Es gibt aber natürlich Kommunalpolitiker, die mit den Systemen so, wie es seit Jahrzehnten laufen, vertraut sind. Und auch Sie müssen selbstverständlich Kompetenzen abgeben, weil wir Freiheiten ermöglichen, Menschen berechtigen und weil wir die Elternrechte mit der freien Wahl des Schulstandortes stärken. Dass es also Kommunalpolitiker in unseren Reihen gibt, die das anders sehen, ist so. Frau Löhrmann, Sie wissen genauso, dass auch Sie in den letzten zehn Jahren Regierungsvorhaben beschlossen haben, zu denen ich Ihnen auch Stellungnahmen von grünen und roten Ratsfraktionen zeigen kann,
Aber wir tragen eine Verantwortung für dieses Land. Frau Löhrmann, mir ist wichtig, darüber zu reden, denn Sie haben immer weniger Verantwortung. Sie haben klar gesagt, dass Sie eine Schule für alle wollen. Die Grünen kommen mit dieser Position in immer weniger Landtage in Deutschland hinein, um das in den Parlamenten einbringen zu können,
Wir hingegen halten Ihre Auffassung nicht für verantwortungsbewusst, weil das Ergebnis dieser Politik lautet: 25 bis 30 % eines Altersjahrgangs sind Problemschüler, was die Gefahr mit sich bringt, dass sie im späteren Leben bei der persönlichen Lebensführung, aber auch beruflich scheitern.
Deshalb sehen wir die Notwendigkeit zu handeln, weil wir auf Dauer nicht hinnehmen wollen, dass knapp 10 % eines Altersjahrgangs ohne Schulabschluss die Schule verlassen und damit dauerhaft in unserer Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen ohne Perspektive sind.
Ich bin der Letzte, der etwas dagegen hat, wenn Schüler am Ende von Schullaufbahnen unterschiedlich dastehen, wenn sie sich unterschiedlich entwickelt und entfaltet haben. Schüler sind unterschiedlich intelligent, unterschiedlich begabt und unterschiedlich fleißig. Wenn es dabei Differenzierungen gibt, ist das ganz normal.
Das Kriterium, warum sich Bildungslaufbahnen von einzelnen Menschen in diesem Land anders entwickeln, muss in der Leistungsbereitschaft und in der Fähigkeit von Schülern begründet sein – und nicht in der sozialen Herkunft, wie es das Resultat Ihrer Bildungspolitik ausweislich von Pisa in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen gewesen ist.
Deshalb wollen wir das selektive System überwinden. Wir wollen, dass die Selektion, die ab dem ersten Schultag beginnt, durchbrochen wird –
bei einem System mit Schulbezirken entwickeln sich Berliner Verhältnisse –, weil es in der Logik der Dinge liegt, dass die Unterschiede im Wohnen eins zu eins auch auf die Bildungsstruktur projiziert werden, wenn Sie um das soziale Wohnumfeld eine Mauer ziehen.
Wir sorgen für eine stärkere Durchmischung, weil wir mit unserer „Schule ohne Grenzen“ Mauern einreißen und weil es damit eine Offenheit gibt.
Denn jemand, der im sozialen Brennpunkt geboren wird, hat die Freiheit, sich auch woanders einschulen zu lassen. Damit werden die Unterschiede der Wohnstruktur nicht eins zu eins in das Bildungssystem projiziert. Deshalb: Mehr Freiheit für mehr Menschen! – Das ist ein Ansatz gegen das frühe Sortieren. Heute sortiert der Staat Schüler nach Hausnummern. Bei all Ihrer Rhetorik müsste Sie dieser Punkt eigentlich auch beschäftigen.
Unsere Philosophie ist nämlich, dass das Kindswohl Vorrang hat vor der Kultusbürokratie und den damit verbundenen staatlichen Steuerungsinteressen. Wettbewerb belebt das Geschäft. Mehr Freiheit für mehr Menschen!
Das alles ist eingebettet in ein Bildungssystem mit großer Transparenz. Wir werden zukünftig keine Ergebnisse verschweigen.
Wir werden offen und transparent dokumentieren, welche Schule welches Bildungsangebot hat und wie viel Unterricht ausfällt. Wir machen zukünftig ein Schulranking über die Ergebnisse, bei dem man ablesen kann, wo welche Schule steht, damit eine anspornende Leistungskultur entsteht und damit Anstrengungsbereitschaft und Neugier von Schülern geweckt wird. Eltern bekommen damit ehrliche Informationen und Rückmeldungen über die Leistungsfähigkeit von Schulstandorten, aber auch über den Leistungsstand ihrer Kinder. Das ist ein System, das wir für modern, innovativ und wettbewerbsfähig halten, weil es mit den jetzigen Tabus bricht.
Deshalb, meine Damen und Herren, dürfen Sie einen Punkt nicht ausblenden – das ist meine letzte wichtige Bemerkung zu diesem Thema –: Sie haben jahrelang auf die Notenillusion gesetzt. Sie haben Schülern ohne große Hürden relativ leicht Abschlüsse gegeben, bei denen tolle Dinge auf tollen Stücken Papier standen.
Dann kam Pisa. Pisa hat das analysiert. Nordrhein-Westfalen steht am Ende der Skala für Kompetenz. Wenn man nämlich nach einheitlichen Maßstäben vergleichbar misst, wie es in Süddeutschland aussieht, wie es hier aussieht und wie es in Norddeutschland aussieht, und wenn man das tatsächlich Erlernte, die Kompetenz, unter Zugrundelegung einheitlicher Standards vergleicht, stellt sich heraus: Wir stehen dabei ganz unten.
Sie aber haben uns jahrelang erzählt, das nordrhein-westfälische Bildungswesen sei ein besonders leistungsfähiges, weil in keinem anderen Bundesland so viele Kinder Abitur machen wie in Nordrhein-Westfalen. Wenn man einmal beide Folien übereinander bringt und sieht, dass dahinter diejenigen mit den schlechtesten Kompetenzen in ganz Deutschland stehen, dann müssen Sie sich die Frage stellen lassen, wie die Wertigkeit Ihrer Abschlüsse aussieht.
Wir wollen ein transparentes und ehrliches Bildungssystem, das auf Leistung beruht und Qualität voranbringt. Von diesem Weg werden wir uns auch von Ihnen nicht abbringen lassen. – Ich danke Ihnen.
Bevor ich zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrats komme, möchte ich mich noch bei der Kollegin Löhrmann entschuldigen; denn gerade habe ich den Schluss ihrer Frage abgewürgt, glaube ich. Ich habe die Pause einfach etwas zu großzügig ausgelegt. Dafür bitte ich um Entschuldigung.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/1572 an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – federführend –, an den Innenausschuss, an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.
Ich erlaube mir den Hinweis auf den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/1597 und eröffne die Beratung.
Als erste Rednerin hat für die antragstellende Fraktion der SPD die Kollegin Schulze das Wort. Bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die schwarz-gelbe Landesregierung redet in diesen Tagen viel von der „Kultur des Verzichtes“ und von „Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit.“ Wenn man sich aber einmal ansieht, wie der vorgelegte Haushalt konkret aussieht, ist davon nicht mehr viel zu erkennen. Es geht nicht mehr um Wahrheit und Klarheit, sondern darum, dass hier die Grundlagen unseres Rechtssystems infrage gestellt werden.
Bisher war es in Nordrhein-Westfalen so, dass private Bauherren und gewerbliche Investoren bei Infrastrukturmaßnahmen ein Genehmigungsver
fahren durchlaufen mussten. Im Rahmen dieses sogenannten Planfeststellungsverfahrens wurde das Ganze von den Behörden nach Recht und Gesetz geprüft. Dann wurden dem Bauherrn eventuell Auflagen gemacht, zum Beispiel ökologische Ausgleichsmaßnahmen. So war es auch beim Flughafen Münster/Osnabrück.
Damit Sie das jetzt alle richtig verstehen, auch wenn heute nicht so viele von den Regierungsfraktionen hier sind: Wir sind für den Flughafen Münster/Osnabrück. Wir haben unter Rot-Grün auch eine ganze Menge Geld in die Hand genommen, um diesen Flughafen auszubauen.
Darum geht es hier und heute aber nicht. Es geht darum, wie mit einem rechtmäßigen Plangenehmigungsverfahren umgegangen wird, und um die Verlässlichkeit staatlichen Handelns.
Bisher hat niemand bestritten, dass der Flughafen an einem FFH-Gebiet liegt und dass dieses FFHGebiet bei der Verlängerung der Startbahn beeinträchtigt wird. Sie schreiben im Erläuterungsband zum Einzelplan 10 – Zitat –:
„Das Flughafengelände grenzt an FFH-/Natur- und Landschaftsschutzgebiete an. Das FFHGebiet Eltingmühlenbach wird erheblich beeinträchtigt. Im Zuge der Umsetzung der Planfeststellung zur Startbahnverlängerung werden daher zusätzliche ökologische Maßnahmen erforderlich.“