Harald Giebels
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich für die CDUFraktion zum Thema Prozesskostenhilfe Folgendes klarstellen: Selbstverständlich muss es in unserem Rechtsstaat jedem Menschen möglich sein, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, selbst, wenn er nicht über die dazu notwendigen Geldmittel verfügt. Prozesskostenhilfe ist daher unabdingbar, um für jedermann den gleichen Zugang zu den Gerichten zu gewährleisten. An diesem Grundgedanken muss sich natürlich auch jede Neuregelung der Materie orientieren.
Gleichwohl darf Prozesskostenhilfe kein Geschenk des Staates sein. Ich denke, da sind wir uns einig. Sie ist daher nur in solchen Fällen gerechtfertigt, in denen derjenige, der einen Prozess aus eigenen Mitteln zu finanzieren hat, unter Abwägung seiner Chancen und Risiken und des zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolges ebenfalls einen Prozess austragen würde. Nur in diesem Umfang sind Leistungen der Prozesskostenhilfe verfassungsrechtlich geboten.
Die Kosten im Bereich der Prozesskostenhilfe sind im Laufe der vergangenen zehn Jahre explodiert. Dies belegen auch die Zahlen: Von rund 81 Millionen € im Jahr 1998 sind bei uns in Nordrhein-Westfalen die Ausgaben für Prozesskostenhilfe bis zum Jahr 2008 auf knapp 140 Millionen € angewachsen. Das entspricht einer Steigerungsrate von 40 %.
Vor diesem Hintergrund sind eine Modernisierung und Anpassung der bestehenden PKH-Vorschriften an das übrige Sozialrecht ohne Alternative.
Wir treten für folgende Änderungen ein:
Die CDU-Landtagsfraktion steht für eine sparsame und zielgerichtete Verwendung der Steuermittel zugunsten der wirklich Bedürftigen in unserem Land. Deshalb soll die Eigenbeteiligung der bedürftigen Partei durch eine moderate Neuregelung des einzusetzenden Einkommens und Vermögens erhöht werden. So kann sichergestellt werden, dass Prozesskostenhilfe auch weiterhin denjenigen Menschen zugute kommt, die sie wirklich brauchen.
Aber gerne, bitte schön.
Erstmal müssen wir zur Kenntnis nehmen, wie die Zahlen gestiegen sind. Da sind wir uns wohl einig. Natürlich gibt es auch eine Analyse, woran das liegt – die können wir dann auch noch einmal vertiefen. Vor diesem Hintergrund haben wir also keine Alternative, als tatsächlich zu handeln.
Der Einwand der SPD, dass eine bedürftige Partei auf diese Weise davon abgehalten werden könnte, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar; denn der Gesetzentwurf des Bundesrates verlangt an keiner Stelle, dass die bedürftige Partei jenen Teil ihres ursprünglich vorhandenen Einkommens und Vermögens einsetzt, den sie zur Deckung des Existenzminimums benötigt, ganz im Gegenteil: Ihr soll von dem sogenannten einzusetzenden Einkommen, das heißt dem Nettoeinkommen abzüglich aller Freibeträge, ein Drittel verbleiben.
Der bedürftigen Partei wird, wie ebenfalls vorgeworfen wurde, auch keine unübersehbare Kostenlast aufgebürdet. Vielmehr ist die Rückzahlungsverpflichtung durch die Höhe der angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten begrenzt.
Wir fordern eine Neubestimmung der Höhe sowie eine Aufhebung der Begrenzung von PKH-Raten. Diese beträgt zurzeit 48 Monate. Gerade aus Gründen sozialer Gerechtigkeit ist der Wegfall der Ratenobergrenze jedoch erforderlich; denn Beispielrechnungen zeigen, dass auch sogenannte Besserverdienende nach bestehender Rechtslage zumin
dest mit Ratenzahlungsverpflichtungen Anspruch auf PKH haben können.
Weiterhin muss die bedürftige Partei zum vollen Einsatz desjenigen Vermögens verpflichtet werden, das sie durch den PKH-finanzierten Rechtsstreit erlangt hat. Obsiegt die bedürftige Partei voll und ist der Gegner solvent, können bei ihm auch die Verfahrenskosten in vollem Umfang vollstreckt werden, sodass die bedürftige Partei das Erlangte behalten kann. Ist der Gegner dagegen insolvent, sodass eine Vollstreckung bei ihm erfolglos ist, kann die bedürftige Partei tatsächlich nichts von ihm erlangen und hat auch nichts an die Landeskasse herauszugeben. Lediglich im Falle des Teilobsiegens und der teilweise erfolgreichen Vollstreckung ist die bedürftige Partei somit tatsächlich zum Einsatz des Erlangten verpflichtet.
Im Ergebnis mag dies dazu führen, dass der Prozesserfolg durch die Kosten aufgezehrt wird. Dies trifft aber nicht allein die bedürftige Partei, die den Prozess mit eigenen Mitteln finanziert hat, aber eben auch diese.
Wenn nunmehr bedürftige und nichtbedürftige Parteien in diesem Punkt gleichgestellt werden, ist dies also nicht verfassungswidrig, ganz im Gegenteil: Eine solche Gleichstellung ist aus Gerechtigkeitserwägungen geradezu geboten.
Und, Herr Kollege Sichau, die verfassungsrechtlichen Bedenken, die Frau Zypries ursprünglich einmal geäußert hat, sind mittlerweile ausgeräumt und werden auch nicht mehr aufrechterhalten. Das ist ja auch ein Ergebnis der Bund-Länder-Arbeitsgruppe.
Weiterhin sagen wir, dass die Befugnisse des Gerichts zur Aufklärung und Nachprüfung der Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu erweitern sind. Damit – das gestehen wir ganz offen zu – sollen Fälle von PKHMissbrauch, die es gibt – wir verallgemeinern das nicht, aber es gibt sie – und die in der Vergangenheit bedauerlicherweise zugenommen haben, eingedämmt werden.
Im Ergebnis halte ich fest: Die Bundesratsinitiative der Länder Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein ist zu begrüßen. Wir werden daher den Antrag der SPD-Fraktion ablehnen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem Gesetzentwurf bzw. dem Änderungsantrag der Grünen geht es – ich darf es sinngemäß zusammenfassen – um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Grundstückseigentümer verpflichtet ist zu dulden, dass sein Nachbar eine Wärmedämmung anbringt, die in das eigene Grundstück hineinragt.
Die klimapolitische Intention des Antrags mag zu begrüßen sein. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, Grundstückseigentümern die Anpassung von Bestandsbauten an den heutigen Stand der Technik zu erleichtern und dadurch der Umwelt etwas Gutes zu tun.
Bei alledem sollten wir aber Zweierlei nicht vergessen:
Erstens bewegen wir uns hier in einem grundrechtssensiblen Bereich. Wenn ein Nachbar über das Grundstück des anderen bauen will, selbst wenn es nur um Wärmedämmungsmaterial mit einer Schicht von 10 cm geht, ist der andere in seinem Grundrecht aus Art. 14 des Grundgesetzes betroffen. Dann geht es um grundrechtlich geschütztes Eigentum.
Zweitens ist der Nachbar schon nach der bestehenden Gesetzeslage zur Duldung von Maßnahmen zur Wärmedämmung, die in sein Grundstück hineinragen, verpflichtet. Ich verweise hier auf die bestehende Regelung des § 23 Nachbarschaftsgesetz, die – so hat es zum Beispiel das Landgericht Duisburg bereits 2007 festgestellt – den Fall des Wärmedämmungsüberbaus umfasst.
Das bedeutet, dass an dieser Stelle besondere Sorgfalt geboten ist. Gründlichkeit geht auch hier wieder einmal vor Schnelligkeit. Diese Gründlichkeit lassen der Gesetzentwurf wie auch die Änderungsformulierung vermissen.
Zunächst haben Sie einen Gesetzentwurf nach hessischem Vorbild vorgelegt. Dabei ist Ihnen allerdings ein Fehler unterlaufen;
denn Sie haben Duldungspflichten für einige Baudetails nicht in Ihren Gesetzentwurf aufgenommen. Das ist Ihnen ja auch im Rahmen der Sachverständigenanhörung vorgehalten worden.
Darüber hinaus – das hat die Sachverständigenanhörung ebenfalls gezeigt – war der Gesetzentwurf auch inhaltlich von fragwürdiger Qualität. Ich darf in diesem Zusammenhang aus der Stellung
nahme von Frau Richterin Dr. Schütte-May zitieren. Dort heißt es auf Seite 3:
Der Landesgesetzgeber darf den ihm bei der Bestimmung des Eigentums zustehenden Gestaltungsspielraum jedoch nicht überschreiten, insbesondere die Interessen des benachbarten Grundstückseigentümers also nicht unverhältnismäßig einschränken …
Es folgt eine präzise Aufzählung der teils empfindlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, die auch gegen den Entwurf vorzubringen sind. Mit Ihrem Änderungsantrag nach Berliner Vorbild haben Sie jetzt versucht nachzubessern und immerhin einen Teil der Sachverständigenkritik berücksichtigt.
Sie schlagen nun ergänzend vor, einen neuen § 23 a in das Nachbarschaftsgesetz einzufügen. Aber so, wie Sie es machen wollen, geht es leider auch nicht; denn der Änderungsantrag hat erhebliche Mängel. Es wird nur unzureichend berücksichtigt, dass die rechtlichen Beziehungen zwischen Nachbarn nicht nur durch die privatrechtlichen Bestimmungen des Nachbarschaftsgesetzes, sondern auch durch die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere diejenigen der Bauordnung, geprägt sind.
Es kommt hier also nur ein Gesamtpaket in Betracht, das die privatrechtlichen und die öffentlichrechtlichen Bestimmungen umfassend, in sich auch stimmig und vor allen Dingen grundrechtskonform regelt. Ein solches Paket, meine Damen und Herren, bedarf nun einmal der vertieften Diskussion.
Im grundrechtssensiblen Bereich des Nachbarschaftsrechts verbieten sich handwerklich unsaubere Schnellschüsse. Ich erinnere an die Ausführungen Ihres Fraktionskollegen Remmel zum Tagesordnungspunkt Optimierung der Gesetzgebung. Der von Ihnen jetzt vorgelegte Gesetzentwurf und die Änderungsanträge halten den Kautelen, die Ihr Kollege hier vorgetragen hat, jedenfalls ebenso nicht stand wie auch Ihr Vorschlag zur Änderung des § 4 der Bauordnung. Auch fehlt in Ihrem Entwurf vollständig eine Regelung für Grenzüberschreitungen in den öffentlichen Raum hinein.
Abschließend halte ich fest:
Erstens. Der Gesetzentwurf wie auch der Änderungsantrag lassen die gebotene sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Sachproblem vermissen und offenbaren auch empfindliche Schwächen.
Zweitens. Schon nach bestehender Gesetzeslage ist der Nachbar zur Duldung von Maßnahmen zur Wärmedämmung, die in sein Grundstück hineinragen, verpflichtet. Es besteht also kein Anlass zu unprofessioneller Hektik.
Deshalb haben der Ausschuss für Bauen und Verkehr und der Rechtsausschuss zu Recht diese
Gesetzesinitiative zurückgewiesen. Auch heute können wir aus den genannten Gründen diesem Gesetzentwurf und auch dem Änderungsantrag nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die umfassenden Antworten auf immerhin 96 Fragen zur rechtlichen Betreuung in Nordrhein-Westfalen liefern ein präzises und, wie ich meine, auch positives Bild von der Situation der rechtlich Betreuten in unserem Bundesland. Sie zeigen, dass der Staat der großen Verantwortung – Sie haben es eben richtigerweise angesprochen –, die ihm in diesem sensiblen Bereich zukommt, insgesamt gut gerecht wird.
Ich will kurz an die Anfänge des jetzigen Betreuungsrechts erinnern. Mit dem Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige von 1990, das 1992 in Kraft getreten ist, hat die damalige Bundesregierung unter Helmut Kohl rechtlich völliges Neuland betreten. An die Stelle der sich immer noch im Sprachgebrauch befindenden Entmündigung, der Vormundschaft über Volljährige, und an die Stelle der Gebrechlichkeitspflegschaft – welch schlimmes Wort – ist damals das einheitliche Rechtsinstitut der rechtlichen Betreuung getreten.
Betreuung – so liest man in einem Standardkommentar zum BGB – ist nicht tatsächliche Hilfe, sondern staatlicher Beistand in Form von Rechtsfürsorge. Der Betreuer hat die tatsächliche Hilfe lediglich zu organisieren.
Ziel des reformierten Betreuungsrechts ist es vor allem, dem betreuten Menschen ein selbstbestimmtes Leben unter Achtung seiner Grundrechte zu sichern. Für diejenigen rechtlichen Angelegenheiten, die er aufgrund einer psychischen Krankheit oder aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr selbst erledigen kann, bestellt das Betreuungsgericht dem Volljährigen einen Betreuer.
Natürlich muss die Entwicklung der Betreuungszahlen Anlass zur Nachfrage geben. Die Zahl der Fälle, in denen Vormundschaftsrichter einen Betreuer bestellen, ist seit 1992 bundesweit kontinuierlich angestiegen. Nordrhein-Westfalen stellt insofern keine Ausnahme dar, wie wir aus den von der Landesregierung vorgelegten Zahlen erkennen können.
Sie haben eben die Zahl 6.000 Betreute pro Richter am Beispiel Amtsgericht Velbert angesprochen. Das
heißt natürlich nicht, dass der Richter 6.000 Akten auf dem Tisch hat, sondern rein rechnerisch könnten sich aus 6.000 Betreuten Fälle ergeben, die letztlich beim Richter landen. Aber das geschieht nur bei einem Bruchteil dieser 6.000. Das sollte man zur Erklärung noch einmal deutlich sagen.
Die Gründe sind vor allem im demografischen Wandel, in einer stetig zunehmenden Verrechtlichung der Gesellschaft – ob man das gut findet oder nicht – und insbesondere in dem Umstand zu suchen, dass die Anordnung einer Betreuung eben keine Entmündigung darstellt und im Übrigen nur für bestimmte Aufgabenbereiche erfolgt und erfolgen darf.
Es mag auch noch andere Gründe geben. Und es zeugt von einem Verantwortungsgefühl der Landesregierung, wenn sie die Ursachen dieser Steigerung untersucht und sich insofern an bundesweiten Studien beteiligt hat. Das begrüßen wir ausdrücklich.
In der Großen Anfrage wird rechtspolitische Kritik an der gegenwärtigen Praxis des Betreuungsrechts betrieben. Es wird bezweifelt – wenn ich das einmal zusammenfassend skizzieren darf –, dass die vom Staat bestellten Betreuer ihre Pflichten kennen und sie mit Sorgfalt und den notwendigen Fähigkeiten und Kenntnissen wahrnehmen. Nun, hier muss man unterscheiden: Die Übernahme der Betreuung erfolgt vorwiegend durch ehrenamtliche Personen. In erster Linie sind dies – das ist naheliegend – Familienangehörige, aber durchaus auch zunächst fremde Menschen. Das ist vom Gesetzgeber aber auch ausdrücklich so gewollt.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass diese großartigen Leistungen, die die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer vollbringen, unser aller Dank und Anerkennung verdienen.
Ehrenamtliches Engagement im Bereich der rechtlichen Betreuung ist eine anspruchsvolle und verantwortliche Aufgabe und verlangt vom Betreuer oder von der Betreuerin eine große Zahl persönlicher Fähigkeiten, emotionale Stabilität, Mut und natürlich auch die notwendige Zeit.
Auch den zahlreichen Betreuungsvereinen der kirchlichen Sozialdienste, die ehrenamtliche Betreuer gewinnen, beraten und fortbilden, gebührt unser ausdrücklicher Dank. Ohne die würde es nicht gehen. Hier sind Menschen bereit, ein Stück Verantwortung zu übernehmen und denen zu helfen, die zu den Schwächsten unserer Gesellschaft gehören, die des Schutzes der Rechtsgemeinschaft und des Staates bedürfen.
Wenn daneben aber – Sie haben es angesprochen, Frau Kollegin – eine regelrechte „Betreuungsindustrie“ entstanden ist, so darf uns das nicht gleichgültig lassen. Das ist absolut richtig. Wir
müssen etwaige Missstände bei der beruflichen Betreuung abstellen. Auch die Explosion der Kosten der beruflichen Betreuung darf uns nicht unbeeindruckt lassen.
Zum anderen muss es aber auch darum gehen, in Zukunft das Ehrenamt im Betreuungswesen noch stärker in den Vordergrund zu rücken. Damit unterstreichen wir eben auch den sozialen Aspekt der Betreuung. Es geht gerade nicht darum, einen Betreuungsbedürftigen rechtlich zu entmündigen, sondern ihm soll seine Autonomie so weit wie irgend möglich erhalten bleiben. Unter diesem Aspekt scheint dieses Ziel mit der ehrenamtlichen Betreuung am besten gewahrt. Nicht zuletzt die Familienangehörigen sind hier in der Pflicht.
Wenn es uns gelingt, ein Umdenken und einen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen, der uns zu einem neuen Wir-Gefühl in den Familien bringt, wird das auch positive Auswirkungen auf die Praxis der rechtlichen Betreuung haben.
Wir wissen: Das Recht der Betreuung ist nicht statisch. Denn mit der Betreuungsverfügung, aber auch mit den neu eingeführten Rechtsinstituten der Patientenverfügung und der Vorsorgevollmacht
stehen weitere Mechanismen der rechtsgeschäftlichen Betreuungsvorsorge zur Verfügung, die die Privatautonomie des Betroffenen in einem Höchstmaß zu schützen geeignet sind. Wer damit im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit Vorsorge trifft, kann die spätere Anordnung einer Betreuung überflüssig machen. Es gilt, noch mehr präsent zu machen und die Aufmerksamkeit darauf zu richten, dass man auch hierdurch Vorsorge betreiben kann und sollte. Denn wünschenswert ist es, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen noch stärker auf die Vorteile der rechtsgeschäftlichen Betreuungsvorsorge hingewiesen werden.
Alles in allem ist festzuhalten, dass das seit 1992 in Deutschland geltende Betreuungsrecht ein Erfolg ist. Die Praxis des Betreuungsrechts in Nordrhein-Westfalen zeigt, dass die vom Staat bestellten Betreuer dem in sie gesetzten Vertrauen gerecht werden. Wir negieren nicht, dass auch wir wissen, dass in der Praxis häufig Kritik an Betreuern kommt. Doch wir wissen auch, dass diese Kritik einem Rechtsweg offensteht und eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidungen über den Betreuten eingeholt werden kann. Davon wird ja auch verstärkt Gebrauch gemacht.
Also in allem ist das ein positives Fazit. Gleichwohl erkennen auch wir weiteren Handlungsbedarf und werden diesen Punkt entsprechend weiter verfolgen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist heute die Fortsetzung des Geplänkels vor und nach der letzten Sondersitzung des Rechtsausschusses.
Geplänkel, Herr Kollege Stotko. Natürlich!
Ihr Gemaule jetzt zeigt doch auch, dass Sie gar nicht an den Fakten interessiert sind, sondern einfach nur skandalisieren wollen.
In der Sondersitzung sind diese Fakten ganz klar aufgearbeitet worden.
In der Sondersitzung sind im öffentlichen Teil und im vertraulichen Teil die Fakten auch genannt worden. Danach sind die Fakten aus dem vertraulichen Teil Stück für Stück an die Öffentlichkeit gelangt. Aber das hier zum Vorwurf zu konstruieren, die Ministerin hätte die Öffentlichkeit nur scheibchenweise informiert, ist mehr als unredlich. Das wissen Sie sehr genau.
Ihnen ging es bereits in der Sondersitzung darum, einfach nur eine Stimmung zu erzeugen, in der man die Fakten gar nicht mehr zur Kenntnis nehmen will.
Das war der Hintergrund. Das hat auch die dpa erkannt. In ihrer Meldung vom 4. Dezember schreibt sie wörtlich: „Da zieht Jäger es vor, die von ihm mit beantragte Sondersitzung vorzeitig zu verlassen, um seine Behauptungen lieber vor dem Saal und unwidersprochen vor Fernsehkameras zu wiederholen …“ – Zitat Ende.
Das ist Ihre Masche. Das wird hier ganz offen entlarvt.
Die Fakten sich bekannt, sind herausgearbeitet worden. Wir haben sie während der Sondersitzung ja schon angesprochen, aber ich will das hier gerne noch einmal tun.
Wahrscheinlich passt es Ihnen nicht, aber wir können daran erinnern, dass zwischen 1990 und 1999, also in Ihrer Verantwortung als Regierung,
242 Gefangene ausgebrochen sind. Allein zwischen 2000 und 2005 sind 36 Gefangene ausgebrochen. Wo war denn da Ihre Empörung, liebe Kollegen der SPD?
Nachdem 2006 kein Ausbruch stattgefunden hat, 2007 drei Ausbrüche, 2008 ein Ausbruch, war der Ausbruch der beiden hier genannten Gefangenen 2009 kurz vor Jahresende der erste.
Man muss auch einmal überlegen, wie sich die Fakten im Strafvollzug verändert haben. Wer hat denn in der letzten Legislaturperiode das Personal im Justizvollzug massiv reduziert? Waren Sie das?
SPD und Grüne haben das gemeinsam gemacht, Frau Düker. Das sollte man hier auch noch einmal in Erinnerung rufen.
Wer hat denn bereits 1998 ganz konkret beantragt, das Personal in der JVA Aachen drastisch zu reduzieren? Das waren auch Sie, die Fraktionen von SPD und Grünen.
Im Gegensatz dazu haben wir im Justizvollzug 500 Stellen neu geschaffen. Die JVA Aachen ist personell genauso gut ausgestattet wie Anstalten mit vergleichbarer Klientel. Ich nenne hier Bochum und Werl. Auch die Pforte in Werl ist nicht anders besetzt als in Aachen, liebe Kollegen. Aber das wissen Sie auch ganz genau.
Frau Düker, Sie haben gesagt: im Nachhinein betrachtet. – Es gehört ja auch zu einer redlichen Vorgehensweise, dass man natürlich anerkennt, dass man im Nachhinein bei dem einen oder anderen Punkt klüger sein kann. Aber in dem Moment, wo Sie Entscheidungen kritisieren, müssen Sie ex ante und nicht ex post beurteilen. Von daher ist der Ansatz von Ihnen schon falsch.
Ich will nur einen Fall aus Ihrer Regierungsverantwortungszeit kurz nennen: ein Fall aus 1999. Da hat sich der damalige Justizminister Dieckmann zu einem Ausbruch geäußert und hat laut Plenarprotokoll gesagt: Ein solches menschliches Fehlverhalten kann im Einzelfall nie ausgeschlossen werden.
Dieckmann weiter: Die gewonnenen Erkenntnisse aus besonderen Vorkommnissen dieser Art haben in der Vergangenheit bereits fortwährend zu einer Weiterentwicklung der bestehenden Sicherheitskonzepte und zu ihrer Optimierung geführt.
Dann heißt es, und hören Sie bitte gut zu: Dennoch lassen sich einzelne Ausbrüche nie ganz verhindern, so bedauerlich dies ist. – So Ihr SPDJustizminister Dieckmann.
Er meinte einen Fall aus Düsseldorf, wo ein Beamter entgegen der Anweisung Gefangene nicht in einem besonders gesicherten Raum untergebracht hat.
Wir wissen auch, dass in der SPD Kritik laut wird über das Vorgehen in dieser Frage hier im Landtag. Da schreiben SPD-Mitglieder auch an die SPD-Verantwortlichen, was Sie denn da eigentlich
tun. Da werden Fragen gestellt: Wer hat die Lebensarbeitszeit der Justizvollzugsbeamten auf 62 Jahre angehoben? – Antwort: SPD. Wer hat das Urlaubsgeld der Justizbeamten ersatzlos gestrichen? – Antwort: SPD.
Wer hat die Wochenarbeitszeit der Justizvollzugsbeamten angehoben? – Antwort: SPD!
Wer hat massiv Personal abgebaut? – Antwort: SPD! Und wer hat den Strafvollzug kaputtgespart? – SPD!
Ihr Gemaule zeigt ja, dass Ihnen das wehtut.
Sie werden es nicht schaffen, ein Klima zu erzeugen, dass man Fakten nicht mehr zu Kenntnis nimmt. Und wer die Fakten zur Kenntnis nimmt, der wird das, was Sie hier als Forderung konstruiert haben, natürlich ablehnen müssen. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Sichau hat vorhin die Ausgangslage 2005 angesprochen. Dann darf man auch daran erinnern, dass 2005 die Justiz an einem Tiefpunkt angelangt war, meine Damen und Herren von SPD und Grünen.
Das war auch ein Ergebnis Ihrer Regierungspolitik.
Wir können sagen: Wir haben nach 2005 den noch von Rot-Grün beschlossenen massiven Stellenabbau unmittelbar nach der Regierungsübernahme gestoppt und die Justiz durch neues Personal gestärkt. Ich darf, auch wenn Sie es nicht gerne hören möchten, exemplarisch folgende Erfolge noch einmal erwähnen:
Alleine 287 Stellen für Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwälte sind erhalten oder neu geschaffen worden. Dies erlaubt der Justiz in unserem Bundesland zum Beispiel ein energisches Vorgehen gegen die Wirtschaftskriminalität und die Jugendkriminalität. Außerdem reagieren wir schnell dort, wo die Menschen in Nordrhein-Westfalen der Schuh drückt: Die Richterschaft der Sozialgerichtsbarkeit ist wegen der Hartz-IV-Reform massiv verstärkt worden. Der Haushaltsplanentwurf 2010 sieht insgesamt 299 Stellen für Richter der Sozialgerichtsbarkeit vor; dies entspricht einem Stellen
zuwachs von 19 % gegenüber dem Nachtragshaushalt 2009.
Für den Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit gilt: Bereits mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2009 haben wir auf die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise reagiert. Die Realisierung von 18 kw-Vermerken aus dem Servicebereich und von 20 kw-Vermerken auf Stellen für Richter am Arbeitsgericht erfolgt erst im Jahr 2011. Darüber hinaus hat die Justizministerin im Oktober bekannt gegeben, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit um 15 weitere Richterstellen verstärkt wird.
Damit wird die zügige Erledigung der Kündigungsschutzverfahren, die für die gekündigten Arbeitnehmer oftmals von existentieller Bedeutung sind, gewährleistet.
Drittens. Wir haben den während Ihrer Regierungszeit völlig vernachlässigten Justizvollzug deutlich gestärkt, Herr Kollege, auch wenn Sie es nicht gerne hören. Wir haben im Justizvollzug 509 Stellen neu geschaffen oder erhalten, um die Anzahl der Haftplätze zu erhöhen und die Belastung des Justizvollzuges abzubauen. Fakt ist, Herr Kollege Sichau, Sie haben über Jahre hinweg keine Einstellung für den Vollzug mehr vorgenommen. Darunter leidet der Vollzug auch heute noch.
Mit dem Bau neuer Haftanstalten haben wir ebenfalls dazu beigetragen, die Situation im Haftvollzug weiter zu verbessern. Und ja, wir stehen zu großen Anstalten; das sage ich deutlich. Herr Kollege Sichau, Sie haben eben die Anzahl der Plätze angesprochen. Wir brauchen große Anstalten, um ein gewisses Aus- und Fortbildungsangebot an dem jeweiligen Standort überhaupt anbieten zu können. Dafür brauchen Sie große Einheiten.
Zum Einzelplan 04 des Haushalts 2010 noch einige wenige Anmerkungen. Der Entwurf des Haushaltsgesetzes 2010 entspricht im Bereich Justiz weitestgehend dem Haushaltsgesetz 2009. Eine leichte Steigerung um insgesamt knapp 2,6 % ist in den Zeiten dieser Wirtschafts- und Finanzkrise, wo oftmals Kürzungen vorgenommen werden müssen, ein deutliches Signal. Auch hier lohnt es sich, das eine oder andere Detail anzusprechen.
Wir haben im Bereich Verwaltungsgerichtsbarkeit konstante Zahlen, wir haben den Personalbestand der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaft auf solidem Niveau gehalten. Von den Stellenzuwächsen der Sozialgerichtsbarkeit und Arbeitsgerichtsbarkeit habe ich bereits eingangs gesprochen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, vergessen Sie nicht, dass die Eingangszahlen bei den Gerichten aus den Jahren 2008/2009, ein komplettes Kalenderjahr, im Vergleich zu den Jahren 2004/2005 deutlich zurückgegangen sind. Auch das muss bei der Bewertung mit einfließen: Die Eingangszahlen sind deutlich niedriger. Das können Sie nicht leugnen.
Herr Kollege Sichau, Sie und andere Kollegen müssen auch erklären, warum Sie in den Jahren 2004/2005 allein im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften Streichungen in Höhe von fast 600 Stellen vorgenommen haben. Das müssen Sie auch noch einmal deutlich erklären. Sie werden es wahrscheinlich nicht können.
Das Fazit – damit komme ich zum Schluss –: Wir setzen ein eindeutiges Zeichen, wir tun, was irgend möglich ist, um die Situation der Justiz in NordrheinWestfalen auch in schwierigen Zeiten weiter zu verbessern. Trotz der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzlage und trotz der beständig rückläufigen Eingangszahlen konnten wir das Personaltableau ausreichend ausstatten. Daher stimmen wir dem Gesetzentwurf gerne zu. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich knüpfe an die Mitteilung an, dass Mitte September vereinbart worden ist, den Projektstart auf den 1. November zu legen. Sind im Nachgang zu dieser Sitzung am 14. September, an der alle Beteiligten, die gerade genannt wurden, teilgenommen haben, von einem dieser Beteiligten Einwände gegen die Konzeption bzw. den Zeitpunkt des Projektstarts erhoben worden?
Frau Ministerin, in der Presse war zu lesen, dass der Oberbürgermeister von Bielefeld das Projekt aus Gründen der Sicherheit gestoppt habe. Können Sie dazu etwas erklären?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gesetzgebungskompetenz für den Vollzug der Untersuchungshaft ist mit der Föderalismusreform auf die Länder übergegangen. Wir alle wissen, dass Föderalismus nicht nur Vielfalt, sondern natürlich auch Wettbewerb zwischen den einzelnen Bundesländern bedeutet. Trotzdem haben sich zwölf Bundesländer zusammengetan, um einen länderübergreifenden Modellentwurf zu erarbeiten.
Unser Nordrhein-Westfalen hat sich dieser Gruppe nicht angeschlossen. Hierfür gab es aus unserer Sicht gute Gründe. Zum einen nehmen wir den Föderalismus ernst, zum anderen wollen wir die Föderalisierung des Justizvollzugs aber auch nutzen, um auf dem Gebiet der Untersuchungshaft ein
Gesetz zu verabschieden, das den Besonderheiten eines großen Flächenlandes Rechnung trägt. Wir brauchen für Nordrhein-Westfalen ein Gesetz, das den Rahmenbedingungen des bevölkerungsstärksten Bundeslandes angepasst ist.
Bislang war das Recht des Untersuchungshaftvollzuges vor allem durch allgemeine Verwaltungsvorschriften geregelt. Indem wir nun eine gesetzliche Grundlage für Grundrechtseingriffe gegenüber Untersuchungsgefangenen schaffen, tragen wir damit zugleich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung.
Ich bin der festen Überzeugung, dass uns die schwierige Differenzierung zwischen dem weiterhin vom Bund zu regelnden Untersuchungshaftrecht und dem Untersuchungsvollzugsrecht gut gelungen ist. Der von der Landesregierung vorgelegte Entwurf gibt den Anstaltsleitungen eine umfassende, an den besonderen Anforderungen des Untersuchungshaftvollzugs orientierte, vor allem aber eine klare gesetzliche Grundlage für die Ausgestaltung der Untersuchungshaft an die Hand.
Im Gesetzgebungsverfahren haben wir verschiedene Anregungen der Sachverständigen aufgegriffen. Ich will an dieser Stelle nur zwei Aspekte herausgreifen. Das ist zum einen das Taschengeld, das wir Untersuchungsgefangenen zur Überbrückung einer unverschuldeten Bedürftigkeit gewähren wollen. Wenn sich der Anspruch gegen den Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig realisieren lässt, liegt es auf der Hand, dass ein mittelloser Untersuchungshäftling Gefahr läuft, in die Abhängigkeit von Mithäftlingen zu geraten. Genau das wollen wir verhindern.
Aber im Gegensatz zur Opposition, die lediglich die Regelungen des länderübergreifenden Modellentwurfs wörtlich übernommen hat, haben wir eine Regelung gefunden, die besser ist, nämlich die Gewährung des Taschengeldes als Darlehen. Sie führt nicht nur dazu, dass der bedürftige Untersuchungsgefangene zu Beginn seiner Haftzeit nicht vollständig mittellos ist. Nein, darüber hinaus wird auf diese Weise auch sichergestellt, dass Leistungen des Sozialhilfeträgers nicht aufgrund der Taschengeldzahlung der Anstalt gemindert werden.
Als weitere Anregung haben wir die Klarstellung der Nacktdurchsuchung und der Videobeobachtung des Anstaltsgeländes bzw. des Inneren der Anstalt aufgegriffen. Mit unseren Änderungsvorschlägen, die der Rechtsausschuss in seine Beschlussempfehlung aufgenommen hat, tragen wir der zum Teil erst im August dieses Jahres ergangenen aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umfassend Rechnung und schaffen damit umfassend Klarheit und Rechtssicherheit für die Untersuchungshäftlinge wie auch für die Anstaltsleitungen und das Anstaltspersonal.
Wegen des heute kurzfristig vorgelegten Änderungsantrags zur Videobeobachtung und akustischen Überwachung darf ich hinsichtlich der Kurzfristigkeit um Verständnis bitten. Aber wir greifen an dieser Stelle auch ein Anliegen der Opposition auf, wobei wir noch ein Stück weiter gehen. Eine akustische Überwachung des besonders gesicherten Haftraums kommt ohnehin nur im Ausnahmefall in Betracht. Eine Aufzeichnung ist weder geplant noch gewollt. Dies wird durch unseren Änderungsantrag nun auch klargestellt. Insofern hoffen wir auf Ihre Zustimmung.
Ein anderer Punkt ist das Arbeitsentgelt für Untersuchungshäftlinge. Wir haben uns nach ausführlicher Beratung dafür entschieden, das Arbeitsentgelt in Anlehnung an das Strafvollzugsgesetz auch in Zukunft bei 5 % der Bezugsgröße zu belassen. Ich will Ihnen gerne erklären, warum wir dies tun.
Erstens. Im Unterschied zu Strafgefangenen sind Untersuchungshäftlinge nicht gehalten, ein Überbrückungsgeld zu bilden. Das heißt, das von ihnen erzielte Arbeitsentgelt steht ihnen sofort und vollständig zur freien Verfügung.
Zweitens. Die Mehrkosten für eine pauschale Angleichung betragen nach vorsichtigen Schätzungen 2 Millionen €. Auch das muss berücksichtigt werden.
Drittens. Selbst der von der Opposition angesprochene länderübergreifende Modellentwurf sieht keineswegs, wie von SPD und Grünen gefordert, eine pauschale Angleichung des Entgelts vor. Vielmehr finden sich dort differenzierte Regelungen, in denen das Entgelt nach Art und Qualität der Arbeit des Untersuchungshäftlings gestuft werden kann, sodass es in der Praxis vermutlich deutlich unter 9 %, teilweise sogar unter 5 % liegen wird – ganz zu schweigen vom Verwaltungsaufwand.
Viertens – damit komme ich zum Schluss –. Gegen die in unserem Gesetzentwurf gewählte Höhe des Arbeitsentgeltes sprechen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hat 2004 festgestellt, dass kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz darin liegt, dass nach dem gesetzgeberischen Regelungskonzept die Arbeit von erwachsenen Untersuchungsgefangenen nicht in gleicher Weise entgolten wird wie die Arbeit von Strafgefangenen.
Wir bitten daher um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag spricht die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen wichtigen Bereich der Vollzugspolitik an. Aber zugleich offenbaren Sie mit diesem Antrag auch die eigenen Defizite aus Ihrer rot-grünen Verantwortungszeit, Frau Düker.
Da komme ich gleich drauf. – Die Zahl der gerichtlich anhängigen Verfahren wegen der Umstände der Unterbringung der Gefangenen zeigt nämlich ganz deutlich, dass Sie während Ihrer Regierungszeit dazu eigentlich nichts gemacht haben. Denn Fakt ist, dass die meisten Vollzugseinrichtungen vor langer Zeit errichtet wurden und sich seither natürlich die Maßstäbe an eine Unterbringung von Gefangenen deutlich verändert haben. Während der zehnjährigen gemeinsamen Verantwortungszeit von SPD und Grünen wurden netto lediglich 320 Haftplätze neu geschaffen. Wir haben in NordrheinWestfalen rund 18.000 Haftplätze. Da können Sie das Verhältnis vielleicht auch selber einmal bewerten.
Die neue Landesregierung
Frau Düker hat von diesem ambitionierten Bauprogramm gesprochen – hat seit Mitte 2005 bereits ca. ein halbe Milliarde Euro in Baumaßnahmen des Justizvollzugs investiert.
Sie hat insgesamt rund 2.600 Haftplätze, davon rund 1.300 für abgängige, marode bisherige Haftplätze und rund 1.200 zusätzliche Haftplätze, fertig gestellt bzw. sie sind im Bau oder im Haushalt abgesichert.
Die CDU-geführte Landesregierung investiert aber nicht nur in neue Haftplätze, sondern auch in die Verbesserung der baulichen Haftumstände in den alten Anstalten. Das haben Sie während Ihrer Verantwortungszeit unterlassen. Konkret wurden nach der Regierungsübernahme Hunderte von Gemeinschaftshafträumen in den Anstalten nachträglich mit modernen Sanitärkabinen ausgestattet. Das sollten Sie auch erwähnen. Wie Sie wissen, arbeiten wir Ihre Versäumnisse auf.
Spätestens nach der einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2002 hätte die rot-grüne Vorgängerregierung die Verbesserung der Haftbedingungen in den Anstalten in Angriff nehmen müssen. Frau Düker, Sie haben vorhin die Gerichte erwähnt. Warum haben Sie da nicht reagiert? 2002 hat das Bundesverfassungsgericht sich dazu geäußert. In den folgenden Jahren nach dieser Entscheidung bis zu Ihrer Abwahl im Jahr 2005, also in den drei Jahren vor 2005, haben Sie diesbezüglich praktisch nichts getan.
Sie müssten eigentlich auch wissen, dass wir im neuen Jugendstrafvollzugsgesetz bereits Standards zu Größe und Ausgestaltung von Hafträumen in unserem Bundesland festgesetzt haben und dies im Gesetzentwurf der Landesregierung zum Untersuchungshaftvollzug ebenfalls vorgesehen ist. Für den allgemeinen Vollzug hat das Justizministerium gleiches für Einzelhafträume festgelegt.
Das von Ihnen während Ihrer Verantwortungszeit nicht erstellte und nun angemahnte Konzept zur Haftvermeidung ist längst in Arbeit. Ihre Forderung nach der Abschaffung einer pauschalierten Entschädigung für zu Unrecht erlittene Haft lehnen wir ab. Das will ich ganz deutlich sagen.
Eines muss klargestellt werden. Möglicherweise haben Sie das nicht verstanden, Frau Düker. Bei der pauschalierten Haftentschädigung geht es nur um den immateriellen Schaden. Davon völlig unberührt ist der Ausgleich für tatsächlich eingetretene Vermögensschäden – vom Verdienstausfall bis zur Rentenversicherung – möglich. Sprechen Sie also bitte nicht nur von den 11 € oder vielleicht dann 25 €, sondern berücksichtigen Sie bitte auch diese Regelung!
Frau Düker, wir begrüßen es, dass die CDUgeführte Landesregierung im Bundesrat vor wenigen Wochen eine Gesetzesinitiative unterstützt hat, durch die der Entschädigungsbetrag für die immateriellen Schäden bei zu Unrecht erlittener Haft auf 25 € pro Tag heraufgesetzt werden soll. Sie haben das eben völlig falsch dargestellt. Ich glaube, es war
die Bundesratssitzung am 6. März. Sie können es noch einmal nachlesen, Frau Düker.
Wie Sie sehen, bedurfte es nicht erst Ihres Antrags, damit in den Bereichen Unterbringung von Gefangenen, Haftvermeidung und Entschädigung für zu Unrecht erlittene Haft in unserem Bundesland Positives geschieht. Festzuhalten ist, dass die CDUgeführte Landesregierung dabei ist, Ihre Versäumnisse Schritt für Schritt aufzuarbeiten und den Justizvollzug in Nordrhein-Westfalen zeitgemäß zu gestalten und zu modernisieren. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf gehen die Koalition und die von ihr getragene Landesregierung einen weiteren Schritt in der konsequenten Politik, den Vollzug in Nordrhein-Westfalen auf eine neue, humane und rechtstaatliche Grundlage zu stellen und weiter zu modernisieren. Neben mehr Personal und vielzähligen baulichen Verbesserungen gehört hierzu die Trias von drei gesetzlichen Regelungen, die Schritt für Schritt in Kraft gesetzt werden.
Zunächst hat die Landesregierung den Entwurf eines Jugendstrafvollzugsgesetzes erarbeitet und in den Landtag eingebracht. Ihn haben wir intensiv beraten und das Gesetz verabschiedet. Nun legt die Landesregierung mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf Regelungen zur Untersuchungshaft vor. Als dritter Schritt wird ein nordrhein-westfälisches Strafvollzugsgesetz folgen, das die bisherigen Regelungen des fortgeltenden Bundesrechts ablösen wird.
Die Landesregierung hat die gesetzlichen Regelungen für den nordrhein-westfälischen Strafvollzug Schritt für Schritt wohlbegründet und abgewogen in den Landtag eingebracht und dabei die Erfahrungen
des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens sowie die ersten Praxiserfahrungen mit den neuen gesetzlichen Regelungen berücksichtigt.
Der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet Regelungen zum Untersuchungshaftvollzugsrecht, nicht aber zum Untersuchungshaftrecht. Dafür hat weiterhin der Bund die Gesetzgebungskompetenz.
Mit seinen Regelungen wird der Gesetzentwurf einem zeitgemäßen und humanen sowie – das ist bei der Untersuchungshaft besonders wichtig – an der Unschuldsvermutung ausgerichteten Untersuchungshaftvollzug gerecht.
Die Justizministerin hat eben wichtige Stichpunkte genannt. Diese möchte ich nicht alle wiederholen. Wir werden dies in den Ausschussberatungen vertiefen können.
Wir meinen aber, dass die Einführung der Mobilfunkblocker und die rechtliche Grundlage für die Nutzung derselben ein wichtiger Beitrag zur Unterbindung potenzieller Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten ist. Mit diesen Inhalten hebt sich der Gesetzentwurf der Landesregierung deutlich von dem seinerzeitigen und vom Kollegen Sichau angesprochen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD ab, der, wie wir wissen, überhastet eingebracht worden war.
Er hatte schwere inhaltliche Fehler, Herr Kollege Stotko, selbst wenn Sie die heute noch nicht nachvollziehen können. Aber es ist so. Das können Sie alles im Protokoll nachlesen. Wir haben das bereits vor einem Jahr hier im Plenum erörtert.
Ich freue mich auf die Ausschussberatungen, in die wir sicherlich auch noch einmal die positiven Erfahrungen mit dem Jugendstrafvollzugsgesetz einfließen lassen wie auch – das ist natürlich wichtig – die jüngste einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Regelungsbereich. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Der Justizetat für das Jahr 2009 setzt den Kurs der Modernisierung der Justiz, aber eben auch die Abarbeitung der rot-grünen Versäumnisse – Herr Kollege Sichau – und die Verstärkung der Bekämpfung der Kriminalität, hier insbesondere die Bekämpfung der Jugendkriminalität, erfolgreich fort.
Herr Kollege Sichau, ich war jetzt schon enttäuscht über Ihren Beitrag zum Justizhaushalt, denn Sie sind auf wesentliche Punkte des Haushalts überhaupt nicht eingegangen, sondern haben andere Themen in den Vordergrund gestellt.
Tatsache ist, dass die Vorgängerregierung und die sie seinerzeit tragenden Fraktionen der SPD und der Grünen während ihrer Verantwortungszeit in der Justiz erhebliche Personalreduzierungen durchgeführt haben, und zwar bei der Richterschaft, den Staatsanwälten und auch im Vollzugsdienst. Sie haben es so weit getrieben, dass im Vollzugsdienst nicht einmal mehr ausgebildet wurde. Das ist etwas, was wir jetzt langsam aufholen müssen.
Tatsache ist weiter, dass die CDU-geführte Landesregierung, wie versprochen, diesen Stellenabbau
gestoppt hat; denn auch hier gilt unser Leitspruch: Versprochen – gehalten.
In unserem Programm zur Wahl 2005 heißt es unter anderem: Der Personalabbau in den richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Bereichen ist zu beenden. – Versprochen – gehalten.
Seit Übernahme der Regierungsverantwortung durch die CDU-geführte Landesregierung hat die Justiz eine erhebliche Personalverstärkung erhalten: für den Justizvollzug 450 neue Stellen und für die Staatsanwaltschaft sowie für die Gerichte 550 Stellen.
Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2009 waren insbesondere zur Bekämpfung der Jugend- und Wirtschaftskriminalität sowie aufgrund der deutlich gestiegenen Belastungen der Sozialgerichte 35 neue Stellen für Richter und Staatsanwälte vorgesehen.
Herr Kollege Sichau, Sie haben es vorhin angesprochen: Mit unseren Anträgen haben wir im zuständigen Ausschuss in konsequenter Fortführung unserer Politik der Kriminalitätsbekämpfung auf allen Ebenen – ich darf hier nur an die Einrichtung von 600 zusätzlichen Anwärterstellen bei der Polizei erinnern – einen weiteren deutlichen Personalzuwachs auf den Weg gebracht.
Zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und auch zur Bekämpfung der Jugendkriminalität haben wir über den Haushaltsentwurf hinaus 55 weitere Stellen für Richter und Staatsanwälte eingeplant. Hierüber freue ich mich sehr, da die Bekämpfung der Jugendkriminalität mir und der gesamten CDUFraktion besonders am Herzen liegt. Mein besonderer Dank gilt hier meinen Kollegen aus dem Arbeitskreis Recht.
Bemerkenswert ist das Abstimmungsverhalten der Grünen im Unterausschuss „Personal“, in dem die Personalverstärkung debattiert worden ist. Dort haben wir als Koalitionsfraktionen die Einrichtung von zusätzlichen neuen Richter- und Staatsanwaltschaftsstellen beantragt. Was machen die Grünen? – Sie stimmen dagegen. Gleich wird aller Voraussicht nach Frau Kollegin Düker für die Grünen wieder die Überlastung der Justiz anprangern – im Gegensatz zu dem Abstimmungsverhalten der Grünen im Unterausschuss „Personal“. Das ist aber widersprüchlich, und das macht Sie, Frau Kollegin, auch unglaubwürdig, wenn Sie im Unterausschuss „Personal“ gegen eine Personalverstärkung votieren und hier höchstwahrscheinlich wie immer die Überlastung beklagen.
Nicht nur beim Personal, sondern auch bei den Investitionen in Gebäude sind wir aktiv. Hier sind zurzeit Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 500 Millionen €, also einer halben Milliarde €, in Arbeit. Ich nenne exemplarisch die Neubauten des Amts- und Landgerichts Düsseldorf, des Amtsgerichts Mettmann sowie aus dem Bereich der Justizvollzugsanstalten die Erweiterungen bzw. Neu
bauten der JVA Attendorn, der JVA Düsseldorf, der JVA Heinsberg und der JVA Wuppertal-Ronsdorf.
Ich sage ganz deutlich: Ronsdorf ist nicht zu groß dimensioniert. Denn wir wissen alle, dass wir gerade bei einer Jugendanstalt eine Mindestgröße brauchen, um zum Beispiel ein gewisses Angebot an schulischer Ausbildung oder beruflicher Bildung in dieser Anstalt unterbreiten zu können. Dazu braucht man eine Mindestgröße. Und die Planungen für Wuppertal sind nicht übermäßig.
Mit den genannten Einrichtungen und Projekten schaffen wir Hunderte von neuen, moderneren Haftplätzen. Wir verbessern damit die Haftbedingungen, die Möglichkeiten für moderne Vollzugsmaßnahmen und damit auch die Chancen für mehr Resozialisierungserfolge und somit für mehr Sicherheit in Nordrhein-Westfalen.
Aber auch außerhalb der Bereiche Personal und Immobilien modernisieren wir die Justiz Schritt für Schritt. In diesem Haushalt sind besondere Mittel für die Ausbildung von Richtern zu Mediatoren vorgesehen. Auch in die begleitende Forschung investieren wir Mittel. Gelder stehen auch für die Begleitforschung des Erfolgsmodells „Gelbe Karte“, für die Evaluation des „Staatsanwalts vor Ort“ oder für die weitere Erforschung des Problemfelds Intensivtäterkriminalität bereit. All das sind wichtige Bausteine – insbesondere zur Bekämpfung der Jugendkriminalität –, die wir zukünftig landesweit weiter ausbauen möchten.
Nicht nur in sich setzt der Einzelplan 04 Maßstäbe, sondern auch in der Relation zu dem Gesamthaushalt, den wir im Plenum verabschieden und der um gut 1 % wächst. Der Justizetat wächst sogar um gut 3 %. Auch aus diesen Zahlen können Sie ersehen, dass in der Koalition von CDU und FDP alle Bereiche der Justiz – Staatsanwaltschaften, Gerichte und Vollzug – gleichermaßen einen außerordentlichen Stellenwert haben. Dieser Stellenwert zeigt sich im Haushalt und natürlich in der praktischen Politik. Wir modernisieren die Justiz, und wir kämpfen aktiv gegen Kriminalität und leisten so – auch mit diesem Etat, dem wir gerne zustimmen – unseren Beitrag zum Lebens- und Wirtschaftsstandort NordrheinWestfalen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir waren bereit, heute auf die Debatte zu verzichten. Das Thema ist eigentlich ausdiskutiert worden. Es gab aber den Wunsch einer Fraktion, trotzdem zu debattieren.
Wir wollen festhalten, dass mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzentwurfes der Landesregierung ein weiterer Schritt in der Verwaltungsmodernisierung und damit auch Zukunftsgestaltung gegangen wird. Wir sagen ganz klar: Dieser Gesetzentwurf ist sinnvoll und er ist zielführend. Das hat auch die Anhörung der Sachverständigen eindrucksvoll bestätigt.
Ich darf den Stadtdirektor der betroffenen Stadt Herne aus dieser Anhörung zitieren. Wir müssen allerdings einräumen, so sagte er, dass sich durch die Zusammenlegung der Amtsgerichte an einem Standort sicherlich für den Standort Herne im Hauptzentrum positive Veränderungen und Chancen ergeben.
Ferner darf ich den Dezernenten der ebenfalls tangierten Stadt Gelsenkirchen, Joachim Hampe, zitieren. Er sagte in der Anhörung:
Insofern könnten wir mit dieser Regelung regeln.
Oder auch:
Wir sehen ja auch, dass das Amtsgerichtsgebäude in Buer nicht mehr sanierungsfähig ist.
Beide haben übrigens in Vertretung der von der SPD-Landtagsfraktion benannten Oberbürgermeister an der Anhörung teilgenommen.
Ich darf dann auf den weiteren Sachverständigen, den Vorsitzenden Richter am OLG Hamm, Herrn Volesky, eingehen, der dort Leiter des Organisationsdezernates ist und sich natürlich insbesondere mit Fragen der Gerichtsorganisation beschäftigt. Er sagte in der Anhörung:
Wir haben nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern bundesweit grundsätzlich die Situation, dass in einer Kommune ein Amtsgericht steht; das ist die Regel.
Weiter sagte er:
Hier geht es darum, zwei neue Gerichtszentren in einer Strukturgröße zu schaffen, die im Prinzip unserem Erfahrungsschatz nach eine Idealgröße darstellt.
Er sagte auch:
Entscheidend ist vielmehr, dass Stellen, die jetzt für Verwaltungstätigkeiten gebunden werden, auf diesem Wege ihrer ureigensten Aufgabe, nämlich der Rechtspflege, zugeführt werden, …
Die kritische Stellungnahme des Vorsitzenden des Richterbundes Nordrhein-Westfalen, Richter am Amtsgericht, Lindemann, hält unseres Erachtens einer kritischen Reflexion nicht stand. Denn er stützt seine Stellungnahme im Wesentlichen auf übergroße, zu große Amtsgerichte. Solche entstehen aber hier gerade nicht.
Im Gegenteil: Es entsteht – ich zitiere noch einmal den Sachverständigen Volesky – „ein Gericht mit Idealgröße“.
Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich im Übrigen auf meine bisherigen Beiträge hier im Plenum zu dieser Thematik.
Es bleibt dabei: Die Neuordnung der Gerichtsbezirke beziehungsweise Gerichte in Gelsenkirche und Herne ist sinnvoll, und sie sichert allen Rechtssuchenden für die Zukunft eine effiziente Justiz vor Ort. Daher werden wir für die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses stimmen. – Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz auf den Redebeitrag der Kollegin Düker eingehen, weil es wichtig ist, das richtig zu stellen.
In der Anhörung hat der Vertreter der Stadt Gelsenkirchen darauf hingewiesen, dass es vonseiten des Landes Gespräche vor Ort gegeben hat. Er hat dann gesagt, dass Finanzbehörden und Amtsgerichte im Zusammenhang gesehen werden. Das ist auch völlig richtig. Herr Hampe sagte für die Stadt Gelsenkirchen:
Es gab also eine Verbindung zwischen diesen beiden Behördenentscheidungen des Landes. Die Amtsgerichte sollen in den Süden ziehen,
wenn die Finanzverwaltungen im Norden zusammengeführt werden können.
Dann heißt es weiter in dem Protokoll:
Eine solche Situation ist vom Land akzeptiert worden. Insofern könnten wir mit dieser Regelung leben.
Das heißt, es gibt einen Konsens mit der Kommune vor Ort. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Garbecht, „moralisch verwerflich“ sind markige Worte.
Aber hoffentlich ist Ihnen klar, dass Sie damit auch Ihre eigenen Parteimitglieder gemeint haben.
Denn Sie haben natürlich nicht erwähnt, dass der Ausgangspunkt für den Gesetzentwurf eine Beratung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe war, in der natürlich auch mehrere Länder vertreten waren, in denen Ihre Partei, die SPD, mitregiert, wie SachsenAnhalt und Sachsen.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat bei ihren Untersuchungen des Beratungshilfegesetzes, das nun fast 30 Jahre alt ist, Verwerfungen bei der praktischen Anwendung der Beratungshilfe vorgefunden. Wer gegenwärtig nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Beratungshilfe bean
spruchen kann, muss sich nicht wirtschaftlich verhalten. Selbst für Angelegenheiten geringsten Wertes wird Beratungshilfe gewährt, die aber in keinem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Rechtsverfolgung steht.
Eine Frage ist, ob nicht im Rahmen der Beratungshilfe verlangt werden kann, dass die Mittelverwendung vorab geprüft und einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unterzogen wird. Denn so würden die Mittelkosten den gleichen Entscheidungsprozessen unterworfen, denen jeder andere Bürger ausgesetzt ist, wenn er sich für einen Anwalt entscheidet. Jeder andere muss das genauso prüfen und für sich entscheiden. Der von der SPD angesprochene Gesetzentwurf des Bundesrates enthält eben keine – ich betone: keine – einschneidenden Verschlechterungen der Rechtsberatung für die SGB IILeistungsbezieher.
Er präzisiert überwiegend lediglich das bereits geltende, aber nicht konsequent angewandte Recht. Die mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen erweitern in Bezug auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtssuchenden die Aufklärungsmöglichkeiten des Gerichts. Was ist dagegen einzuwenden?
Weiterhin soll die Beratungshilfe nur dann bewilligt werden, wenn sie auch notwendig ist. Eben hierfür ist Voraussetzung, dass die Wahrnehmung der Rechte nicht mutwillig ist. Auch hieran ändert der Gesetzentwurf nichts. Er präzisiert lediglich den Mutwilligkeitsbegriff, indem er den sogenannten Selbstzahlervergleich kodifiziert. Diese Konkretisierung und die sich hierdurch möglicherweise ergebende Reduzierung der Inanspruchnahme von Beratungshilfe werden vom Landesverband NordrheinWestfalen im Deutschen Anwaltsverein ausdrücklich begrüßt.
Weiterhin präzisiert der Gesetzentwurf das Erforderlichkeitskriterium für die anwaltliche Vertretung. Der Gesetzentwurf sieht daher unter keinem Gesichtspunkt den im Antrag behaupteten Einschnitt in die Rechtstaatlichkeit vor.
Meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, es gibt auch einen Landesparteitagsbeschluss. Darin heißt es: Der Gesetzentwurf des Bundesrates wird als unsozial und unsolidarisch abgelehnt. Bundestags- und Landtagsfraktionen werden aufgefordert, ihre Möglichkeiten zur Verhinderung des Gesetzentwurfes zu nutzen. – Nein, meine Damen und Herren, das ist nicht etwa ein Beschluss eines SPDLandesparteitages, sondern ein Beschluss eines Landesparteitags der SED-Fortsetzungspartei Die Linke.
Die hat das nämlich in Sachsen am 11. Oktober 2008 so beschlossen. Es ist schon bezeichnend, dass die nordrhein-westfälische SPD hier die Position der Linken übernimmt.
Da hilft auch Ihr Geschrei nicht. Sie werden zuhören müssen.
Werte Kollegen, den Sach- und Diskussionsstand kann man wie folgt zusammenfassen: Der Gesetzentwurf versucht Auswüchse und teilweise rechtsmissbräuchliche Anwendungen zu beseitigen, ohne in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen einzugreifen. Jede Privatperson muss die ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen verantwortungsbewusst und mit Sorgfalt einsetzen, selbst wenn es um die eigenen Rechte geht. Im privaten Bereich ist das selbstverständlich. Nichts anderes kann und darf dort gelten, wo fehlende private Mittel durch öffentliche Leistungen kompensiert werden. – Das ist die Zusammenfassung Ihrer Parteikollegin im Bundesrat, nämlich der Justizministerin Kolb aus Sachsen-Anhalt. Dem ist inhaltlich nichts hinzuzufügen – außer vielleicht der Hinweis, dass Frau Kolb vom Bundesrat zu dessen Beauftragten für diesen Gesetzentwurf benannt worden und natürlich Mitglied der SPD ist. Vielleicht schließen Sie sich einfach einmal mit ihr kurz, und dann sehen wir, wie die Beratungen weiter verlaufen. – Danke schön.
Herr Präsident, daran können Sie erkennen, wie flexibel wir sind.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stotko, es ist interessant, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass die alte, SPDgeführte Landesregierung ihr Informationsangebot von 1997 bis 2005 – also acht Jahre lang – nicht aktualisiert hat.
Aber, ich denke, wir sollten eines doch einmal feststellen: Dieses Thema sollte sich nicht für einen Parteienstreit eignen.
Denn Kinderpornografie war und ist ein abscheuliches und abstoßendes Verbrechen, und das Internet mit all seinen Möglichkeiten hat für diesen Bereich der Kriminalität neue Möglichkeiten geschaffen und zugleich auch die Verfolgung erschwert. Zu den Erscheinungsformen, den technischen Möglichkeiten, der Verbreitung und der Unterbindung der Kinderpornografie im Internet wird mein Kollege Thomas Jarzombek gleich berichten.
Der dieser Beratung zugrunde liegende Antrag der SPD-Fraktion datiert vom 4. November 2008. Herr Kollege Stotko, Sie haben vorhin die Gesetzeslage angesprochen. Wenn Sie sich einmal das Bundesgesetzblatt vom 4. November 2008 anschauen – offensichtlich haben Sie das nicht getan –, dann werden Sie dort das „Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie“ finden. Dieses Gesetz ist am 31. Oktober dieses Jahres im Deutschen Bundestag beschlossen worden – mit