Frau Kraft, Sie arbeiten bewusst mit Unwahrheiten. Es ist doch gar nicht so, dass diese Koalition den Jugendförderplan gekürzt hätte.
Ich gehe jede Wette mit Ihnen ein – sie ist allerdings theoretisch –, dass Sie im Jahre 2006 bei Vorlage dieses Haushaltes haargenau in der gleichen Weise verhalten hätten wie wir uns aufgrund Ihrer miserablen Finanzpolitik nun verhalten müssen.
Wie unredlich Sie sind, sieht man unter anderem daran, dass Sie uns anlasten, die Bugwelle von 54 Millionen €, die wir im Kindergartenbereich wie in vielen anderen Bereichen vor uns her geschoben haben, jetzt aufzulösen. Das verkaufen Sie als Kürzung, obwohl Sie sie verursacht haben.
Zu Ihrem Versprechen, die Beitragsfreiheit für den Kindergarten einzuführen, ist in der Vergangenheit hier im Plenum schon mehrfach darauf hingewiesen worden, dass Sie diese Diskussion seit 1975 führen. Sie haben die Beitragsfreiheit nicht realisiert. Sie sind auch heute nicht in der Lage zu zeigen, wie die halbe Milliarde Euro, die das kosten würde, außer durch neue Schulden aus einer anderen Stelle des Haushalts erbracht werden kann.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen in der Opposition, wir haben nicht nur ein anderes Leitbild als Sie, wir haben auch einen anderen Fortschrittsbegriff. Sie hatten sich angewöhnt, es Fortschritt zu nennen, wenn Sie beim Rückwärtsgehen nicht stolpern.
Unser Fortschrittsbegriff nimmt 2015 in den Blick. Dann nämlich sind wir weg von der Talsohle, in die Sie uns gebracht hatten, haben einen beschwerlichen Aufstieg hinter uns und sind – wie es Minister Prof. Pinkwart am 2. Februar hier für die Landesregierung formuliert hat – in Deutschland das Innovationsland Nummer 1. Vor allem dafür lohnt es sich zu arbeiten.
Wir konsolidieren, um die Zukunft zu gewinnen, die Zukunft für die Menschen in unserem Land. Das ist unsere Verantwortung. Dafür stehen wir heute. Dafür stehen wir morgen. Diese Arbeit werden wir als CDU-Fraktion im Landtag mit unserem Finanzminister Helmut Linssen, mit der Landesregierung und mit unserem Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers leisten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Stahl. – Wir setzen die Aussprache fort. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Fraktionsvorsitzende, Frau Löhrmann, das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Stahl, ich bin jetzt doch etwas enttäuscht über Ihren Beitrag. Das kann ich nicht verhehlen.
Ich hatte schon gedacht, dass Sie uns sowohl quantitativ als auch qualitativ etwas mehr bieten würden. Wenn ich jetzt noch das in Rechnung stelle, was Sie gesagt haben, finde ich, haben Sie etwa die Hälfte Ihrer Redezeit – wenn ich das richtig nachgehalten habe – darauf verwendet, sich an der SPD abzuarbeiten. Das ist mir besonders aufgefallen, dass Sie sich mehr mit der SPD
und mit dem Haushalt, den Sie hier heute als regierungstragende große Fraktion zu verantworten haben.
Um Beifall von der SPD zu bekommen, braucht es ein bisschen mehr, als eine rote Krawatte anzuziehen. An Ihrem Beitrag hat mich, besonders am Anfang, irritiert, was Sie zum Staatsverständnis ausgeführt haben – dazu komme ich im Weiteren noch –, und ich frage mich, ob Herr Papke überhaupt noch etwas dazu sagen muss. Denn Sie haben im Grunde eine Rede gehalten, die auch ein FDP-Kollege halten könnte.
Mir sind CDU-Zusammenhänge vor meinem familiären Hintergrund nicht ganz fremd, wie Sie wissen. Ich habe das früher anders verstanden, was ich in meinem Elternhaus und im Umfeld gelernt habe. Das hat mich heute sehr an die marktradikalen Ausführungen, die ich sonst nur von Herrn Papke kenne, erinnert. Ich finde das sehr erstaunlich, und das hören wir ja von den CDU-Kollegen an der einen oder anderen Stelle auch, dass das erstaunlich ist.
Die Schonfrist für die neue Landesregierung ist vorbei. Herr Stahl, ab heute reicht es nicht mehr, sich gebetsmühlenartig, wie Sie das gerade wieder getan haben, auf die letzte Legislaturperiode zu beziehen. Damit kommen Sie nicht mehr durch.
Die 100 Tage sind jetzt lange vorbei. Das ist nun Ihre Regierung, und es geht um Ihre Politik. Es geht um Ihren Haushalt.
Deshalb – Herr Weisbrich und Herr Klein sind nicht da; Herr Klein als haushaltspolitischer Sprecher müsste eigentlich da sein –
erlaube ich mir noch eine kleine Replik auf Ihre Pressenotiz von vorgestern. Das hat mich doch sehr zum Schmunzeln gebracht. Wenn Sie wüssten, wie gut meine Suppen schmecken, würden Sie dafür garantiert jedes niederrheinische Linsengericht stehen lassen.
Das nur am Rande. Ich bin ja zu Wetten bereit, aber die werden immer ausgeschlagen, der Ministerpräsident will es noch nicht mal probieren.
Meine Damen und Herren, mit dem jetzt vorgelegten Haushalt wird klar, wohin die schwarz-gelbe Landesregierung NRW führt. Herr Stahl hat leider Recht. Ja, Sie verändern dieses Land. Es wird kalt werden in Nordrhein-Westfalen.
Erstens. Statt den Haushalt, wie von Ihnen versprochen, zu konsolidieren, stürzen Sie das Land in eine neue Rekordverschuldung.
Zweitens. Sie könnten problemlos Subventionen im Landeshaushalt deutlich abbauen, aber Sie tun es nicht.
Drittens. Stattdessen zerstören Sie das Fundament der nordrhein-westfälischen Zivilgesellschaft, indem Sie genau da massiv kürzen, wo sich in Nordrhein-Westfalen Menschen für Menschen engagieren.
Dass nicht nur wir das so sehen, sondern auch andere, können Sie heute in der Stellungnahme der Wohlfahrtspflege nachlesen, die schon zur ersten Lesung vorliegt. Das zeigt doch, wie alarmiert die Menschen von dem, was Sie in unserem Land anrichten, sind.
Viertens. Sie verursachen durch planlose und kurzsichtige Kürzungen in zahllosen Bereichen präventiver Arbeit eine Kostenlawine, die in kürzester Zeit zu erheblichen Mehrbelastungen führen wird.