Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Priggen, ich bin ja ausgesprochen dankbar, dass im Gegensatz zur SPD wenigstens Sie die Problematik erkannt haben, die aus dieser neuen Kraftwerkstechnologie resultieren kann. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir die energiepolitische Debatte, wenn es denn stimmen würde, dass das geht, neu führen müssen und dass wir ganz andere Perspektiven haben, die bei der SPD heute überhaupt nicht erkannt wurden.
Herr Stinka, Ihnen möchte ich noch eines sagen, da Sie so fulminant für den Ausstieg gesprochen haben: Wir in Deutschland und wir in NordrheinWestfalen sind ja nicht gerade eine Insel. Ich habe mit Interesse gehört, dass die Niederländer, unsere unmittelbaren Nachbarn, justament den Bau eines Kernkraftwerkes beschlossen haben.
Ich habe mit Interesse festgestellt, dass auch in Finnland ein neues Kernkraftwerk gebaut werden soll. Die Finnen hatten ja auch einen fulminanten Ausstiegsbeschluss. Und ich habe mit Interesse festgestellt, dass in dem früher vorbildlich sozialistischen Schweden, das ebenfalls einen Ausstiegsbeschluss gefasst hatte, die Laufzeiten der Kernkraftwerke auf nunmehr 60 Jahre verlängert werden.
Ich verstehe die Ängste der Menschen, dass kein Endlager da ist. Aber nicht wir haben zu vertreten, dass dieses Endlager nicht da ist, sondern RotGrün hat das verschleppt.
Wissen Sie – ich glaube, ich habe das hier schon einmal gesagt, ich will es aber wiederholen –: Wenn ich etwas furchtbar Schädliches feststelle, wenn ich beispielsweise einen Knollenblätterpilz in den Mund stecke und mir jemand sagt: „Du hast eben einen giftigen Knollenblätterpilz in den Mund genommen“, dann spucke ich ihn sofort aus, dann lutsche ich nicht 23 Jahre lang darauf herum und komme dann zu einer Entscheidung, ob ich ihn ausspucke oder nicht.
Wenn es so wäre, wie Sie sagen, dann hätte man sämtliche Kernkraftwerke sofort abschalten müssen und nicht am Ende der Laufzeit: 2020 plus X. Das ist also ziemlicher Unsinn.
Dann gestatten Sie mir – die Redezeit läuft ab –, Herr Priggen, noch eine kollegiale Bemerkung: Ich bin auch nicht einverstanden mit der Lobbytätigkeit für die Steinkohle – egal, woher das kommt, egal, ob das unsere oder andere Leute sind. Ich habe mich auch immer entsprechend geäußert, dass ich das nicht in Ordnung finde. Aber genauso, Herr Priggen, kann es nicht in Ordnung sein, dass Ihre Leute sich permanent für die Windkraft aus dem Fenster lehnen, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.
Und es kann auch nicht in Ordnung sein, dass Sie als Partei in großem Umfang von der Windkraftlobby gesponsert werden.
Insofern meine ich: Wer im Glashaus sitzt, muss nicht auf andere mit Steinen werfen. – Schönen Dank.
Für die SPDFraktion hat Herr Leuchtenberg noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Leuchtenberg.
Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Lassen Sie mich noch einmal zum Ausgangspunkt zurückkommen: Wir wollten hier heute über Energiepolitik für das Land Nordrhein-Westfalen reden.
Wir wollten darüber reden, was wir für dieses Land erreichen können. Zuletzt haben wir aber nur noch gehört, warum der ein oder andere für Atomenergie ist. Wissen Sie, das ist eine Diskussion – das haben wir auch schon mehrfach gesagt –, die dieses Land nicht weiterbringt.
Hier geht es heute darum, welchen Einfluss wir in Nordrhein-Westfalen darauf nehmen müssen, welche Entscheidungen beim Energiegipfel getroffen werden.
Die Entscheidung von Nordrhein-Westfalen kann nicht heißen: neue Atomkraftwerke und Verlängerung von Laufzeiten. Die Entscheidung von Nordrhein-Westfalen muss einfach heißen: Die Energieversorgung muss künftig mehr auf heimische Energieträger setzen.
Lieber Herr Kollege Leuchtenberg, geben Sie mir Recht, dass es im Titel des Antrages heißt: „… nachhaltige Energieversorgung Deutschlands und NordrheinWestfalens sichern“?
Selbstverständlich sind wir gerne bereit, über deutsche Energiepolitik zu reden, Herr Weisbrich. Aber wir sitzen und stehen hier im Parlament des Landes NordrheinWestfalen.
Das steht in diesem Antrag. Wenn Sie den gelesen hätten – Herr Weisbrich hat ihn ja gelesen –, hätten Sie festgestellt: Es geht auch um die Interessen Nordrhein-Westfalens, die wir hier zu vertreten haben. Und das sollten wir gemeinsam tun.
Die Interessen von Nordrhein-Westfalen liegen nicht in neuen Atomkraftwerken und in der Verlängerung von Laufzeiten.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Verabschieden Sie sich davon, hier immer wieder zu erzählen, die Energiepreise würden sinken, wenn die Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert würden.
Das stimmt nicht. Das wird Sand in die Augen gestreut. Sie wissen alle, dass die Energiepreise an der Börse gemacht werden. Die Energiepreise an der Börse sind nicht deutsche Preise, sondern sie sind mindestens europäische, wenn nicht sogar Weltmarktpreise. Es wird keinen Einfluss haben, ob ein deutsches Atomkraftwerk zwei, drei oder fünf Jahre länger läuft – der Preis wird an der Börse gemacht. Da spielt Atomenergie heute eine deutliche Rolle, nämlich Atomenergie, die aus dem europäischen Ausland auf den diesen Markt kommt. Wir werden an den Preisen nicht irgendetwas nach unten verändern, nur weil die Laufzeiten verlängert werden.
Hier muss es zu einem deutlich anderen Energiemix in NordrheinWestfalen und in der Bundesrepublik kommen. Und darum bitten wir Sie.