Protokoll der Sitzung vom 15.02.2006

Wie wir dies schon mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2005 getan haben, legt ihnen die Landesregierung auch in diesem Jahr einen Haushalt vor, der mit der Landesverfassung im Einklang steht, und wir werden dies auch in den nächsten Jahren tun.

Die Landesregierung ist angetreten, die Sanierung und Konsolidierung des Landeshaushaltes nachhaltig voranzutreiben. Sie ist gleichzeitig an

Landtag

15.02.2006 Nordrhein-Westfalen

Plenarprotokoll 14/21

getreten, den Grundsätzen der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit endlich wieder Anerkennung und Bedeutung zu verschaffen.

(Beifall von CDU und FDP)

Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir bei den Haushalten der Vorgängerregierung schmerzlich vermisst.

Diese Regierung wird sich nicht darauf einlassen, pro forma eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die Überschreitung der Kreditverfassungsgrenze aus dem Hut zu zaubern, die den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht.

(Beifall von Christian Weisbrich [CDU])

Deswegen haben wir den Rechtfertigungstatbestand der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts eben nicht in Anspruch genommen, obwohl Sie uns ja immer dazu aufgefordert haben. Die Voraussetzungen sind schlichtweg nicht gegeben, wie sie im Übrigen auch in der Vergangenheit nicht gegeben waren.

Vielmehr ist es uns angesichts der prekären Finanzlage des Landes, die uns die Vorgängerregierung hinterlassen hat, objektiv unmöglich, einen Haushalt aufzustellen, der in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist, ohne gleichzeitig die Kreditverfassungsgrenze des Art. 83 der Landesverfassung in Höhe von 2,59 Milliarden € zu überschreiten.

Dieses Argument der objektiven Unmöglichkeit bezeichnet einen Zustand, in dem das Land die Kreditobergrenze überschreiten muss, weil es sonst seinen bundesrechtlichen Verpflichtungen und den Aufgaben, die sich aus der Landesverfassung ergeben, nicht nachkommen kann. In diesem Fall ist über den Wortlaut des Art. 83 Satz 2 der Landesverfassung hinaus eine Ausnahme vom dort statuierten Kreditbegrenzungsgebot verfassungsrechtlich zulässig. Diese Modifizierung des landesverfassungsrechtlichen Kreditbegrenzungsgebots dient dem Erhalt der Handlungsfähigkeit des Staates.

Die Landesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat einen Haushalt vorgelegt, der diese Handlungsfähigkeit erhält. Gleichzeitig haben wir den Beurteilungs- und Einschätzungsspielraum genutzt, der uns trotz der verfassungsrechtlichen Ausnahmesituation noch zur Verfügung steht, und haben eine zukunftsorientierte politische Ziel- und Schwerpunktsetzung vorgenommen. Diese Gratwanderung war nur unter Inkaufnahme einer erhöhten Kreditaufnahme möglich, die aber – ich wiederhole es – nicht im Widerspruch zur Landesverfassung steht.

Das Argument der objektiven Unmöglichkeit, meine Damen und Herren, müsste Sie von der Opposition eigentlich freuen – weil es der Landesregierung finanziell Grenzen setzt.

(Ralf Jäger [SPD]: Das, was Sie machen, freut uns gar nicht!)

Es verpflichtet die Regierung und insbesondere mich als Finanzminister, an dem erklärten Ziel festzuhalten, den Landeshaushalt nachhaltig zu konsolidieren. Dieses Ziel kann – das betone ich – angesichts der horrenden Verschuldung nicht sofort erreicht werden.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das hat sich vor der Wahl noch anders angehört!)

Die dauerhafte Sanierung der Haushaltswirtschaft des Landes erfordert eine mittel- bis langfristige Perspektive.

(Sören Link [SPD]: Das wussten Sie alles vor der Wahl nicht?)

Der Sanierungspfad, den wir beschreiten werden, hat deshalb drei Etappenziele:

Erstens. Spätestens bis zum Ende der Legislaturperiode, also bis 2010, wollen wir wieder Haushalte aufstellen, die die Kreditverfassungsgrenze einhalten. Ich habe keine Zweifel, dass wir dieses Ziel erreichen werden. Es ist auch mein persönliches Ziel.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ja, wegen der Mehrwertsteuer!)

Zweitens. Danach werden wir die Neuverschuldung schrittweise bis auf null zurückführen.

(Beifall von CDU und FDP – Ralf Jäger [SPD]: Sie sollten sich mehr beeilen!)

Drittens. Am Ende des Sanierungspfades schließlich muss der Eintritt in den Schuldenabbau stehen. Anders können wir eine dauerhafte Sanierung der Landesfinanzen nicht erreichen.

(Beifall von CDU und FDP)

Zur Beschreitung dieses Sanierungspfades hat die Landesregierung mit dem Haushalt 2006 ein dreistufiges Konsolidierungskonzept beschlossen, das eine nachhaltige und zügige Konsolidierung des Landeshaushalts gewährleistet. Das Konzept ist gegliedert in erstens Konsolidierungsmaßnahmen, die schon im Haushalt 2006 umgesetzt werden, zweitens Maßnahmen, die mittelfristig eine Haushaltsentlastung bewirken, und schließlich drittens Haushaltsverbesserungen aufgrund bundespolitischer Beschlüsse; diese werden aus

schließlich zur Haushaltskonsolidierung verwendet.

Lassen Sie mich Ihnen zunächst die Konsolidierungsmaßnahmen erläutern, die schon im Haushalt 2006 enthalten sind. Sie führen zu Einsparungen von insgesamt 1,265 Milliarden €. Davon entfällt mit 936 Millionen € der größte Batzen auf Einsparungen bei den landesgesetzlichen Leistungen. Hiervon wiederum macht mit 628 Millionen € das Sonderzahlungsgesetz Nordrhein-Westfalen den Löwenanteil aus, das heißt die Weihnachtsgeldkürzungen bei den Beamten und Versorgungsempfängern.

Die 936 Millionen € Einsparungen bei den landesgesetzlichen Leistungen lassen sich allerdings aus einem reinen Vergleich der Ausgabenansätze des Jahres 2005 mit denen des Jahres 2006 nicht erkennen. Ich will dies am Beispiel der Einsparungen beim Weihnachtsgeld kurz erläutern.

Die von der alten Landesregierung beschlossene Kürzung des Weihnachtsgeldes war bis zum Ende des Jahres 2005 – welch eine Illusion, meine Damen und Herren! – befristet. Im Jahr 2006 wäre demnach das Weihnachtsgeld wieder auf das Niveau des Jahres 2002 gestiegen. Im Jahr 2006 wären dann aufgrund dieses Effektes die Personalausgaben im Vergleich zu 2005 um 408 Millionen € angestiegen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Aber damals waren Sie dagegen!)

Aufgrund der nunmehr vorgenommenen weiteren Absenkung des Weihnachtsgeldes werden nun nicht nur diese ansonsten zwangsläufigen Ausgabensteigerungen eingespart, sondern darüber hinaus weitere 220 Millionen €.

(Ralf Jäger [SPD]: Wenn Sie das Weih- nachtsgeld weiter kürzen!)

Im Ergebnis führt diese Maßnahme demnach zu Kürzungen in Höhe von insgesamt 628 Millionen €. Bei ansonsten unveränderten Personalausgaben ließen sich aber bei einem reinen Vergleich der Ausgaben des Jahres 2005 mit denen des Jahres 2006 nur Einsparungen in Höhe von 220 Millionen € erkennen – also Haushaltssystematik und tatsächliche Einsparungen gegenüber 2005.

Es ist die Leitlinie der Landesregierung, dass beim Sparen kein Bereich ausgenommen werden darf.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das stimmt nicht!)

Trotz der Schwerpunktsetzung auf Kinder- und Jugendförderung und Bildung

(Lachen von SPD und GRÜNEN)

haben wir Änderungen vorgenommen beim Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder und beim Kinder- und Jugendfördergesetz. Dies ist uns sehr schwer gefallen. Dennoch sind auch diese Maßnahmen alternativlos.

(Carina Gödecke [SPD]: Das stimmt nicht!)

Bei den Förderprogrammen haben wir 165 Millionen € eingespart, indem wir die Ausgaben aller Förderprogramme gegenüber den Ansätzen des Jahres 2005 um durchschnittlich 20 % gekürzt haben.

Die Ausgaben für investive Beschaffungen wurden gegenüber den Ansätzen des Jahres 2005 um 10 % gekürzt. Hierdurch wurden Ausgaben in Höhe von rund 40 Millionen € eingespart.

35 Millionen €, meine Damen und Herren, sparen wir durch die sogenannte Effizienzdividende im Zusammenhang mit der Personalausgabenbudgetierung ein. Mit dem Haushalt 2006 ist die Personalausgabenbudgetierung flächendeckend eingeführt. Damit ist die Vorgabe des Haushaltsgesetzgebers fristgerecht umgesetzt worden.

Eine Effizienzdividende in Höhe von 0,5 % der Personalausgaben ist in allen Bereichen zu erbringen. Eine Ausnahme wird beim Schulbereich gemacht. Die Effizienzdividende ist der Preis für eine höhere Flexibilität der Personalausgaben. Die Ressorts können jetzt selbst entscheiden, ob sie eine freigewordene Stelle sofort wiederbesetzen oder ob sie die Stelle einen gewissen Zeitraum lang unbesetzt lassen und das so ersparte Geld für Sachausgaben verwenden.

Dass der Schulbereich, liebe Kolleginnen und Kollegen, keine Effizienzdividende zu erbringen hat, ist sachgerecht. Lehrerstellen müssen möglichst schnell wieder besetzt werden, weil eine Unterrichtsverpflichtung besteht. Die Schule kann nicht wie andere Behörden Stellen bewusst eine Zeit unbesetzt lassen, da es sonst zu Unterrichtsausfall kommen würde.

Das zu vermeiden ist jedoch das erklärte Ziel der Landesregierung. Wir haben uns entschieden, politische Prioritäten zu setzen. Das haben wir auch mit dieser Maßnahme getan.

(Beifall von CDU und FDP)

Weitere Einsparungen ergeben sich aus der in der Koalitionsvereinbarung beschlossenen jährlichen pauschalen Stelleneinsparung von 1,5 %, die wir mit dem Entwurf des Haushalts 2006 konsequent umsetzen. Da die Bereiche Schule und Hoch

schule, Polizei, Justiz und Finanzen grundsätzlich ausgenommen sind, sind rund 37.000 Stellen betroffen.