Protokoll der Sitzung vom 03.05.2006

Wir geben damit den Schulen und den jungen Menschen endlich die Chance, die sie verdient haben und die Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten ist.

(Zuruf von der SPD)

Wer diesem Haushalt als Bildungspolitiker nicht zustimmt, muss schon arg verblendet sein und recht wenig Gespür für das dringend Notwendige, aber auch für das finanziell Machbare haben. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Recker. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Beer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht umsonst haben die Haushaltsplanentwürfe, die uns vorgelegt wurden, einen himmelblauen Umschlag. Denn in vielerlei Hinsicht können die Bürgerinnen und Bürger davon sprechen, dass ihnen das Blaue vom Himmel versprochen worden ist. Das gilt auch gerade in Bezug auf den Einzelplan 05.

Aber wer genau hinsieht, merkt, dass von den hehren Versprechungen nicht viel übrig geblieben ist, der merkt, dass die Menschen in NordrheinWestfalen etwas vorgemacht bekommen, der merkt, dass gerade Verbände und Träger in der Weiterbildung hinters Licht geführt werden.

Im Einzelplan 05 geht die Landesregierung mit der Abrissbirne durch weite Bereiche der Bildungslandschaft in Nordrhein-Westfalen, und ihre Neubauprojekte entpuppen sich als potemkinsche Dörfer.

(Beifall von der SPD)

Ihre Ressourcensteuerungspolitik – das ist ein Faktum, das wir in diesem Hause noch ausführlicher diskutieren müssen – bedient nicht die tatsächlichen Bedarfe. Sie bemüht sich nicht um mehr Chancengleichheit, sondern sie bedient zuallererst Klientelinteressen.

Daran sind Ihre Fensterreden zu messen, die Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, zum Thema Integration und Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund und Unterstützung von Kindern aus bildungsfernen Familien aufs Parkett legen. Das beste Beispiel für diese Vorgehensweise sind die Zuweisungen der Vertretungsreserve in der Sekundarstufe I an die verschiedenen Schulformen. Beim sogenannten Eckdatenerlass vom 13. Februar 2006 wird die wirkliche Handschrift deutlich. Darin regelt das Schulministerium nämlich die Verteilung der Stellen für Vertretungs- und Förderaufgaben.

Wer die Stellenzahlen in Relation zur Zahl der Schüler/innen setzt, die in der jeweiligen Schulform unterrichtet werden, kommt bei der Vergleichsrechnung zu aufschlussreichen Erkenntnissen. Die Hauptschulen erhalten danach 3,53 %. Das ist gut und richtig so. Realschulen werden mit 2,85 % bedacht. Bei den Gymnasien sind es stattliche 2,34 %. Die Gesamtschule aber wird im Vergleich

zu den Schülerzahlen mit lediglich 1,05 % Stellenaufschlag geradezu stiefmütterlich behandelt.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist doch Quatsch!)

Und das, obwohl die Gesamtschule neben der Hauptschule die größte Integrationsleistung erbringt in Bezug auf Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund und/oder mit sozialen Problemlagen im NRW-Schulsystem.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie hat schon genügend Privilegien!)

Jetzt soll sie aus ideologischer Verbohrtheit auf Kosten der Förderung ihrer Schüler/innen benachteiligt werden.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie ist bevorzugt an vie- len Stellen!)

Das ist schon eine Ungeheuerlichkeit nach den Lippenbekenntnissen und Fensterreden in Bezug auf das Problem der sozialen Auslese in den Schulen. So sieht die Wirklichkeit hinter Ihrem Wir-erzählen-das-Blaue-vom-Himmel-Plan für die Schulen aus.

Die Schulministerin hat im Schulausschuss den Haushaltsentwurf vorgestellt und in einer Tabelle ihre Bilanz gezogen. Dabei kommt sie zu der Aussage, die eben schon von der Kollegin Schäfer kommentiert worden ist: 1.600 Stellen beträgt der Zuwachs.

Ich muss das noch einmal ausführen, denn diese Botschaft wird so durch das Land getragen. Mit dieser Aufstellung will sich die Ministerin offensichtlich bei David Copperfield als Assistentin bewerben.

(Ralf Witzel [FDP]: Oh!)

Das Prinzip „David Copperfield“ ist das eines Erzeugens von Illusionen,

(Ralf Witzel [FDP]: Oh!)

des Vortäuschens von Nicht-Vorhandenem und der Ablenkungsmanöver für das Publikum, das die eigentlichen Aktivitäten nicht mitbekommen soll.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zurufe von Ralf Witzel [FDP])

Ich verweise zum letzten Punkt gerne noch einmal auf die Benachteiligung der Gesamtschulen in der Stellenreserve.

Aber zurück zu den Illusionen: Es werden eben 1.610 Stellen verkündet, die sich im Löwenanteil aus der Umwandlung von Geld-statt-Stellen in

900 Stellen für die Vertretungsreserve Grundschule ergeben.

(Bernhard Recker [CDU]: Quatsch! – Gegen- ruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Natürlich ist das so!)

Keine neuen Mittel, die Wanderung der Mittel von einer Tasche in die andere und dazu die Organisation bei den Schulämtern, die noch mit reichlich Fragen besetzt ist, wie wir auch im Schulausschuss erfahren durften.

Die 210 Stellen für die offene Ganztagsschule, die zu Buche schlagen, fließen nicht in die Grundversorgung, sondern sind Ressourcen für ergänzende Angebote. Sie werden als Stellenzuschläge bereitgestellt.

Tausend neue Stellen in 2006 – davon bleiben unter dem Strich nur 500 übrig, weil Sie im Gegenzug 500 kw-Vermerke umsetzen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist also die wirkliche Bilanz, die sich hinter der magischen Zahl 1.610 Stellen verbirgt. Es gab Neudefinition von Mitteln, die es auch vorher im Haushalt gab, und Stellenzuschläge, die gar nicht in die Grundversorgung eingehen.

Das Mittel der Neuetikettierung wenden Sie auch in anderen Bereichen an.

(Ralf Witzel [FDP]: Oh!)

So verbirgt sich hinter der verbesserten SchülerLehrer-Relation in der Grundschule nichts anderes als das Einbeziehen der Stellen für den Englisch-Unterricht in der Grundschule in das allgemeine Stellenkapitel. Bisher waren die Stellen separat ausgewiesen.

Es bleiben also 500 neue Stellen übrig, die Sie als neue Stellen reklamieren können.

(Zuruf von der CDU: Wie spannend!)

500 Stellen sind zu begrüßen. – Gemessen an den Wahlversprechungen und -verkündigungen ist das aber eine magere Bilanz.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist natürlich nicht das, was Sie den Menschen und den Schulen im Vorfeld versprochen haben.

(Ralf Witzel [FDP]: Aber natürlich!)

Das wissen Sie wohl selbst; sonst würden Sie Ihre Zahlen nicht nach dem „Prinzip Copperfield“ präsentieren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zuruf von der SPD: So ist das! – Ralf Witzel [FDP]: Falsch!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich will an dieser Stelle aber auch deutlich machen, dass neben der mageren Bilanz auf der einen Seite der Abbruch im Bildungswesen auf der anderen Seite von Schwarz-Gelb massiv betrieben wird, zum Beispiel auf Kosten der Unterrichts- und Schulentwicklung.

So werden vor allem bei den Beratern im Schulsport ungeachtet des von allen erkannten und immer wieder herausgehobenen Zusammenhangs von Lernen und Bewegung die Stellen um bis zu 80 % gekürzt; mein Kollege Vesper hat das schon aus der Sicht des Sportes kommentiert.

Für die Aufrechterhaltung des Netzwerks Bildung und Gesundheit OPUS NRW werden sogenannte Rundungsgewinne in Aussicht gestellt, von denen noch gar nicht klar ist, inwieweit sie überhaupt noch zur Verfügung stehen.

Mit der Zerschlagung des Landesinstituts in Soest werden weite Bereiche der Schulentwicklung ausgehöhlt und der stromlinienförmigen Ausrichtung an der schwarz-gelben Schulpolitik geopfert. Konzeptionelles Weiterdenken, das den schwarzgelben Horizont übersteigt, ist nicht erlaubt und darf offensichtlich nicht sein.

(Ralf Witzel [FDP]: Oh nein!)