Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

(Allgemeine Heiterkeit)

auch in schlechten Zeiten.

Kern des Antrages der SPD-Fraktion ist die Aufhebung der Deckelung von 0,75 % der Mittel, die den Anstalten für die Onlineaktivitäten zur Verfügung stehen. Ich will zunächst zwei, drei Punkte zur finanziellen Grundlage ansprechen.

Die finanziellen Mittel, die in den öffentlichrechtlichen Sendern, in diesem Fall besonders ARD und ZDF, im Onlinebereich investiert worden sind, sind in den letzten Jahren schon sehr stark gestiegen. Wurden von der KEF – das ist die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten – für die öffentlich-rechtlichen Sender für die Gebührenperiode 2001 bis 2004 knapp 87 Millionen € genehmigt, so ist es für die laufende Periode, also 2005 bis 2008, schon das Doppelte, etwa 176 Millionen €.

Im Rahmen ihrer aktuellen Zuweisung der Mittel für die Onlineaktivitäten in dieser Höhe hat auch

die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs in ihrem 14. Bericht, der vor zwei Jahren vorgestellt worden ist, die Anstalten aufgefordert – ich zitiere – „klare Kriterien für die Begrenzung und Konzentration auf den Programmauftrag in einem engeren Sinne“ zu definieren, da dieses bisher nur sehr mangelhaft geschehen sei.

In ihrem aktuellen 15. Bericht lobt die KEF die Bemühungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dass man da schon ein bisschen weitergekommen sei, mahnt aber auch an, dass man an einigen Ecken noch etwas ändern solle.

Wegen seiner großen Bedeutung für Gesellschaft und Kultur muss sich nach Ansicht der CDULandtagsfraktion öffentlich-rechtlicher Rundfunk auch in der digitalen Welt entwickeln können; darin sind wir uns sicherlich alle einig. Die CDU tritt deshalb nachdrücklich für eine Teilhabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ein.

Bislang ermächtigt der Rundfunkstaatsvertrag der Länder die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, im klassischen Rundfunk auch werbefreie Onlineangebote mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt anzubieten. Darüber hinausgehende Medienangebote durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedürfen nicht zuletzt auch im Hinblick auf das bestehende Gebührenprivileg einer speziellen öffentlichen, politischen und rechtlichen Legitimation. Deswegen plädieren wir dafür, dass die einzelnen Betätigungsfelder des öffentlichrechtlichen Rundfunks eindeutig voneinander abgegrenzt werden.

Wir treten auch dafür ein, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk auch in Zukunft seine originäre Aufgabe, nämlich die Grundversorgung im Rundfunk, umfassend erfüllen kann. In dieser Funktion gebühren ihm der besondere verfassungsrechtliche Schutz und ein Finanzierungsprivileg.

Wir treten auch dafür ein, dass die Rundfunkanstalten künftig über die zur Erfüllung des Grundversorgungsauftrages erforderlichen Angebote hinaus umfassend Inhalte verbreiten und vermarkten dürfen. Dazu gehören eben auch Onlineaktivitäten im Internet oder weitergehende Aktivitäten – Kollege Eumann hat es genannt –, zum Beispiel Podcasting. Für diesen Bereich genießen sie dann allerdings nicht den besonderen Schutz wie bei der Erfüllung des Grundversorgungsauftrages.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Warum nicht?)

Weil sie vorwiegend programmbegleitend sein müssen.

Ich fasse zusammen:

Erstens. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine Bestandsgarantie und eine Entwicklungsgarantie, er hat aber keine Expansionsgarantie. Das heißt konkret: Wenn wir jetzt darüber sprechen wollten, dass die 0,75%-Deckelung aufgehoben werden sollte, heißt das nicht, dass das additiv zu anderen Sachen ist. Wir hatten ja, Kollege Eumann, schon einmal darüber gesprochen. Wir werden das im Hauptausschuss noch einmal machen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das steht auch nicht im Antrag!)

Zweitens. Die Onlineaktivitäten der Sendeanstalten dürfen ausdrücklich nur programmbegleitend sein. Diese Aktivitäten dürfen kein eigenständiges drittes Standbein sein. Das ist schon ein wesentlicher inhaltlicher Unterschied zwischen Ihnen und uns. Sie haben den entsprechenden Paragraphen im Gesetz erwähnt, Sie haben aber die Programmbegleitung relativ stark zurückgedrängt. Im Antrag kommt das Wort „programmbegleitend“ nicht vor. Da haben wir also einen starken Unterschied.

Drittens. Veränderungen in der laufenden Gebührenperiode sind nicht möglich. Sie sind meiner Ansicht nach sogar gefährlich. Die EU prüft nämlich zurzeit, ob die Onlinedienste überhaupt von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgeführt werden dürfen. Insofern wird dieser Antrag den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach Ansicht der CDU-Landtagsfraktion eher einen Bärendienst erweisen.

Darüber können wir im Hauptausschuss gerne noch einmal diskutieren. Wir stimmen der Überweisung an den Ausschuss zu. – Danke schön.

Danke schön, Herr Dr. Brinkmeier. – Herr Keymis für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun zu uns.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns sehr nahe an der Osterzeit – im Grunde sind wir schon drin; man sagt: vorösterliche Zeit. Man merkt, dass hier verschiedene Eier in verschiedenen Nestern liegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das eine Ei – wenn ich das so sagen darf – hat uns natürlich der ehemalige Kollege Peer Steinbrück mit seiner von ihm angestoßenen Debatte über die Frage gelegt, ob die Rundfunkgebührenanpassung in dem Maße, wie sie die KEF seinerzeit vorge

schlagen hat, stattfinden soll oder nicht. Ein Ergebnis dieses uns damals als rot-grüner Koalition ins Nest gelegte Ei ist die Debatte um die Beschränkung, die die ARD dann mit 0,75 % des Gesamtaufwandes für Online-Auftritte vorgenommen hat.

Wir Grüne haben dazu immer eine sehr kritische Haltung eingenommen. Ich freue mich, dass der Kollege Eumann mit diesem Antrag sozusagen aus dem Nest hervorkriechen kann,

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das war bei uns auch immer so!)

das Ei aufgeschlagen und gesagt hat: Ich gehe jetzt politisch in dem Sinne wieder nach vorne, wie wir es auf der Ebene der Fraktionen immer diskutiert haben:

(Marc Jan Eumann [SPD]: Meine Töchter freuen sich darüber, wenn sie viele Ostereier finden!)

nämlich im Hinblick darauf, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk seine Verantwortung auch im Internet wahrnehmen kann – und zwar sehr umfassend.

Wir Grüne haben übrigens immer sehr gerne von der dritten Säule gesprochen. Das ist ein Begriff, den der Intendant des Westdeutschen Rundfunks, Fritz Pleitgen, einmal geprägt hat. Wenn ich mich richtig erinnere und die Zeitungsartikel richtig gelesen habe, ist insbesondere bei der CDU der Wunsch sehr stark, dass Herr Pleitgen trotz seines Alters seine Dienstzeit als Intendant noch einmal verlängert. Das ist also der richtige Mann an der Stelle. Ob er an anderen Stellen der richtige Mann ist, wird noch zu entscheiden sein.

Aber vor dem Hintergrund dieser Debatte würde ich gerne auf das zweite Ei zu sprechen kommen, das gelegt worden ist. Kollege Brinkmeier hat es gemerkt und musste ein bisschen drum herum eiern: Das ist der Antrag des Kollegen Eumann, Farbe zu bekennen. Wenn ich den Staatssekretär für Medien, Herrn Kemper, richtig verstanden habe, ist es schon so, dass es eine deutliche Aussage dahin gehend gibt, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk mit seinem von uns allen anerkannten Aufgabenspektrum auch im Internet ein starkes Standbein haben soll und dass die Aktivitäten hier erheblich weiter entwickelt werden können sollen, als es bisher der Fall ist.

In diesem Zusammenhang komme ich gerne schon auf den Redebeitrag der FDP zu sprechen und lege Ihnen auch noch ein Ei ins Nest.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben uns in der letzten Legislaturperiode als Oppositionsfraktion mit einer Reihe von Anträgen immer wieder mit Blick auf die BBC getrieben.

(Beifall von der SPD)

Das BBC-Modell im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die BBC ein sehr stark …

(Marc Jan Eumann [SPD]: Da war noch der Kollege Grüll da! Der wusste ja, wovon er redet!)

Danke für den wunderbaren Zwischenruf, Herr Kollege Eumann. Ich merke schon: Auf den Kollegen sind Sie schon ein paar Mal zu sprechen gekommen. Der ist Ihnen wirklich ans Herz gewachsen. Gut, dass wir in der letzten Legislaturperiode verhindern konnten, dass Sie völlig zusammengewachsen sind.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Also, ich wollte noch einmal darauf zu sprechen kommen, dass es …

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das gilt aber auch für Hegemann!)

Gut! Die große Koalition habt ihr ja in Berlin schon.

Es ist bewundernswert mit anzusehen, wie diese Dinge bei Ihnen wieder verflacht sind. Aber ich lege Ihnen das Ei trotzdem ins Nest, denn die BBC kann das, was sie im Internet leistet, deshalb leisten, weil sie entsprechende Mittel hat – ich nenne die Zahlen jetzt nicht, weil sie furchtbar verwirren.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Doch, nenn’ die!)

Das geht in die dreistellige Millionenhöhe, wenn ich das richtig im Kopf habe. Bei Pfund sind das sogar noch mehr als Euro. Aber egal: Es ist jedenfalls eine riesige Summe, um im Internet präsent zu sein.

Und das ist gut so. Die BBC macht auch etwas daraus. Wer einmal auf die Homepage klickt, der merkt das. Ich würde mir wünschen, wir könnten unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit all seinen wichtigen Teilen, die er für unsere Rundfunkgebühren zu produzieren in der Lage ist, im Internet in sehr breiter, großer und entscheidender Form wiederfinden.

Die Konvergenz steht nicht nur an, sondern ist Realität: Die PCs können heute ohne technische Probleme Rundfunkempfänger sein. Daher ist das keine Frage der Zukunft mehr, sondern eine Frage des Jetzt und Hier. Deshalb stimmen wir der

Überweisung des Antrags zu. Wir werden sehr konstruktiv gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen im Hauptausschuss darüber diskutieren. Wir hoffen, dass es sogar zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommt, Herr Kollege Brinkmeier, in der wir uns dem anschließen können, was Ihr Medienstaatssekretär dazu schon gesagt hat, und in der wir alle gemeinsam der ARD Mut geben voranzugehen und dem öffentlich-rechtichen Rundfunk zu der Kraft und zu dem Auftritt verhelfen, den er im Internet, aber nicht nur dort, braucht. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Bravo!)

Danke schön, Herr Kollege Keymis. – Für die FDP spricht nun Herr Witzel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben gleich so viele Eier hier am Rednerpult abgelegt – darauf muss man doch noch eingehen.