der vorliegenden Eckpunkte ist dagegen die beste Voraussetzung für einen Qualitätsschub an unseren Schulen. Und es gewährleistet gleich zu Beginn der Schulzeit eines jeden Kindes vor allem eines: Chancengerechtigkeit für alle am Start – Chancengerechtigkeit durch frühzeitige Feststellung der Sprachkompetenz zwei Jahre vor der Einschulung und verpflichtende vorschulische Sprachförderung, sofern Defizite festgestellt werden, damit fehlende Sprachkenntnisse nicht wie bisher Unterrichtsbarrieren darstellen. Sprache ist die Voraussetzung für Teilhabe, für Integration, für Erfolg. Sie wollten das über viele Jahre nicht wahrhaben. – Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Recker, Sie reden gerne über die 39 Jahre, die wir in Nordrhein-Westfalen angeblich versäumt haben, und über die Dinge, die hier alle schief gelaufen seien.
Herr Recker, Sie müssen mit Ihren Kollegen in der Fraktion einmal zur Kenntnis nehmen – und der Ministerpräsident sollte auch sehr darauf achten –, dass Sie innerhalb von nur sieben Monaten ein derartiges Chaos in der Bildungspolitik des Landes angerichtet haben,
Wir erinnern uns noch an die Diskussion um die Zwergschulen und das Drama, das wir in diesem Zusammenhang mit dem Ministerpräsidenten erlebt haben. Jetzt sollten diese Eckpunkte der rich
tige Befreiungsschlag werden, damit im Rahmen der Bildungspolitik tatsächlich mal ein Aufschlag kommt.
Nun soll das modernste Bildungssystem in Deutschland entwickelt werden. Ich denke, daran glauben ungefähr 100 Leute, nämlich die Mitglieder der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion und noch ein paar mehr. Aber gehen Sie einmal in das Land hinaus und sprechen Sie mit den Menschen! Dann werden Sie merken, welche Stimmung dort herrscht und wie man Ihre Eckpunkte bezeichnet.
Frau Kollegin, ich muss Sie ganz kurz unterbrechen. Einer dieser 100 Leute hat um eine Zwischenfrage gebeten, nämlich der Abgeordnete Ellerbrock.
Ganz deutlich wurde das – Frau Beer hat es eben schon angesprochen – bei der Anhörung zu der Abschaffung der Schulbezirke, die wir letzte Woche hatten. Was ist passiert? Annähernd alle Sachverständigen haben sich gegen die Pläne der Landesregierung ausgesprochen. Das hat dazu geführt, dass die CDUKolleginnen und -Kollegen den Saal verlassen haben und Herr Kaiser zum Schluss noch ganz alleine da war. Ich sage an dieser Stelle: Klaus allein zu Haus. – So sah das hier tatsächlich aus.
Jetzt kommen wir zum nächsten Eckpunkt, und zwar Nr. 7. Dort droht Ihnen nämlich das nächste Ungemach. Es geht um die verbindlicheren Grundschulgutachten. Auch da sage ich Ihnen – wir diskutieren das nachher noch einmal –: Die Eltern in Nordrhein-Westfalen lassen sich einfach nicht für dumm verkaufen
Jetzt kommen wir zum Eckpunkt Nr. 5. Dieser Punkt ist auch nicht wirklich der Knaller. Dort geht es nämlich darum, dass unsere Kinder mit fünf Jahren in die Schule kommen sollen. Gehen Sie einmal in die Verbände; sprechen Sie einmal mit Experten und mit Sachverständigen. Die sagen Ihnen sofort: Das ist das falsche Signal. Sie können nicht mit einem Einheitsbrei strukturelle Veränderungen vornehmen, sondern müssen flexibel auf jedes Kind eingehen und nach flexiblen Lösungen suchen.
Dafür brauchen Sie jedoch keine Veränderung des Gesetzes. Das geht nämlich jetzt schon. Also lassen Sie es doch auch dabei bewenden und verunsichern Sie nicht die ganze Landschaft! Aber – durchaus machtbesoffen, wie Sie sind, denken Sie tatsächlich, Sie bauen jetzt das modernste Bildungssystem.
Aber dann müssten Sie wenigstens die Rechnung mit dem Finanzminister auch noch einmal aufmachen. Er ist ja jetzt in dieser Debatte nicht dabei. Bei der Diskussion um die vorgezogene Einschulung wurde ja deutlich, dass es da scheinbar im Kabinett noch Gesprächsbedarf gibt. Das war ja ein ziemliches Hin und Her, bis der Ministerpräsident dann im Rahmen einer Telefonaktion ein Machtwort sprechen musste und wir jetzt also wissen, dass das tatsächlich vorgezogen wird.
Sprechen Sie mit dem Finanzminister auch noch einmal über die 4.000 zusätzlichen Lehrerstellen! 1.000 haben Sie ja im vergangenen Jahr geschaffen. Das sind übrigens 1.000 Rüttgerlinge. So werden die neuerdings bezeichnet, habe ich mir sagen lassen.
Aber wie geht es jetzt weiter? In Ihrem Antrag heißt es: „Für 2006 sind weitere zusätzliche Lehrereinstellungen geplant.“ Was heißt das eigentlich? Sind das neue Lehrerstellen? Oder sind das zusätzliche Lehrereinstellungen, die man aufgrund von Nachbesetzungen vorhandener Stellen vornehmen muss? Sie äußern sich nicht deutlich. Wir finden keine Zahl mehr. Vermutlich konnten also auch Sie die Pressemitteilungen des Finanzministers und der Schulministerin nicht sauber verstehen, wir auch nicht. Wir warten einmal ab, wie sich das weiterentwickelt.
zum finanziellen Bedarf kein einziges Wort. Wir wissen, dass die Schulzeitverkürzung bis zum Abitur etwas kosten wird. Das kostet Lehrerstellen, weil die Unterrichtszeit in der Sekundarstufe I ausgeweitet werden muss.
Bleibt es dabei – das ist meine Frage an diese Landesregierung –, dass die Unterrichtszeit in der kompletten Sekundarstufe I ausgeweitet wird, um die Durchlässigkeit zu verbessern, wie wir es in der vergangenen Legislaturperiode bereits beschlossen hatten? Das kostet nämlich dann, wenn man die Unterrichtszeit in der Hauptschule, in der Realschule und entsprechend in der Sekundarstufe I in der Gesamtschule und am Gymnasium ausweitet, 3.700 Lehrerstellen. Dazu hat noch kein Mensch hier ein Wort gesagt. Wie machen Sie das dann eigentlich? Oder müssen diese Ressourcen eventuell aus dem System heraus erwirtschaftet werden?
Ich finde, es wird Zeit, dass Sie das klären. Denn Sie wollen dieses Schulgesetz ja im August dieses Jahres noch in Kraft treten lassen.
Ich möchte noch etwas zum Antrag sagen, den ich übrigens wirklich als einen bildungspolitischen Offenbarungseid empfinde. In den Reihen der Koalitionsfraktionen kleben Sie nämlich an diesen Eckpunkten der Regierung wie eine Fliege am Fliegenfänger, weil Sie noch nicht einmal in der Lage sind, mit diesen Eckpunkten reflexiv umzugehen. Beim Abschreiben dieser Eckpunkte in Ihren Antrag machen Sie alles sogar noch schlimmer. Ich möchte noch einmal zwei Punkte aufgreifen, nämlich Punkt 16 und Punkt 12.
In Punkt 16 geht es um die Selbstständigkeit von Schulen. In Ihrem Antrag verkümmern die selbstständigen Schulen zu drei Spiegelstrichen, nämlich: Der Schulleiter oder die Schulleiterin wird Dienstvorgesetzter. Die Schulkonferenz soll dieselben wählen. Und: Die Beteiligung von Schülern bei der Mitsprache in der Schulkonferenz wird abgeschafft. Das ist Ihr Verständnis von selbstständiger und eigenverantwortlicher Schule. Na, herzlichen Dank!
Außerdem ist im gesamten Antrag mit keinem Wort von der Weiterentwicklung von gutem Unterricht und von der Qualitätsentwicklung im Unterricht die Rede. Das ist aber doch die entscheidende Grundlage für individuelle Förderung, die wir uns alle im System verbessert wünschen. Über Bildungsregionen reden Sie gar nicht erst.
indem Sie ihre disziplinarischen Rechte ausbauen und indem Lehrer auch zukünftig Beamte bleiben sollen. Donnerwetter! Das ist Ihre Vorstellung von der Stärkung von Lehrerinnen und Lehrern? Meine Vorstellung geht dahin, diese durch qualifizierte Fortbildungsangebote zu stärken.
Aber das für Fortbildung zuständige Landesinstitut in Soest zerschlagen Sie ja. Sie sind ja gerade dabei, dieses Institut zu zerschlagen.
Abschließend möchte ich noch einen Punkt ansprechen, den ich wirklich ganz entlarvend finde. Wir diskutieren heute über einen Antrag von CDU und FDP. Sie wollen, dass wir den Antrag überweisen, im Schulausschuss darüber beraten und dann beschließen, dass auf der Basis dieses Antrags die Landesregierung einen Gesetzentwurf machen soll. Das sollen wir heute an den Schulausschuss überweisen. Heute ist Donnerstag. Nach meinen Informationen haben Sie am Dienstag in der CDU-Fraktion schon über einen vorhandenen Gesetzentwurf diskutiert.