Ein Teil dieser 10 Millliarden € haben Sie politisch mit zu verantworten. Ich hoffe nur, dass das gelingt, was jetzt angekündigt ist, nämlich dass wir in Berlin in einem zweiten Anlauf gemeinsam versuchen, eine ordentliche Reform der Unternehmensbesteuerung und gleichzeitig eine Reform der Gemeindesteuer hinzubekommen, damit endlich aufhört, dass Sie versuchen, vernünftigen Regelungen im Wege zu stehen, nach dem Motto: Das könnte den Sozialdemokraten nutzen, da machen wir nicht mit. – Nordrhein-Westfalen muss sich an die Spitze derer stellen, die gemeinsam für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen und bundesweit eine Reform vorantreiben wollen, die die Finanzen der Gemeinden endlich auf eine solide Basis stellt und sie zukunftsfähig machen kann.
Herr Henke, Ihre Vorschläge waren, ein eigenes Steuerrecht für die Kommunen zu schaffen. Genau erklären konnten Sie das nicht. Aber die Gewerbesteuer sollte schon mal vorab weg. Herr Henke, wir wissen, dass das für die Kommunen ungefähr 12 Milliarden € weniger Einnahmen bedeutet hätte.
Herr Wolf, ich glaube, das war eine brillante Rede, sehr unterhaltsam und rhetorisch sehr gut. Aber das Fazit ist trotzdem, dass Sie sich als Sachverwalter der Gemeinden aufspielen wollen, inzwischen aber tatsächlich ihr größter Gegner geworden zu sein scheinen. – Vielen Dank.
Zu einer kurzen Rede – zu einer Kurzintervention, die wir in der Geschäftsordnung eigentlich nicht vorgesehen haben – hat der Finanzminister, Herr Dr. Linssen, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jäger, eine Zahl in Ihrem Beitrag hat mich gereizt, kurz etwas zu sagen. Wie wir im Haushalts- und Finanzausschuss schon erwartet haben, wollten Sie hier die Verschuldung vorführen. Sie haben dem staunenden Publikum mitgeteilt, dass wir einen Betrag von 103 Milliarden € genannt hätten, als wir an die Regierung kamen, und dass die Differenz zu den 112 Milliarden € doch bitte uns zuzurechnen sei.
Damit es hier gar nicht erst zu einer Legendenbildung kommt, will ich Ihnen das erklären. Bei den 103 Milliarden € haben Sie, wie Sie das immer tun, die Schulden gegenüber dem Bund vergessen. Darüber hatten wir eine Diskussion im Haushalts- und Finanzausschuss. Sie gehören selbstverständlich zur Verschuldung dazu. Das machen wir im Land Nordrhein-Westfalen seit 40 Jahren so. Aber Sie waren nur sehr schwer zu überzeugen – ausgerechnet Sie natürlich auch.
Ich will Ihnen sagen, wie das in diesem Land abläuft, damit Sie sehen, dass die ganzen Schulden tatsächlich Ihnen zuzurechnen sind. Am 30.09.2005 hatten wir 108 Milliarden € Schulden. Am 31.12.2005 hatten wir 112,2 Milliarden € Schulden. Sie müssten eigentlich aus Erfahrung wissen – vielleicht lassen Sie sich von der Kollegin Kraft etwas sicherer machen –, dass 50 % der Schulden eines Jahres praktisch stets im letzten Quartal entstehen. In den letzten zehn Jahren war das immer so.
Deswegen sind die Schulden alle Ihnen zuzurechnen, und zwar stiegen die Schulden im Jahr 2005 im letzten Quartal sogar überproportional deshalb, weil 1,4 Milliarden € an WestLB-Rückzahlungen fällig waren. Das haben Sie eingestielt, und wir haben diese 1,4 Milliarden € sowohl an die WestLB als auch an die NRW-Bank gegeben. Dadurch hat sich diese Erhöhung im letzten Quartal ergeben. Wenn man diesen Betrag abzieht, stellt man fest, dass es im letzten Quartal günstiger aussah als in allen Jahren zuvor. – Nur so viel zur Korrektheit.
nahme eine Haushaltssperre veranlasst haben und trotzdem mit dem Schuldenstand zum 31.12.2005 argumentieren, habe ich die Frage: Ist meine Erinnerung richtig, dass Sie zum 1. Juni 2005 die Amtsgeschäfte in Nordrhein-Westfalen übernommen haben?
Selbstverständlich, und wir sind auch stolz darauf, weil das für das Land das Segensreichste war, was in den letzten Jahren überhaupt vorgekommen ist.
Aber ich erkläre Ihnen nur, dass die 112,2 Millionen €, bis auf die 60 Millionen €, die wir im Nachtragshaushalt erklärt haben, alles Ihre Schulden sind. Damit keine Legendenbildung entsteht: Das ist das, was Rot-Grün hier in 39 Jahren herbeigeführt hat.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jäger, ich hatte mich eigentlich darauf gefreut, dass Sie zum GFG sprechen würden. Dass Sie zwangsweise drei oder vier Sätze dazu abgedrückt haben, hat mich dann doch gewundert, weil Ihr Thema eigentlich ein völlig anderes war. Das war enttäuschend, weil das GFG jetzt auf der Tagesordnung steht.
Das, was Sie zu Herrn Wolf gesagt haben, nämlich dass er heute Morgen eine brillante, unterhaltsame, sehr gute Rede gehalten hätte, kann ich von Ihrem Beitrag leider nicht behaupten.
Das Schlimmste an Ihrem Beitrag ist – Herr Jäger, das möchte ich zu Anfang sagen –: Wollen Sie neben der Schuldenmär eine zweite Mär aufbauen und sagen, dass es den Kommunen in Nordrhein-Westfalen so schlecht geht, dass sie so hohe Kassenkredite haben und eine so hohe Verschuldung haben, liege daran, dass auf Bundesebene eine Reform der Gemeindefinanzen nicht zustande gekommen sei? Da kann ich nur noch lachen.
Sind Sie denn so weit von der Wirklichkeit weg, dass Sie nicht wissen, dass große Teile dieser Verschuldung – Frau Löhrmann, Sie sollten sich vor Ort erkundigen – lange vor der Diskussion über die Gemeindefinanzreform entstanden sind? Sie haben sich über Jahre hinweg dadurch aufgebaut,
dass Sie immer mehr Aufgaben an die Kommunen übertragen haben, ohne ihnen die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen. Das muss man hier einmal klar sagen. Dann darf man jetzt nicht erklären: Weil es keine Gemeindefinanzreform gegeben hat, haben die Städte heute ein finanzielles Problem. – Das ist lächerlich.
Nachdem Finanzminister Dr. Linssen die Schwerpunkte des Haushalts 2006 heute Morgen vorgestellt und dabei beeindruckend deutlich gemacht hat, unter welch schwierigen Rahmenbedingungen und mit welch unerträglichen Erblasten der rot-grünen Vorgängerregierung der Landeshaushaltsentwurf 2006 aufgestellt worden ist, und nachdem Innenminister Dr. Wolf bei der heutigen Einbringung des GFG 2006 auf die wesentlichen Details dieses Gesetzentwurfs hingewiesen und Verbesserungen gegenüber früheren GFGs aufgezeigt hat, möchte ich jetzt nicht noch einmal auf die Einzelheiten des GFG eingehen, sondern eine politische Bewertung aus Sicht der CDU-Fraktion vornehmen.
Ausgangspunkt und Messlatte dieser Bewertung muss der Koalitionsvertrag sein, aus dem ich zwei Stellen zitieren möchte. Auf Seite 50 heißt es:
„Die Verteilung der finanziellen Mittel im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs soll in Zukunft transparenter, gerechter und planbar erfolgen.“
Betrachten wir nun einmal das GFG 2006 vor dem Hintergrund dieser Forderungen und Versprechungen, fällt uns Folgendes auf:
Erstens fällt eine ganz wesentliche Systemumstellung auf, mit der der Mittelumfang des Steuerverbundes festgestellt wird. Herr Dr. Wolf hat heute Morgen noch einmal anschaulich aufgezeigt, wie umständlich, ungenau und unzuverlässig in der
Vergangenheit die Verbundmasse im GFG zunächst aufgrund von Steuerschätzungen und Prognosen ermittelt wurde und später nach Vorliegen des tatsächlichen Rechnungsergebnisses der unterschiedlichen Steuerarten die genaue Höhe des Umfangs des Steuerverbundes festgestellt wurde.
Dabei kam es natürlich und zwangsläufig ständig zu Abweichungen gegenüber den Annahmen und Auszahlungen des jeweiligen GFG. Mal waren die Steuereinnahmen höher als erwartet, aber gerade in den letzten Jahren war das Ergebnis meist niedriger als prognostiziert. Dies führte dazu, dass den Kommunen durch das GFG mehr Geld zugeteilt wurde, als ihnen tatsächlich zugestanden hätte. Das Ergebnis waren die unsäglichen Kreditierungen.
Konkret heißt das – das können Sie dem neuen GFG entnehmen –, dass die Kommunen in den Gemeindefinanzierungsgesetzen 2004 und 2005 insgesamt 674 Millionen € mehr erhalten haben, die sie jetzt im Jahr 2006 zurückzahlen müssen. Dieses System war natürlich keine verlässliche Grundlage für die Haushalts- und Finanzplanung der Kommunen.
Vor diesem Hintergrund ist Ihnen, Herr Innenminister, und der Landesregierung mit der Systemumstellung im GFG 2006 ein großer Wurf gelungen. Dadurch, dass jetzt der Referenzzeitraum äußerst zeitnah an das GFG angelegt ist, und dadurch, dass zukünftig die Mittel des Steuerverbundes aufgrund tatsächlicher Steuereinnahmen errechnet werden und nicht mehr geschätzt werden müssen, wissen die Kommunen zukünftig mit Verabschiedung des GFG, welche Mittel sie im jeweiligen Haushaltsjahr tatsächlich erhalten. Dann gibt es keine Über- und Unterzahlungen mehr. Die Kommunen erhalten auf diesem Gebiet ein erhebliches Mehr an Transparenz und Planungssicherheit. Versprochen, gehalten!
Zweitens. Neben diesem Erfolg mit der Systemumstellung beim Berechnungszeitraum des GFG verdient die Feststellung besondere Bedeutung, dass trotz der massiven Finanzprobleme des Landes, über die wir heute schon viel gehört haben, der Verbundsatz bei 23 % gehalten wurde.
Obwohl die Finanzlage des Landes aufgrund der übernommenen Verschuldung, Herr Jäger, und aufgrund des übernommenen strukturellen Defizits mehr als angespannt ist und obwohl es keinerlei verfassungsrechtlichen Anspruch auf diese 23 % gibt, bleibt es beim Verbundsatz von 23 % für die Kommunen. Respekt und Anerkennung an die Landesregierung: Versprochen, gehalten!
Drittens. Außerdem – darüber sind wir als CDU besonders froh – werden im GFG 85 % der Mittel als freie Deckungsmittel ohne Zügel durch das Land den Kommunen zur Verfügung gestellt. Auch dies entspricht einer alten Forderung der CDU, den Kommunen mehr Selbstständigkeit zu geben und mehr Verantwortung zu übertragen.
Dass darüber hinaus die Zweckzuweisungen aus dem GFG 2006 herausgenommen und in die Fachetats überführt worden sind und dort sachgerecht und in voller Höhe auch zukünftig den Kommunen zur Verfügung stehen, dient ebenfalls der Klarheit und Transparenz.
Viertens. Schul- und Sportpauschale, die allen Kommunen zugute kommt, bleiben in alter Höhe bestehen beziehungsweise werden auf die angekündigten Beträge aufgestockt. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wenig Substanz die Tatarenmeldungen von SPD und Grünen haben.
Fünftens. Schließlich bleibt festzustellen, dass die von uns seit Jahren gegeißelten Befrachtungen zumindest schon einmal um 50 % aus dem GFG 2006 herausgenommen werden. Auch dies ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, wenn ich mir diese fünf Punkte zusammenhängend vor Augen führe, komme ich zu dem Ergebnis: Dieser Entwurf des GFG 2006 kann sich nicht nur sehen lassen, sondern er verdient auch alle Anerkennung. Ich möchte Ihnen, Herr Innenminister Dr. Wolf, und Ihnen, Herr Finanzminister Dr. Linssen, zu diesem Gesetzentwurf gratulieren.
Natürlich gibt es aus unterschiedlichen Positionen Kritik am GFG. Das ist zum Teil auch verständlich, weil Systemumstellungen immer dazu führen, dass es Veränderungen gibt, von denen der eine mehr und der andere weniger profitiert.
So wird von einigen Kommunen Kritik am Verzicht auf ein neues Solidarbeitragsgesetz geübt. Der Herr Innenminister hat heute Vormittag überzeugend auf den Sinn und die Notwendigkeit des Systemwechsels beim Solidarbeitrag hingewiesen und dies auch erläutert. Insofern verweise ich auf seine Ausführungen und empfehle allen Kritikern dringend das Nachlesen seiner Rede im Protokoll der heutigen Sitzung.
Festzustellen bleibt bei allem Verständnis für Kritik und Betroffenheit im Einzelfall, dass dieser Systemwechsel auf keinen Fall dazu führt, dass sich das Land Gelder der Kommunen einverleibt. Vielmehr führt der Systemwechsel zu einem Verteilungsproblem zwischen den Kommunen. Wir werden dieser Frage im Zuge der Beratungen des