Ganz offensichtlich hat der interne Schriftwechsel zwischen CDU, FDP und Innenministerium Wirkung gezeigt. Sie haben hier Sachverhalte angesprochen, die im Antrag nicht stehen. Im Antrag steht kein Wort davon, Behörden aus den großen Städten zu verlagern und die Aufgabe auf die Kreise zu übertragen. Das ist offensichtlich Ergebnis des Schriftwechsels der letzten Tage zwischen dem Innenministerium und den beiden Fraktionen gewesen.
Herr Sahnen, warum fordern Sie eine offene Prüfung des Sachverhaltes, wenn Sie im Prinzip die Entscheidung vorwegnehmen, indem Sie sagen,
Ich meine jetzt auch nicht Sie, sondern die Kollegen von der CDU. Wenn Sie Ihren Landräten etwas Gutes tun wollen, dann machen Sie es doch nicht so offensichtlich wie in dem Antrag.
Wir stimmen zu, den Antrag in den Ausschuss zu überweisen. Auch wir sind der Auffassung, dass wir gemeinsam nach einer kritischen Aufgabenprüfung diskutieren sollten, welche Änderungen wir vornehmen können. Das soll mit den Zielen einer höheren Kundenorientierung, einer größeren Bürgernähe, kürzerer Verfahrenswege und eines einfacheren Verfahrens geschehen. Damit wären wir sofort einverstanden. Von daher freuen wir uns auf die Diskussion im Ausschuss. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Hilser. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Horst Becker das Wort.
Meine Damen und Herren! Niemand in diesem Haus wird sachliche Gründe dafür finden, einen solchen Antrag auf Prüfung nicht in die Ausschüsse zu überweisen. Wir sind auch dafür, dass bestehende Strukturen geprüft werden. Das gilt auch für die 89 Bewilligungsbehörden bei der Wohnraumförderung.
Ich will aber deutlich machen, dass die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP in dem Antrag in der Tat divergierende Zielsetzungen für die Zukunft formulieren, die eigentlich nicht zueinander passen. Zum einen soll die Anzahl der Bewilligungsstellen reduziert werden, zum anderen soll aber auch die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern verbessert werden.
Ich gehe davon aus, dass die Einsparungen bei den kreisfreien Städten auf diese Art und Weise nicht zu vollziehen sind, weil hier in der Regel die
Einsparpotenziale werden – das sehe ich ein bisschen anders als der Kollege Hilser –, wenn Sie das ernst meinen, was Sie aufschreiben, demnach im ländlichen Raum und hier insbesondere in den größeren kreisangehörigen Gemeinden zu vollziehen sein. Das heißt, eine Schließung von Bewilligungsstellen würde dort zwangsläufig zu längeren Wegen für die Bürgerinnen und Bürger führen.
Meine Damen und Herren, jetzt könnte man auch auf die Idee kommen, ein solches Antragsverfahren auf örtliche Geldinstitute zu verlagern. Davon lese ich zwar in Ihrem Antrag nichts, aber es handelt sich in der Sache durchaus um ein branchenübliches Geschäft. Die Geldinstitute sind bei der Vermittlung von öffentlichen Förderangeboten – das zeigen die Erfahrungen zum Beispiel mit den wohnraumbezogenen Förderungsangeboten der KfW – in der Regel zu zurückhaltend. Mit den hauseigenen Produkten wird dagegen oft mehr Geld bei den Banken und Sparkassen gemacht.
Ich bin gespannt, was bei Ihrer Prüfung herauskommt. Wir werden Ihre Prüfergebnisse untersuchen und dann entweder zu einer gemeinsamen oder zu einer strittigen Entscheidung kommen. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Wittke das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die soziale Wohnraumförderung hat sich verändert und wird sich auch weiter verändern. Anders als in den Nachkriegsjahren, in denen breiteste Schichten der Bevölkerung mit Sozialwohnungen zu versorgen waren, gilt es heute, mit differenzierten Förderkonzepten regional unterschiedliche wohnungspolitische Aufgaben möglichst effizient zu erledigen.
Als Beispiele möchte ich hier nur einige Themenschwerpunkte der sozialen Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen nennen: die Umstrukturierung nicht mehr marktfähiger Wohnungsbestände, die Schaffung von Wohnformen an der Schnittstelle zur Pflege oder die Unterstützung des selbst genutzten Wohneigentums. Das ist kein Massengeschäft, sondern das sind vielfältige Aufgaben und Herausforderungen für die Förderstellen.
Diesen neuen wohnungspolitischen Herausforderungen wollen wir auch unsere Verwaltungsverfahren anpassen. Die soziale Wohnraumförderung ist eine staatliche Aufgabe, die das Land auf der Grundlage eines Bundesgesetzes in enger Kooperation mit den Kommunen wahrnimmt. Dabei setzt das Land die Eckwerte der Förderung fest. Die Kommunen entscheiden im Mietwohnungsbau über den örtlichen Bedarf und sind in der Eigentumsförderung Ansprechpartner für junge Familien, die selbst genutztes Wohneigentum bilden möchten. Die Wohnungsbauförderungsanstalt zahlt die Fördermittel schließlich aus und wickelt so zentral für das ganze Land die Kredite ab.
Dieses Verfahren hat – so schreibt es uns das Bundesrecht vor – zwei Stufen. Die Förderzusagen erteilen kommunale Bewilligungsbehörden im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens. Das ist die erste Stufe. Die Wohnungsbauförderungsanstalt erteilt anschließend auf der Grundlage der Förderzusage den Darlehensvertrag.
Ich halte es für sinnvoll, im Sinne des Antrages der Regierungsfraktionen die Anzahl der Bewilligungsbehörden den geänderten Rahmenbedingungen der sozialen Wohnraumförderung anzupassen und so das Verwaltungsverfahren zu modernisieren. Nach § 2 des Wohnungsbauförderungsgesetzes des Landes sind derzeit 23 kreisfreie Städte, 34 große kreisangehörige Städte sowie für den übrigen kreisangehörigen Raum 31 Gemeinden für das öffentlich-rechtliche Verfahren zuständig. Diese hohe Anzahl von Bewilligungsbehörden war in den vergangenen Jahrzehnten durch den beachtlichen Umfang der Förderprogramme und den damit verbundenen zahlreichen Anträgen bei allen Förderstellen begründet.
Die immer stärkere Differenzierung der regionalen Wohnungsmärkte veränderte wohnungsbaupolitische Vorgaben. Vergleichsweise geringere Fördervolumen werden künftig bei unveränderten Zuständigkeiten zu sehr unterschiedlichen Auslastungen der einzelnen Bewilligungsbehörden führen. Eine Konzentration der Aufgaben der sozialen Wohnraumförderung auf weniger Förderstellen, die eine kompetente und bürgernahe Beratung und eine zügige Abwicklung von Förderanträgen gewährleisten können, ist daher geboten.
Lieber Kollege Hilser, es geht keineswegs darum, irgendjemandem irgendetwas Gutes zu tun. Aber es ist doch unsinnig, dass in der Stadt Lüdenscheid zwei Bewilligungsbehörden in direkter Nachbarschaft liegen, die beide mittelprächtig ausgelastet sind, nämlich einmal die der Stadt Lüdenscheid und einmal die des Märkischen Kreises. Es ist eben unsinnig, dass in der Stadt Reck
linghausen zwei Bewilligungsbehörden nebeneinander existieren, einmal für die Stadt Recklinghausen und einmal für den Kreis Recklinghausen. So kann ich Ihnen Dutzende von Beispielen nennen.
Von daher ist es unverständliche Polemik, wenn Sie davon reden, dass irgendjemandem irgendetwas Gutes getan werden soll.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Landesregierung kommt gerne dem Anliegen der Koalitionsfraktionen nach, das Wohnungsbauförderungsgesetz zu ändern und die Zuständigkeit für das Verwaltungsverfahren der sozialen Wohnraumförderung auf die kreisfreien Städte und für die übrigen Gemeinden auf die Kreise zu konzentrieren. Damit würde die Aufgabe künftig nur noch von 54 Förderstellen durchgeführt, die auf sich stetig wandelnde wohnungspolitische Aufgaben der sozialen Wohnraumförderung und auf eine schwankende Nachfrage nach Fördermitteln flexibel reagieren könnten.
Gleichzeitig würden so die Bürgernähe und die Qualität der Beratung durch Behörden mit langjähriger Erfahrung im Verwaltungsverfahren der sozialen Wohnraumförderung gewährleistet und die wohnungspolitischen kommunalen Belange ausreichend berücksichtigt.
Ich werde daher alsbald einen entsprechenden Gesetzentwurf mit den kommunalen Spitzenverbänden und den wohnungswirtschaftlichen Verbänden erörtern und nach Durchführung des Anhörungsverfahrens das Kabinett mit der Angelegenheit befassen. Danach werden wir uns im zuständigen Fachausschuss und natürlich hier im Parlament mit einem Vorschlag auf der Grundlage dieses Antrages beschäftigen. Ich bin sicher, dass dieser Antrag nach der weiteren Beratung im Ausschuss eine Mehrheit finden wird. Dann werden alle weiteren Konsequenzen zu ziehen sein. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Röken? – Die Zwischenfrage wird nicht gestattet. Ich weise allerdings darauf hin, dass die Fraktion der SPD noch eine 1:46 Minuten Redezeit hat.
Meine liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir aufgrund ausgesprochener Disziplin aller Redner schon am Schluss der Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 14/1547 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr – federführend – sowie den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, bitte Hand aufzeigen. – Gegenstimmen? – Stimmenenthaltungen? – Somit einstimmig beschlossen.
Ich eröffne die Beratung und erteile für eine der antragstellenden Fraktionen dem Kollegen Giebels, CDU, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind die Erziehungsberechtigten, die in erster Linie für das Verhalten von Kindern und Jugendlichen die Verantwortung zu übernehmen haben. Das fehlende Unrechtsbewusstsein bei Jugendlichen ist einer der vielen Gründe für die stark gestiegene Jugendkriminalität. Viele Eltern haben es versäumt, ihren Kindern Werte zu vermitteln, Grenzen aufzuzeigen und ihnen beizubringen, was falsch oder richtig ist. Aber auch die Medien und die Schulen haben diese Entwicklung mit verursacht.
Der zunehmend stärkere Einfluss der Medien birgt neue Gefahren für unsere Jugend. So können sich die Jugendlichen beispielsweise Gewaltfilme im freien Fernsehen schon zu normalen Tageszeiten, Gewalt in PC-Spielen oder Videos jederzeit anschauen. Häufig tritt dabei der Effekt auf, dass das gerade Gesehene von den Jugendlichen nachgeahmt wird.
Ein weiterer Aspekt ist der zunehmende Einfluss der elektronischen Kommunikationsmedien wie das Internet, wo ohne tatsächliche Grenzen Gewaltszenen und -verbrechen angesehen und ver
breitet werden können. Dieser Medieneinfluss findet überwiegend im Elternhaus statt. Unseres Erachtens sind die familiären Verhältnisse der wesentlichste und wichtigste Grund für die ansteigend hohe Jugendkriminalität; denn im Elternhaus wird der Charakter der Jugendlichen maßgeblich geprägt und nachhaltig beeinflusst.
Hierzu gehört auch, dass viele Jugendliche bereits in ihrer Kindheit – das heißt vor Vollendung des zwölften Lebensjahrs – Opfer elterlicher Gewalt wurden beziehungsweise werden. Diese Opfer werden häufig selbst zu Tätern. Viele in sozial prekären Verhältnissen lebende Jugendliche werden im Elternhaus schon früh beispielsweise mit Alkoholismus, Gewalt und Arbeitslosigkeit konfrontiert. Dadurch entsteht bei vielen Jugendlichen der Eindruck einer fehlenden Perspektive für das spätere Leben.
Im Elternhaus werden nicht selten Disziplinlosigkeit, mangelnde Leistungsbereitschaft und Gleichgültigkeit vorgelebt. In vielen Familien sind beide Elternteile berufstätig. Daher haben diese Eltern wenig, viel zu wenig Zeit für ihre Kinder, die dann auf sich alleine gestellt und unkontrollierten Einflüssen ausgesetzt sind.
Die Kinder schließen sich häufig einer Gruppe an, da die Eltern oft nicht anwesend sind und dadurch die notwendige elterliche Fürsorge und Zuneigung fehlt. Die Eltern können ihre Vorbildfunktion nicht mehr wahrnehmen, und die Kinder können sich nicht mehr mit den Eltern identifizieren. Die wichtige Sozialfunktion der Familie wird eben nicht mehr erfüllt.