Protokoll der Sitzung vom 15.02.2006

(Unruhe)

Ein bürokratisierter, von Normen durchdrungener Staat ist ein ungerechter Staat, weil er all denen Möglichkeiten eröffnet, die sich mit Paragraphen, Gesetzen und Verordnungen auskennen, besser wegzukommen, als anderen, die sich das nicht leisten können.

(Beifall von CDU und FDP)

Ein überregulierter Staat ist ein sozial ungerechter, unfreiheitlicher Staat.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD)

Werfen Sie uns nicht vor, einem Staatsverständnis nachzuhängen, das Sie möglicherweise in irgendwelchen ideengeschichtlichen Exkursen des 17. Jahrhunderts gelesen haben.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Im Grundge- setz!)

Lesen Sie einmal Walter Eucken zu den konstitutiven und regulativen Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Lesen Sie einmal Müller-Armack. Nehmen Sie wahr, was Ludwig Erhard an wissenschaftlichen und politischen Schriften verfasst hat.

(Hannelore Kraft [SPD]: Haben Sie nichts Neueres, Herr Stahl?)

Lesen Sie seine Reden nach. Dann werden Sie feststellen: Wir wollen einen starken Staat. Wir wollen einen Staat, der Rahmen setzt. Aber wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, sich innerhalb dieses Rahmens freiheitlich zu entfalten, sozial zu sein und soziale Bezüge zu pflegen.

(Beifall von der CDU und Horst Engel [FDP])

Das ist unser Ziel. Das ist unser Staatsverständnis.

(Zurufe von der SPD und Johannes Remmel [GRÜNE])

Wir wollen, dass es in Nordrhein-Westfalen sozial gerecht zugeht.

(Lachen von der SPD)

Wir wollen das uns Mögliche dafür tun. Frau Kraft, Sie sagten vorhin, wir würden 12 Millionen € bei Behinderten kürzen,

(Hannelore Kraft [SPD]: Bei der Wohlfahrts- pflege! – Zuruf von Gisela Walsken [SPD])

Diese Information ist falsch. Es wird nichts gekürzt.

(Zuruf von Gisela Walsken [SPD] – Gegenruf von Minister Karl-Josef Laumann: Das ist doch gar nicht wahr! Das wird euch teuer zu stehen kommen! Fragen Sie Frau Fischer, wie sie das vor zwei Jahren gemacht hat! – Gegenruf von der SPD: Fragen Sie den Landkreistag! – Weitere Zurufe)

Das wird aus anderen Stellen im Haushalt ausgeglichen.

Wir wollen Subsidiarität und Solidarität stärken.

(Unruhe)

Wir wollen den Menschen das zutrauen, was einzelne und kleine Einheiten in eigener Verantwortung leisten können. Das wollen wir ihnen überlassen.

Dieses Leitbild,

(Ralf Jäger [SPD]: Das Leidbild mit „d“!)

das ich gerade skizziert habe, werden Sie in allen Vorhaben, die die Landesregierung und die Koalition der Erneuerung auf den Weg gebracht haben und auf den Weg bringen, wiederfinden.

Das gilt beispielsweise für das neue Schulgesetz.

(Zuruf von der SPD)

Was Sie als Wut und Empörung empfunden haben, habe ich gestern auf einer Veranstaltung als blanke Zustimmung erlebt.

(Lautes Lachen und Zurufe von der SPD)

Offenbar verkehren Sie in den falschen Kreisen, verehrte Frau Kollegin Kraft.

Wir stellen die Weichen so, dass sich Kinder und Jugendliche entfalten können, individuell gefördert werden und frühzeitig die nötige Sprachkompetenz erlangen.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Wir geben den Schulen mehr Eigenverantwortung und mehr Freiheit.

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Wir wollen, dass Leistung gefördert und gefordert wird.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Redet da die CDU oder die FDP?)

Wir wollen die Schulleitungen und das Recht der Lehrerinnen und Lehrer stärken und den Fortbestand kleiner, wohnortnaher Schulen erleichtern. Darum geht es. Wir haben 4.000 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer verfügbar gemacht oder werden sie in dieser Legislaturperiode verfügbar machen.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Das erleichtert die Unterrichtsversorgung in unserem Land NRW – über die neuen gesetzlichen Bestimmungen hinaus. Das bringt unsere Kinder und das Land wirklich voran.

(Zuruf von der SPD: Da sind wir gespannt, Herr Stahl!)

Als Koalition der Erneuerung bringen wir ein Hochschulfreiheitsgesetz auf den Weg.

(Zurufe von der SPD: Ui!)

Werte Kollegin Kraft, auch dabei ist der Unterschied zwischen Ihrem und unserem Politikansatz klar erkennbar.

(Zuruf von der SPD: Zu Recht!)

Und das ist gut so.

Ihr 2003 verkündetes Hochschulkonzept war ein planwirtschaftliches Programm.

(Lachen von der SPD)

Sie haben Mengen und nicht Qualität steuern wollen. Sie wollen Studienplatzzahlen unter anderem abhängig machen von irrtumsbehafteten allgemeinen Berufsaussichten. Sie wollten Hochschulen steuern – etwa nach der Formel: Normstudienplätze gleich Lehrangebot mal Regelstudienzeit des Diploms dividiert durch curriculare Normwerte des zugeordneten Diplomstudiengangs. – Das haben sie unter Hochschulpolitik verstanden.

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Das ist Planwirtschaft pur, und damit machen wir Schluss.