Protokoll der Sitzung vom 05.04.2006

Punkt 2: Das von einer grünen Ministerin geführte Bundesministerium hat in vier Regierungsjahren

nichts dafür getan, dass Alternativen zur Käfighaltung entwickelt und zur Praxisreife gebracht wurden.

Punkt 3: Renate Künast hat nicht einen Finger gekrümmt, um auf europäischer Ebene, wie es unter Punkt 3 des grünen Antrages steht, „ein baldiges EU-weites Verbot von Käfigbatterien für Legehennen zu erreichen“.

Deshalb gehen wir mit der SPD-Bundestagsfraktion und mit dem verantwortlichen Bundesminister der Union, Herrn Seehofer, einen anderen Weg. Ich zitiere dazu aus der Rede des Bundesministers von Donnerstag letzter Woche im Deutschen Bundestag:

„Niemand in der Koalition möchte zur alten Käfighaltung zurück und niemand ist der Auffassung, dass die geltende Rechtslage unverändert bleiben kann.“

Und weiter mit Seehofer:

„Ich bin dafür, dass wir uns gemeinsam und in aller Ruhe... Gedanken über mögliche Anschlussregelungen zum 1. Januar 2007 machen. Dazu finden in der Koalition sachliche und vernünftige Gespräche statt. Wenn diese abgeschlossen sind, werden wir auch eine öffentliche Debatte darüber führen.“

Der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „AgraEurope“ ist zu entnehmen, dass Herr Seehofer noch etwas deutlicher geworden ist. Dort steht:

„Zum Erstaunen vieler Beobachter übte... Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer im Bundestag scharfe Kritik an dem Beschluss der Länder und wies das Ansinnen des Ausschusses zurück, eine Änderung der Hennenhaltungsverordnung mit seiner Zustimmung für eine nationale Schweinehaltungsverordnung zu verknüpfen.“

Dies werde nicht gelingen, erklärte Seehofer. Das, verehrter Herr Minister Uhlenberg, ist doch schrille Musik in Ihren Ohren!

(Beifall von Svenja Schulze [SPD])

Waren Sie es doch, der im Agrarausschuss des Bundesrates mit Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern den Antrag eingebracht haben, Seehofers Entwurf der Schweinehaltungsverordnung zu ergänzen und mit der Wiedereinführung der Käfige zu verkoppeln.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Wiedereinfüh- rung ist völliger Quatsch!)

Ja, aber es geht um die Käfige mit den Legehennen in Verbindung mit der Schweinehaltung.

Dass sich ein Bundesminister solche Erpressungen nicht bieten lässt, können wir gut verstehen. Deshalb, Herr Uhlenberg: Rudern Sie zurück und nehmen Sie das Gesprächsangebot des Bundeslandwirtschaftsministers an, über einen Weg der Vernunft nachzudenken, der beides miteinander verbindet, nämlich eine tierschutzgerechte Unterbringung der Legehennen nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und unter Berücksichtigung des von der EU-Kommission angekündigten Berichts über alternative Haltungssysteme und eine ökonomisch tragfähige Lösung, mit der gewährleistet werden kann, in NordrheinWestfalen und in Deutschland eine konkurrenzfähige Eierproduktion aufzubauen und unsere Konsumenten mit Eiern aus tierschutzgerechter Erzeugung zu versorgen.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Genau das machen wir!)

Am Freitag muss der Bundesrat entscheiden. Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung NRW der Bundesregierung in Berlin nicht in den Rücken fällt und einen Kompromiss der Vernunft möglich macht. Tierschutz finden wir in der Politik der Landesregierung nicht. Sie findet nicht statt. Schaut man auf die Homepage des zuständigen Ministeriums, dann findet man viele Arbeitsbereiche, im Bereich Tierschutz: Fehlanzeige!

Wir lehnen den Antrag der Grünen aus den anfangs genannten Gründen ab. Wir werden auf das Thema Legehennen und Tierschutz nach der Beratung im Bundesrat zurückkommen. Wir bitten Sie, Herr Minister Uhlenberg, die Haltung der Landesregierung im Parlament zu erläutern und Auskunft über Ihre künftige Tierschutzpolitik zu geben. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Watermann-Krass. – Für die FDPFraktion spricht jetzt Herr Ellerbrock.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Antrag der Grünen kann man überschreiben mit der Überschrift: Das Gegenteil von gut ist nicht schlecht, sondern gut gemeint. Denn das, was hier gefordert wird, würde, wenn es umgesetzt würde, zu einem vermehrten Import von Eiern führen, die unter wesentlich problematischeren Produktionsbedingungen ge

legt würden, als das bei uns je der Fall sein könnte.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Gehen wir einfach mal zurück. Im Jahre 2002 wurde von der damaligen rot-grünen Bundesregierung für die Käfighaltung das Verbot ab 2007 angeordnet. Nach der EU hätte das bis 2012 Zeit gehabt. Wir haben wieder einen Sonderweg beschritten und gesagt: Hier müssen wir vorher eingreifen.

2001 hatten wir als FDP-Landtagsfraktion einen Antrag eingebracht, dessen Inhalt jetzt erfreulicherweise in einer gemeinsamen Bundesratsinitiative von Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen und Nordrhein-Westfalen beraten wird. Ich möchte den Minister im Gegensatz zu meiner verehrten Vorrednerin dringend auffordern, bei dieser Position zu bleiben und keine Positionsänderung vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass diese gemeinsame Bundesratsinitiative – ich gehe davon aus, dass Sie, Herr Minister, gleich noch einmal darauf eingehen – ein geeigneter Weg ist, dem Tierschutzgedanken Rechnung zu tragen. Der Antrag der Grünen unterstellt, dass die sogenannte Kleinvoliere nicht mit Tierschutzgedanken vereinbar sei und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts widersprechen würde. Dabei komme ich in Schwierigkeiten, liebe Kollegen von den Grünen, denn der Tierschutzbericht aus dem Jahre 2001, der noch unter Rot-Grün verfasst worden ist, sagt dazu eindeutig aus:

„Die Käfighaltung von Legehennen hält das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich für zulässig. Der Verordnungsgeber muss einen Interessenausgleich zwischen dem ethisch begründeten Tierschutz und den berechtigten Interessen der Tierhalter schaffen. Dabei ist der ethisch begründete Tierschutz zu fördern, ohne die Rechte der Tierhalter unverhältnismäßig einzuschränken.“

Das ist doch gerade der Weg der Bundesratsinitiative, der jetzt beschritten werden soll und auch von den Ländern – wie gesagt: MecklenburgVorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen – getragen wird.

Meine Damen und Herren, die Initiative des Bundesrats berücksichtigt die Realität, die die Grünen einfach nicht anerkennen wollen. Denn jeder Schritt, der die Haltungsbedingungen national einseitig verschärft, wird den Anteil der Importe erhöhen. Deswegen sagte ich: Das Gegenteil von gut ist nicht schlecht, sondern gut gemeint.

Sie, Herr Minister, hatten, glaube ich, gesagt, dass der Selbstversorgungsgrad bei Geflügel und Eiern in den letzten Jahren von 41 % auf 29 % wesentlich zurückgegangen sei. Würden wir den Weg der Grünen beschreiten, würden wir die Produktion ins Ausland verlagern, wo unter wesentlich problematischeren Produktionsbedingungen als hier in Deutschland produziert wird. Das kann doch nicht sein.

Meine Damen und Herren, im vorliegenden Antrag der Grünen wird ausgeführt:

„Nach der Kennzeichnungspflicht der Eier können Verbraucherinnen und Verbraucher selbst über die Art der Produktion mit entscheiden.“

Das ist richtig! Die Kennzeichnungspflicht ist in Ordnung, nur der informierte Bürger ist ein mündiger Bürger. Allerdings erscheint das Vertrauen der Verbraucher in die von den Grünen permanent diffamierte konventionelle Landwirtschaft nach wie vor unheimlich groß zu sein, denn diese 210 Millionen Bio-Eier stellen nur 1,6 % der gesamten Eierproduktion in Deutschland dar. Nicht einmal die Grünen Wähler kaufen die Bio-Eier. Das muss man sich vor Augen halten.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Remmel?

Vom Kollegen Remmel immer.

Herr Remmel.

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Würden Sie mir zustimmen, da Sie die Kennzeichnung gelobt haben, dass man die Kennzeichnung auch auf die Produkte ausdehnen sollte, weil die Kaufentscheidung der Verbraucherinnen und Verbraucher auch auf die Produkte bezogen werden könnte, die aus Eiern hergestellt werden?

Klarheit ist Wahrheit! Ich bin für eine Produktkennzeichnung auf den Eiern, wo sie sinnvoll ist. Wenn wir den ganzen Strauß sämtlicher Produktkennzeichnungen darstellen würden, die in Fertigprodukten enthalten sind, wäre er unlesbar. Das wäre der Beipackzettel bei Medikamenten, den keiner liest, es sei denn, er will einen Horrortrip unternehmen.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wenn wir jetzt also wissen, dass noch nicht einmal alle Grünen Bio-Eier kaufen, dann müssen wir

doch fragen, woher das kommt. Denn die Grünen sind ja nicht dumm.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Die wissen auch, dass gerade bei der Freilandhaltung erhebliche Probleme auftreten und dass es erhebliche hygienische Probleme gibt. Wer will sich denn schon sehenden Auges hygienischen Problemen aussetzen? – Ich wenigstens nicht. Deswegen kann man verstehen, was hier läuft.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Meine Damen und Herren, die gemeinsame Bundesratsinitiative ist aus meiner Sicht der richtige Weg. Das ist nicht die große Koalition der Tierschutzgegner. Im Gegensatz zu den Grünen wollen wir keine Politik der besten Absichten, sondern eine Politik der besten Ergebnisse. Deswegen stimmen wir der Bundesratsinitiative ausdrücklich zu. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche beim Frühstücksei – ob aus konventioneller oder aus Bio-Produktion – guten Appetit.

Vielen Dank für Ihren freundlichen Gruß, Herr Ellerbrock. – Jetzt spricht für die Landesregierung der zuständige Minister, Herr Uhlenberg. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Überschrift des Antrags der Grünen ist in Ordnung; dem können wir alle zustimmen,

(Zuruf von Dr. Gerhard Papke [FDP])

weil das auch keiner ändern will. Deswegen arbeiten die Grünen nicht mit Fakten und Argumenten, sondern nur mit Emotionen. Die Überschrift lautet: „Verbot der Käfighaltung für Legehennen beibehalten!“ – Meine Damen und Herren, wer will denn etwas daran ändern? Das ist doch überhaupt nicht das Problem. Es will niemand etwas daran ändern. Das sage ich besonders für die Zuhörer, die sich heute für dieses Thema im Rahmen unserer Plenarsitzung interessieren: Es will keine etwas daran ändern, dass die Käfighaltung in Deutschland verboten wird. Das ist ganz wichtig. Das ist die Grundlage.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir wollen nicht mehr, dass die Tiere in den klassischen Käfigen gehalten werden, aber wir brauchen dafür eine Nachfolgeregelung.