Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

Ja, da war ein Punkt. – Herr Priggen, bitte schön.

Herr Dr. Papke, schönen Dank. Sie werden nicht darum herumkommen, ich frage Sie trotzdem das dritte Mal. Wir haben im Gasbereich ein Unternehmen mit 60 % Marktanteil. Ich teile das Unbehagen des Kollegen Brockes über die Genehmigung der Fusion von Eon und Ruhrgas. Die Frage an Sie als angeblich marktradikale Partei ist: Mit welchen Instrumenten wollen Sie in der Landesregierung grundsätzlich Wettbewerb im Gasbereich herstellen? Denn dort, wo ein Unternehmen über 60 % Marktanteil hat, gibt es keinen Wettbewerb. Dieser Frage können Sie nicht immer ausweichen. Darauf können Sie nicht immer mit einem Mantra antworten. Irgendwann müssen Sie da einmal klar sagen, was Sie machen wollen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Erstens. Wir sind stolz darauf, eine marktwirtschaftliche Partei zu sein, keine marktradikale.

Zweitens. Herr Kollege Brockes hat darauf hingewiesen, dass Sie es versäumt haben, diese Fusion zu verhindern.

(Beifall von der FDP)

Sie waren doch in Berlin in der Verantwortung, als diese Fusion unter sehr merkwürdigen politischen Umständen genehmigt worden ist. Also bitte, Herr Kollege Priggen! Das ist eine Frage der politischen Redlichkeit.

Drittens. Es gibt Kartellbehörden. Es gibt das Kartellamt, das wir als Freie Demokraten über Jahrzehnte hinweg immer systematisch unterstützt und gestärkt haben und das auch in diesem Bereich seine Missbrauchskontrolle ernst nehmen muss und ernst nehmen wird.

Letzte Bemerkung dazu: Wir müssen natürlich auch in europäischen Zusammenhängen denken. Das ist gerade im Energiebereich unabdingbar. Die Frage, ob es in Deutschland, aber eben auch

auf dem europäischen Markt zu Monopolstrukturen oder Oligopolstrukturen kommt, wird natürlich die Wettbewerbsaufsicht, die Wettbewerbsbehörden, beschäftigen müssen. Picken Sie sich also bitte nicht einen kleinen Teilbereich heraus, um dann von Ihrer bisherigen verfehlten und wettbewerbsfeindlichen Politik abzulenken. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Herr Abgeordneter, ich wollte gerade sagen, dass Ihre Redezeit beendet ist. Gleichwohl war noch eine Zwischenfrage von Frau Abgeordneter Kraft angemeldet worden. Aber Sie haben schon das Rednerpult verlassen.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Ich kann noch einmal nach vorne kommen!)

Das können Sie gerne machen, wenn Sie die Frage noch beantworten möchten.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Aber klar!)

Frau Kraft, bitte.

Schönen Dank, Herr Kollege Papke. – Sie haben ja gerade die Grünen bei ihrer Koalitionsverantwortung gepackt. Ich würde den Spieß gerne einmal umdrehen: Wo ist denn Ihre Koalitionsverantwortung, wenn Sie hier beklagen, dass die Ergebnisse des Energiegipfels nicht Ihren Vorstellungen entsprechen? Gab es in der Koalition denn keine Vorbereitung? Gab es keine klare Landesposition, in die die FDP sich eingebracht hat? Wo war denn da Ihre Koalitionsvereinbarung? Oder ist Frau Thoben da nur mit einem CDU-Mandat unterwegs gewesen?

Frau Kollegin Kraft, Sie scheinen da etwas zu verwechseln: In Berlin sind Sie an der Koalition beteiligt, leider nicht wir Freien Demokraten.

(Beifall von der FDP – Hannelore Kraft [SPD]: Das ist Landesinteresse!)

Wenn Sie sich sachkundig machen wollen, wer dafür verantwortlich ist, dass dieser Energiegipfel, für den Sie als SPD in Berlin mit die Verantwortung tragen, so schlechte Ergebnisse hatte, dann sollten Sie sich bei Ihren Verhandlungsführern danach erkundigen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der FDP)

Frau Ministerin Thoben hat noch einmal ums Wort gebeten.

Die Redezeit der Landesregierung ist zwar erschöpft, aber selbstverständlich können Sie sprechen, Frau Thoben. Die Fraktionen haben dann Gelegenheit, im gleichen Umfang darauf zu antworten.

Ich will nur, weil ich hoffnungslose Anhängerin von Aufklärung von Sachverhalten bin, Herrn Stinka etwas zu bedenken geben.

(Lachen von der CDU)

Erstens. Herr Gabriel hat im Rahmen der Koalitionsvereinbarung in Berlin zugesagt, dass das Problem des Endlagers in dieser Legislaturperiode gelöst wird.

Zweitens. Die Tatsache, dass Nordrhein-Westfalen kein Kernkraftwerk betreibt, war Bestandteil einer nationalen Verabredung. Im Rahmen der nationalen Verabredung lag hier der Schwerpunkt der Kohleverstromung und in anderen Bundesländern der Schwerpunkt der Kernenergienutzung. Das war Bestandteil einer gemeinsamen Verabredung. Also kann darauf nicht einer allein stolz sein, wie Herr Stinka es formuliert hat.

Das hat auch mit der Frage zu tun, ob ich mich noch daran erinnern kann, was ich vor 20 Jahren gemacht habe – Sie wollten das wissen –: Das kann ich. Ich war nämlich kurz nach Tschernobyl bei den Debatten hier im Landtag. Und ich will Ihnen einmal sagen, was damals wirklich passiert ist: Ungefähr vier Wochen vor Tschernobyl hat der damalige Wirtschaftsminister der Öffentlichkeit eine hoch gelobte, preisende Broschüre über die Zukunftsfähigkeit und die physikalische Überlegenheit und Sicherheit des Hochtemperaturreaktors vorgestellt. Kurz nach Tschernobyl, als wir alle unter dem Schrecken dieses Ereignisses standen – das sage ich rückblickend –, hatte die SPD das Pech, einen Bundesparteitag zu haben – zu nahe hinter dem Unfall, um von diesem nicht so erschlagen zu werden, dass auf dem Parteitag eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Kernkrafttechnologien nicht gelang. Man hat ohne nachzudenken beschlossen, aus allem auszusteigen.

Nach Emnid-Umfragen sind heute 55 % der deutschen Bevölkerung für längere Laufzeiten von Kernkraftwerken.

(Hannelore Kraft [SPD]: Ist ja nicht sehr viel!)

Sie müssen ja nicht mir folgen, das erwarte ich nicht. Aber nehmen Sie doch bitte wenigstens die

Argumente von Herrn Clement und Helmut Schmidt in dieser Debatte ernst.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat drei Minuten überzogen. Herr Priggen hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einen Aspekt ansprechen, den Herr Weisbrich vorhin aufgegriffen hat. RWE hat passend vor dem Energiegipfel angekündigt, dass es 2014 ein 500Megawatt-Kraftwerk CO2-frei in Betrieb setzen will.

Ich hatte zu dem gleichen Thema Anfang des Jahres eine Anfrage an die Landesregierung gestellt und habe im Februar auch eine Antwort bekommen. Darin hat die Landesregierung mir gesagt: CO2-freies Kraftwerk frühestens 2020 einsetzbar, mit bestimmten Parametern. – Insofern überrascht das natürlich schon; denn das, was Sie mir geantwortet haben, entsprach in etwa meinem Kenntnisstand.

Jetzt bin ich dafür und kündige es auch an: Wir werden im Wirtschaftsausschuss beantragen, dass wir RWE einladen oder dass die Landesregierung berichtet und dass wir einmal im Detail darüber informiert werden, wie diese Technik genau aussehen soll.

Ich habe eine gewisse Skepsis gerade nach dem, was wir bei der BoA in Niederaußem erlebt haben. Wir haben immer gesagt: Wenn man 150MW-Blöcke, die 50 Jahre alt sind, herausnimmt und dafür einen neuen Block baut, der im Wirkungsgrad 10 % besser ist, dann ist das völlig in Ordnung. In Niederaußem macht RWE aber genau das Gegenteil. Da steht der neue Block, und von den sechs alten 150-MW-Blöcke in Frimmersdorf laufen nach vier Jahren nach wie vor fünf. Das heißt, eine gewisse Skepsis bei den Ankündigungen der RWE ist angebracht. Wir sind aber offen. Wir wollen es im Detail wissen.

Wenn CO2 abgeschieden werden kann – wir hören, dass der Wirkungsgrad dadurch um 15 % in die Knie geht –, wenn CO2 verbracht werden kann, wenn CO2 eingeschlossen werden kann, dann soll uns das Unternehmen das sagen. Wir können auch mit Vattenfall darüber reden.

Eventuell ist das Ganze wieder nur eine Presseschimäre, um Forschungsmittel zu bekommen.

Dann wäre das der Wunsch eines Konzerns, der vor Steuern Milliarden an Gewinn hat, während die öffentliche Hand mit sehr schwierigen Haushalten lebt, Forschungsmittel für die unterirdische Verbringung von CO2 zu erhalten. Das kann nicht sein. Deswegen sind wir für einen offenen technischen Diskurs. Wenn das tatsächlich eine Technik ist, mit der wir nach vorne gehen können, soll man sie einsetzen, aber nicht wieder diese Propagandanummer, um Mittel abzugreifen und den Staat dazu zu bringen, das knappe Geld dort hineinzustecken. Das muss aus unserer Sicht Konsens sein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Am Montag war ich in der Landesvertretung NRW in Berlin zu Gast bei Minister Uhlenberg, Thema: Nationalpark Eifel. Nebenan war eine RAGVeranstaltung bei der CDU-Landesgruppe.

(Hendrik Wüst [CDU]: Nein, nein! Die Lan- desgruppe hat getagt!)

Da waren die CDU-Bundestagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen, um es ganz präzise zu sagen! Und da war Werner Müller, die RAG, und da waren auch der Kollege Merz und andere.

Angesichts der massiven politischen Einflussnahme, die in der Vergangenheit passiert ist, gerade aus der Energiewirtschaft in die Parteien hinein – das ist traditionell von denen gepflegt worden –, muss das Parlament bei den Sachthemen Widerstand leisten und sagen: Es kann nicht angehen – es gibt wirklich viele gute Anwälte in der Bundesrepublik, die Börsengänge begleiten können –, dass ein politisches Schwergewicht wie Herr Merz, als Abgeordneter angemessen dotiert, dieses Mandat für die RAG wahrnimmt, um an der gleichen Stelle gegen öffentliche Interessen Interessen des Konzerns zu vertreten.

Die RAG ist flexibel. Früher hat sie mehr auf der einen Seite geguckt,...

Herr Abgeordneter!

... jetzt orientiert sie sich etwas um. Ich will das nur noch einmal klar sagen. Wir müssten alle Konsens darüber haben, dass der Einfluss auf diesen Ebenen von uns allen zurückgedrängt wird. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nun hat sich Herr Abgeordneter Weisbrich noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben...