Protokoll der Sitzung vom 03.05.2006

(Beifall von der SPD)

Das, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, haben Sie abgelehnt. Ich frage mich: Warum haben Sie das abgelehnt? Doch wohl kaum, weil wir es angeblich so geplant haben. Ich stelle fest: Sie haben jetzt die Regierungsverantwortung. Wer oder was hindert Sie daran, diese Stellen im System zu lassen? Wir nicht. Der Stellenabbau ist Vorschlag Ihres Finanzministers. Verstecken Sie sich also nicht länger hinter uns, sondern nehmen Sie Ihre Regierungsverantwortung endlich wahr. Dafür sind Sie nämlich gewählt worden.

Ihr Versprechen zur Unterrichtsgarantie vor der Wahl haben Sie ohnehin ohne jegliche Debatte einkassiert. Aber wir kommen darauf sicherlich noch einmal zurück.

Überhaupt lässt dieser Haushaltsentwurf im Einzelplan 05 jegliche Transparenz vermissen. Die öffentliche Behauptung, es würden 1.610 neue Stellen geschaffen, entpuppt sich als Taschenspielertrick. Sie behaupten, es gebe 1.000 angeblich neue Stellen für die Unterrichtsversorgung, 900 angeblich neue Stellen für die Stellenreserve an Grundschulen und 210 Stellen für den Ganztag. Davon ziehen Sie dann die 500 kw-Stellen wieder ab und erreichen so die Zahl 1.610.

Richtig ist: Von den 1.000 angeblich neuen Stellen bleiben nur 500. Richtig ist: Die 900 angeblich neuen Stellen sind gar keine neuen Stellen, weil von einem in den anderen Topf umgeschichtet wird nach dem Motto: linke Tasche, rechte Tasche. Kein zusätzlicher Cent wird hierfür investiert.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Hört, hört!)

Die 210 Stellen für den Ganztag sind eine richtige Entscheidung. Wenn man dann allerdings den Gesamtzusammenhang Ihrer Bildungspolitik betrachtet,

dann brauchen Sie für diese 500 und 210 – also insgesamt 710 – neuen Stellen ca. 35 Millionen €. Wenn man dann aber feststellt, dass Sie im Elementarbereich massive Kürzungen vorsehen, die weit über diesen Bereich hinausgehen, dann ist das ein verdammt hoher Preis und eine bittere Pille für Minister Laschet.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Abschließend möchte ich eine Anmerkung zum neu eingeführten Globalbudget der Personalmittel machen. Sie setzen den Bereich mit 7,2 Milliarden € an. Rechnet man eine Lehrerstelle mit 50.000 € um und darauf an – was Sie ja tun –, dann bekommt man dafür 144.000 Lehrerstellen finanziert. Im Haushalt haben Sie aber 147.000 Stellen ausgewiesen. Das sind ungefähr 3.000 Stellen mehr, als Ihr Budget vorsieht. Da helfen auch keine pflaumenweichen Erklärungen Ihres Hauses.

Unterm Strich sind Ihre ausgewiesenen Stellen nicht gegenfinanziert. Diese Entwicklung werden wir beobachten und verfolgen. Es wird ganz entscheidend sein, was am Ende eines Jahres unterm Strich herauskommt: Haben Sie die Stellenzahl erreicht, dann haben Sie das Globalbudget falsch angesetzt. Haben Sie das Globalbudget erreicht, dann sind Sie bei den Stellen unterfinanziert, dann fehlen 3.000 Stellen. Wir werden das nachhalten.

(Beifall von Dr. Axel Horstmann [SPD])

Ich betrachte Ihren Haushaltsentwurf für Schule und Weiterbildung, trotz vollmundiger Erklärungen Ihrerseits, nach einer intensiven Analyse in vielen Teilen als Luftbuchung. Sie handeln wissentlich unseriös.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäfer. – Als nächster Redner hat für die CDU-Fraktion der Kollege Recker das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion heute ist schon sehr spannend. Heute Morgen wurde zunächst massive Kritik an den Kürzungen im Jugendbereich geübt, und ich frage Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün: Ist nicht der Bildungsbereich die wichtigste Säule jeder Jugendförderung?

(Ute Schäfer [SPD]: Wann fängt denn bei Ih- nen Bildung an?)

Und hier stellen wir doch mit einem Plus von fast 3 Millionen € ganz entscheidende Weichen, von denen Sie, Frau Schäfer, geträumt hätten. Sie haben sich damals leider nicht in Ihrer Mannschaft durchsetzen können.

Genau hier haben Sie in der Vergangenheit versagt. Ich erinnere daran, dass laut Pisa die Bildungschancen in keinem anderen Land so vom Portemonnaie der Eltern abhängen wie in Nordrhein-Westfalen.

(Hannelore Kraft [SPD]: Das werden Sie noch verschärfen!)

Der eigentliche Skandal ist doch, dass Sie die Zukunftschancen junger Menschen in einem solchen Maße beeinträchtigt haben. Im Übrigen, Frau Schäfer: Sie waren Spielführerin in dem Team, das das verursacht hat. Sich dann hierhin zu stellen und massive Kritik zu üben!

(Sören Link [SPD]: Sie werden das ja jetzt beheben, Herr Recker! Das ist doch lächer- lich!)

Meine Damen und Herren, genau das werden wir ändern. Ich bin stolz darauf, diesen Haushalt für den Bildungsbereich vorlegen zu können. Angesichts der dramatischen finanziellen Katastrophe, die Sie uns hinterlassen haben, und der sich daraus zwangsläufig ergebenden Sparmaßnahmen, meine Damen und Herren, diesen Haushaltsentwurf vorzulegen, das ist wirklich Spitze.

(Beifall von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP])

Wenn Sie bei Rot-Grün noch ein bisschen Gespür für politische Fairness und die schulische Realität hätten, müssten auch Sie darüber erfreut sein. Da erleben wir aber bei Ihnen nur wirklich billiges Herumnörgeln.

Meine Damen und Herren, Tatsache ist doch, dass die bildungspolitischen Interessen und Notwendigkeiten bei Rot-Grün in der Vergangenheit leider nie den Stellenwert hatten, den unsere jungen Menschen gebraucht hätten.

In der Bildungspolitik geht es nicht allein um die Schule. Bildungspolitik ist auch Sozialpolitik und auch Wirtschaftspolitik. Wenn laut Pisa 25 % durchs Sieb fallen, junge Menschen nicht ausbildungsfähig sind und damit Perspektivlosigkeit angesagt ist, so wird das unser soziales System nicht mehr verkraften, unabhängig von den Einzelschicksalen, die hinter jeder dieser Zahlen stehen. Daher lautet unsere Devise: Präventiv in Bildung investieren! Das ist sinnvoller. Das ist kostengünstiger und auch sozialer, meine Damen

und Herren. Denn Reparaturmaßnahmen sind wesentlich teurer, und meistens greifen sie nicht. Wenn dann trotz Lehrstellenknappheit in manchen Bereichen fast 20 % der Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, so ist das, gelinde gesagt, eine Katastrophe.

Mit diesem Haushalt setzt die Landesregierung eindeutig Prioritäten für Schule und Unterricht. Wir schaffen Voraussetzungen für eine bessere und verlässliche Unterrichtsversorgung in NordrheinWestfalen.

Nun komme ich zu den Fakten. Frau Schäfer, ich bitte Sie, noch einmal zuzuhören. Wie versprochen, werden in dieser Legislaturperiode 4.000 zusätzliche Lehrerstellen gegen den Unterrichtsausfall geschaffen. 1.000 zusätzliche Lehrerstellen haben wir bereits 2005 eingerichtet, weitere 1.000 mit dem Haushalt 2006, und in dieser Legislaturperiode kommen weitere 2.000 hinzu.

Wir werden den Schulen darüber hinaus zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung stellen, die von der alten Landesregierung für Aufgaben in Schulaufsicht und Schulverwaltung in Anspruch genommen wurden. Zum 1. August 2006 werden dies bis zu 250 Stellen sein. In den Folgejahren werden wir die kritische Prüfung des Ressourcenverbrauchs intensiv fortsetzen, um die Unterrichtssituation zu verbessern.

Für die Grundschulen richten wir mit 900 Stellen eine dauerhafte Vertretungsreserve ein. Sicherlich wird das zum großen Teil finanziert aus dem Programm „Geld statt Stellen“, aber ich sage auch: Es hat eine ganz andere Qualität, nämlich Verlässlichkeit für die Schulen, aber vor allen Dingen auch für die betroffenen Lehrer. Die Resonanz ist eindeutig.

Meine Damen und Herren, wir werden die Grundschulen, die einen erhöhten Förderbedarf haben, durch den Einsatz von weiteren 600 Lehrerstellen unterstützen, damit sie sich auf die ab 2008 vorgesehene Aufhebung der Schulbezirke vorbereiten können.

Wichtig auch: 500 zusätzliche Lehrerstellen bleiben für das Schuljahr 2006/2007 für unsere Qualitätsoffensive Hauptschule an den Hauptschulen unseres Landes.

Wichtig ferner: Wir werden die Förderung der für unser Bildungssystem notwendigen Ersatzschulen auf hohem Niveau fortsetzen. Die dramatische Situation des Landeshaushalts zwingt uns dazu, andere gesetzliche Leistungen – wir haben das heute diskutiert – bis zu 20 % zu reduzieren. Nur, hier lautet die frohe Botschaft: Die Ersatzschulen

und ihre Träger können sich darauf verlassen, dass die bisherige Förderung mit einem Volumen von mehr als 1 Milliarde € jährlich nicht zur Disposition steht. Die von der alten Landesregierung für das Jahr 2005 verfügte Kürzung der Ersatzschulfinanzierung um 50 Millionen € haben wir bereits mit dem zweiten Nachtragshaushalt rückgängig gemacht. Meine Damen und Herren, auch das bitte beachten!

Frau Schäfer, Sie haben es gesagt. Von den 2.000 Lehrerstellen, die während der Zeit der alten Landesregierung einen kw-Vermerk hatten und damit wegfallen sollten, bleiben ab 1. August zunächst 1.500 im System. Das war bei Ihnen nicht in der mittelfristigen Finanzplanung enthalten, Frau Schäfer. Das ist die Wahrheit.

(Zuruf von Ute Schäfer [SPD])

Ganz wichtig für die 250 Sozialpädagogen an Hauptschulen, die bisher einen dreijährigen bis zum 31. Juli 2006 befristeten Vertrag hatten: Wir haben diese Maßnahme gesichert. Das fand gerade an den Hauptschulen eine große Resonanz.

Nun zu der Ganztagsproblematik: Frau Schäfer, ich finde es schon abenteuerlich, was Sie hier für Realschulen und für Gymnasien fordern. Sie haben es nicht einmal geschafft, der wichtigsten Schule, für die das notwendig ist, nämlich der Hauptschule, diese Möglichkeit zu geben.

(Beifall von CDU und FDP)

Jetzt hier diese Forderung aufzustellen, ist geradezu abenteuerlich.

Was machen wir, auch was Qualität angeht? – Wir werden den Lehrerstellenanteil der Grundschule verdoppeln. Hier setzen wir zusätzlich 16 Millionen € ein. Insgesamt investieren wir 96,5 Millionen € jährlich in die Ganztagsangebote in den Grundschulen. Mit diesen Mitteln werden unter anderem 945 zusätzliche Lehrerstellen für diese Aufgabe finanziert.

Meine Damen und Herren, wir setzen die am 1. Februar beginnende Förderung der Ganztagshauptschule und Ganztagsförderschule in der Sekundarstufe I auf hohem Niveau fort. Über den 1. August hinaus stehen weiterhin 620 zusätzliche Lehrerstellen für den Aufbau und Ausbau des Ganztags an diesen Schulen zur Verfügung. Bis 2012 sollen 50.000 vollwertige Ganztagsangebote in der Hauptschule entstehen. Dass Sie das nicht gemacht haben – gerade in den Hauptschulen –, ist für mich übrigens eine der Ursachen für die Situation, die an den Hauptschulen leider entstanden ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie wissen auch, meine Damen und Herren: Die Schulen in Nordrhein-Westfalen sollen mit Inkrafttreten des Zweiten Schulrechtsänderungsgesetzes zum 1. August 2006 eigenverantwortliche Schulen werden. Wir werden die Schulleitungen für ihre Leitungsaufgaben unter anderem durch die Erhöhung des Entlastungskontingents um eine Stunde je Schule unterstützen. Schulleitungen bekommen hierdurch den Spielraum für Fortbildung und Qualifizierung. Diese zusätzliche Schulleitungsentlastung wird durch den Abbau von Moderatorenstellen, die nicht unmittelbar der Unterrichtsversorgung dienten, gegenfinanziert.

Wichtig auch, was die Perspektive angeht für die jungen Menschen, die diesen Beruf ergreifen wollen: Wir stellen in Nordrhein-Westfalen mehr Referendare und Lehramtsanwärter zur Sicherung und Verbesserung der Unterrichtsversorgung ein. Anders als andere Länder wollen wir keinen Numerus Clausus für den Vorbereitungsdienst. Insgesamt stellen wir im Jahre 2006 über 14.000 Ausbildungsplätze für den Vorbereitungsdienst zur Verfügung. Am 1. Februar 2006 stellen wir bis zu 6.000 junge Menschen in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt ein. Im Sommer 2006 werden die Einstellungskapazitäten mit 500 zusätzlichen Lehramtsanwärterstellen deutlich ausgeweitet.

Wir schaffen damit die Grundlage, endlich Mangelfächer an Gymnasien und Gesamtschulen zu beheben. Auch lösen wir damit das Versprechen aus der Koalitionsvereinbarung ein, die Wartezeit zwischen Beendigung des Studiums und Beginn des Referendariats zu verkürzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist zusammengefasst unser Programm für den Haushalt 2006. Ich sage Ihnen deutlich: Darauf sind wir stolz.

(Beifall von der FDP)

Wir geben damit den Schulen und den jungen Menschen endlich die Chance, die sie verdient haben und die Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten ist.