Jetzt komme ich zurück zur Gesamtabstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt ihm zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle kennen die grauenerregenden Bilder und Fotos von Legebatterien. Jeder und jede weiß: Käfighaltung ist Tierquälerei.
Das hat im Übrigen bereits 1999 das Bundesverfassungsgericht festgestellt. Im Oktober 2001 war es dann geschafft. Die Käfighaltung von Legehennen ist ab 2007 verboten. Das ist ein großer Erfolg für den Tierschutz und im Übrigen auch für grüne Landwirtschaftspolitik.
Die neue Legehennenverordnung symbolisiert einen Durchbruch für die Agrarwende und für die neue Verbraucherschutzpolitik. Diesen Erfolg versuchen derzeit die Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern in Zusammenarbeit mit der Geflügelindustrie rückgängig zu machen. Die Käfighaltung soll unter dem Decknamen „Kleinvoliere“ – welch schönes Neusprech – dauerhaft zugelassen werden. Das bedeutet nichts anderes, als die tierquälerische Käfighaltung in Deutschland fortzuführen.
Am 7. April, also in zwei Tagen, soll der Bundesrat über eine entsprechende Änderung der Legehennenverordnung abstimmen. Das Ziel dieser Anstrengung ist, mit dem Käfighaltungsverbot auch die Reformpolitik im Bereich der Agrarpolitik für artgerechte Tierhaltung zu kippen und zu beseitigen.
Meine Damen und Herren, das ist eine rückwärtsgewandte Agrarpolitik zulasten des Tierschutzes, zulasten der Tiere und wider den Willen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und auch in Nordrhein-Westfalen. Der Landtag als Vertretung der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Bürgerinnen und Bürger sollte das nicht hinnehmen.
Natürlich kann jeder Einzelne etwas tun, nämlich eine Politik mit dem Einkaufskorb. Die Devise ist: Kein Ei mit der drei! Das ist hinlänglich bekannt, gut für den Tierschutz und stärkt den ländlichen Raum.
Aber es geht auch darum, die politischen Rahmenbedingungen zu gestalten, und um die geht es hier. Schon längst liegt in Deutschland die Eierproduktion nicht mehr in den Händen der bäuerlichen Landwirtschaft, sondern in der skandalgeschüttelten industriellen Massentierhaltung der Eierbarone.
Meine Damen und Herren, da gibt es derzeit – und das ist nicht so ganz uncharmant – eine Entwicklung in Niedersachsen. Ich würde gerne wissen, was der Minister dazu sagt. Es gibt zwar keinen Herrn Pohlmann mehr, aber es gibt die Deutsche Frühstücksei GmbH. Und es ist heute bekannt geworden, dass erhebliche Teile der Produktion mit Nikotin belastet sind. Diese Gesellschaft produziert auch in Nordrhein-Westfalen.
Herr Minister, ich möchte von Ihnen gerne wissen, ob Sie das überprüft haben und wie Sie Nachrichten an die Verbraucherinnen und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen geben. Das ist ein aktuelles Beispiel dafür, dass diese Art und Weise, „Landwirtschaft“ zu praktizieren, nicht zeitgemäß ist, von den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht gewollt ist und für deren Gesundheit sowie die Qualität der Lebensmittel schädlich ist.
Allerdings produzieren Tausende Boden- und Freilandhaltungsbetriebe und Ökobetriebe artgerecht. Die Steigerung der Nachfrage gerade in diesem Bereich ist in den letzten Jahren eklatant gestiegen. Eine solche Haltung sorgt für zusätzliche Einnahmequellen in Deutschland und Nordrhein-Westfalen sowie im Übrigen auch für neue Arbeitsplätze.
Das Standardargument, das an dieser Stelle immer von Herrn Uhlenberg eingewandt wird, ist der Hinweis darauf, dass die Eierproduktion in andere Länder abwandere, in denen eine solche Festlegung, wie wir sie für Deutschland ab 2007 getroffen haben, nicht gelte.
Genau das Gegenteil ist richtig. Genau das Gegenteil macht eine Melodie daraus. Denn die ökonomische Situation in Deutschland kann in der Landwirtschaft gerade dadurch verbessert werden, dass wir uns auf Qualität besinnen und dass wir artgerechte Tierhaltung betreiben. Die Verbraucherinnen und Verbrauchern wünschen näm
lich genau dieses, und diesen Wunsch können wir mit dem Umfang der Produktion in Deutschland und hier in Nordrhein-Westfalen derzeit nicht befriedigen. Wir müssen die Produktion also in diesem Sinne ausweiten und sie im Lichte von Arbeitsplätzen und der ökologischen Landwirtschaft sehen.
Meine Damen und Herren, sagen Sie Nein zur tierquälerischen Käfighaltung, und stimmen Sie heute unserem Antrag zu.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Remmel. – Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Brunert-Jetter das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit dem schönen Satz von Wilhelm Busch in diese Debatte einsteigen: „Mancher hat schon seine Müh’ mit dem lieben Federvieh“. Diese Erkenntnis von Wilhelm Busch soll aber nicht die Debatte über unseren heutigen Tagesordnungspunkt ins Lächerliche ziehen. Sie soll vielmehr dazu beitragen, dass wir uns hier und heute nicht in ideologische Schützengräben zurückziehen, sondern ein Thema problemorientiert diskutieren.
Zur Sache: In Deutschland werden aktuell circa 32 Millionen Legehennen – davon noch 73 % in herkömmlichen Käfigen – gehalten. Die Käfighaltung ist noch bis Ende 2006 erlaubt. Ab diesem Zeitpunkt müssen wir sinnvolle Alternativen vorweisen. Mit der jetzt hier diskutierten Bundesratsinitiative von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind wir eindeutig auf einem richtigen Weg.
Es steht außer Frage, dass der Ausstieg aus der konventionellen Batteriekäfighaltung unverzichtbar ist. Dies – so denke ich – erkennen wir auch parteiübergreifend an. Es ist aber ebenso unverkennbar, dass es auch Probleme im Bereich von Boden-, Volieren- und Freilandhaltung gibt. Dies sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, hauptsächlich Probleme, die den Tierschutz betreffen, und gerade deshalb nehmen wir sie sehr ernst.
Eine Untersuchung der Tierärztlichen Hochschule Hannover über verschiedene Haltungssysteme kommt zu dem Ergebnis – und das hat nichts mit parteipolitischen Zielen zu tun, sondern ist ein fachlicher Sachstand –, dass die gesundheitliche Situation und Verhaltsauffälligkeiten der Hennen
In Boden- und Volierenhaltungssystemen gibt es einen höheren Anteil von Impfungen und Behandlungen als in konventionellen Systemen. Dazu kommt, dass Hühner soziale Tiere sind, die natürlicherweise in kleinen Gruppen leben. In großen Beständen sind Rangordnungskämpfe unvermeidlich. In der Folge kommt es zu Verhaltungsanomalien wie Federpicken und Kannibalismus. Um derartige Auswirkungen zu reduzieren, wird den Legehennen in diesen Haltungssystemen sogar der Schnabel gekürzt. Dies alles kann doch nicht im Interesse des Tierschutzes sein.
Unser Ziel ist es, die Kleingruppenvoliere als Käfigform zu etablieren. Die Kleingruppenvoliere, die über Sitzstangen und Staubbad verfügt, ist eine akzeptable Lösung, um Tierschutz und tierhygienische Aspekte in Einklang zu bringen. Den Hennen stehen 50 % mehr Platz zur Verfügung. Sie können
Im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen wird angeführt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher die Käfighaltung zu 80 % ablehnen und ihr Kaufverhalten entsprechend steuern. Das ist grundsätzlich gut so und zeigt, dass sich hier das Einkaufsverhalten nicht nur am Preis orientiert.
Trotzdem muss man an dieser Stelle deutlich sagen, dass über 70 % der Eier nicht vom Verbraucher als Frühstücksei gekauft werden. Der größte Teil der Eier landet in Eiprodukten wie Teig-, Süß- und Backwaren. Die Produzenten dieser Waren kaufen ihre Eier eindeutig dort ein, wo dies unter Marktbedingungen für sie am günstigsten ist. Deshalb spielen in dieser Diskussion neben dem Aspekt Tierschutz auch der Verbraucherschutz und die wirtschaftliche Situation unserer Produzenten eine Rolle.
Wir als Koalitionsfraktionen wollen beides erreichen: Nordrhein-Westfalen muss als Standort für Legehennenbetriebe attraktiv bleiben, und der Tierschutz muss gewährleistet sein.
Im Moment nicht. – Der Ausstieg aus der herkömmlichen Käfighaltung kommt – und er ist auch gewollt. Ich warne aller
dings davor, den Königsweg ausschließlich in den eindeutig ideologisch geprägten sogenannten alternativen Haltungsformen zu sehen. Damit fordern wir unsere Betriebe geradezu auf, die Geflügelhaltung in andere Länder mit geringeren Tierschutzstandards und somit kostengünstigerer Produktion zu verlagern.
Mal ganz abgesehen davon, dass damit auch eindeutig zahlreiche Arbeitsplätze verloren gehen, erweisen wir dem Tierschutz damit einen Bärendienst. Es ist keiner Henne geholfen, wenn sie lediglich die Nationalität wechselt und im Ausland unter extremen Bedingungen lebt und produziert.
Wir verstehen Tierschutz nicht als rein nationale Aufgabe, der an der deutschen oder vielleicht noch europäischen Grenze endet, sondern wir möchten einen Tierschutz und einen Verbraucherschutz erreichen, der praktisch und auch tatsächlich etwas bewirkt. Insofern fordere ich die Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf, sich dieser Initiative nicht zu verschließen, sondern tatkräftig und mit einem klaren Blick für die Wirklichkeit an konkreten Verbesserungen mitzuarbeiten. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Brunert-Jetter. – Für die SPDFraktion spricht jetzt Frau Watermann-Krass.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aufgrund des aktuellen Bezuges der Bundesratsentscheidung in dieser Woche komme ich direkt zur Sache. Es gibt eine Menge dazu zu erzählen. Wir lehnen den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der vorliegenden Form aus drei Gründen ab.
Punkt 1: Wer pauschal von einer großen Koalition der Tierschutzgegner aus CDU, SPD, FDP und PDS redet, verliert jede Glaubwürdigkeit und disqualifiziert sich selbst.
Denn beim Tierschutz sitzen Bündnis 90/Die Grünen im Glashaus. Ihre Bundesministerin Renate Künast hat versagt. Sie hat die Verabschiedung der Haltungsverordnung für Schweine verschleppt und zugelassen, dass eine Ländermehrheit im Bundesrat Schweine und Legehennen seit drei Jahren verkoppeln kann.