Protokoll der Sitzung vom 15.02.2006

Wir wissen um unsere Verantwortung für dieses Land. Unser Gegenentwurf zu Ihrer Politik ist darum nicht Fundamentalopposition. Uns geht es um den besten Weg für dieses Land. Darüber wollen und werden wir mit Ihnen streiten.

(Beifall von der SPD)

Wir bieten den Menschen in Nordrhein-Westfalen einen zweiten Weg an, einen, der die soziale Balance wahrt, einen Weg, der die Kinder als unser kostbarstes Gut nicht links liegen lässt, sondern Perspektiven sichert und Chancen eröffnet. Wir werden im Land für unseren Weg werben. Um es

klar zu sagen: Eine Rotstiftpolitik auf dem Rücken von Familien und Kindern muss nicht sein.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Der Weg der Konzentration auf unsere Kinder, unsere Zukunft, den wir in den letzten Jahren begonnen haben, muss fortgesetzt werden, und die Sozialnetze dürfen nicht reißen. Dafür stehen wir in diesem Land, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Deshalb, Herr Finanzminister, werden wir auch keine Vielzahl von Änderungsanträgen zum Haushalt stellen – ohne Deckung.

(Zurufe von der CDU: Ah! – Christian Weisbrich [CDU]: Das ist eine Verschwö- rung!)

Wir werden Änderungen in zentralen Bereichen vorschlagen und aufzeigen – und aufzeigen! –, wie sie zu finanzieren sind.

(Christian Weisbrich [CDU]: Geisterbeschwö- rung!)

Dazu gehört die Rücknahme der Kürzungen in den Bereichen Kinder, Jugend, Familie und soziale Netze.

(Beifall von einzelnen Abgeordneten der SPD)

Da darf man ruhig einmal dazwischen klatschen; das ist völlig in Ordnung.

(Beifall von der SPD)

Aber wir gehen sogar noch einen Schritt weiter. Wir sagen: Das Land muss sich in zwei Bereichen besonders engagieren, um die Bildungs- und Betreuungskette weiter zu schließen.

Bei der Betreuung von unter Dreijährigen müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel bleibt ein verlässliches Angebot für 20 %. Wir hatten diesen Weg bereits begonnen. Und jetzt, Herr Ministerpräsident, haben wir gemeinsam auf der Bundesebene das Elterngeld verabredet. Welche Verpflichtung ergibt sich aus dem Elterngeld? – Ein sinnvolles Instrument, wenn nach dem einen Jahr Elterngeld für diejenigen, die es brauchen, auch ein verlässlicher Betreuungsplatz zur Verfügung steht. Deshalb ist U3 zentral und wichtig.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zweitens. Wir fahren fort mit unserem Anspruch, den Bildungsauftrag des Kindergartens zu stärken. Deshalb sollen künftig alle Kinder eines Jahrgangs das letzte Kindergartenjahr besuchen.

(Christian Weisbrich [CDU]: Das Geld kommt von den Kohleinvestitionen!)

Das ist nicht so, und das wissen Sie auch; Sie kennen die Zahlen. – Hierfür muss das letzte Jahr beitragsfrei gestaltet werden.

(Zuruf von Christian Weisbrich [CDU])

Wir reden hier – wir wissen das – über rund 90 Millionen.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Warum haben Sie es denn nicht gemacht?)

Wir sind schrittweise vorgegangen, Herr Papke. Wir haben nicht alles geschafft. Aber wir haben diesen Weg begonnen und werden ihn konsequent weitergehen, auch wenn Ihnen das nicht gefällt, Herr Papke.

(Beifall von der SPD – Rudolf Henke [CDU]: Mehr Schulden oder weniger Schulden? – Gegenruf von Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Sie sind doch die Schuldenmacher!)

Ich komme gleich noch darauf.

(Christian Lindner [FDP]: Das haben Sie im- mer abgelehnt, und jetzt plötzlich!)

Das haben wir nicht abgelehnt. Das steht schon in unseren uralten Programmen, schon in denen, die unter Rau entstanden sind. Das können Sie nachlesen. Da waren Sie noch nicht dabei, Herr Lindner. Aber da war es schon so.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Das ist unglaub- würdig, Frau Kollegin! – Christian Lindner [FDP]: Das ist lächerlich!)

Ich weiß es, weil ich es nachgelesen habe. Offensichtlich bin ich ein bisschen fleißiger.

(Fortgesetzt Zurufe)

Meine Damen und Herren, um das auch klar zu stellen: Das letzte Jahr beitragsfrei zu gestalten, bedeutet auch, dass die Kosten dafür vom Land nicht auf die Kommunen umgelegt werden können. Sie wären damit überfordert.

(Beifall von der SPD – Christian Lindner [FDP]: 100 Millionen!)

Wir werden hinsichtlich dieser Maßnahmen in diesem Haushaltsverfahren aufzeigen, Herr Lindner, dass sie finanzierbar sind, wenn man Schwerpunktsetzung ernst meint, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Um Ihre Frage direkt zu beantworten: Dafür sind keine neuen zusätzlichen Schulden erforderlich.

Auch das werden wir in unseren Anträgen belegen.

(Beifall von der SPD)

Wir laden Sie ein, wir laden alle Fraktionen des Landtags ein, diese Initiative gemeinsam zu tragen.

(Lachen von Dr. Gerhard Papke [FDP])

Sie ist von so zentraler Bedeutung für die zukünftige Entwicklung unseres Landes, unseres Schul- und Bildungswesens, dass eine breite Unterstützung jenseits des Parteienstreits in höchstem Maße sachdienlich wäre. Ein Projekt mit diesem Stellenwert darf nicht an Ressortegoismen oder fachpolitischen Scheuklappen scheitern. Dieses Angebot steht.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. – Eine Politik, ein Haushalt, der geprägt ist von einer Flucht aus der Verantwortung, von „versprochen – gebrochen“, kann nicht unsere Zustimmung finden. Der Haushaltsentwurf der Landesregierung setzt, wie ich Ihnen gezeigt habe, falsche Schwerpunkte. Er wird schlimme Konsequenzen insbesondere in der Kinder-, Jugend- und Sozialpolitik haben, wenn er umgesetzt wird. Wir machen uns Sorgen um dieses Land.

(Zurufe von CDU und FDP: Oh!)

Ja, Sie offensichtlich nicht!

(Ursula Meurer [SPD]: Das Lachen wird Ih- nen noch vergehen!)

Sie machen das nur in Ihren Sonntagsreden; das ist der Unterschied. Wir werden zeigen, wie man das handfest im Haushalt macht.

(Beifall von der SPD)

Das Land spart auf Kosten der Kommunen. Hören Sie sich einmal Ihre Landräte, Ihre Kämmerer und Ihre Bürgermeister dazu an. Das Land zieht sich in vielen Bereichen aus der Verantwortung zurück und wälzt diese auf andere ab oder lässt die Betroffenen gänzlich ohne Schutz beziehungsweise Hilfe. Sie machen eine Politik ohne Herz und Verstand.

(Beifall von der SPD und Sylvia Löhrmann [GRÜNE])