Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

Nun hat sich Herr Abgeordneter Weisbrich noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben...

(Christian Weisbrich [CDU]: Sechs Minuten!)

Knapp drei plus drei. Das haben Sie richtig zusammengerechnet.

Ich habe insgesamt noch sechs Minuten. Ich kann so lange reden, wie es mir jetzt noch Spaß macht.

(Zuruf von der SPD: Er ist ja im Finanzaus- schuss!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Priggen, ich bin ja ausgesprochen dankbar, dass im Gegensatz zur SPD wenigstens Sie die Problematik erkannt haben, die aus dieser neuen Kraftwerkstechnologie resultieren kann. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir die energiepolitische Debatte, wenn es denn stimmen würde, dass das geht, neu führen müssen und dass wir ganz andere Perspektiven haben, die bei der SPD heute überhaupt nicht erkannt wurden.

(Hannelore Kraft [SPD]: Es geht doch über- haupt nicht um dieses Thema!)

Herr Stinka, Ihnen möchte ich noch eines sagen, da Sie so fulminant für den Ausstieg gesprochen haben: Wir in Deutschland und wir in NordrheinWestfalen sind ja nicht gerade eine Insel. Ich habe mit Interesse gehört, dass die Niederländer, unsere unmittelbaren Nachbarn, justament den Bau eines Kernkraftwerkes beschlossen haben.

(Sören Link [SPD]: Die bauen gerade ein Kohlekraftwerk, Herr Weisbrich!)

Ich habe mit Interesse festgestellt, dass auch in Finnland ein neues Kernkraftwerk gebaut werden soll. Die Finnen hatten ja auch einen fulminanten Ausstiegsbeschluss. Und ich habe mit Interesse festgestellt, dass in dem früher vorbildlich sozialistischen Schweden, das ebenfalls einen Ausstiegsbeschluss gefasst hatte, die Laufzeiten der Kernkraftwerke auf nunmehr 60 Jahre verlängert werden.

Wenn es so wäre, wie Sie behaupten, dass Kernkraft etwas ganz Furchtbares ist …

Ich verstehe die Ängste der Menschen, dass kein Endlager da ist. Aber nicht wir haben zu vertreten, dass dieses Endlager nicht da ist, sondern RotGrün hat das verschleppt.

(Beifall von CDU und FDP – Lachen von SPD und GRÜNEN – Sören Link [SPD]: A- ber Herr Weisbrich!)

Wir haben ganz klar gesagt: Es hat für uns Priorität, dass wir dieses Endlager so schnell wie mög

lich schaffen. Ich lasse das Endlager jetzt aber einmal außen vor.

Wissen Sie – ich glaube, ich habe das hier schon einmal gesagt, ich will es aber wiederholen –: Wenn ich etwas furchtbar Schädliches feststelle, wenn ich beispielsweise einen Knollenblätterpilz in den Mund stecke und mir jemand sagt: „Du hast eben einen giftigen Knollenblätterpilz in den Mund genommen“, dann spucke ich ihn sofort aus, dann lutsche ich nicht 23 Jahre lang darauf herum und komme dann zu einer Entscheidung, ob ich ihn ausspucke oder nicht.

(Heiterkeit von der CDU)

Wenn es so wäre, wie Sie sagen, dann hätte man sämtliche Kernkraftwerke sofort abschalten müssen und nicht am Ende der Laufzeit: 2020 plus X. Das ist also ziemlicher Unsinn.

(Zustimmung von der CDU – Widerspruch von SPD und GRÜNEN)

Dann gestatten Sie mir – die Redezeit läuft ab –, Herr Priggen, noch eine kollegiale Bemerkung: Ich bin auch nicht einverstanden mit der Lobbytätigkeit für die Steinkohle – egal, woher das kommt, egal, ob das unsere oder andere Leute sind. Ich habe mich auch immer entsprechend geäußert, dass ich das nicht in Ordnung finde. Aber genauso, Herr Priggen, kann es nicht in Ordnung sein, dass Ihre Leute sich permanent für die Windkraft aus dem Fenster lehnen, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.

(Beifall von der FDP)

Und es kann auch nicht in Ordnung sein, dass Sie als Partei in großem Umfang von der Windkraftlobby gesponsert werden.

(Zuruf von den GRÜNEN: Unverschämtheit!)

Insofern meine ich: Wer im Glashaus sitzt, muss nicht auf andere mit Steinen werfen. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Für die SPDFraktion hat Herr Leuchtenberg noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Leuchtenberg.

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Lassen Sie mich noch einmal zum Ausgangspunkt zurückkommen: Wir wollten hier heute über Energiepolitik für das Land Nordrhein-Westfalen reden.

(Lebhafter Beifall von der SPD)

Wir wollten darüber reden, was wir für dieses Land erreichen können. Zuletzt haben wir aber nur noch gehört, warum der ein oder andere für Atomenergie ist. Wissen Sie, das ist eine Diskussion – das haben wir auch schon mehrfach gesagt –, die dieses Land nicht weiterbringt.

Hier geht es heute darum, welchen Einfluss wir in Nordrhein-Westfalen darauf nehmen müssen, welche Entscheidungen beim Energiegipfel getroffen werden.

(Beifall von der SPD)

Die Entscheidung von Nordrhein-Westfalen kann nicht heißen: neue Atomkraftwerke und Verlängerung von Laufzeiten. Die Entscheidung von Nordrhein-Westfalen muss einfach heißen: Die Energieversorgung muss künftig mehr auf heimische Energieträger setzen.

Herr Abgeordneter Leuchtenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Weisbrich?

Bitte.

Lieber Herr Kollege Leuchtenberg, geben Sie mir Recht, dass es im Titel des Antrages heißt: „… nachhaltige Energieversorgung Deutschlands und NordrheinWestfalens sichern“?

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Jawohl! – Heiter- keit von Ministerin Christa Thoben)

Also ist Deutschland doch wohl auch angesprochen! Dann können wir auch darüber reden!

Selbstverständlich sind wir gerne bereit, über deutsche Energiepolitik zu reden, Herr Weisbrich. Aber wir sitzen und stehen hier im Parlament des Landes NordrheinWestfalen.

(Ministerin Christa Thoben: Dann müssen Sie einen anderen Antrag schreiben!)

Das steht in diesem Antrag. Wenn Sie den gelesen hätten – Herr Weisbrich hat ihn ja gelesen –, hätten Sie festgestellt: Es geht auch um die Interessen Nordrhein-Westfalens, die wir hier zu vertreten haben. Und das sollten wir gemeinsam tun.

(Beifall von der SPD)

Die Interessen von Nordrhein-Westfalen liegen nicht in neuen Atomkraftwerken und in der Verlängerung von Laufzeiten.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Verabschieden Sie sich davon, hier immer wieder zu erzählen, die Energiepreise würden sinken, wenn die Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert würden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das stimmt nicht. Das wird Sand in die Augen gestreut. Sie wissen alle, dass die Energiepreise an der Börse gemacht werden. Die Energiepreise an der Börse sind nicht deutsche Preise, sondern sie sind mindestens europäische, wenn nicht sogar Weltmarktpreise. Es wird keinen Einfluss haben, ob ein deutsches Atomkraftwerk zwei, drei oder fünf Jahre länger läuft – der Preis wird an der Börse gemacht. Da spielt Atomenergie heute eine deutliche Rolle, nämlich Atomenergie, die aus dem europäischen Ausland auf den diesen Markt kommt. Wir werden an den Preisen nicht irgendetwas nach unten verändern, nur weil die Laufzeiten verlängert werden.

Herr Abgeordneter Leuchtenberg.

Hier muss es zu einem deutlich anderen Energiemix in NordrheinWestfalen und in der Bundesrepublik kommen. Und darum bitten wir Sie.

(Beifall von der SPD)

Ich habe eine Frage: Wollen Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Witzel erlauben?

Bitte. Gerne.